GötterFunke 3. Verlasse mich nicht (eBook)
464 Seiten
Dressler Verlag GmbH
978-3-86272-063-7 (ISBN)
Marah Woolf wurde 1971 in Sachsen-Anhalt geboren, wo sie auch heute noch mit ihrem Mann und drei Kindern lebt. Sie studierte Geschichte und Politik und erfüllte sich 2011 mit der Veröffentlichung ihres ersten Romans einen großen Traum. Ihre Bücher wie die FederLeicht-, die MondLicht- und die BookLess-Saga haben sich als E-Book oder Taschenbuch mehr als 1 Million mal verkauft.
Marah Woolf wurde 1971 in Sachsen-Anhalt geboren, wo sie auch heute noch mit ihrem Mann und drei Kindern lebt. Sie studierte Geschichte und Politik und erfüllte sich 2011 mit der Veröffentlichung ihres ersten Romans einen großen Traum. Ihre Bücher wie die FederLeicht-, die MondLicht- und die BookLess-Saga haben sich als E-Book oder Taschenbuch mehr als 1 Million mal verkauft.
Apolls Nebel verschwand und durch meine Jeans hindurch spürte ich den feuchten Sand unter meinen Knien. Gänsehaut überzog meinen Körper. Mir war eiskalt. Der Lärm der Kämpfenden war verschwunden, ebenso wie deren Gebrüll. Keine Götter mehr, keine Zyklopen oder andere Ungeheuer. Cayden und ich waren allein. Ganz allein. Hinter mir schlugen die Wellen sanft an den Strand.
»Cayden?«, schluchzte ich. »Cayden. Bitte sag etwas. Irgendwas.« Wo konnte ich ihn anfassen, ohne ihm wehzutun? Überall war Blut. An meinen Händen, meinen Armen, in seinem Gesicht. Seine Lider flatterten, als wollte er sie öffnen. Aber er schaffte es nicht. Das hatte ich nicht gewollt. »Hörst du mich?«
Ich hockte neben ihm in dem klammen Sand und drückte mit beiden Händen fest auf die Wunden an seiner Schulter und der Seite. Mehr konnte ich nicht tun. Wenn ich loslief, um Hilfe zu holen, würde er verbluten. Blieb ich bei ihm, starb er trotzdem, wenn auch viel langsamer. Die Wunde an der Seite musste tief sein. Das Blut pulsierte warm und stetig zwischen meinen Fingern hervor. Er würde sterben. Und es war meine Schuld. Meinetwegen war er sterblich und damit verletzlich geworden. Wieso hatte keiner der Götter es für nötig befunden, mir zu sagen, was wirklich vor sich ging? Weshalb hatten sie mir nichts von Caydens völlig absurdem Wunsch erzählt? Ich konnte nicht fassen, was da gerade alles geschehen war.
Aber jetzt saß ich hier mit ihm und er starb mir buchstäblich unter den Händen weg. Am Horizont brauten sich dunkelgraue Wolkenberge zusammen. Das Meer nahm eine fast schwarze Färbung an. Das Seehundbellen, an das ich seit meiner Kindheit gewöhnt war, klang heute bedrohlich. Wenn ein Unwetter losbrach und er bis dahin nicht im Trockenen war, würde er sterben. Schon jetzt fühlte Caydens Haut sich eiskalt an und er zitterte. Diese elenden Götter! Warum hatten sie mir das angetan? Warum hatte er mir das angetan? Ich sollte ihn hassen. Aber ich brachte es nicht übers Herz. Nicht jetzt. Cayden wirkte so menschlich und verwundbar wie noch nie. Er stöhnte und bäumte sich auf. Wenn er überlebte, wollte ich eine Erklärung. Die war er mir schuldig. Warum hatte er unbedingt sterblich sein wollen? Warum hatte er jahrhundertelang Mädchen benutzt, um sich diesen Wunsch zu erfüllen? Mädchen, die sich in ihn verliebt hatten, die gelitten hatten, denen er das Herz gebrochen hatte. Wie mir. Waren sie ihm egal gewesen? War ich ihm so egal gewesen? Offensichtlich. Er hatte zugelassen, dass Hephaistos mich tätowierte, obwohl die giftige Tinte meinen Tod hätte bedeuten können. Viel egaler konnte ich ihm wohl kaum sein. Das Ironische daran war, dass erst das Tattoo mich für Agrios so richtig interessant gemacht hatte. Ich konnte damit nicht nur Schattengötter erkennen, sondern mich und andere auch unter einer Art Schirm verbergen. Zeus musste doch gewusst haben, dass ich diese Fähigkeit entwickeln würde. Nur mithilfe meines Schirms hatten Agrios und seine Kumpane nach Mytikas zurückkehren können. Aber natürlich hatten die Götter mir diese Kleinigkeit verschwiegen. Zeus war es nur wichtig gewesen, dass ich die Schattengötter erkannte, die sich in Monterey herumtrieben. Leider hatten meine Fähigkeiten sich rasanter entwickelt als gedacht. Und genau das hatte Agrios sich zunutze gemacht. Wenn die Götter ehrlich zu mir gewesen wären, läge Cayden jetzt nicht sterbend an diesem Strand. Sie allein waren schuld an dem Desaster. Wenn Agrios Zeus stürzte, geschah es ihm nur recht. Die Götter hatten mit mir gespielt. Das tat am meisten weh. In den vergangenen Wochen hatte ich mir tatsächlich eingebildet, Apoll und Athene wären meine Freunde. Wie naiv ich gewesen war! Götter brauchten keine Freunde unter den Menschen.
Ich strich Cayden das blutverschmierte Haar aus der Stirn. Nach all dem, was im Camp geschehen war, hätte ich eigentlich wissen müssen, dass ich ihm nicht trauen konnte. Er hatte schon einmal zu leichtfertig mit meinem Herzen gespielt. Seine Lippen wurden blau und dann fast farblos. Ich konnte nichts für ihn tun, außer bei ihm zu bleiben, bis es vorbei war. Um nicht aufzuschluchzen, biss ich die Zähne zusammen. Niemand verdiente es, allein zu sterben. Nicht mal er.
Cayden schlug die Augen auf. Ein Schatten lag über dem Grün. »Jess«, flüsterte er. Ich beugte mich näher zu ihm. »Das habe ich nicht gewollt«, kam es mühsam über seine Lippen. »Das musst du mir glauben. Bitte«, flehte er mit letzter Kraft. »Ich …« Seine Augen fielen wieder zu und sein Brustkorb hob und senkte sich hektisch. Das Blut pulsierte stärker durch meine Finger. »Schhh. Beruhige dich«, flehte ich. Das konnte er mir später noch erklären. Wenn es ein Später gab. »Du musst still liegen. Bestimmt kommt gleich Hilfe.«
»Aber ich will, dass du weißt …«, presste er hervor und verstummte dann endgültig.
»Alles wird gut«, behauptete ich und wusste doch, dass es eine Lüge war. Cayden lag nun völlig reglos da. Ich konnte nicht mal erkennen, ob er noch atmete. Warum hatte ich mein Handy nicht eingesteckt, als Mateo mich geholt hatte? Dann hätte ich jetzt den Notruf wählen können. Unser Haus war von hier aus gut zu sehen, aber es war, als läge ein riesiges Meer zwischen uns und meinem Zuhause auf der anderen Seite der Straße. Ich bräuchte maximal fünf Minuten, um hinzulaufen und einen Arzt zu rufen. Vielleicht war sogar Sean da. Aber selbst wenn ich mich noch so sehr beeilte – bis ich wieder zurück war, wäre Cayden längst tot. Ich konnte ihn nicht verlassen. Schweiß trat mir auf die Stirn. Er durfte nicht sterben! Nicht hier. Nicht so. Warum hatte ich nicht rechtzeitig den Unsichtbarkeitsschleier über uns gezogen? Warum hatte ich nicht die Kette benutzt? Die Antwort war einfach. Ich war zu durcheinander gewesen. Die Götter hatten miteinander gekämpft und ich hatte mittendrin gehockt. Apoll hätte Cayden heilen müssen. Was hatte er sich dabei gedacht, ihn verletzt hier am Strand abzuladen? Am Straßenrand tauchte eine Gestalt auf. Endlich. Meine Erleichterung war grenzenlos. Wer auch immer das war, er musste uns helfen.
»Hilfe!«, brüllte ich. »Kommen Sie her!« Ich fuchtelte mit einem Arm in der Luft, um auf uns aufmerksam zu machen.
Die Gestalt rannte los, nein, sie flog. Die Götter ließen uns doch nicht im Stich! Es war zwar nicht Apoll, aber immer noch besser irgendein Gott als gar keiner.
»Wie geht es ihm?« Ein Junge, kaum älter als ich, kniete sich neben mich in den Sand, schob meine Hand zur Seite, wurde blass und würgte. »Ich kann kein Blut sehen«, presste er hervor. »Tu doch irgendwas.«
War das sein Ernst? Er war doch der Gott, und es war kaum zu übersehen, wie es um Cayden stand. Meine Stimme zitterte vor Wut, als ich antwortete: »Wo ist Apoll? Er braucht einen Heiler.«
Der Junge blickte mich zerknirscht an. »Niemand von uns darf ihm mehr helfen, jetzt, wo er sterblich ist. Das war eine der Bedingungen der Wette. Kein Kontakt mehr zur Götterwelt. Pro hat es selbst so gewollt.«
Pro? »Warum bist du dann hier? Willst du ihm beim Sterben zusehen?«
Der Junge brummte etwas Unverständliches, drängelte mich zur Seite und hob Cayden hoch, obwohl der dadurch noch blasser wurde. Der Typ allerdings auch.
Cayden stöhnte auf und ich presste umständlich die Hände weiter auf die Wunden. »Was soll das?«, schrie ich. »Du bringst ihn noch um.«
»Das hat er mit seinem Wunsch ja wohl schon selbst erledigt«, fuhr er mich an. »Ich kenne mich mit Heilkunst zwar nicht aus, aber er muss ins Warme.«
Da konnte ich nicht widersprechen. »Da vorne ist unser Haus, und der Freund meiner Mom ist Arzt«, erklärte ich. »Vielleicht kann er etwas für ihn tun. Sonst rufe ich den Krankenwagen.«
»Du musst ihn loslassen«, befahl der Junge und hob im selben Moment ab.
Ich rannte hinterher. »Warum hilfst du uns, wenn Zeus es verboten hat?«, keuchte ich.
»Weil Vater es spätestens morgen bereut, ihm nicht geholfen zu haben. Aber dann könnte es zu spät sein. Zeus denkt manchmal einfach nicht von Alpha bis Omega.« Also noch ein Sohn des Zeus. Hoffentlich stand der auf seiner Seite. Keine Schatten weit und breit. Immerhin.
Wir hatten unser Haus erreicht und ich donnerte mit der Faust gegen die Tür.
»Geht’s noch lauter?« Phoebe stand wütend im Eingang. Dann verzog sich ihr Mund zu einem O, und sie presste sich an die Wand, damit der Junge Cayden hineintragen konnte.
»Ist Sean da?«, fragte ich, aber Phoebe war längst losgerannt und schrie den Namen von Moms Freund so laut, dass es in ganz Monterey zu hören war.
Ich ging voraus in mein Zimmer. »Leg ihn aufs Bett«, wies ich ihn an und traute mich nicht, Caydens Puls zu fühlen. Bewegte seine Brust sich überhaupt noch?
Sean kam mit einer braunen Arzttasche in der Hand herein. »Was ist passiert?«, fragte er, während er das blutgetränkte Hemd aufschnitt und routiniert die Wunden an Schulter und Seite begutachtete. Die Haut um die Wunde war ganz zerfetzt. Mein Helfer trat ans Fenster und würgte leise. Immerhin verschwand er nicht. Ich ertappte mich bei dem Wunsch, Caydens Hand halten zu wollen, als könnte ich ihn damit zwingen, zu bleiben. Er hatte dasselbe für mich getan. Damals, auf unserer Fahrt ins Camp. Ohne ihn wären Robyn und ich tot. Ich war ihm etwas schuldig und diese Schuld würde ich jetzt begleichen. Was danach kam … Darüber würde ich nachdenken, wenn es so weit war.
»Ich habe ihn am Strand gefunden«, log ich. »Er war verletzt. Keine Ahnung. Ich habe nur das ganze Blut gesehen.«
Sean beugte sich tiefer über Cayden. »Vermutlich ist eine Arterie verletzt, sonst würde es nicht so stark bluten.« Er...
Erscheint lt. Verlag | 12.3.2018 |
---|---|
Reihe/Serie | GötterFunke |
GötterFunke | |
Mitarbeit |
Cover Design: Frauke Schneider |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | Athene • CAMP • Fantasy • Gefühle • Götter • Große Gefühle • Herrschaft • Herrscher der Götter • Liebe • Olymp • Perseus • Prometheus • Schicksal • Sommer • Spannung • Sterblichkeit • Unerwiderte Liebe • Unterwelt • Verräter • Wette • Zepter • Zeus |
ISBN-10 | 3-86272-063-2 / 3862720632 |
ISBN-13 | 978-3-86272-063-7 / 9783862720637 |
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