Platzverweis für Trimmel (eBook)

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2017 | 1. Auflage
190 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-688-10476-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Platzverweis für Trimmel -  Friedhelm Werremeier
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Nicht zufällig liegt die Leiche des Erschossenen in einem Fußballtor - die Leiche eines Mannes mit zwei Namen und einer, wie die Hamburger Mordkommission schnell herausfindet, äußerst zwielichtigen Vergangenheit. Louis Spindel alias Paul Mausbach war zu Lebzeiten offensichtlich tief in einen Korruptionsskandal verwickelt, und auf der Jagd nach seinem Mörder muß Trimmel so tief in den deutschen Profi-Fußball einsteigen, daß er von einem wütenden Trainer schließlich allen Ernstes des Platzes verwiesen wird. Das letzte Geständnis allerdings entlockt er dem Täter dennoch erst unmittelbar nach einem »Tor des Monats«. »Platzverweis für Trimmel«, ein Roman über das »Gesetz des Ungesetzlichen« im millionenschweren Geschäft um den »Volkssport Nr. 1«, wurde von der Kritik gleich nach Erscheinen als »der« deutsche Fußballkrimi gefeiert.

Friedhelm Werremeier, geboren 1930 in Witten, war viele Jahre Reporter mit einer Leidenschaft für komplizierte Kriminalfälle. Außer mit seinen Sachbüchern zum Thema hat er sich durch die Romane um Paul Trimmel, den »deutschen Maigret«, eine große Lesergemeinde erobert. Friedhelm Werremeier starb im November 2019.

Friedhelm Werremeier, geboren 1930 in Witten, war viele Jahre Reporter mit einer Leidenschaft für komplizierte Kriminalfälle. Außer mit seinen Sachbüchern zum Thema hat er sich durch die Romane um Paul Trimmel, den »deutschen Maigret«, eine große Lesergemeinde erobert. Friedhelm Werremeier starb im November 2019.

1


Montag abend wurde der Wind scharf, und Trimmel flüchtete vor der Kälte in seine Stammkneipe Old Farmsen Inn. Er blieb dort gleich an der Theke stehen – und da steht er nun und stampft heftig mit den Füßen auf, damit sie wärmer werden.

»Korn und Bier?« fragt der Wirt.

»Was sonst?«

Neben ihm stehen ein paar, die reden ziemlich laut gegen die Musikbox an. Trimmel schnappt einen Satz auf: »Der deutsche Fußball ist tot!«

»Wer ist tot?« fragt er gewohnheitsmäßig.

»Der Fußball«, wiederholt der Mann. »Dieser Bundesligaskandal hat ihm doch den Rest gegeben! Sind Sie nicht auch der Meinung?«

»Ich hab keine Meinung!« sagt Trimmel friedlich.

Darauf der andere, mehr erstaunt als verärgert: »Das gibt’s doch nicht! Noch nie was von den ganzen Bestechungen gehört?«

»Doch«, sagt Trimmel, »aber ob Sie’s glauben oder nicht, ich hab andere Sorgen!« Morde zum Beispiel, Gewaltverbrechen, Totschläge. Aber das behält er für sich.

Wenig später zieht der Mann neben Trimmel Leine, offenbar doch ein bißchen beleidigt. Trimmel sieht auf die Uhr: halb zwölf vorbei. Und dann rückt der nächste näher. Er redet wenigstens deutlicher.

»Ich kann Sie ja verstehen«, sagt er zu Trimmel, »so wie Ihnen geht’s ja vielen. Alle glauben, der deutsche Fußball ist völlig verrottet …«

»Stimmt ja auch«, erklärt Trimmel. »Wer am besten schiebt, wird Deutscher Meister!«

»So – dann will ich Ihnen mal was sagen …«

»Nein!« fleht Trimmel. »Bitte nicht!«

Aber der Mann schüttelt den Kopf. »Wenn Sie derart blödsinnige Sachen von sich geben, müssen Sie sich das anhören!« Er winkt dem Wirt. »Zwei Korn!«

Der Wirt grinst Trimmel an. »Nun sei mal nicht so … Bobby ist gar nicht so dumm …«

»Ach, Scheiße!« sagt Trimmel. »Prost!«

»Prost! Und jetzt passen Sie mal auf: die paar großen Vereine, die bei uns abwechselnd Meister werden, sind so reich, daß sie praktisch unbestechlich sind. Da müssen Sie sich bloß mal vorstellen, was die riskieren würden …«

»Vielleicht die Vereinsexistenz?« rät Trimmel.

»Eben! Und darum würden die bei jedem auch nur andeutungsweise schmutzigen Angebot sofort zum Deutschen Fußballbund laufen und sagen: Hey, wir sollen Spiele verlieren für Geld! Und damit wären sie auch in der Hinsicht die Größten, und die anderen wären am Arsch – kapiert?«

Trimmel nickt. »Aber die kleineren Klubs?«

»Da würd Bestechung im Prinzip funktionieren; hat ja auch n paarmal funktioniert. Aber die meisten sind doch so knapp mit Kohlen, daß sie lieber absteigen, statt sich den Klassenerhalt zu erkaufen und pleite zu gehen!«

»Trotzdem … irgendeiner von den Großen könnt ja doch mal von sich aus aktiv werden …«

»Mann – Sie nerven mich!« sagt der andere erschöpft. »Ich hab nie behauptet, daß Korruption unmöglich ist, sondern nur, daß sie selten vorkommt! Vor allem in Zukunft – und wenn, das haben wir ja gesehen, geht’s immer um einzelne Spieler!«

An die Vierzig mag er sein, überlegt Trimmel. Klingt alles ganz logisch, was er da sagt, auch wenn er gerade leicht einen in der Krone hat. Seltsamerweise trägt er zum Bart einen Schlips. »Sind Sie selber Klubmanager?« fragt Trimmel. »Oder Werbemensch?«

»Sportreporter beim Mittag. Und Sie?«

Gott ja – warum nicht? »Ich bin Polizist!«

»Aha!« Es muß tiefere Gründe haben, daß er plötzlich sein Glas abstellt und Trimmel die Hand schüttelt. »Mein Name ist Gerber … Bobby – ich meine, Robert Gerber …«

»Trimmel«, sagt Trimmel, »Paul Trimmel …«

»Was machen Sie denn so bei der Polizei?«

»Außer Fußball fast alles«, sagt Trimmel. »Das heißt, mit der Reiterstaffel hab ich auch wenig zu tun …«

»Ja, ja«, sagt Gerber zerstreut. »Fußball und Kriminalität gehören jedenfalls der Vergangenheit an!«

»Hoffen wir’s!« sagt Trimmel, läßt sich dann aber endgültig nicht mehr lumpen und ordert zwei Korn im Gegengeschäft.

 

Als zwei Tage später der Schuß kracht, der Trimmel noch Ärger machen wird, köpft der Mönchengladbacher Nationalstürmer Jupp Heynckes gerade ein fürchterliches Ding an die Querlatte. Ein Mann namens Louis Spindel in Hamburg rutscht langsam vom Sessel, und im Berliner Olympiastadion johlt die Masse der verpaßten Gelegenheit nach …

Zwei Ereignisse simultan, Hunderte von Kilometern voneinander entfernt: das Fernsehen macht’s möglich.

Das Fernsehen überträgt das Fußballeuropapokalspiel Borussia Mönchengladbach gegen Inter Mailand für hundert Millionen Gerechte und Ungerechte, überträgt es in Kneipen und Wohnzimmer, in die Schlupfwinkel von Mördern und die Stuben von Polizisten.

»Was machen wir nun mit ihm?« Ratlos stehen zwei Menschen vor Spindels Leiche, während auf dem Bildschirm der nächste Gladbacher Angriff rollt.

»Gut, daß die Glotze an ist – da hat wahrscheinlich keiner was gehört …«

Sie sind noch taub von der Detonation des Schusses – taub und hilflos. »Wir können ihn hier ja nicht verfaulen lassen!«

 

Man zeigt den Mönchengladbacher Coach Hennes Weisweiler nach dem Ende der neunzig Spielminuten: ein enttäuschtes, steinernes Gesicht. Ein gutgeschnittener Fußballkrimi. Außer Trimmel hat ihn vermutlich jeder zweite Deutsche gesehen.

Gaby Montag, Trimmels Lebensgefährtin, schaltet den Fernseher aus und geht nach nebenan. Dort sitzt Trimmel, ein Bündel Papiere im Schoß. »Was liest du da?«

Zu spät erkennt sie, daß er eingenickt war. »Eine … eine Akte!« sagt er, nachdem sie ihn hochgeschreckt hat.

»Spannend?«

»Mäßig. Wer hat gewonnen?«

»Keiner«, sagt sie, »null zu null. Aber das war vielleicht ein Krimi …«

»Ich interessiere mich nicht besonders für Krimis«, gähnt Trimmel, »ich meine, für Fußball. Ich geh mal schlafen …«

»Schlaf gut, Paul! Ich komm etwas später …«

Es hat sich eingespielt zwischen ihnen. Der Polizist und die Kronzeugin aus früheren Tagen, die aneinander hängengeblieben sind. Von Hochzeit reden sie später, wenn überhaupt. Die Zeiten ändern sich – und bestimmt irrt sich Trimmel, wenn er glaubt, er ändert sich nie.

Manchmal denkt Gaby, es wäre nett, wenn er sich gründlich ändern würde. Doch wenn ihr dann einfällt, wie sehr sie noch vor ein paar Monaten gebetet hat, Trimmel möge der alte bleiben, wird sie wieder ziemlich unsicher. Damals hatte er einen schweren Autounfall. Es stand auf des Messers Schneide, ob er je wieder er selbst werden würde.

Er ist es dann geworden, soll sich allerdings nach wie vor schonen. Gaby lächelt, als sie später vorsichtig ins Schlafzimmer kommt und ihn schlafen sieht. Er schläft wie ein Bär.

 

Louis Spindel, bei dessen Tötung das Fernsehen mit einer Fußballübertragung Lärmschutz gegeben hat, wird am nächsten Montag entdeckt. Sinnigerweise in den Maschen eines Fußballtors, auf einem Sportplatz im Stadtpark; jemand hatte sich da trotz des schlechten Wetters rumgetrieben.

Das Berliner Tor wird verständigt; Trimmel selbst fährt mit Höffgen hin. Mit dem Scheibenwischer im Schnellgang kämpfen sie sich durch Niesel, Nebel und Nahverkehr, und Höffgen sagt fatalistisch: »Immer kurz vor Weihnachten!«

Und da liegt er dann, steif wie ein nasses Brett. Irgend jemand gibt Trimmel den Paß auf den Namen Louis Spindel. »Wir haben nichts verändert!« sagt einer von der Funkstreife. »Da drüben steht der Mann, der ihn gefunden hat!«

»Doch, doch – wir haben was verändert!« sagt einer vom Erkennungsdienst. »Beim Paßrausnehmen haben wir die Jacke aufgemacht und dann noch n paar Hemdknöpfe …«

Auf die Weise erkennt man links, neben der Brustwarze, die dunkel verkrustete Schußöffnung.

»Kein Mantel?« fragt Trimmel.

»Ich frier nicht!« sagt der Erkennungsdienstler.

»Ob die Leiche keinen Mantel anhatte …«, fragt Trimmel geduldig noch einmal.

»Die schon gar nicht!« antwortet der Mann und klappert komischerweise mit den Zähnen.

Trimmel winkt den Mann im blauen Trainingsanzug heran, der Spindels Leiche entdeckt hat. »Ich trainier hier für dreitausend Meter Hindernis«, sagt der Mensch, ein athletischer Endzwanziger namens Bley, »aber ich bin abgezischt wie n Sprinter, als ich sah, was hier anliegt …«

»Na schön«, sagt Trimmel. »Dann trainieren Sie mal schnell weiter …«

Louis Spindel also, wenn der Paß stimmt. 46 Jahre alt, geboren in Maastricht in Holland als Sohn deutscher Eltern. Der Paß ist schmutzig, dabei erst zwei Jahre alt. Die toten Augen sind so gelb wie die schimmernden Zähne. Denn Louis Spindel grinst, mit halbgeöffnetem Mund, als ob es im Jenseits was zu lachen gäbe.

Fundort und Leiche werden dann fotografiert, aus allen Lagen und farbig, wenn’s später auch noch so grau aussieht. Die Beamten fühlen den Toten und seine Taschen gründlich ab, finden aber weder Messer noch Pistole noch Kamm. Sie untersuchen den Torraum, Schritt für Schritt, und sie meinen, als sie gar nichts finden, daß sie, wegen möglicher Hülsen und Projektile, doch wohl noch den Kampfmittelbeseitigungstrupp und seine Spezialgeräte hinzuziehen sollten. Und bei alledem reden sie dauernd auf Tonband.

»… der Kopf ruht mit dem Hinterhaupt auf einem Metallhering, mit dem das Tornetz im Erdreich verankert ist. Er neigt sich so stark zur rechten Seite, daß sich die...

Erscheint lt. Verlag 21.7.2017
Reihe/Serie Paul Trimmel ermittelt
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Fußball • Fußballkrimi • Hamburg • Korruption • Krimi • Mord • Tatort
ISBN-10 3-688-10476-5 / 3688104765
ISBN-13 978-3-688-10476-5 / 9783688104765
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