Der Duft von Pinienkernen (eBook)
304 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-1612-3 (ISBN)
Rezept für eine große Freundschaft
Was macht die Beziehung zwischen besten Freundinnen aus? Und wieviel kann eine Freundschaft aushalten? Die junge Halbitalienerin Greta ist sich dessen selbst nicht mehr so sicher, seitdem ihre beste Freundin Katrin ihr die Freundschaft gekündigt hat. Greta flüchtet daraufhin von München nach Italien. Auf einer kulinarischen Reise von Venedig bis nach Apulien beginnt sie zu verstehen, wie gutes Essen gebrochene Herzen heilen kann.
Emily Bold wurde 1980 in Mittelfranken geboren, wo sie auch heute noch mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern lebt. Sie schreibt Romane für Erwachsene und Jugendliche und blickt mittlerweile auf dreiundzwanzig deutschsprachige sowie acht englischsprachige Bücher und Novellen zurück, die den Lesern viele romantische Stunden, und Emily Bold eine begeisterte Leserschaft beschert haben. Über das Schreiben sagt sie: 'Schreiben ist für mich Entspannung, Passion und Leidenschaft. Mit meinen eigenen Worten neue Welten und Charaktere zu erschaffen ist einfach nur wundervoll.'
Emily Bold lebt mit ihrer Familie in einem idyllischen Ort in Bayern mit Blick auf Wald und Wiesen – äußerst ruhig und inspirierend. Sie schreibt Liebesromane für Jugendliche und Erwachsene und ist eine der erfolgreichsten Selfpublisherinnen Deutschlands.
2
Fünf Wochen zuvor
»Bitte sehr. Guten Appetit.« Greta servierte den dampfenden Teller Spaghetti Vongole und nickte dem Gast zu.
Sehr merkwürdig, dieser Typ mit seiner engen Krawatte und den tiefliegenden Augen, die alles zu sehen schienen. Merkwürdig, weil er in dieser Woche schon zum dritten Mal hier aß, aber weder Greta noch Katrin ihn je zuvor hier gesehen hatten. Nicht, dass sie kein Interesse an einem neuen Stammkunden hatten, aber ihr Gefühl sagte Greta, dass mit ihm irgendetwas nicht stimmte. Der kam nicht nur zum Essen her.
Betont lässig kehrte sie an die Bar zurück, strich sich das dunkle Haar auf den Rücken und beobachtete unauffällig, was der Gast tat.
Er stocherte mit dem Besteck in den Nudeln herum, untersuchte die frischen Muscheln und schnupperte an der Soße, als wäre er ein Trüffelschwein in einem Wald im Piemont.
»Was macht der da?« Katrin duckte sich hinter Greta und spähte ihr neugierig über die Schulter. Katrins blonde Locken kitzelten Greta, und sie funkelte sie warnend aus ihren dunklen Augen an.
»Keine Ahnung. Dasselbe Spiel wie gestern. Er bestellt sich mindestens drei Gerichte, stochert dann darin herum und isst so gut wie nichts davon.«
Wie nebenbei griff sich Greta das Geschirrtuch und polierte das Besteck, um sich zumindest den Anschein von Beschäftigung zu geben – ganz im Gegensatz zu Katrin, die nun ungeniert zusah, was der Gast tat.
Katrin rümpfte die Nase. »Gesundheitsamt!«, prophezeite sie. »So führt sich doch nur jemand vom Gesundheitsamt auf.« Sie wischte sich die Hände an der Kochschürze ab und warf dem Kerl stechende Blicke zu.
Gerade nahm er erneut die Speisekarte in die Hand und blätterte durch die Seiten.
»Er hat die Tortellini noch nicht mal angerührt – und von den Vongole höchstens zwei Gabeln probiert«, schimpfte Greta. »Wenn er jetzt noch was bestellt, erkläre ich ihm mal, dass wir hier nicht nur zur Dekoration kochen!«
Katrin griff beschwichtigend nach Gretas Hand. »Kann es sein, dass dein italienisches Temperament gerade mit dir durchgeht?« Sie grinste. »Wir wollen doch keinen Behörden-Futzi verärgern, der im schlechtesten Fall befugt ist, uns den Laden dichtzumachen, oder?«
Greta schüttelte den Kopf und machte einen Schmollmund. »Der ist doch von keinem Amt!« Sie neigte den Kopf in seine Richtung. »Um diese Uhrzeit findest du in ganz München keinen Beamten mehr bei der Arbeit. Und außerdem«, sie legte die polierten Besteckteile in die entsprechenden Fächer und nahm neue aus der Spülmaschine, »glaube ich nicht, dass einer vom Gesundheitsamt hier drei Tage hintereinander herkommt. Das macht doch keinen Sinn.«
»Macht denn irgendwas an dem Sinn?«, fragte Katrin und knabberte an ihrer Lippe herum. Das tat sie immer, wenn sie nervös war. »Warum fragst du ihn nicht mal, was er mit unserem leckeren Essen da so macht?«, schlug sie kaum hörbar vor.
Greta lachte. »Frag du ihn doch.«
»Nein, auf keinen Fall. Mein Platz ist in der Küche. Und da geh ich jetzt auch wieder hin.«
»Du lässt mich mit dem Kerl allein?« Greta versuchte, ein erschüttertes Gesicht zu machen.
»Du bist nicht allein. Alle Tische sind besetzt. Und übrigens«, Katrin zwinkerte ihr amüsiert zu, »ist es kein Wunder, dass wir nicht weiter expandieren können, wenn unsere Gäste über ihren leeren Gläsern verdursten müssen. Du solltest also vielleicht …«
»Verschwinde in die Küche, du Sklaventreiberin!«, schimpfte Greta und schlug mit dem Geschirrtuch nach ihrer Freundin, verfehlte sie aber.
Den Seitenhieb mit der Expansion hatte sie aber dennoch bemerkt. Wie sollte sie auch nicht, schließlich trällerte Katrin dieses Lied beinahe täglich. Doch darum ging es jetzt nicht.
Sie lugte wieder zu dem merkwürdigen Gast hinüber. Einen Tag würde sie diesem Kerl noch geben. Vielleicht war er ja auch nur auf der Durchreise. Aber sollte er diese Nummer morgen wieder abziehen, dann …
Greta überlegte noch, zu welch drastischer Maßnahme sie dann greifen würde, als besagter Gast die Hand hob, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Als hätte er die nicht eh schon.
Mit zusammengepressten Lippen ließ sie das Geschirrtuch sinken und näherte sich seinem Tisch. Zwei beinahe unangerührte Teller mit Nudeln standen vor ihm. Der herrliche Duft der Muscheln stieg Greta in die Nase.
»Stimmt etwas mit dem Essen nicht?«
So ein Unsinn! Mit dem Essen war alles in Ordnung – das wusste sie.
»Nein, nein. Danke der Nachfrage. Alles bestens.« Er nahm die Karte zur Hand. Seine tiefliegenden Augen huschten über die Zeilen. »Ich würde gerne noch einen Blick auf Ihre Penne mit Tomatenpesto werfen.« Er senkte die Karte und zog die Mundwinkel leicht nach oben, was wohl wie ein Lächeln wirken sollte.
»Einen Blick darauf werfen?«, wiederholte Greta ihn irritiert und deutete auf die noch vollen Teller. »Ich verstehe nicht, … warum Sie … das alles bestellen, aber nichts davon essen.«
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und kniff die ohnehin schon schmalen Augen noch weiter zusammen. »Ich nehme an, Sie sind eine Servicekraft?«, fragte er blasiert und strich einen Krümel Petersilie von der Tischdecke. »Und ich bin ein zahlender Gast. Sollten Sie nicht einfach meine Bestellung aufnehmen?«
Greta spürte, wie ihr italienisches Temperament, auf das Katrin immer jeden Gefühlsausbruch schob, mit ihr durchgehen wollte. Sie räusperte sich und zählte im Geist bis fünf, um sich zu beruhigen. Dann beugte sie sich leicht zu ihm hinab, um die anderen Gäste auszuschließen: »Sie irren sich. Ich bin keine Servicekraft. Ich bin die Eigentümerin. Und zahlende Kunden sind mir immer willkommen.« Sie machte eine Pause und strich sich die schwarze Schürze glatt, die sie und ihre übrigen Servicekräfte trugen. »Allerdings mögen wir es nicht, wenn volle Teller zurückgehen. Wenn Sie mir also verraten könnten, was mit all den Speisen nicht gestimmt hat, die Sie in den vergangenen Tagen bestellt, aber nicht gegessen haben … dann würde ich Ihnen vielleicht auch die Penne mit Pesto bringen.«
Seine Augen wurden groß, und er zupfte sich am Krawattenknoten herum. »Sie sind die Eigentümerin? Und wer ist für die Rezepte verantwortlich? Ihre Köchin?«
»Die Rezepte? Äh … also, ich bin Köchin, und die Rezepte sind von mir und meiner …«
»Von Ihnen!« Er rückte euphorisch seinen Stuhl zurück und erhob sich, um den freien Stuhl gegenüber herauszuziehen. »Das trifft sich gut. Bitte setzen Sie sich. Ich möchte Ihnen gerne ein Angebot unterbreiten.«
Greta ließ den Block sinken und sah verwirrt zurück zur Theke. Dumm, dass heute in der Küche so viel los war. Sie wechselten sich wöchentlich in der Küche und im Service ab. Das war Katrins Küchenwoche. Trotzdem hätte sie Katrin jetzt gerne an ihrer Seite gehabt. Sie wartete, ob der Kerl noch etwas sagte.
»Mein Name ist Holger Frischmann«, stellte er sich vor, als Greta keine Anstalten machte, seiner Einladung zu folgen. »Und Sie sind mein neuer Star!«
Die Gäste drehten sich schon nach ihnen um, so laut redete der Kerl. Greta setzte sich. Zum Teil widerwillig, zum Teil neugierig auf das, was sie erwartete. Wieder suchte sie die Nudelbar mit den Augen nach Katrin ab, aber wie so oft machte die sich dünn, wenn etwas heikel war.
»Um was geht es denn?«, hakte sie halblaut nach, um vielleicht auch ihr Gegenüber dazu zu bringen, die Stimme zu senken. »Wie Sie sehen können, ist heute recht viel los, und ich habe eigentlich keine Zeit …«
Frischmann setzte sich und tat ihren Einwurf mit einer Handbewegung ab. »Dieses Lokal hat etwas Erfrischendes, wenn ich das so sagen darf. Alte italienische Rezepte, das erkenne ich auf Anhieb – in einer modernen, jungen und leichten Auslegung. Das ist es, was ich suche.« Er glättete seinen Seitenscheitel, und wieder wanderten die Hände an seinen Krawattenknoten. Der saß so fest, dass sein Adamsapfel regelrecht unters Kinn gepresst wurde. »Und Sie haben Glück – Sie sind äußerst ansehnlich. Das ganze Paket hat also großes Potential.«
Äußerst ansehnlich? Sollte das ein Kompliment sein? Greta verstand überhaupt nichts mehr. »Wovon reden Sie überhaupt?«, hakte sie nach.
Frischmann stockte kurz. Dann lachte er knapp, fasste sich aber sofort wieder. »Ich spreche von einem Kochbuch. Einer ganzen Kochbuchreihe, vielleicht, wenn es gut läuft, einer Fernsehkochkarriere. Was halten Sie davon?«
»Ich … äh …«, Greta schüttelte verwirrt den Kopf. »Kochbuch?« Sie versuchte zu verarbeiten, was der Kerl meinte.
»Ja! Eine kulinarische Reise durch Italien – wie klingt das?« Sein Adamsapfel sah bei jedem Wort aus, als hüpfe er in freudiger Erwartung ihrer Reaktion auf und ab.
»Äh … klingt … äh …« Sie schüttelte den Kopf und sah hilfesuchend zur Theke, wo aber statt Katrin nur eine Mitarbeiterin Bier zapfte. »Ich verstehe nicht ganz«, gab sie zu.
Frischmann legte die Hände flach auf die Tischdecke und sah sie direkt an. »Die Branche braucht einen neuen Star«, erklärte er. »Die Muttis am Herd haben genug von den 15-Minuten-Rezepten irgendwelcher Sterneköche. Genug von Zutaten, die ohnehin niemand zu Hause hat. Back to basics, wenn man so will. Die südländische Küche ist und bleibt trendig, aber modern soll sie werden. Und das will ich vermitteln. In einem Kochbuch. Mit Ihren Rezepten.«
»Dann sind Sie wohl nicht vom Gesundheitsamt.«
Frischmann lachte...
Erscheint lt. Verlag | 13.10.2017 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Apulien • Bologna • Buch 2017 • Essen • Freundinnen • Honigtöchter • Italien • Kochbuch • Liebe • mr grey • München • Neu 2017 • Neuerscheinung 2017 • Neuerscheinungen 2017 • Reise • Restaurant • Rezepte • Roadmovie • Rom • Selbstfindung • Streit • Venedig • Versöhnung • Verzeihen |
ISBN-10 | 3-8437-1612-9 / 3843716129 |
ISBN-13 | 978-3-8437-1612-3 / 9783843716123 |
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