Der Storch (eBook)

Niederrhein Krimi
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
288 Seiten
Emons Verlag
978-3-96041-278-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Storch -  Thomas Hesse,  Renate Wirth
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Kultig, warmherzig, spannend und ganz viel Niederrhein: der Jubiläumskrimi des Autorenduos Hesse/Wirth. Das Storchendorf Bislich-Büschken steht kopf: Die Dorfgemeinschaft hat den Lotto-Jackpot geknackt! Doch jeder plant etwas anderes mit den Millionen. Und einer hat nicht mitgespielt, setzt nun aber alles daran, trotzdem das ganz große Geld einzustreichen. Der Neider kommt nicht weit, liegt er doch plötzlich tot auf dem Friedhof. Chefkommissarin Karin Krafft und Kommissar Gero von Aha schalten sich ein - und erhalten unerwartete Unterstützung von drei Schlitzohren, die schlau wie Füchse sind.

Thomas Hesse, Jahrgang 1953, lebt in Wesel, ist gelernter Germanist, Kommunikationsberater und Journalist. Er war bis Ende 2014 in leitender Position bei der 'Rheinischen Post' am Niederrhein tätig. Heute ist er freier Autor, Journalist und Publizist. Renate Wirth, Jahrgang 1957, ist Gestalttherapeutin, Künstlerin und Autorin.

Thomas Hesse, Jahrgang 1953, lebt in Wesel, ist gelernter Germanist, Kommunikationsberater und Journalist. Er war bis Ende 2014 in leitender Position bei der "Rheinischen Post" am Niederrhein tätig. Heute ist er freier Autor, Journalist und Publizist. Renate Wirth, Jahrgang 1957, ist Gestalttherapeutin, Künstlerin und Autorin.

PROLOG


Es war vieles anders gewesen an diesem Tag. Die Sonne zum Beispiel, sie schien. Das hatte sie seit drei Tagen nicht mehr getan. Nur Regenwolken über dem Niederrhein. Triste Stimmung und gereizte Menschen. Alle atmeten auf.

Jetzt am Abend regnete es wieder in dünnen Streifen. Landregen. Das Licht der Straßenlaternen spiegelte sich auf dem feuchten Asphalt. Es verlief wie ein fahles Lichterband durch das kleine Dorf. Tiez hatte keinen Blick dafür. Er radelte wie besessen.

Gerade noch waren wagemutige Gedanken durch seinen Kopf getanzt. Mit dem neuen Mountainbike war er heimlich und tief geduckt an der Hecke neben Bert Schreibers Einfahrt, dann extrem schnell und lautlos am Haus von Alma Argond vorbeigesaust. Alles blieb still, ihre alten Hunde hatten ihn nicht bemerkt. Aufrecht, freihändig hatte er das Anwesen der Aengenholts passiert, die seit Tagen nicht daheim waren, und war aus Bislich-Büschken herausgehetzt. Das Spezialrad zischte los, wenn man den Druckpunkt der Pedale richtig traf. Dafür war es gebaut. Die groben Stollen griffen in die Grasnarbe des Rheindeichs, als handele es sich um festen Untergrund. Hier zu fahren war untersagt. Tiez wusste, wo er die Lücke im Weidezaun fand. Er wusste auch, dass seine Mutter ihm strikt verboten hatte, in der Dämmerung auf Tour zu gehen.

Hätte er ihr gehorcht, wäre er dem unbekannten Mann mit dem dunklen Kapuzenpullover nicht begegnet. Der gehörte nicht hierhin. Hier wandte sich niemand ab, wenn man sich traf, hier grüßte man sich. Das taten alle, außer dem Neuen, der aus der Stadt kam. Auf jeden Fall versteckte sich niemand, wie dieser Mann es getan hatte. Geduckt war er hinter der Hecke verschwunden, als Tiez tief gebeugt zum Schutz vor den möglichen Blicken der Mutter vorbeirauschte. Und dann hielt der Mann auch noch eine Stange in der Hand. Tiez hatte sie nur einen winzigen Augenblick lang wahrgenommen. Sie waren sich im schummrigen Laternenlicht begegnet. Da blieb keine Zeit, genauer hinzuschauen.

Tiez war nicht mehr jung, sein Geist aber der eines Zwölfjährigen, und er war kraftvoll. Er wollte sich ausprobieren, unbedarft wie ein Kind. Und das Rad natürlich.

Nachdem er die Deichböschung bewältigt hatte, strampelte er über den Weg auf der Krone. Hier gab es Asphalt, er war nass und glatt. Er verlagerte sein Körpergewicht und ließ das Vorderrad hochsteigen. Wie ein zu bändigendes Wildpferd. Der Reifen prallte zurück auf die Teerstraße. Mit einer weiteren Körperwendung legte er das Rad seitlich. Er bremste scharf und ließ sein Mountainbike in Schräglage schleudern. Gut, dass die enge Deichstraße regenfeucht war. Mama wäre stolz auf seine Fahrkünste. Nur konnte er ihr nichts davon erzählen. Die Strafe für sein verbotenes Tun wäre fürchterlich. Fahrrad weggeschlossen. Stubenarrest. Sie hatte ihn gewarnt, nie zu viel zu riskieren. Er wäre nicht so gesund wie die anderen großen Jungs, er müsse aufpassen.

Tiez, der die Aktion liebte, wusste es plötzlich. Er musste zurück nach Hause. Noch einen schnellen Sprint. Noch kurz mit dem Rad an der Deichkante abheben, ein paar Meter durch die Luft springen und im unauffälligen Auslauf zurück auf die Dorfstraße. Er drehte um.

Tiez sah in seinem langen Rückspiegel, wie sich die Scheinwerfer eines Autos näherten. Es war schnell, und es fuhr fast lautlos. Der Fahrer hielt direkt auf ihn zu. Wer ihn verfolgte, konnte der kindliche Mann nicht sehen. Der Schattenmann hinter dem Steuer schien wild entschlossen. Tiez trampelte und trampelte. Er schlug Haken, musste aber nach ein paar Sekunden einsehen, dass er keine Chance hatte. Doch er kannte jeden Winkel im Dorf.

Er riss das Rad herum und steuerte auf ein Gartentor zu. Durch das triefend nasse Gras im Obstbongert der Nachbarn eilte er. Das würde Ärger geben, wenn ihn jemand erwischte. Doch das Dorf saß vor dem Fernseher oder schlief. Wenn das Fahrzeug des Verfolgers Motorenlärm erzeugt hätte, wäre das anders gewesen. Tiez sah die Scheinwerfer des lautlosen Autos, wie sie vom Deich her nach ihm tasteten. Der Fahrer wendete hin und her, um viel Fläche auszuleuchten. Nicht immer funktionierte es, unsichtbar zu bleiben, wenn Tiez verbotene Wege nutzte. Diesmal schon, weil das Licht der nächsten Laterne ausgefallen war, als er die Straße erreichte, die im fahlen Licht kaum noch spiegelte. Er sah sich um.

Tiez atmete durch, niemand war zu sehen. Nicht, dass er Angst im Dunkeln hatte. Er war schließlich ein erwachsener Mann, und Angst redete ihm höchstens seine Mutter ein. Davon war er überzeugt. Aber wenn er mitten im Dorf, hier auf ihrer kleinen Straße, der Himmelsstiege, jemandem begegnete, würde er in der diffusen Dämmrigkeit nicht erkennen, wer es war. Das mochte er nicht.

Jetzt war er nur noch fünfzig Meter von der Hecke von Bert Schreiber entfernt. An ihr musste er vorbei, um nach Hause zu kommen. Er würde schnell sein mit dem Rad. Doch dann sah er, dass aus der Gegenrichtung ein Mann auf ihn zukam. Er hatte eine Stange in der Hand. Wieder der. Aber niemand, den er kannte. Er kannte die meisten Nachbarn auch aus den neuen Streusiedlungen ums Dorf herum. Dieser Mann war keiner von hier. Oder höchstens einer von den neu Zugezogenen. Die waren vereinzelt gekommen in den letzten Jahren und hielten sich für was Besseres. Manche sah man, andere blieben für sich.

Er radelte etwas schneller und wechselte auf die linke Straßenseite. Nicht aus Angst, nein, aus Vorsicht. Der Mann drückte sich an den Vorgärten der anderen Seite entlang. Die Stange ließ er an seiner Seite herunterhängen. Als sie sich auf gleicher Höhe befanden, trat Tiez heftig in die Pedale, geduckt, leise, unsichtbar. Er erreichte die wilde Hecke der Lürsens, stoppte, schaute sich um. Der Mann war weg. War er in eins der Häuser gelaufen? Ein Einbrecher? Was sollte die Stange sonst?

Aber das war auch gleich. Jetzt musste Tiez noch in die Seitenstraße der Himmelsstiege abbiegen und vor allen Blicken verborgen über den alten Wirtschaftsweg fahren. Dann wäre er fast zu Hause, nur noch hinten durch den Garten, und seine Mutter hätte von seinem Ausflug nichts bemerkt. Der rauer werdende Wind rüttelte an den alten Fliedersträuchern und dem dahinterstehenden Apfelbaum. Er riss feuchte Blätter ab, die auf den Gehsteig und den Straßenbelag klatschten. Tiez tastete in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel für die Verandatür. Er musste ihn bereithalten, um schnell ins Haus zu kommen.

Seine Laune war wirklich abgekühlt. Er war wütend auf sich selbst, dass er wie ein Angsthase durch sein dunkles Dorf eilte. Und das Rad nun durch den schmaler werdenden Weg schob, der hinter den Gärten verlief, statt die nächste Kurve eng zu nehmen. Schon Hunderte Male war er hier langgegangen. Nun fürchtete er sich vor dem, was ihm hinter der dicht gewachsenen Hecke, die wie eine Wand wirkte, begegnen würde, als er ein Geräusch hörte. Was war das für ein Laut? Ein großes Tier? Der böse Wolf mitten im Wohngebiet?

Tiez drehte sich um und spähte. Die ungezähmten Äste der Hecke versperrten ihm die Sicht auf den Weg. Er schwankte. Da hörte er ein neues Geräusch. Ganz nah. Als wäre ein Gegenstand über einen herabgefallenen Ast hinweggerollt und hätte ihn zerbrochen. Jemand war hinter ihm her!

Er schleuderte sein Mountainbike unter die herabhängenden Äste und rannte los. Ein Auto rollte lautlos auf ihn zu. Ohne Licht. Nicht mehr weit, dann konnte Tiez hinter der Hecke von Bert Schreibers Garten verschwinden. Er kannte die verborgene kleine Pforte darin. An Mutters Garten war er ja aufgeschreckt vorbeigestapft. Wegen dieses furchtbaren Geräuschs.

Berts Hecke war ordentlich geschnitten. Er musste an den eckig geformten Hainbuchen vorbeilaufen, das Auto kam näher. Dann schien es festzustecken im enger werdenden Pfad. Jemand riss eine Tür auf und schnellte hoch. Eilige Schritte. Er war wieder da!

Tiez erreichte Schreibers Pforte, lief über den Gartenweg. Er übersah die Steinkante des Wegs, trat dagegen, taumelte und fiel in den Komposthaufen am Ende der Gemüsebeete. Ein paar Sekunden blieb er regungslos liegen, sein Gesicht in den feuchten Untergrund gepresst. Er traute sich nicht aufzublicken. Dem kindlichen Mann schossen die Tränen in die Augen. War es Angst, war es Wut? Ganz sacht bewegte er nun seinen Kopf auf die Seite und öffnete ein Auge.

Der Mann hatte die Pforte erreicht und stolperte über das schief hängende Törchen. Er schaute sich um. Er hielt die Stange, bereit, sie zu benutzen. Doch kein Lichtschein half ihm zu finden, wen er suchte. Er zog eine fingerdicke Lampe aus der Hosentasche. Nein, zu gefährlich, man würde ihn sofort entdecken. Das konnte er wohl nicht riskieren.

Der Mann trat einen Meter nach vorn, dann wieder zur Seite. Auf den Komposthaufen zu. Er hob die Stange, bereit zum Schlag. Tiez spürte, wie der Boden ein wenig unter dem sich nähernden Schritt wankte. Nein, nicht. Nicht näher. Der Mann wendete sich kurz vor einer Gartenbank ab, deren Umrisse sich schattenhaft abzeichneten. Er blieb stehen. Er wartete, auf eine kleine Bewegung, auf ein Atmen.

Tiez hielt die Luft an. Er konnte nicht mehr, gleich würde er losbrüllen. Sekunden vergingen in Stille und Dunkelheit. Dann bellte einer von Alma Argonds Hunden. Kurz. Der Mann gab auf. Er drehte leise ab und verließ den Garten. Wieder baumelte die Stange in seiner Hand.

Tiez hörte, wie der Mann die Autotür schloss, das Auto schrammte mit leisem Quietschen an den Ästen der Hecke entlang. Die Geräusche der abrollenden Reifen. All das entfernte sich in Richtung Seitenstraße. Der Mann würde ihn nicht finden. Niemand außer ihm war noch in Bert Schreibers Garten. Laut presste er Luft in seine Lungen.

»Mutter! MUTTI!« Er schrie hemmungslos.

Sie musste ihn doch bemerken, ihr...

Erscheint lt. Verlag 12.10.2017
Reihe/Serie Karin Krafft
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Das Dorf • Dinslaken • Duisburg • Emmerich • Geldern • Gewinn • Hauptkommissarin Karin Krafft • Kleve • Krimi • Lotto • Moers • Niederrhein • Oberhausen • Rees • Rhein • Rheinberg • Spannung • Tippgemeinschaft • Voerde • Wesel • Xanten
ISBN-10 3-96041-278-9 / 3960412789
ISBN-13 978-3-96041-278-6 / 9783960412786
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