Deine Seele so schwarz (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
400 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44460-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Deine Seele so schwarz -  Petra Busch
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Ein packender, vielschichtiger Psycho-Krimi von Glauser-Preisträgerin Petra Busch In einer Sommernacht kommt die Witwe Edith Felber ums Leben, als während eine Unwetters das Dach ihrer Werkstatt einstürzt. Ihr Sohn, der Kriminaltechniker Lukas Felber, und dessen sensible Schwester Sarah sind schockiert, als sich der Tod der Mutter als Mord entpuppt. Hauptkommissar Ehrlinspiel leitet die Ermittlungen, ihm zur Seite steht Karolina Baumann, die neue Konfliktberaterin. Als die beiden tiefer die Familiengeschichte der Felbers dringen, gerät ihr Kollege Lukas ins Zwielicht. Was hat es mit dem tödlichen Unfall seines Vaters vor 28 Jahren auf sich? Und warum reagiert Sarah so aggressiv auf ihren Bruder? Felber kämpft mit wachsender Angst und einer grausamen Erkenntnis. Auch Baumann weiß mehr als die Kollegen. Als sie sich Lukas anvertraut, gibt es einen weiteren Todesfall ... 'So einfühlsam und genau wie Petra Busch erzählt im Augenblick keine andere deutsche Autorin von Verbrechen und Mord.' WDR

Petra Busch, geboren 1967 in Meersburg, ist freie Schriftstellerin sowie Texterin für internationale Kunden aus Wissenschaft, Technik und Kultur. Sie studierte Mathematik, Informatik, Literaturgeschichte und Musikwissenschaften und promovierte in Mediävistik. Für ihren Kriminalroman »Schweig still, mein Kind« erhielt sie den renommierten Friedrich-Glauser-Preis für das beste Debüt des Jahres 2010. Sie lebt im Nordschwarzwald.Mehr zur Autorin unter www.petra-busch.de.

Petra Busch, geboren 1967 in Meersburg, ist freie Schriftstellerin sowie Texterin für internationale Kunden aus Wissenschaft, Technik und Kultur. Sie studierte Mathematik, Informatik, Literaturgeschichte und Musikwissenschaften und promovierte in Mediävistik. Für ihren Kriminalroman »Schweig still, mein Kind« erhielt sie den renommierten Friedrich-Glauser-Preis für das beste Debüt des Jahres 2010. Sie lebt im Nordschwarzwald. Mehr zur Autorin unter www.petra-busch.de.

Prolog


14. September 1989

 

Die Nacht war heiß wie im Juli. Aus dem Autoradio dröhnte Rick Astley, Take me to your heart. Sie streckte den Kopf zum offenen Beifahrerfenster hinaus, der Fahrtwind traf hart ihre Wangen, fast schmerzhaft, und sie stellte sich vor, dass es seine Hände waren, die ihr über das Gesicht strichen. Sie jauchzte. Noch nie zuvor hatte sie im Auto vorn sitzen dürfen.

Er gab Gas.

Es war großartig. Die großartigste Nacht in ihrem Leben.

Verboten.

Neu.

Das beste Geschenk zu ihrem elften Geburtstag.

Sie fühlte sich erwachsen. Ihre Mutter hatte ja schon immer gesagt, dass sie frühreif sei. »Yeah«, schrie sie den schwarzen Silhouetten der Bäume entgegen, deren Stämme einer nach dem anderen für den Bruchteil einer Sekunde im Scheinwerferlicht aufblitzten. Doch das Röhren des alten Motors und die Weite der Landschaft verschluckten ihre Stimme.

»Willst du …?«, hörte sie ihn schreien, verstand aber den Rest nicht. Sie zog den Kopf ins Innere des Wagens zurück. »Was?«

»Lenken! Ob du mal lenken willst.« An seiner Stimme erkannte sie, dass er lächelte.

Sie blickte zu ihm, und sogar in der fast vollständigen Finsternis konnte sie sehen, wie sein linker Arm lässig im Rahmen des heruntergekurbelten Fensters hing.

Sie griff ins Lenkrad. »Klar!« Das Leder war warm. Warm von seiner Wärme. Seinen Händen. Er ließ das Lenkrad los. »Du musst aber Gas geben und bremsen«, rief sie gegen den Motor, den Wind und Rick Astley an.

»Keine Sorge.«

Das Auto jagte den Berg hinauf.

Dasselbe hatte sie auch betont cool zu ihrer Mutter gesagt, als diese sie beim Abendbrot ermahnt hatte, nicht mehr so lang zu lesen. »Um halb neun Uhr ist das Licht aus.« Morgen stand ihr dieses blöde Diktat in Deutsch bevor. Da müsse sie ausgeschlafen sein, hatte die Mutter gesagt, damit es eine gute Note würde. Gute Noten seien wichtig. Fürs Leben. Und die Familie.

»Aber ich hab heute Geburtstag!«

»Wir feiern am Wochenende nach. Das haben wir doch alles schon besprochen. Heute wird geschlafen.«

»Aber der Papa hat gesagt …«

»Der Papa ist nicht da. Ab ins Bett jetzt! Und Licht aus, ja?«

»Jaaa, jaaa.« Sie hatte die Augen verdreht, war rasch in den Flur zu dem Schlüsselkästchen geschlichen und dann in ihr Zimmer hinaufgegangen. Perfekt gelaufen! Sie löste die Verrieglung ihrer Balkontür, putzte sich die Zähne, wusch Gesicht und Hände und zog das neue Kleid an. Sie hasste den Pfefferminzgeschmack der Zahnpasta, und das Kleid war wahrscheinlich viel zu dünn. Doch sie wollte schön sein für die Nacht und gut riechen. Sie hatte es ihm versprochen.

Dann legte sie sich ins Bett, den Wecker im Blick, und betrachtete das Bild mit dem Streichorchester über ihrem Schreibtisch. Typen mit schwarzen Klamotten und doofen Spießerfrisuren. Völlig bescheuert. Falco und Nena hatten viel besser hier hereingepasst. Die waren echt cool. Und auch die Poster mit den Pet Shop Boys und Robin Beck hatte sie geliebt. Am liebsten hätte sie ein riesengroßes Bild von ihm über ihr Bett gehängt. Doch das wagte sie nicht.

Gleich konnte sie ihn ohnehin unentwegt ansehen. Ihr wurde warm, und gleichzeitig kribbelte es ihr im Bauch, als liefen Ameisen in ihr herum. Sie fragte sich, was das in den letzten Wochen für ein eigenartiges Gefühl war.

Punkt zweiundzwanzig Uhr war er gekommen. Wie verabredet.

»Mein Engel«, sagte er und gab erneut Gas.

»Ras nicht so! Ich kann sonst nicht lenken.« Rechts und links der Straße lagen freie Wiesen, nur vom Mond in ein fahles Licht getaucht.

»Wir drehen jetzt um.« Er schob ihre Hand vom Lenkrad herunter. »Du musst nach Hause. Deine Mutter wird dich suchen.«

»Wird sie nicht!«

Er lachte, bremste ab und bog auf einen Feldweg ein, der zu dem kleinen Waldstück mit dem schattigen Weiher führte. In den letzten Wochen waren sie oft mit den Fahrrädern dorthin gefahren und hatten gebadet, zusammen mit den anderen Jugendlichen aus dem Dorf. Oben angekommen, waren sie verschwitzt von der Steigung gewesen und voller Freude in das kühle Wasser gesprungen. Er hatte sie immer verstohlen angesehen in ihrem Badeanzug, fast als schäme er sich. War sie zu dick? Die Mutter ermahnte sie ständig, nicht so viel zu essen. Dabei hatte die selbst einen richtig fetten Arsch und Bauch.

Am Rand der Wiese, die direkt in das Kiesufer überging, hielt er an, schaltete Motor, Radio und Licht aus. Der Mond reflektierte auf der stillen, spiegelglatten Oberfläche wie eine silberne Scheibe. Kein Windhauch störte die Ruhe, kein Rascheln war aus dem Wald zu hören. Nur ein Vogel rief in die Dunkelheit.

»Was ist? Du wolltest mich heimfahren. Wegen meiner Mutter.«

»Gleich.« Seine Hand berührte ihren Oberschenkel. Sie war warm. Irgendwo schrie ein zweiter Vogel. Papa wüsste bestimmt, was es für einer ist. Ein Uhu oder ein Kauz oder so was. Es roch nach Algen und Tannen. Im Herbst, wenn es nass war, roch es nach Erde und Moos. Jetzt war alles trocken.

»Du darfst niemandem erzählen, was wir hier machen, hast du das verstanden!« Seine Stimme klang plötzlich rauh, und sie roch das Bier in seinem Atem.

Sie lachte. »Nein, du darfst es niemandem erzählen.« Wenn ihre Mutter wüsste, dass sie nicht im Bett lag und dass sie den Autoschlüssel … Kurz wurde ihr übel.

Er lachte ebenfalls, und sie fragte: »Hast du Bier dabei?«

»Du bist zu jung für Alkohol.«

»Aber ich bin schon elf! Wenn wir uns eine Dose teilen, dann …«

»Du willst also Dinge tun, die nur Erwachsene machen, hm?« Seine Hand glitt auf ihrem Oberschenkel ein wenig nach oben, dann noch ein Stückchen weiter unter dem Sicherheitsgurt hindurch, und sie spürte seine Finger unter ihrem Slip.

Sofort verkrampfte sie sich und richtete ihren Blick starr auf das Wasser. »Fahr jetzt!« Sie hatte sich das anders vorgestellt. Händchen halten, über die Haare streicheln. Ein bisschen Bier trinken. Aber nicht an … dieser Stelle da anfassen. »Hör auf!«

Seine Hand erstarrte.

»Fahr!«, kreischte sie und fürchtete, er könne ihren rasenden Herzschlag hören.

Sofort zog er seine Hand zurück. »Entschuldige«, flüsterte er und schaltete das Radio wieder ein. If you knew what I’m feeling, you would not say no, sang Rick Astley fröhlich, und aus dem Augenwinkel sah sie, wie er den Kopf senkte.

»Ich will nach Hause!« Nicht weinen, sagte sie sich. Sie war doch schon fast erwachsen!

Er startete den Motor, wendete und gab Gas, jagte den Wagen über den dunklen Waldweg zurück. Erde spritzte auf und prasselte laut gegen die Windschutzscheibe und Karosserie.

Sie umklammerte den Türgriff, schwieg, den Blick starr auf ihren Schoß gerichtet, auf den Rocksaum des roten Kleides, das sie heute Mittag nach der Schule aus einem raschelnden Seidenpapier ausgepackt hatte. Papa hatte sich so gefreut, dass sie es gleich angezogen und sich singend im Kreis gedreht hatte.

Auf der schmalen Asphaltstraße ins Dorf hinab beschleunigte er noch mehr. Don’t worry, be happy, sang Bobby McFerrin, In every life we have some trouble, und im Scheinwerferlicht flogen die Straßenpfosten im Sekundentakt vorbei. Als sie sich dem Gasthaus am Dorfeingang näherten, nahm sie all ihren Mut zusammen und rief: »Du musst langsam fahren!«

Er reagierte nicht. Auch nicht, als sie an der Gaststätte vorbeischossen und die ersten Häuser passierten, zwischen denen die Straße im gelben Licht der Laternen lag.

»Bitte, ich hab Angst!« Sie sah zu ihm. Er presste die Lippen aufeinander, und die Knöchel seiner Hände, die das Lenkrad umklammerten, traten weiß hervor. Er war ihr plötzlich unheimlich und fremd.

Rechts tauchte die Kirche auf, dann die langgestreckte Backsteinmauer, die den stillgelegten alten Friedhof umgab. In dem Efeu, der alles überwucherte, brüteten Vögel, und zwischen den Gräbern wohnten Igel.

Sie wollte jetzt an die Igel denken. Damit sie nicht auf die Straße sehen musste, die schnell wie in einem Actionfilm auf sie zuraste und unter ihnen verschwand. Scharf zog der Fahrtwind durch den Wagen. Vorhin hatte sie ihn genossen. Jetzt schmerzte er sie.

Die Scheinwerfer auf der Gegenfahrbahn tauchten wie aus dem Nichts auf. Hell und unruhig näherten sie sich, schnell, viel zu schnell.

»Brems!«, schrie sie. Die Scheinwerfer rasten direkt auf sie zu, kamen auf ihre Fahrbahn herüber, wechselten kurz zurück, schossen wieder frontal auf sie zu. Sie wimmerte.

Er riss den Wagen scharf nach rechts.

Später hätte sie nicht sagen können, was sie zuerst wahrgenommen hatte. Die Gestalt draußen auf dem Gehweg, den dumpfen Aufprall, den Knall und das Splittern der Windschutzscheibe, die Steine, die ihr in den Schoß fielen, oder McFerrins Stimme in der blutigen Stille. Somebody came and took your bed. Don’t worry, be happy.

Blut, überall Blut. Rotgolden im Licht der Straßenlaternen. Rotgolden auf den Glassplittern, auf dem Armaturenbrett, in ihrem Schoß. Sie wusste nicht, wo der rote Saum des Kleides endete und wo das Blut begann. Und etwas anderes lag noch auf ihrem Schoß. Sein Arm. Fast sein ganzer Körper lastete auf ihr, gerade so, als habe er sich zu ihr gebeugt und wolle ihr wieder unter den Slip greifen. Doch er bewegte sich nicht. Und jetzt sah sie, woher das viele Blut kam. Das Blut, das sich über ihre Oberschenkel und den Sitz ergoss. Sehnen. Knochen. Fleisch. Sie wollte schreien, laut bis in den Himmel. Doch aus ihrem Mund kam nur ein Krächzen.

Eine kleine Ewigkeit später, als das Blut nur noch träge und in kleinen...

Erscheint lt. Verlag 26.10.2017
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bruder • Demütigung • Ehrlinspiel • Familiengeheimnis • Freiburg im Breisgau • Karo Baumann • Kindheit • Kommissar • Kommissar Ehrlinspiel • Krimi deutsche Autoren • Krimi Deutschland • Kriminalromane Serien • Krimi regional • krimi reihen • Krimis von Frauen • Künstlerin • Küstenkrimi • Lukas Felber • manipulativ • Minderwertigkeitskomplex • Missbrauch • Mord • Mörderin • Mutter • Mutterhass • Narzissmus • Polizei Krimis/Thriller • psychischer Missbrauch • Psychologin • psychologische Krimis • roman mutter tochter • Sarah Felbers • Trauma • Vergangenheit • Wahrheit
ISBN-10 3-426-44460-7 / 3426444607
ISBN-13 978-3-426-44460-3 / 9783426444603
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