Letzte Fahrt (eBook)

Ein Südfrankreich-Krimi

(Autor)

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2018 | 1. Auflage
352 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-31831-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Letzte Fahrt -  Yann Sola
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Moderne Schatzsucher, ein toter Professor und ein geheimnisvoller Club. In Banyuls-sur-Mer, am südwestlichsten Zipfel Frankreichs, ziert eine feine Schneeschicht den sonst so sonnenverwöhnten Strand. Perez, Hobbyermittler und Kleinganove, hat alle Hände voll zu tun, sich gegen die ungewohnten Witterungsbedingungen zu wehren, als sein Freund Mata, Taucher am Meeresbiologischen Institut der Côte Vermeille, spurlos verschwindet. Wenig später wird ein toter Professor in einem Pool gefunden, und hochgerüstete Boote befahren das Mittelmeer zwischen Frankreich und Spanien auf der Suche nach einem mysteriösen Wrack. Gemeinsam mit seiner Stieftochter und seinem Schwiegersohn macht sich Perez auf die Suche nach Mata und gerät in einen rasanten und komplexen Fall, der immer mehr Rätsel aufgibt. Welche Nachforschungen hat der Professor angestellt? Was hat es mit dem berüchtigten und geheimnisumwitterten Club auf sich, zu dem die Chefs der Bergungsunternehmen gehören sollen? Und was hat das alles mit Mata zu tun?

Yann Sola ist das Pseudonym des Romanautors Werner Köhler. Er lebt und arbeitet in Deutschland und an der Côte Vermeille, im äußersten Südwesten Frankreichs, in unmittelbarer Nähe zur spanischen Grenze. Bislang erschienen drei Bände der in Südfrankreich spielenden Krimiserie rund um den charismatischen Kleinganoven und Hobbymittler Perez: »Tödlicher Tramontane« (2016), »Gefährliche Ernte« (2017) und »Letzte Fahrt« (2018).

Yann Sola ist das Pseudonym des Romanautors Werner Köhler. Er lebt und arbeitet in Deutschland und an der Côte Vermeille, im äußersten Südwesten Frankreichs, in unmittelbarer Nähe zur spanischen Grenze. Bislang erschienen drei Bände der in Südfrankreich spielenden Krimiserie rund um den charismatischen Kleinganoven und Hobbymittler Perez: »Tödlicher Tramontane« (2016), »Gefährliche Ernte« (2017) und »Letzte Fahrt« (2018).

II


… und erwachte mit einem spitzen Schrei.

Er drückte seinen schweißnassen Körper in eine sitzende Position. Sah sich verwirrt im Schlafzimmer um, während er durch den staubtrockenen Mund zu atmen versuchte. Er wischte sich die Stirn und strich sich die schweißnassen Haare aus dem Gesicht.

Es klingelte an der Haustür. Er reagierte nicht. Das Läuten wurde drängender, die Abstände zwischen den Intervallen verkürzten sich. Irgendwem war es verdammt wichtig, zu ihm vorzudringen.

Perez taumelte hinüber zum Fenster, öffnete die Schlagläden und wurde von einer kalten Bö erfasst. Er beugte sich über die Brüstung. Unten standen, in feinstem Ornat, seine leibliche Tochter Marie-Hélène, die Tochter seiner Lebensgefährtin Marianne, Stéphanie, sowie sein Freund, Geschäftspartner und Koch Haziem. Alle drei fuchtelten wild mit den Armen in der Luft, als sie seiner ansichtig wurden.

Perez verstand weder, was sie riefen, noch bot ihm diese Aufstellung irgendeine Orientierung. Seine kleine Familie bis auf Marianne vollständig vor der Wohnungstür versammelt? Aus dem Lärm, den die drei verursachten, drang immer wieder ein Wort an sein Ohr: Aquarium.

Langsam dämmerte es ihm.

»Wie spät?«, rief er nach unten.

»Viertel vor elf«, brüllte Stéphanie zurück. »Hast du uns etwa vergessen?«

»Quatsch«, rief er und stand auch schon unter der Dusche.

 

Um Punkt elf trat er aus der Tür.

»Gehen wir? … Was seht ihr mich so an? Warum die Hektik?«, fragte er und versuchte sich an einem Lächeln, nach dem ihm nicht war. Der Albtraum wirkte noch nach.

»Papa!«, sagte Marie-Hélène streng. »Die Eröffnungsfeierlichkeiten beginnen um elf.«

»Ach was«, sagte er. »Los zum Wagen, in zwei Minuten sind wir drüben.«

»Mit dem Auto?«, riefen alle im Chor, als sei es der größte Unsinn seit Einführung der Parkscheibe in Banyuls vor wenigen Monaten.

»Wie sonst? Zu Fuß vielleicht? Das Aquarium liegt jenseits des Baillaury, schon vergessen? Mindestens einen Kilometer entfernt. Außerdem ist es kalt wie in Sibirien.«

Fünf Minuten später parkte Perez den Wagen direkt vor dem Tresor, einem alten, vergessenen Bunker, in dem seine Delikatessen lagerten. Er grenzte unmittelbar an das Gebäude des neuen Aquariums.

»Schon da«, sagte er. »Mesdames, Monsieur, allez-y, on attaque!«

*

»… Meine Damen und Herren, die Entscheidung von Professor Lacaze-Duthiers für Banyuls war richtig, wenn man auch sagen muss, dass sie auf eine nicht ganz regelkonforme Art und Weise zustande kam. Sicher wissen die meisten hier im Saal, dass das erste Observatoire Océanologique, besser bekannt als Laboratoire Arago, in Port-Vendres stehen sollte. Nachdem Lacaze-Duthiers die Station biologique de Roscoff am Ärmelkanal gegründet hatte, wollte er eine weitere hier an der Côte Vermeille einrichten, weil unser Meer einen Artenreichtum aufweist, wie er kaum andernorts an der französischen Mittelmeerküste zu finden ist. Ein Institut für Meeresbiologie und Ozeanografie im Département Pyrénées-Orientales.

Nun war der Hafen von Port-Vendres seit jeher einer der wichtigsten Häfen der Region, und in jenen Tagen, wir sprechen von den 1880er-Jahren, kam man, wollte man wirtschaftlich wachsen, um einen Ausbau nicht herum. Damit geriet der Standort der neuen meeresbiologischen Forschungsstation der Sorbonne in Gefahr. Das erfuhren natürlich auch die Verantwortlichen von Banyuls, man sagt, der Tramontane habe es ihnen zugetragen … Jedenfalls machten sie dem Professor ein Angebot, das dieser schlichtweg nicht ablehnen konnte: eine schöne Summe Geldes, eine Art Lebensrente auf zwanzig Jahre und einen Standort für das Laboratoire nach eigener Wahl. Die Entscheidung war gefallen, bereits 1882 wurden die Türen für die Öffentlichkeit geöffnet.

Ja, so eine korrupte Vergabepolitik erregte schon damals die Gemüter und provozierte eine gewisse Feindschaft zwischen den Nachbarorten. Heute wäre so etwas undenkbar. Ein Neubauprojekt wie dieses, das wir nun gleich eröffnen werden, durchläuft unzählige streng geregelte Prozesse, von der ersten Anfrage über die öffentliche Ausschreibung, Informationsabende für interessierte Bürger und unzählige Vorstellungen in den diversen Gremien und Ausschüssen, bis es endlich zur Genehmigung kommt. Ich schwöre also bei meinem Leben …« Der Direktor reckte die Hand zum Schwur in die Höhe. »Ich beziehe lediglich mein Gehalt, keine Leibrente oder anderweitige Vergünstigungen!«

Allgemeines Geraune im Saal. Man sah dem Gesicht des Redners – ein Pariser durch und durch – an, dass er mit dieser launigen Pointe auf fröhliche Lacher des Publikums gesetzt hatte. Stattdessen schien man sich im Saal über seine Naivität zu amüsieren. Die Leute stießen einander an, schüttelten wissend die Köpfe. Perez entfuhr ein leises »Pah«.

»Nun ja«, fuhr der Direktor ein wenig irritiert fort, »auf vielfachen Wunsch möchte ich noch erklären, woher der Name Arago stammt. Es ist, wie in manchen Reiseführern behauptet, kein Schreibfehler und sollte nicht Aragon heißen. Professor Lacaze-Duthiers hat sich aufgrund seiner Bewunderung für den Astronomen, Physiker und Politiker François Arago für diesen Namen entschieden. Arago stammte aus Estagel, einem kleinen Dorf nordwestlich von Perpignan, und forschte unter anderem mit seinem Freund und Kollegen, dem großen Alexander von Humboldt, über den Erdmagnetismus.

Der Forschungsstation in Banyuls wurde bereits im Jahr 1883 ein Aquarium angeschlossen, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, alle in der Réserve Marine beheimateten Lebewesen, Pflanzen wie Tiere, zu zeigen. Zu jener Zeit eine echte Sensation. Man darf nicht vergessen, dass es noch keine Unterwasserfotografie gab – wie Sie sicherlich wissen, wurde auch das erste Unterwasserfoto überhaupt hier in Banyuls gemacht –, und so war das Einzige, was die Menschen aus dem Meer kannten, das, was die Fischer in ihren Netzen hatten. Unter diesem Aspekt ist es nicht erstaunlich, dass Lacaze-Duthiers im Jahre 1898 von über eintausend Besuchern pro Tag berichtete.

Aber nun genug Geschichtliches! Ich freue mich, nach nur drei Jahren Bauzeit dieses wunderbare, hochmoderne Aquarium der Öffentlichkeit zugänglich machen zu dürfen. Hier zeigen wir nicht nur die Vielfalt des Meeres und geben mit den neuesten technischen Mitteln der Museologie Anschauungsunterricht, wir beherbergen in unserem ozeanografischen Institut zudem auch drei Forschungszweige der Pariser Université Pierre-et-Marie-Curie. Hier finden einhundertsechzig Wissenschaftler, Techniker, Rechercheure und Hilfskräfte Beschäftigung. Unsere Arbeit beruht auf drei Säulen: Forschung. Unterricht. Beobachtung. Wir kümmern uns um die Meeresbiologie, die Biotechnologie und die Biochemie. Eintausendfünfhundert Studenten aus aller Welt kommen nach Banyuls, um die Ökologie des Mittelmeers zu erforschen, dessen Mikrobiologie, die Ozeanografie und vieles mehr. Und nicht zuletzt sind wir stolz, eine der bestausgestatteten Bibliotheken zur Ozeanografie unser Eigen zu nennen. Über zehntausend Werke, darunter nahezu fünfhundert Originale aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert. Man kann ohne Übertreibung sagen: Die Bibliothek bildet das Rückgrat unserer Forschung.

Meine Damen und Herren, haben Sie vielen Dank für Ihre Geduld. Bitte sehen Sie sich um, lassen Sie sich inspirieren von der faszinierenden Unterwasserwelt Ihrer Heimat. Sollten Sie Fragen haben, helfen Ihnen unsere jungen Museumsmitarbeiter gerne weiter. Mit großer Freude erkläre ich das neue Aquarium für eröffnet!«

 

Während Marie-Hélène und Stéphanie mit einem iPad in der Hand von Becken zu Becken zogen, begeistert von der modernen Technik und dem künstlich erschaffenen Ebenbild der Natur hinter den Scheiben, und während Haziem gedankenverloren vor einem Becken mit zarten Seepferdchen stand, streifte Perez unruhig durch die Räume. Das Meer war nicht sein Element und dessen Bewohner nur dann interessant, wenn sie tot, geschuppt und ausgenommen vor einem begabten Küchenchef lagen.

Nach einigen Gesprächen mit Bekannten und Freunden, seinen Kollegen vom Conseil Municipal sowie einer verflossenen Liebschaft sah er ganz am Ende des Raums Timoteo Mata stehen, einen alten Schulfreund. Erst bei dessen Anblick wurde ihm bewusst, dass sie sich schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen hatten. Perez schritt auf den kleinen, hageren Mann zu.

»Du bist ja noch dünner geworden«, sagte er zur Begrüßung und klopfte ihm vorsichtig auf die Schulter.

Mata kniff die Augen zusammen, als erkenne er sein Gegenüber nicht. Dann verzog er den Mund zu einem Grinsen.

»Perez!«, sagte er. »Was machst du denn hier? Doch nicht etwa Fische gucken?«

»Meine Töchter wollten unbedingt, dass ich mitkomme. Ich kann ihnen nichts abschlagen. Mein Gott, Timi, wir haben uns eine kleine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Geht’s dir gut?«

»Ça va. Geht ganz gut.«

Perez schaute ihm prüfend in die Augen. Darin loderte plötzlich ein Feuer, das dort vorher nicht gewesen war.

»Die Tage der Entbehrung sind bald vorüber, Perez«, sagte Mata und drückte den Rücken durch. Er sagte es in einer Art, die verriet, dass er kaum an sich halten...

Erscheint lt. Verlag 15.2.2018
Reihe/Serie Perez ermittelt
Perez ermittelt
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Band 3 • Côte Vermeille • Côte Vermeille • frankreich-krimi • Katalonien • Meeresbiologie • Mittelmeer • Schatzsuche • Spanien • Tödlicher Tramontane • taucher • Tödlicher Tramontane
ISBN-10 3-462-31831-4 / 3462318314
ISBN-13 978-3-462-31831-9 / 9783462318319
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