7 Kilo in 3 Tagen (eBook)

Über Weihnachten nach Hause
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
176 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-40327-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

7 Kilo in 3 Tagen -  Christian Pokerbeats Huber
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Der SPIEGEL-Bestseller zum Netflix-Film «Über Weihnachten»: Bastian fährt über die Weihnachtstage zu seinen Eltern, heim in die Kleinstadt, dem Ort voll trauter Tristesse, Jugenderinnerungen und des besten Biers des Planeten. Alles ist wie jedes Jahr: Seine Geschenke musste er sich kurz vor Heiligabend selbst besorgen, seine Mutter will mit den gebackenen Keksvorräten offenbar den Welthunger besiegen, und Bastian wird so viel Ente essen, dass Tick, Trick und Track sich Gruselgeschichten von ihm am Lagerfeuer erzählen. Eine besinnliche Zeit. Nur dass sein Vater sich mehr Sorgen um die Zukunft seines Sohnes macht als dieser selbst, seine Exfreundin Fine jetzt mit seinem Bruder Niklas zusammen ist und er Fine das erste Mal seit der Trennung - ausgerechnet zur Bescherung - wiedersehen wird, liegt Bastian schwerer im Magen als alle festliche Völlerei. Christian Huber ist der Meister der pointierten Alltagsbeobachtungen und intelligenten Situationskomik - und welches Thema wäre inspirierender für den Neo Magazin Royale Autor als Weihnachten? Drei Tage Alkohol, schlechter Schlaf und eine mehr als komplizierte Toilettensituation. Weihnachten ist das Festival für Erwachsene. «Weihnachten ist die Zeit der großen Fragen an alles und an sich. Huber findet mit seinem neuen Buch zum Glück die lustigen und erhellenden Antworten.» Thees Uhlmann «Auf der Suche nach einem wirklich lustigen Weihnachtsritual? Alle Jahre wieder dieses Buch lesen!» Dirk von Gehlen

Christian Huber, geboren in Regensburg, ist Autor für TV, Online, Print und Bühne. Seine Kolumnen wurden u. a. von VICE und ICON / DIE WELT publiziert. Sein Buch «7 Kilo in 3 Tagen» war wochenlang auf der SPIEGEL-Bestseller-Liste und wurde 2020 für Netflix verfilmt. Mit dem Team von Jan Böhmermanns «Neo Magazin Royale» wurde er u. a. für die Goldene Kamera und den Deutschen Comedypreis nominiert und mit dem Webvideopreis und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Unter @christian_huber führt er einen der beliebtesten Twitter-Accounts Deutschlands.

Christian Huber, geboren in Regensburg, ist Autor für TV, Online, Print und Bühne. Seine Kolumnen wurden u. a. von VICE und ICON / DIE WELT publiziert. Sein Buch «7 Kilo in 3 Tagen» war wochenlang auf der SPIEGEL-Bestseller-Liste und wurde 2020 für Netflix verfilmt. Mit dem Team von Jan Böhmermanns «Neo Magazin Royale» wurde er u. a. für die Goldene Kamera und den Deutschen Comedypreis nominiert und mit dem Webvideopreis und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Unter @christian_huber führt er einen der beliebtesten Twitter-Accounts Deutschlands.

2. Kapitel Fensterplatz


Ich habe mich oft gefragt, ob Berlin der Anfang vom Ende war oder nur der Versuch, zu kitten, was längst nicht mehr zu retten war. Wie eine Verlobung, in die sich Paare, die sich seit Ewigkeiten nicht mehr ausstehen können, stürzen, um sich nicht trennen zu müssen. Wie der Hund, den er mit nach Hause bringt, um sie davon abzulenken, dass sie ihn schon seit Jahren nicht mehr erträgt, von jedem seiner Worte genervt ist und sie eigentlich nur darauf wartet, dass er ihr doch endlich den einen Grund liefern möge, ihn verlassen zu können – oder noch besser: dass er sie einfach grundlos verlässt, anscheinend. Doch den Gefallen tut er ihr nicht. Und sich auch nicht. Stattdessen wird geheiratet, ein Haus gebaut, werden eins Komma vier Kinder gezeugt und unglücklich bis ans Ende aller Tage gelebt. Da waren Fine und ich gerade noch mal mit einem blauen Auge davongekommen.

Fast acht Jahre waren Fine und ich zusammen gewesen. Von «gerade mal Anfang 20» bis «tatsächlich schon 30». Die halbe Jugend. Die besten Jahre. Und die waren großartig, bis sie es nicht mehr waren. Studium, erste Jobs, gemeinsame Reisen, eine erste kleine gemeinsame Wohnung im Speckgürtel von München und das unbändige Gefühl, niemals genug vom anderen bekommen zu können. Zelten auf Festivals, Schlafen am Strand, Sex in der Umkleidekabine eines Klamottendiscounters. Wenig Geld, alle Zeit, viel Leben. Dann bessere Jobs, zentralere Wohnung, schlechtere Work-Life-Balance und der wachsende Drang, zum Ausgleich auch mal was für sich und mehr mit Freunden machen zu müssen. Immer mehr Arbeit, immer weniger Zweisamkeit, immer mehr Selbstverständnis im Zusammensein und eine hierfür immer weiter wachsende Gleichgültigkeit.

Ich hatte sowohl das «Schatz, wir müssen reden»- als auch das «Schatz, willst du mich heiraten?»-Szenario mehr als einmal im Kopf durchgespielt. Und auch Fine waren Zweifel und Frust anzumerken. Sie provozierte aus dem Nichts astronomische Streits und ignorierte auf der anderen Seite, wenn mir etwas auf der Seele brannte und Aussprachen hätten stattfinden müssen. Es wurde ausgetestet, was die Beziehung auszuhalten imstande war. Denn die Krux an der ganzen Sache war: Wir liebten uns noch immer. Nicht im Sinne von «Ich habe mich einfach an dich gewöhnt und habe Angst, alleine zu sein». Es war vielmehr noch immer ein «Ich kann es mir nicht vorstellen, morgen ohne dich neben mir aufzuwachen», das es uns unmöglich machte, den entscheidenden Schritt zu tun und uns voneinander loszureißen.

Dann kam das Jobangebot aus Berlin. Marketingleiterin des aufstrebenden Sportklamotten-Labels Nofection. Fine hatte die Chefin von Nofection, Natascha Pasternaken, bei einem Workshop, den Fines früherer Uniprofessor gegeben hatte, kennengelernt und bei der resoluten Endvierzigerin offenbar Eindruck hinterlassen. «Sie konnte die Excel-Tabellen einfach weiter runterscrollen, als die anderen Fortbildungsteilnehmer», hatte Frau Pasternaken mir bei einem After-Work-Get-together mal leicht angeschickert zugeraunt. BWLer-Humor. Tatsächlich hatte Pasternakens Label eine Idee, die Fine während einer Gruppenaufgabe des Workshops gehabt hatte, mehr oder weniger direkt nach der Entstehung gekauft und aus dieser Blaupause eine Online-Werbekampagne für eine Freeletics-Damenkollektion gebaut. Stolz wie Bolle war Fine nach dem Workshop-Wochenende zurückgekommen. So happy hatte ich sie lange nicht mehr gesehen. Als dann der Wunschkandidat für die neu zu besetzende Führungsposition bei Nofection überraschend abgesprungen war, hatte Natascha Pasternaken Fine diese Stelle angeboten. Ohne Vorstellungsgespräch. Mit einem mehr als fairen Einstiegsgehalt, Staffelung und satten Bonuszahlungen. Eigentlich ein absoluter No-Brainer für eine Siebenundzwanzigjährige. Eigentlich.

Die Pro-und-Contra-Liste, die wir ellenlang bis in die Morgenstunden geschrieben hatten, hatte uns damals keinen Schritt weitergebracht. Ich kann mich bis zum heutigen Tag an keine Situation erinnern, wo eine Pro-und-Contra-Liste mir oder irgendjemandem jemals eine Entscheidung erleichtert hätte. Das Schreiben einer solchen Liste ist nichts anderes als erzwungener Aufschub, sich unausweichlich festlegen zu müssen. Das Gleiche damals: Auf der Pro-Seite: Karriere, Erfahrungen, Geld, Kontakte, die pulsierende Metropole Berlin und, und, und. Auf der Contra-Seite: ich. Ich hatte weder ein Jobangebot noch groß Erspartes, um mir die Kündigung meiner Festanstellung auf Halbtagsbasis als Graphiker und die damit verbundene Arbeitslosigkeit mit Sperrung des Arbeitslosengeldes lange leisten zu können.

«Ich will das machen. Ich will aber auch nicht weg von dir.» Fine hatte genervt und erschöpft die ihr viel zu große Kapuze meines Lieblingspullis, den sie öfter angehabt hatte als ich, über das müde Gesicht gezogen.

«Und wenn wir es doch mit der Fernbeziehung probieren?», hatte ich zum wiederholten Mal vorgeschlagen.

«Ich bin kein Fernbeziehungs-Mädchen! Wie oft denn noch? Sich zu Skype-Telefonaten verabreden. Sich nur alle paar Wochen sehen und eigentlich beim Betreten der Türe schon wieder wegmüssen. Zwei Wohnungen. Das ist einfach Quatsch, Bastian. Kennst du irgendjemanden, bei dem das auf lange Sicht funktioniert hat?»

«Wir sind aber doch auch nicht irgendjemand, oder?»

«Und trotzdem: zusammen hin oder zusammen hierbleiben. Morgen muss ich Bescheid sagen.»

Rückblickend wäre die ehrlichere und richtige Aussage von Fine wohl eigentlich gewesen: «Bastian, wir wissen doch beide, dass wir das nicht mehr packen. Vielleicht ist das jetzt genau der Impuls, den wir brauchen, um ohne den anderen glücklich zu werden.» Aber nein.

«Dann scheitert es doch einfach nur an mir, Fine. Das will ich nicht. Das will ich einfach nicht. Du wünschst dir das mit diesem Job so sehr.» Ich hatte ihr über die schlabbernden Ärmel gestrichen und sie in den Arm genommen.

Die konsequentere Formulierung meinerseits wäre wiederum gewesen: «Fine, ich liebe dich. Aber dich macht das alles offensichtlich nicht froh. Und ich kann so auch nicht mehr weitermachen. Lass uns diese Chance zum Absprung nutzen, und lassen wir uns gegenseitig raus aus dieser Misere. Es wird weh tun, ist aber für uns beide das Beste.»

Acht Wochen später zogen wir gemeinsam in die Hauptstadt.

 

Mein Zug fährt ein. Pünktlich auf die Minute schiebt sich ICE 967 in den Kölner Hauptbahnhof und kommt mit quietschenden Rädern zum Stehen. Schnaubend öffnen sich die silbernen Türen, die Trittleitern werden heruntergefahren. Hektik. Es ist jedes Mal erstaunlich, wie überrascht zum Einsteigen bereite, genervt drängelnde Fahrgäste davon sind, dass aus ihrem Waggon tatsächlich auch wieder Menschen aussteigen wollen. Ein seine Laptoptasche als Schild erhobener Businessmann zwängt sich gehetzt an einer ihren Lederkoffer nach draußen wuchtenden Golden-Agerin vorbei und stolpert fluchend in den Vorraum Richtung Abteil. Ein rüstiger Rentner, Typ Schrebergartenbesitzer, stößt auf den Einstiegsstufen mit einem pickeligen Teenagerpärchen zusammen, das die anstehende Zugreise en détail für die eigene Internetfollowerschaft dokumentiert. Ihn hat die Geißel der Pubertät noch heftiger getroffen als sie, aber vielleicht hat Snapchat ja gerade einen Pizza-Filter in der aktuellen Version. Gute Laune haben die zwei jedenfalls: «Halli, hallo, hallöchen, sechs Stunden Zug. Und, ihr Lieben, wir haben uns über 75 Challenges ausgedacht. Extrem-ohne-Kopfhörer-am-Handy-Musik-Höring, Crazy-Schiebetüren-auf-und-zu-Maching, und, und, und.» Der Rentner ahnt ja gar nicht, wie viel Glück er hat, dass er erstens kein Wort versteht und zweitens keine Minute mehr mit den beiden von Pickels Beauty Palace im Zug verbringen muss. Im Gegensatz zu mir. Aber ich habe Zeit. Sollen die anderen ruhig schon mal vor. Schließlich habe ich reserviert. Sehr vorausschauend und erwachsen. Einen schönen Fensterplatz im Ruheabteil. Bei der Sitzplatzauswahl habe ich nichts dem Zufall überlassen. Mein Platz ist im genau richtigen Abstand zu Toiletten und Türen, und den Speisewagen erreicht man mit wenigen Schritten.

Nachdem auch der letzte Fahrgast aus- und alle neuen Fahrgäste eingestiegen sind, drücke ich den Griff meines Trollis ein, hebe den kleinen Koffer an und betrete Waggon 17. Drinnen herrscht ein Gedränge wie bei der Duisburger Love Parade. Offenbar hat man sich mit dem Kauf einer Fahrkarte für Waggon 1 dazu verpflichtet, in Abteil 143, am entgegengesetzten Ende des Zuges, einzusteigen und umgekehrt. Außer mir scheint wirklich niemand auch nur in der Nähe seines vorgemerkten Sitzplatzes zu sein. Sofern überhaupt reserviert wurde. Nicht besetzte Sitze kann ich keine mehr entdecken. Und auch auf dem Boden findet man schon jetzt keine freien 30 Quadratzentimeter mehr, um sich für die Fahrt niederlassen zu können, weshalb die Ersten beginnen, sich oben in die Gepäckablage zu legen. Verkeilte Gliedmaßen, gestapelte Körper – und ich warte darauf, dass ein indisches Fernsehteam auftaucht, um die unfassbaren Zustände für Reisende in deutschen Zügen zur Vorweihnachtszeit für eine TV-Produktionsfirma aus Bombay zu dokumentieren. Die erfahreneren Zugpassagiere haben sich direkt vor Abfahrt einen dampfenden, bis zum Rand gefüllten Kaffeebecher besorgt. Ohne Deckel. Jederzeit bereit, sich den Weg ohne Vorwarnung frei zu schütten. Anerkennend nicke ich einem Herren zu, dessen Fallschirmstoff-Jogginganzug über die Jahre mit seiner Haut verschmolzen zu sein scheint. Statt im Vorfeld 4,50 Euro in einen garantierten Sitzplatz zu investieren, hat...

Erscheint lt. Verlag 17.11.2017
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga Humor / Satire
Schlagworte 3 • 7 • Bastian Kollinger • Christian Huber • Drei • Humor • humorvolle Bücher • Jan Böhmermann • Luke Mockridge • Lustige Bücher • Man vergisst nicht wie man schwimmt • Neo Magazin Royale • Netflix Film • Over Christmas • Pokerbeats • Sieben • Thees Uhlmann • über Weihnachten • Verwandtschaft • Weihnachten • Weihnachten mit Verwandschaft • Weihnachtsessen • Weihnachtsgeschichten Erwachsene • Weihnachtsmarkt • Weihnachtsroman • Weihnachtszeit
ISBN-10 3-644-40327-9 / 3644403279
ISBN-13 978-3-644-40327-7 / 9783644403277
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 4,1 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die lustigsten Patientengeschichten. Das Buch zum Podcast. Von …

von Ralf Podszus

eBook Download (2022)
riva (Verlag)
12,99