Um unsere Webseiten für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend zu verbessern, verwenden wir Cookies. Durch Bestätigen des Buttons »Akzeptieren« stimmen Sie der Verwendung zu. Über den Button »Einstellungen« können Sie auswählen, welche Cookies Sie zulassen wollen.

AkzeptierenEinstellungen

Brief an meine Mutter (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
248 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44117-6 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Als Wüstenblume ist sie weltberühmt und eine Bestseller-Autorin geworden. 'Brief an meine Mutter' ist der berührende Erfahrungsbericht eines dramatischen Generationen-Konflikts und gleichzeitig Waris Diries persönlichstes Buch - mit einem exklusiven Zusatzkapitel über die Aussöhnung mit der Mutter! Als Waris Dirie erfährt, dass ihre Mutter schwer erkrankt ist, zögert sie nicht, sie aus ihrem Heimatland Somalia für eine Operation in ihre Wahlheimat Wien zu holen. Die medizinische Versorgung in Somalia ist noch immer unzureichend, und in Europa kann geholfen werden. Gleichzeitig hofft Waris, dass sie endlich das Thema Beschneidung, das wie eine Wand zwischen Mutter und Tochter steht, ansprechen kann. Waris kann nicht verstehen, warum ihre Mutter sie als Kind beschneiden ließ. Doch die Mutter ist überzeugt, das Richtige getan zu haben, indem sie die Tradition der Beschneidung an ihrer Tochter durchführen ließ. Eine Aussöhnung findet nicht statt. Da beschließt Waris, ihrer Mutter nach deren Abreise einen langen Brief zu schreiben - um den Graben zwischen ihnen endlich zu überbrücken. Doch erst Jahre später, als sie selbst ein Kind bekommt, erhält sie von ihrer Mutter die Anerkennung, nach der sie sich so lange gesehnt hat.

Als somalisches Nomadenkind geboren, durchlitt Waris Dirie im Alter von fünf Jahren die unmenschliche Prozedur einer genitalen Verstümmelung. Mit 13 Jahren flüchtete sie alleine durch die Wüste nach London. Im Alter von 18 Jahren wurde sie vom englischen Star-Fotografen Terence Donovan als Model entdeckt. Ihr gelang der Durchbruch zu internationaler Berühmtheit. In einem Interview für das Magazin 'Marie Claire' in New York erzählte Waris Dirie über ihr Schicksal und das grausame Ritual der Genitalverstümmelung an Frauen und löste damit weltweit eine Welle von Mitgefühl und Protesten aus. UN-Generalsekretär Kofi Annan ernannte sie zur UN-Sonderbotschafterin im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung. Als Menschenrechtsaktivistin, Bestsellerautorin und Künstlerin inspiriert Waris Dirie heute weltweit Millionen von Frauen und schenkt ihnen Hoffnung. Mit der von ihr gegründeten Desert Flower Foundation kämpft sie weltweit gegen weibliche Genitalverstümmelung und setzt sich für die Rechte afrikanischer Frauen ein. Gemeinsam mit ihren zwei Söhnen lebt Waris Dirie heute in Polen und Österreich.

Als somalisches Nomadenkind geboren, durchlitt Waris Dirie im Alter von fünf Jahren die unmenschliche Prozedur einer genitalen Verstümmelung. Mit 13 Jahren flüchtete sie alleine durch die Wüste nach London. Im Alter von 18 Jahren wurde sie vom englischen Star-Fotografen Terence Donovan als Model entdeckt. Ihr gelang der Durchbruch zu internationaler Berühmtheit. In einem Interview für das Magazin "Marie Claire" in New York erzählte Waris Dirie über ihr Schicksal und das grausame Ritual der Genitalverstümmelung an Frauen und löste damit weltweit eine Welle von Mitgefühl und Protesten aus. UN-Generalsekretär Kofi Annan ernannte sie zur UN-Sonderbotschafterin im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung. Als Menschenrechtsaktivistin, Bestsellerautorin und Künstlerin inspiriert Waris Dirie heute weltweit Millionen von Frauen und schenkt ihnen Hoffnung. Mit der von ihr gegründeten Desert Flower Foundation kämpft sie weltweit gegen weibliche Genitalverstümmelung und setzt sich für die Rechte afrikanischer Frauen ein. Gemeinsam mit ihren zwei Söhnen lebt Waris Dirie heute in Polen und Österreich.

Kapitel 1
Der Anruf


Es war unverkennbar Herbst geworden in Wien. Der Wind wehte die Blätter von den Bäumen, und das Laub am Boden bot ein spektakuläres Farbenspiel in allen erdenklichen Braun- und Rottönen. Zwischen den Blättern lugten immer wieder Kastanien hervor. Der Sommer war heiß und trocken gewesen. Jetzt hatten der erste Regen und der kühle Wind die Natur in Aufregung versetzt. Man hatte den Eindruck, als wollten sich Tiere und Pflanzen noch schnell für den Winter wappnen. Wer durch die Stadt strich, sah Eichhörnchen hektisch Futter sammeln und von Baum zu Baum huschen.

Am Himmel zogen die Wolken rasch vorbei. Licht und Schatten wechselten in rascher Folge. Wenn die Sonnenstrahlen durchbrachen, dann war es anheimelnd und warm, wurden sie durch Wolken verdeckt, dann spürte man den kalten Hauch des kommenden Winters. Unverkennbar focht der Sommer seinen letzten Kampf aus, in wenigen Tagen schon würde er ermattet aufgeben und dem Herbst unwiderruflich das Feld überlassen.

Es war Ende Oktober geworden, und ich spazierte durch Wien, meine neue Heimat. Halb hatte mich der Zufall, halb das Schicksal hierherverschlagen. Ich war vor einem Mann, der mich hartnäckig verfolgte und bedrohte, nach Wien geflüchtet. Ich hatte mir eine kleine Wohnung genommen und war glücklich, angekommen zu sein. Aber in mir brannte die Frage: »Werde ich hier endlich Wurzeln schlagen können? Wird Wien meine neue Heimat? Für wie lange? Vielleicht für immer?«

Es war aufregend und beglückend zugleich, durch die Straßen der Stadt zu gehen und dem geschäftigen Treiben zuzusehen. Vor mir sah ich eines dieser typischen Wiener Kaffeehäuser. Ich beschloss, mir eine Tasse Tee zu gönnen. Es ging mir so gut wie schon lange nicht mehr in meinem Leben. Ich hatte das Gefühl, endlich mit mir im Reinen zu sein. Das vergangene Jahr war hart gewesen, und ich war mehr als einmal am Ende meiner Kräfte angelangt. Aber dann schaffte ich es doch, diese schwerste Prüfung meines Lebens zu meistern, und aus diesem Triumph zog ich unendlich viel Mut, Selbstvertrauen und Energie. Ich fühlte mich wie ein Marathonläufer beim Zieleinlauf. In den Beinen steckte noch die Anstrengung von zweiundvierzig gelaufenen Kilometern, aber in der Seele breitete sich nach und nach das wohlige Gefühl aus: Geschafft!

Jahrelang hatte ich etwas in mir getragen, über das ich mit keiner Menschenseele sprechen konnte – oder wollte. Als Kind war ich auf grausame Weise genital verstümmelt worden, weil es die Tradition in meiner Heimat Somalia so verlangte. Bis ans Ende meiner Tage werde ich wohl an den Folgen dieser Verstümmelung zu leiden haben. Ich habe häufig Schmerzen, manchmal so stark, dass ich weder ein noch aus weiß. Aber nicht nur mein Körper schrie, auch meine Seele brüllte, seit ich ein Kind war. Diesen Schmerz, diese Demütigung musste ich ertragen, ohne mich jemandem anvertrauen zu können.

Eines Tages entschied ich, nicht mehr davonzulaufen: »Waris«, sagte ich zu mir, »du musst dich deinem Schicksal stellen. Du bist kein Baby mehr, das glaubt, es genüge, die Augen zu schließen, und sofort würde alles gut werden.«

Ich beschloss, über Genitalverstümmelung zu sprechen, ganz offen. Ich schrieb ein Buch über mein eigenes Schicksal und über das Schicksal von genital verstümmelten Mädchen in Europa: Schmerzenskinder. Das Buch wurde ein Bestseller, Tausende Menschen lasen es. Für viele war neu, was hier geschildert wurde, und sie konnten es kaum glauben. Andere wiederum erkannten sich und ihr Schicksal wieder.

Ich wusste anfangs nicht, welche Lawine ich mit meinem Buch lostreten sollte. Noch nie zuvor hatte jemand offen darüber gesprochen, welches Leid mitten unter uns angerichtet wird. Genitalverstümmelung – das kannte man höchstens aus Abenteuerfilmen über Afrika. Und dann stellt sich jemand wie ich plötzlich hin und widerspricht: »Nein, das passiert nicht nur Tausende Kilometer entfernt, sondern auch mitten in Europa, mitten unter uns. Mädchen werden Teile der Klitoris weggeschnitten, man näht ihnen die Vagina fast ganz zu. Meist verwendet man eine Rasierklinge zum Schneiden, eine Betäubung gibt es nicht.«

Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Fernsehen, Internet – ich gab Interviews, hielt Vorträge, wurde zu Konferenzen eingeladen. Ich wurde geehrt und mit Auszeichnungen bedacht. Ich traf viele interessante, mächtige und bedeutende Menschen aus aller Welt, vom ehemaligen Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, bis zur Musiklegende Paul McCartney, vom früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan bis zum Bestsellerautor Paulo Coelho. Sie alle begannen, mich in meinem Kampf zu unterstützen, einige wurden zu Freunden.

Ich arbeitete bis an den Rand der Erschöpfung, aber ich machte es gern. Vielleicht war es auch das Gefühl, erstmals in meinem Leben etwas Bedeutendes, Wichtiges für andere tun zu können, das mich so lange durchhalten ließ.

Doch niemand konnte sehen, wie es in mir drinnen aussah. Ich sprach ja nicht allein über Schicksale anderer, ich erzählte auch von meinem eigenen Leben, was mir zugestoßen war. Ich öffnete vor aller Welt meine Seele.

Die Konfrontation mit meiner eigenen Vergangenheit traf mich mit einer Wucht, auf die ich nicht vorbereitet war und der ich mich auch schutzlos ausgeliefert sah. Ich stand da wie nackt vor einem Spiegel. Er zeigte eine Frau, die jahrelang eine Burg um sich gebaut hatte, um dann plötzlich feststellen zu müssen, dass das Mauerwerk zu bröckeln beginnt.

Es dauerte lange, bis ich mich wiedergefunden hatte. Als es mir elend ging, fragte ich mich oft, ob es denn richtig und sinnvoll gewesen war, die Pforte zur Vergangenheit zu öffnen. Heute weiß ich, dass diese Zeit wie ein reinigendes Gewitter für meine Seele war. Wenn man in der Wüste auf einen Geparden trifft, ist es wenig sinnvoll, davonzulaufen. Seine Beine sind schneller, irgendwann holt er dich ein. So ist es auch im Leben. Sich dem Schicksal nicht zu stellen heißt, es aus der Hand zu geben.

* * *

Liebe Mama,

 

ich habe einen Mann getroffen, der mir neue Kraft gab. Schicksale verbinden. Der Mann hat jahrelang einen aussichtslosen Kampf gegen einen übermächtigen Feind geführt. Er hat diesen Kampf schließlich gewonnen, weil er stets der Überzeugung war, das Richtige zu tun, auf der richtigen Seite zu stehen. Er hat Risiken in Kauf genommen, Entbehrungen ertragen und wurde dafür mit der höchsten Auszeichnung belohnt, welche die Menschheit zu vergeben hat: dem Friedensnobelpreis.

Ich war Ehrengast einer Gala der UNICEF in Düsseldorf in Deutschland. Seit einigen Jahren bin ich Ehrenbotschafterin von UNICEF, der Kinderhilfsorganisation der UNO, die auf der ganzen Welt viel Gutes für Kinder tut.

Am Vorabend der Gala traf ich einen Mann, der meine Stimmung aufhellte: Lech Walesa. Er war Führer der Solidarność in Polen, einer Gewerkschaftsbewegung, die Geschichte schrieb. Lech Walesa und seiner Bewegung ist es zu verdanken, dass heute Millionen Menschen in Frieden und Freiheit leben können. Als Führer seiner Gewerkschaft hat er sich eines Tages gegen die herrschenden Machthaber, die Kommunisten, aufgelehnt. Er wurde zunächst nicht ernst genommen, dann angefeindet, schließlich bedroht – aber immer mehr Menschen folgten seinem Beispiel. Erst Hunderte, dann Tausende. Schließlich wurden die Kommunisten in Polen zum Teufel gejagt und wenig später in einigen Nachbarländern ebenso.

Ein einzelner Mensch hat das möglich gemacht.

Ich wurde Lech Walesa am Vortag der Gala vorgestellt. Wir waren uns sofort sympathisch und beschlossen, am nächsten Abend Tischnachbarn zu sein.

Lech Walesa erzählte mir, dass seine Frau und er meine Bücher gelesen haben. »Überall in Polen wissen die Menschen, was du geschrieben hast, Waris. Du bist bei uns sehr bekannt, fast wie ein Popstar. Mädchen, du hast eine Mission, und du wirst deine Ziele erreichen! Ich weiß, wovon ich spreche.«

Und dann erzählte mir dieser kraftvolle Mann seine Geschichte, die so unglaublich viel Mut macht. Auf den ersten Blick klang alles so einfach und logisch. Fast wie eine Erzählung aus dem Märchenbuch, mit einem Happy End. Heute denke ich: Was muss Lech Walesa für einen ungeheuren Willen und Lebensmut gehabt haben, um das alles durchzustehen.

»Als ich einst meinen Kampf als einfacher Elektriker und Gewerkschaftsmitglied in der Werft von Danzig begonnen habe, wusste ich, dass ich damit das Ende der kommunistischen Diktatoren einleiten werde«, sagte er. »Man hat meine Familie bedroht und mich eingesperrt, aber ich war stärker, weil ich an meine Aufgabe geglaubt habe und wusste, dass mich Gott dabei unterstützt.«

Meine Wangen begannen zu glühen.

»In meinem Land sind Tausende von Menschen einfach verschwunden, von den kommunistischen Machthabern eingesperrt, gefoltert und umgebracht worden. Die freie Meinungsäußerung war verboten. Die Menschen lebten in Angst.«

Dann beugte sich Lech Walesa zu mir, fast so, wie es Kinder tun, wenn sie ein Geheimnis weitersagen wollen.

»Ich weiß, Waris, dass du mit deiner Mission, deinem persönlichen Kampf gegen Genitalverstümmelung erfolgreich sein wirst, dass du diesem schrecklichen Unrecht und dem Leid, das Millionen von Mädchen angetan wird, ein Ende setzen wirst. Du bist sehr stark, und du wirst deinen Kampf gewinnen! Wer sich berufen fühlt, gibt niemals auf und kann alles schaffen.«

Von diesem Augenblick an, Mama, waren alle Zweifel wie weggeblasen. Von da an war ich felsenfest überzeugt davon, dass mein Kampf gegen Genitalverstümmelung richtig...

Erscheint lt. Verlag 29.5.2017
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Afrika • Autobiografien berühmter Persönlichkeiten • Autobiografien Frauen • Beschneidung • biografien berühmter persönlichkeiten • Biografien Frauen • Bücher von Promis • Erfahrungen und Schicksale • Erfahrungen und wahre Geschichten • Erinnerungen • FGM • Frauenrechte • Frauenschicksal • Genitalverstümmelung • Lebensbericht • Lebensgeschichten Frauen • Lebensgeschichten Schicksal Bücher • Memoir • Mutter-Tochter-Beziehung • Mutter-Tochter-Konflikt • Schicksale Bücher • Schicksale und Erfahrungen • Somalia • Trauma • wahre Begebenheit Buch • wahre Geschichte Frauen • wahre geschichten bücher • Waris Dirie • Wüstenblume
ISBN-10 3-426-44117-9 / 3426441179
ISBN-13 978-3-426-44117-6 / 9783426441176
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 17,6 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von Wolf Haas

eBook Download (2025)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
18,99
Roman

von Percival Everett

eBook Download (2024)
Carl Hanser Verlag München
19,99
Roman

von Chimamanda Ngozi Adichie

eBook Download (2025)
Fischer E-Books (Verlag)
19,99