Rebekkas Melodie (eBook)

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2017 | 1. Auflage
489 Seiten
Francke-Buch (Verlag)
978-3-86827-746-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Rebekkas Melodie -  Tamera Alexander
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Nashville, 1871: Die junge Musikerin Rebekka kehrt nach ihrer Ausbildung in Wien in ihre alte Heimat zurück. Doch sie weiß, dass ihr ihr früheres Zuhause in Nashville keine Zuflucht mehr bietet. Dort herrscht mittlerweile ihr Stiefvater. Und so macht Rebekka sich auf die Suche nach einer Anstellung. Ihr größter Herzenswunsch ist es, im Sinfonieorchester ihrer Heimatstadt Violine spielen zu dürfen. Aber Nathaniel Whitcomb, der Dirigent, lehnt Rebekka ab. In seinem Orchester ist kein Platz für Frauen. Nach und nach jedoch erkennt er, dass Rebekka nicht nur äußerst reizend ist, sondern auch eine außergewöhnliche Gabe besitzt ...

Tamera Alexander ist für ihre historischen Romane schon mehrfach mit dem Christy Award ausgezeichnet worden, dem bedeutendsten christlichen Buchpreis in den USA. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei erwachsenen Kindern in Nashville.

Kapitel 1

Nashville, Tennessee
12. Januar 1871

Rebekka Carrington stand zitternd auf der Straßenseite, die ihrem Elternhaus gegenüberlag. Die Reisetasche lastete schwer in ihrer Hand und ihr Mantel war mit Schneeflocken bedeckt. Sie zählte die Schritte, die nötig wären, um zur Haustür zu gelangen. Wie konnte ein so kurzer Abstand so unüberwindlich erscheinen, viel weiter als der Ozean, den sie gerade überquert hatte? Sie wünschte, sie bräuchte nur zu blinzeln und wäre wieder in Wien.

Nach zehn Jahren in der österreichischen Hauptstadt fühlte sie sich dort mehr zu Hause als in der Stadt, in der sie geboren worden war und die erste Hälfte ihres Lebens verbracht hatte. Aber der Brief, der ihr vor fast vier Wochen, nur wenige Tage vor Weihnachten, zugestellt worden war, hatte alles verändert.

In diesem Moment ging die Haustür auf.

Rebekka drückte sich in den Schatten eines Baumes, dessen duftende Nadeln in der Kälte hart und spitz geworden waren. Sie drehte den Kopf, um durch die vereisten Zweige spähen zu können. Ihr Atem bildete eine Wolke vor ihrem Mund und hing gespenstisch in der Luft. Ihr Magen verkrampfte sich, aber das lag nicht nur an ihrem Hunger.

Es war er.

Wie oft hatte sie diesen Mann vor ihrem geistigen Auge gesehen, seit sie Nashville verlassen hatte?

Aber als sie ihn jetzt, zehn Jahre später, mit den Augen einer erwachsenen Frau sah, wirkte er ganz anders als damals, da sie als dreizehnjähriges Mädchen zu ihm aufgeblickt hatte. Er war zwar dicker geworden, aber er war immer noch groß, über einen Meter achtzig, und strahlte wie früher etwas Beherrschendes aus.

Aber er war bei Weitem nicht mehr die übergroße Gestalt, als die er ihr im Gedächtnis geblieben war.

Jahrelang hatten sie Erinnerungen an die Begegnungen mit ihm – und besonders an jene eine Nacht – geplagt. Die Zeit und der räumliche Abstand hatten geholfen, das zu überwinden. Sie war nicht mehr das junge, naive Mädchen von damals und sie hatte keine Angst mehr vor ihm.

Warum hämmerte dann ihr Herz so wild? Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und nahm ihren ganzen Mut zusammen.

Ihr Stiefvater stieg in eine Kutsche, die deutlich eleganter war als die Kutsche, die er und ihre Mutter besessen hatten, als Rebekka das letzte Mal hier gewesen war. Vielleicht hatte er sich die Kutsche mit dem Geld gekauft, das er vor Kurzem „geerbt“ hatte. Diese Möglichkeit verstärkte ihre Abneigung ihm gegenüber noch mehr und sie fragte sich zum wiederholten Mal, woran ihre Großmutter so plötzlich gestorben war.

Großmutter Carrington hatte mit keinem Wort erwähnt, dass sie sich unwohl gefühlt hätte, doch dann war die schockierende Nachricht von ihrem „plötzlichen und tragischen Tod“ gekommen. Das ergab einfach keinen Sinn und Rebekkas Schmerz und ihre Trauer waren unbeschreiblich groß.

Rebekka betrachtete die Kutsche und die Silhouette des Mannes, der darin saß.

Barton Ledbetter war kein ehrbarer Mann, das wusste sie nur zu gut. Aber er war doch sicher nicht so unmoralisch, dass er es gewagt hatte …

„Vor wem verstecken Sie sich?“

Rebekka zuckte zusammen und fuhr herum. Die Stimme hatte sie unsanft aus ihren Gedanken gerissen.

Ein kleiner Junge spähte unter dem Schild einer zerrissenen roten Mütze zu ihr hinauf und schaute sie angriffslustig an.

Sie runzelte die Stirn. „Ich verstecke mich vor niemandem.“

Er legte vielsagend den Kopf schief und gab ihr damit deutlich zu verstehen, dass er das anders sah.

„Ich habe nur … über meine Pläne nachgedacht.“ Das traf die Wahrheit nicht ganz, aber ihre Gewissensbisse verstummten schnell. Was sie tat oder nicht tat, das ging diesen Jungen wirklich nichts an.

Ein halb leerer Beutel mit Zeitungen hing von seiner schmalen Schulter. Als sehe er seine Chance, zog er eine heraus, rollte sie blitzschnell zusammen und hielt sie ihr hin, als präsentiere er ihr die Kronjuwelen der Habsburger.

„Fünf Cent für eine Zeitung, Miss. Sagen wir zehn.“ Er verzog schelmisch einen Mundwinkel. „Dafür verrate ich niemandem, was ich gesehen habe.“

Rebekka schaute ihn herausfordernd an. „Was genau glaubst du denn gesehen zu haben?“

„Ich habe Sie dabei erwischt, wie Sie die Familie, die dort drüben wohnt, ausspioniert haben.“ Er deutete zum Haus hinüber.

Sie warf einen Blick auf die Kutsche. Im nächsten Moment würde sie direkt an ihr vorbeifahren! Ihr Stiefvater hob den Blick und richtete ihn scheinbar genau auf sie. Sie erstarrte. Er und ihre Mutter erwarteten sie erst morgen. Sie war aufgrund des günstigen Wetters bei der Überfahrt über den Atlantik einen Tag früher angekommen, aber …

Sie drückte sich in das würzig duftende Versteck der Pinyon-Kiefer zurück und erkannte, dass sie trotz allem noch nicht bereit war, ihm gegenüberzutreten. Sie brauchte Zeit, um ihre nächsten Schritte zu planen. Schritte, die sie von ihm wegbringen würden. Und leider auch von ihrer Mutter. Es sei denn, sie könnte ihre Mutter überreden, ihn zu verlassen.

Die Kutsche fuhr weiter. Erst als sie um die Ecke gebogen war, konnte Rebekka wieder richtig atmen.

„Also? Was ist jetzt?“

Sie drehte sich um. Der Junge stand immer noch da und blickte sie mit triumphierender Miene an. Sie erkannte einen Opportunisten auf den ersten Blick und schaute ihn drohend an. „Du weißt nicht einmal, wer dort wohnt, junger Mann.“

„Doch!“ Sein Tonfall und sein vorgeschobenes Kinn waren fast überzeugend. „Dieser Mann dort.“ Er deutete in die Richtung, in der die Kutsche verschwunden war. „Er und seine Frau. Das ist ihr Haus. Ich sehe sie oft kommen und gehen.“

Aufgrund seiner dürren Gestalt und Größe schätzte Rebekka den Jungen auf höchstens sieben oder acht. Er war so dünn, dass er wahrscheinlich keine regelmäßigen Mahlzeiten bekam. Sein abgetragener Mantel war am Kragen zerrissen und hatte keine Knöpfe mehr. Aber der Junge strahlte eine Gerissenheit aus, die Rebekka an die Jungen erinnerte, die auf den Straßen von Wien aufwuchsen. Diese Schlauheit bewunderte sie, aber gleichzeitig hatte sie mit diesen Kindern Mitleid.

Kein Kind sollte ohne Zuhause, ohne einen Ort, an dem es vor der Welt sicher und geschützt war, aufwachsen. Aber ein Zuhause war auch nicht unbedingt eine Garantie, dass ein Kind geschützt war, wie sie aus eigener Erfahrung wusste.

Ihr kam eine Idee und sie stellte ihre Tasche ab. Sie war nicht auf der Straße aufgewachsen, aber sie war auch nicht naiv. Sie griff in ihre Handtasche. Die Entscheidung, wie ihre Rückkehr aufgenommen werden würde, lag nicht in ihrer Hand und das musste sie akzeptieren.

„Ich kaufe eine Zeitung für mich.“ Sie erwiderte seine finstere Miene mit einem festen Blick. „Und noch eine zweite. Und ich gebe dir fünf Cent extra, wenn du etwas für mich erledigst.“

Er kniff argwöhnisch die Augen zusammen. „Was soll ich für Sie machen?“

„Bring die zweite Zeitung zu dem Haus auf der anderen Straßenseite. Klopf an die Tür, und wenn die Haushälterin aufmacht …“ – was ganz bestimmt passieren würde –, „dann bittest du sie, die Zeitung Mrs Ledbetter zu bringen. Falls Mrs Ledbetter zu Hause ist.“

Ein Grinsen zog über sein Gesicht. „Hab ich doch gleich gesagt! Sie spionieren!“

Sie schaute ihn finster an. „Willst du dir jetzt die fünf Cent verdienen oder nicht?“

Er rückte seine Mütze zurecht. „Und wenn sie nicht daheim ist? Versuchen Sie dann, mich um mein Geld zu bringen?“

„Bestimmt nicht. Du bekommst auf jeden Fall fünfzehn Cent. Abgemacht?“

Er schaute sie nachdenklich an und nickte dann kurz und langsam, als denke er über eine andere Alternative nach. „Ich mache es. So, wie Sie gesagt haben.“

Rebekka nahm eine Zeitung und drückte ihm drei Münzen in seine schmutzige Hand. Seine braunen Augen strahlten auf. Sie packte den Saum seines Mantelärmels, da sie gesehen hatte, wie flink diese Jungen laufen konnten. „Ich warne dich, junger Mann! Ich kann schnell laufen. Wenn du dein Wort nicht hältst, riskierst du, dass du von einem Mädchen durch die Straße gejagt wirst.“

Er lachte abfällig. „Sie sind kein Mädchen. Sie sind eine Dame. Damen laufen nicht.“

Sie kniff die Augen zusammen. „Diese Dame hier schon.“

Seine Miene wurde ernst, als er sich abwandte, aber Rebekka war sicher, dass sie einen Anflug von Belustigung – und Bewunderung – in seinen Augen gesehen hatte.

Von ihrem Platz hinter dem Baum aus schaute sie zu, wie er am Straßenrand stehen blieb und wartete, bis einige Fahrzeuge vorbeigefahren waren. Sie zog den Mantelkragen enger um ihren Hals, während sich ihr Magen wieder nervös zusammenzog, wie jedes Mal, wenn sie daran dachte, ihre Mutter nach so vielen Jahren wiederzusehen.

Ihre Großmutter hatte es geschafft, alle zwei Jahre zu Besuch nach Österreich zu kommen, und war jedes Mal mehrere Monate geblieben. Aber ihre Mutter? Sie hatte ihre Tochter kein einziges Mal besucht, obwohl Großmutter Carrington angeboten hatte, die Reise zu bezahlen. Das hatte Rebekka mehr verletzt, als sie in ihren Briefen verraten hatte. In ihrer Kindheit hatte sie ihrem Vater immer sehr nahegestanden und seine herzliche, geduldige Art...

Erscheint lt. Verlag 1.8.2017
Übersetzer Silvia Lutz
Sprache deutsch
Original-Titel A note yet unsung
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Berufung • Christlicher Roman • Glaube • Historischer Liebesroman • Musik • Orchester • Violine
ISBN-10 3-86827-746-3 / 3868277463
ISBN-13 978-3-86827-746-3 / 9783868277463
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