Bodden-Tod (eBook)

Küsten Krimi
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
432 Seiten
Emons Verlag
978-3-96041-247-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Bodden-Tod -  Corinna Kastner
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Ein neuer Mordfall auf dem malerischen Fischland. Schriftstellerin Greta Sievers übernimmt den Auftrag, die Biografie eines bekannten Fischländer Malers zu schreiben. Doch je tiefer sie sich in dessen Leben gräbt, umso mehr wird ihr klar, dass auf dem Fleckchen Erde direkt am Bodden längst nicht alles so idyllisch ist, wie es scheint. Lastet ein dunkles Geheimnis auf der Familie? Als eine skelettierte Leiche auftaucht, muss Greta entscheiden, wem sie noch vertrauen kann.

Corinna Kastner wurde 1965 in Hameln geboren. Sie arbeitet am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung in Hannover und fühlt sich an der Ostsee am wohlsten. Besonders das Fischland inspiriert sie sowohl schriftstellerisch als auch fotografisch.

Corinna Kastner wurde 1965 in Hameln geboren. Sie arbeitet am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung in Hannover und fühlt sich an der Ostsee am wohlsten. Besonders das Fischland inspiriert sie sowohl schriftstellerisch als auch fotografisch.

EINS


Serenas volle Lippen zitterten. »Ist das wahr? Du liebst mich?« Ihr Herz flatterte, in ihrem Magen schlugen die Schmetterlinge Purzelbäume, als er sie aus seinen strahlend blauen Augen liebevoll und warmherzig anschaute.

»Aber natürlich, mein Kleines! Wie konntest du je daran zweifeln?« Er umschlang sie mit seinen muskulösen Armen, als wolle er sie niemals wieder loslassen.

Ihr Kopf ruhte an seiner breiten Schulter, sie wusste, sie war angekommen. Ihre Augen füllten sich mit Trä…

Das Klingeln des Telefons riss mich aus meinem Schreibfluss – zum dritten Mal im herzergreifenden letzten Kapitel meines literaturnobelpreisverdächtigen Werks »Die Nacht, in der die Sterne weinten«. Bisher hatte ich meiner ängstlichen Nachbarin versichert, dass meine Waschmaschine nur laut schleuderte, aber nicht durch ihre Decke brechen würde, und meinem Mobilfunkanbieter gesagt, er möge seinen neuen Tarif seiner Großmutter andrehen. Etwas diplomatischer formuliert, aber er hatte mich wohl verstanden. Ein Blick auf das Display meines Telefons riet mir, beim aktuellen Störenfried ausgesprochen freundlich zu sein.

»Greta Sievers«, meldete ich mich. »Tag, Herr Schönfeld. Es wird Sie freuen zu hören, dass ich praktisch fertig bin und Ihnen das Manuskript heute noch schicken kann.«

»Wunderbar«, antwortete Siegfried Schönfeld, aber ich hörte ihm an, dass er sich keineswegs wunderbar fühlte. Schönfeld war Redakteur der Heftromanserie, für die ich schrieb, wenn es im Taschenbuchbereich für mich weniger gut lief – was in den letzten zwei Jahren leider durchgehend der Fall gewesen war. Jetzt räusperte er sich. »Frau Sievers, ich fürchte, das wird Ihr letzter Roman für unsere Serie gewesen sein, der Verlag hat beschlossen, ›Rote Herzen‹ einzustellen. Sie wissen ja, wie es im Heftsegment aussieht.«

Das hatte mir gerade noch gefehlt. Die Honorare für die Hefte waren kaum üppig zu nennen, aber da ich zwei Romane pro Monat verfasste, konnte ich wenigstens meine Miete und meine Brötchen bezahlen. Ich bemühte mich, nicht so deprimiert zu klingen, wie ich mich fühlte. »Das ist schade, ich hatte noch ein paar richtig gute Ideen.«

»Die könnten Sie trotzdem verwenden, wenn Sie sie ein bisschen umgestalten. Versuchen Sie es bei ›Rotlicht im Wilden Westen‹, die geht im Gegensatz zu den meisten anderen Serien wie geschnitten Brot.«

Beinah hätte ich trotz der traurigen Situation gelacht. So tief, Sex-Western-Heftchen zu schreiben, würde ich nicht sinken. Niemals. Oder doch? Der Gedanke an die Miete ernüchterte mich wieder. Also bedankte ich mich für das Angebot und versprach, darüber nachzudenken.

Als bei Serena nun endlich die Tränen der Rührung fließen durften, weinte ich auch ein paar – des Abschieds von meinem Traum vom nächsten Urlaub. Der hätte mich zwar nur wenige Kilometer weiter die Küste entlanggeführt, aber selbst das konnte ich mir nun abschminken. Adieu, Fischland. Willkommen, Stralsunder Nordstadt. Immerhin hatte ich auch hier die Ostsee – fast – vor der Nase. Und immerhin war die Ostsee einer von zwei Gründen gewesen, weshalb ich vor vier Jahren von Hameln hergezogen war. Der andere Grund hatte sich mittlerweile erledigt.

Ein paar Stunden später hatte ich das Manuskript überarbeitet und an Schönfeld abgeschickt, da bekam ich erneut einen Anruf, diesmal von Sebastian Bertold. Sebastian und ich waren seit Jahren befreundet, und wenn je jemand behauptete, dass eine Freundschaft zwischen Mann und Frau nicht funktioniere, waren wir beide der lebende Beweis für das Gegenteil. Sebastian hatte einen stressigen Tag gehabt und Lust auf einen entspannten Abend im »Ben Gunn«, einer irischen Kellerkneipe in der Fährstraße in Stralsunds Altstadt. Eigentlich konnte ich mir solche Extravaganzen jetzt nicht mehr leisten, aber mir war selbst entschieden nach Ablenkung.

»Ben Gunns« Gewölbekeller aus rauem rotem Backstein war laut von Stimmengewirr und Musik. Wir suchten uns eine kleine Ecke, in der man sich dennoch unterhalten konnte, und hatten bald jeder ein Kilkenny vor uns stehen. Ohne es vorgehabt zu haben, klagte ich Sebastian mein Leid.

»Was hast du gegen Sex-Western?«, fragte er lachend und wich aus, als ich ihn in die Seite knuffen wollte. »Arbeit ist Arbeit, oder?«

Da hatte er recht. Trotzdem war ich noch nicht so ganz bereit, von der hehren, großen Liebe auf die schnöden Reiter umzusatteln. »Du hast nicht zufällig was Passendes für mich?«, fragte ich, halb im Scherz.

Sebastian war Inhaber einer Zeitarbeitsfirma und vermittelte vorzugsweise Büro- und Servicekräfte. Keine Traumjobs für mich, die ich schon immer Schwierigkeiten gehabt hatte mit der Vorstellung von regelmäßigen Arbeitszeiten und Vorgesetzten, die einem sagten, was man wann und wie zu tun und zu lassen hatte. Zu meiner Überraschung musterte mich Sebastian und fuhr sich dabei mit der Hand durch seine braunen Locken, als dächte er ernsthaft darüber nach. Er nahm einen Schluck von dem würzigen, leicht bitteren Kilkenny, drehte dabei den Bierdeckel auf dem Tisch hin und her und sah mich hinter zusammengekniffenen Lidern an.

»Hm«, machte er und setzte das Glas wieder ab. »Vielleicht hätte ich da wirklich was. Hab die Anfrage heute erst reingekriegt.«

Neugierig geworden, hakte ich nach. »Worum geht’s?«

»Ich weiß nicht, wie der Typ ausgerechnet auf mich gekommen ist, vermutlich hat er es noch bei zig anderen Agenturen versucht. Ist sicher schwierig, jemanden zu finden, der bereit ist, so was Spezielles zu machen.«

Ich hasste es, wenn er das tat. Und er liebte es, mich auf die Folter zu spannen. »Was denn nun?«

Sebastian machte noch eine Kunstpause, bis er endlich damit herausrückte. »Er will, dass jemand aus den Unterlagen seines Großvaters dessen Biografie schreibt.«

Im ersten Moment dachte ich: Großartig! Im zweiten sagte ich: »Gott, nein. Kein SS-Obersturmbannführer mit traumatischen Weltkriegserlebnissen, bitte.«

»Geringfügig anders.« Sebastian grinste. »Carl Röwer gehörte zu den Malern der Künstlerkolonie auf dem Fischland und dem Darß, zweite Generation. Meist Landschaften, auch Porträts, Letztere ziemlich einprägsam. Ich würde mir das zwar nicht in die Wohnung hängen, aber im Museum fraglos davor stehen bleiben.«

Ein Maler. Das klang interessant. Allerdings … »Ich verstehe überhaupt nichts von Kunst«, wandte ich ein.

»Hättest du von der SS mehr Ahnung gehabt? Du sollst ja keine kunsthistorische Abhandlung schreiben, sondern eine Biografie. Wie ich den Enkel verstanden habe, müsstest du in Dokumenten wühlen, in Archive gehen, mit Leuten reden und seine eigenen Angaben und Erinnerungen an den Großvater verarbeiten. Du weißt doch, wie so was geht, die Recherchen für deine historischen Romane, die du vor ein paar Jahren geschrieben hast, dürften ähnlich abgelaufen sein.«

Das stimmte, aber es machte einen gewaltigen Unterschied, ob ich in weiten Teilen meine Phantasie spielen lassen konnte oder mich strikt an Tatsachen halten musste. Dennoch. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr reizte mich die Angelegenheit. Hinzu kam, dass Sebastian das Fischland erwähnt hatte. Mit ein bisschen Glück würden mich meine Recherchen auch dahin führen. So kurios es war: Ich lebte nur sechzig Kilometer entfernt und war noch nie dort gewesen. Dabei hatte ich kürzlich einen Fischland-Roman gelesen, der mich in seiner Poesie so berührt hatte wie kaum je etwas anderes. Metaphorisch gesprochen war ich vor Ehrfurcht in die Knie gesunken. Ich würde nie so schreiben können wie Alexander Hardenberg, von dem ich mittlerweile zwei weitere Romane verschlungen hatte – aber ich wollte wenigstens das Fischland mal mit eigenen Augen sehen.

Sebastian räusperte sich. »Da wäre allerdings ein Haken.«

»Aha.« Hätte ich mir ja denken können. »Wie niedrig ist das Honorar? Vier Euro fünfzig die Stunde?«

»Nein, nein, das Honorar ist mehr als großzügig, du bekämst einen festen Monatslohn.«

»Von dem du natürlich deine Vermittlungsgebühr abziehst«, sagte ich süffisant.

Sebastian seufzte übertrieben auf. »Ich muss von was leben, mein Kind. Aber keine Angst, es bleibt noch genug übrig.« Dann nannte er eine Summe, bei der mein Herzschlag aussetzte, ganz so wie bei Serena, als ihr muskelbepackter Beau sie in seine braun gebrannten Arme geschlossen hatte.

»Wann fang ich an?«, fragte ich.

»Du hast den Haken noch nicht gehört«, bremste Sebastian meinen Enthusiasmus. »Herr Röwer rechnet damit, dass der Biograf etwa drei Monate für die Sichtung des Materials, für Recherchen und die gemeinsame Aufarbeitung benötigt und anschließend drei Monate fürs Schreiben.«

»Das wäre ein halbes Jahr, in dem ich mehr verdienen würde als mit den Heften in der fünffachen Zeit.«

»Ja.« Sebastian zögerte, bevor er die Bombe platzen ließ. »Du müsstest allerdings bei ihm wohnen. Er will eine Vierundzwanzigstundenkraft, die ständig zur Verfügung steht, ein freier Tag pro Woche, keine Ausnahmen.«

Sprachlos starrte ich Sebastian an. »Der hat noch nicht mitgekriegt, dass die Sklaverei abgeschafft wurde, oder?«

»Wie du schon sagtest: Dafür verdienst du das Fünffache von dem, was du mit deinen Nackenbeißern auf dein Konto gekriegt hast. Und du hast freie Kost und Logis – falls man das heutzutage noch so nennt. In einer nicht zu verachtenden Location, nebenbei gesagt.«

»Wieso? Wo lebt der Mann?«

»In Barnstorf.«

»Barnstorf auf dem Fischland?«, vergewisserte ich mich. Natürlich, das lag nahe, falls der Enkel Wert auf Familientradition legte, aber ich konnte das kaum fassen.

Sebastian nickte....

Erscheint lt. Verlag 27.7.2017
Reihe/Serie Greta Sievers
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Barnstorf • Blind • Bodden • Darß • Familiengeheimnis • Fischland • Galerien • Greta Sievers • Kunst • Kunstwerke • Küsten Krimi • Maler • Mecklenburg-Vorpommern • Mord • Ostsee • Ostseebad Wustrow • Sehbehindert • Stralsund • Vermisst
ISBN-10 3-96041-247-9 / 3960412479
ISBN-13 978-3-96041-247-2 / 9783960412472
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