Revolution des Theaters am Beispiel eines Theaterpioniers (eBook)
324 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7448-0727-2 (ISBN)
Klaus Schober, in Berlin geboren, Schulbesuch in Bayern, dort Abitur; danach Studium, u.a. der Theaterwissenschaften in Köln, mehrjährige Tätigkeit an Theatern des In- und Auslands, freie journalistische Tätigkeit. Nach längeren Aufenthalten, u.a. in Ungarn, und vorübergehendem Wohnwechsel an die Nordsee wieder in Berlin! Buchveröffentlichungen u.a. "ichPatriot", zwei Theaterbände (Meßthaler und das Intime Theater Nürnberg ). Demnächst erscheinen wieder drei Erzählbände: Melancholie der Augenblicke.
B. Theater im Zeitenumbruch
1. Die Entwicklung des Dramas
Der Entwicklungsschritt zu einem neuen Theater erfolgte zu einem Zeitpunkt, als eine neue Zeit, eine neue Kultur, die sich in der Kunstentwicklung Frankreichs vorwiegend episch, in Deutschland (und Norwegen, Schweden) in Form dramatischer Werke ausdrückt, für ihre Präsentation eine neue – intime - Bühne (Kammerspiel) verlangt, auch eine neue Darstellung (Schauspieler, Regie). Dies im Spannungsfeld einer gesellschaftlichen Entwicklung, in dem eben die sozialen, die ökonomischen und nicht zuletzt die kulturellen Widersprüche manifester werden.
Das Stichwort Imperialismus, als Referenzpunkt in der neugeschichtlichen Theorie, meint, zunächst, bezogen auf das Deutsche Reich, spätestens eine die Gründerzeit einläutende Epoche, die bis zum Zusammenbruch des „Dritten Reichs“ währt.
Das „Weltreich“ des Wilhelminischen Deutschlands wuchs durch seine dynamische Entwicklung zum größten Industriestaat Europas an, seine Militarisierung des öffentlichen Lebens sowie eine auf Ausdehnung bestimmte Außenpolitik kennzeichnen in der „Epoche“ des Imperialismus die Richtung seiner Machtansprüche.…,
Dies geht einher mit der Auflösung der abendländischen Kultur, in der die christliche Kultur Grundlage und Zusammenhalt einer geistigen und sittlichen Einheit bildete (4). Führte dies zur Aufgabe transzendenter Werte, kann es sich ideologisch auf die Stichwortlieferanten dieser neuen Zeit stützen (5). Tonangebend waren Darwin, Haeckel, Freud, Nietzsche. Propagieren die einen als Ergebnis ihrer wissenschaftlichen Untersuchungen die Entwicklung der Arten, verkünden die anderen in ihrer Philosophie vitaler Lebenskraft bzw. Psychoanalayse den Beginn einer neuen Zeit rechnung… Zugleich aber „waren“, wie H. von Gumppenberg schreibt, „in schärferem Kontrast zu der materialistischen Aufklärung, die der ebenso gewaltige als einseitige Aufschwung der Naturwissensschaft mit sich gebracht hatte (6), Somnambulismus, Spiritismus und Mesmerismus…(7) zu neuem und überraschend starkem Leben erwacht.“
Alle diese Erscheinungen öffnen ungewollt je nach eigens interpretierter Lesart unter-schiedlichen wie gegensätzlichen Deutungsabsichten Tür und Tor: Was bei den einen bedingungslose Zustimmung zu einer neuen Weltansicht heißt, ruft bei den anderen, aus dem Widerspruch zwischen dem aufgrund materieller Lebenswirklichkeit und behaupteten geistigen Traditionen resultierenden Standpunkt der gesellschaftlichen Lage Skepsis, neue Fragestellungen, mitunter Ablehnung hervor.
Dabei ist Deutschland, die Darstellung beschränkt sich auf die literarische Entwicklung, nicht Vorreiter, sondern Nachahmer, allenfalls später Wegbegleiter der im Aus-land früher entstandenen neuen Literatur.
Die ausländischen Dramatiker haben, heimisch geworden auf deutschen Bühnen, hier Anregungen gegeben, die von deutschen Bühnendichtern aufgenommen und in je eigener Weise „naturalisiert“ wurden. Unter den Namen, die Einfluss ausübten, ragen, vor allem mit ihren gesellschaftkritischen Stücken, die Norweger Björnson und lbsen, der Schwede Strindberg, der Russe Tschechow hervor; die englischsprachige Dramatik wird vertreten vor allem durch Oscar Wilde, dann Shaw und Frankreich, wo die naturalistische Literatur, vor allem im Epos, zu Hause war.
In dieser Zeit technisch und wissenschaftlich so großer Umwälzungen, einer Welt zwischen zwei Epochen, wurde die neue Kunst, noch in embryonalem Zustand, mit heißem Herzen erwartet und dann mit viel Geschrei und noch mehr Stilwendungen - so bleibt der Naturalismus nicht alleine, sondern teilt sich mit den literarischen Richtungen Symbolismus, Neuromantik, Dadaismus, Expressionismus das Feld - aufgenommen.(8) Tummelplatz der neuen Richtungen in Deutschland waren die literarischen Gesellschaften und dichterischen Debattierclubs, wo in der Folge und in ihrem Zusammenhang Experimentiertheater und freie Bühnen wie nach einem warmen Regen pilzartig an die Öffentlichkeit treten. So charakterisiert Hartl diesen Aufbruch zur Moderne“ (betr. „Kunstzustand München“): Das macht sich bemerkbar als „eine Epoche verwirrender künstlerischer Stilvielfalt, eine Zeit äußerst unterschiedlicher Konzepte für ein Theater der Zukunft, für ein Theater neuer ästhetischer und gesellschaftlicher Spielräume.“ (9)
Nient viel später etabliert sich eine neue Kunstform, die Kleinkunst im Chat noir des Montmartre (10), später in Deutschland in den „Überbrettl“ - Einrichtungen „Schall und Rauch“ – „Elf Scharfrichter“: Auch von dem Boden dieser Kleinkunst aus (Brettl, Kleinkunst) erfolgte die Auflösung aller bisher gültigen literarischen und ethischen Normen und bewirkte einen Umschwung in der Literatur. Das hieß: anfangs eine Literatur engagee gegen Historismus und rückwärts gewandte ldylle (11) vor dem Hintergrund einer stürmischen industriellen Entwicklung, andererseits der Spannung zwischen der noch von feudalen Elementen durchsetzten Oberschicht und der breiten Masse (12).
Dabei stößt der Autoritätsanspruch des Obrigkeitsstaates immer mehr auf Kritik; als solche wird mitunter auch nur die Darstellung dessen, was ist, aufgefasst - auf die der Staat mit Zensur reagiert.
Junge Theater- und Literaturliebhaber u.a., die sich aus allen Gesellschaftskreisen zu-sammensetzten und durch ihre künstlerischen Neigungen verbunden waren, erwie-sen sich als die „Repräsentanten des sozialen Gewissens der Zeit“, ohne dass man sie gesellschaftlich hätte einordnen können, „eine Art anonymer Partei“ (13): „Es war die Partei der Jugend, besonders die akademische…“, die das Überlieferte in Frage stellte; „Ihrem Kampf gegen die Form (Prunk, Fassade, Verbrämung…) folgte eine vertiefte Darstellung innerer Zustände“ (14).
Zunächst aber waren die neuen Stücke, im Gegensatz zu den „pièces artificielles“, den erfundenen Geschichten von Scribe und Sardou, Einakter, die das Leben unge-schminkt wiedergaben: „Heine spricht in Bezug auf Paul Lindau von einer Literatur der „zahlungskräftigen Moral“, vie“, oder in krasser Form: einer „comédie de rosse“ (15).
Als führende Orte der zunächst „ naturalistischen“ Auseinandersetzung traten Berlin – neben der Volksbühne die Freie Bühne und Brahms Deutsches Theater – ebenfalls München und Leipzig, hier die akademisch - dramatischen Vereinigungen - in Erscheinung. Aber im Gegensatz zu Berlin begnügte man sich nicht am einseitig naturalistischen Oeuvre, sondern erfasste daneben auch Maeterlinck, Hamsun, d´Annunzio und Wedekind. „Diese z.T. neuromantische Richtung verhalf dann wiederum dem „Berliner Akademisch-Literarischen Verein“ in Opposition zu Brahm und seinem Programm in Berlin zum ersten Durchbruch“ (16).
Bibliographle:
Bahr, Herm., Studien zur Kritik der Moderne, Frankft 1894
Christopher Balme, Einleitung zur Ästhetik und Ideologie der Theatermoderne, in ders., (Hg.) Das Theater von morgen. Texte zur deutschen Theaterreform, Würzburg 1988, s.12
Fsuhrmann, Manfred, Bildung - Europas kulturelle Identität, Stuttgart 2002
Gründgens, G., Wirklichkeit des Theaters, Frft/M. 1953
Gumppenberg, Hans von, Lebenserinnerungen. Aus dem Nachlass, Berlin, Zürich 1929
Halbe, Max, Jahrhundertwende (Geschichte meines Lebens),Danzig 1935
König, Ernst, Das Überbrettl Ernst von Wolzogens und die Berliner Überbrettl – Bewegung, Kiel 1956
Presber, Das Theater um die Jahrhundertwende, Stuttgart 1901
Talmond – Gros, Walter, Das moderne französische Theater, München 1947
Wenig, H., Der Beitrag der akademisch – dramatischen Vereinigungen zur Entwicklung des deutschen Theaters von 1890 – 1914, Diss. München 1954
Barbara Zuber (Ein Beitrag zur Diskussion über Theater, Gesellschaft und Politik in München um 1900, in: Münchner Theatergeschichtliches Symposion 2000. Hrsg. V. P. Reidemeister, Basel 2000.
Anmerkungen:
1) in Barb. Zuber, s.136 vgl. h.p. ullmann das deutsche kaiserreich, s.205 ff –
2) Gründgens, G., a.a.O, S. 50
3) D.h. – mittlerweile auch verstorbene - Zeitzeugen, so neben H. Merck, dem langjährigen Dir. des IT, Schauspieler, die dem IT angehörten, und Theaterbesucher. Hinweis: wenn vom Stadttheater, einem Mehrspartenbetrieb, die Rede ist, dann ist der Schauspielsektor gemeint. Es bleibt dabei nicht aus, dass die anderen Bühnen der Stadt „miteinbezogen“ werden, auch für sie gilt das Prinzip: „Im Spiegel der Kritik“ als eines Rezeptionsmanifests, d.h. Rapportbücher, die von Haus aus notwendigerweise den Standpunkt des Betroffenen wiedergeben (erhalten sind die...
Erscheint lt. Verlag | 20.12.2017 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Geschichte |
ISBN-10 | 3-7448-0727-4 / 3744807274 |
ISBN-13 | 978-3-7448-0727-2 / 9783744807272 |
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