Engelsschuld (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
448 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-20697-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Engelsschuld -  Emelie Schepp
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Ein Fehler, den du nicht wiedergutmachen kannst. Und ein Mörder, der nie vergessen hat ...
Grausame Morde erschüttern die schwedische Stadt Norrköping. Dreimal wird der Sanitäter Philip Engström zu den Tatorten gerufen, dreimal kann er nichts mehr für die entsetzlich entstellten Opfer tun. Er erkennt, dass er den Ermordeten schon einmal begegnet ist - und er selbst das nächste Opfer sein könnte. Doch eine schwere Schuld in seiner Vergangenheit lässt ihn schweigen. Staatsanwältin Jana Berzelius nimmt sich des Falls an. Erst spät merkt sie, dass Privates und Berufliches in dieser Mordserie eng miteinander verknüpft sind. Denn Jana hat ihre ganz eigene Rechnung mit dem Mörder offen.



Emelie Schepp, geboren 1979, wuchs im schwedischen Motala auf. Sie arbeitete als Projektleiterin in der Werbung, bevor sie sich dem Schreiben widmete. Nach einem preisgekrönten Theaterstück und zwei Drehbüchern verfasste sie ihren ersten Roman: Der zuerst nur im Selbstverlag erschienene Thriller »Nebelkind« wurde in Schweden ein Bestsellerphänomen und erscheint mittlerweile als Übersetzung in 30 Ländern; die Jana-Berzelius-Serie hat sich weltweit über eine Million Mal verkauft. 2016, 2017 und 2018 wurde Schepp mit dem renommierten CrimeTime Specsaver's Reader's Choice Award ausgezeichnet und damit bereits dreimal zur besten Spannungsautorin Schwedens gekürt.

Mittwoch

1

Philip Engström stand im Pausenraum der Rettungswache in Norrköping. Kühle Frühlingsluft wehte durchs offene Fenster herein. Er nahm den Kaffeebecher aus dem Automaten, schloss die Hände darum und genoss die Wärme. Dann ging er durchs Zimmer und ließ sich auf eines der Sofas sinken.

Erst in einer Stunde war seine Schicht vorbei, aber schon jetzt spürte er eine starke Sehnsucht, die Augen schließen zu dürfen, nur ganz kurz zu schlafen.

Er wusste, dass er diesen Gedanken besser verbannen sollte, aber nach den stressigen Ereignissen der vergangenen Nacht brauchte er Erholung. Plötzlich war er eingenickt. Der Schlaf hatte ihn überwältigt, und er träumte von einem wirbelnden, tosenden Wasserfall.

Da hörte er plötzlich in weiter Ferne jemanden seinen Namen rufen. Er zuckte zusammen, tastete über den Tisch und stieß versehentlich den Kaffeebecher um.

»Mensch, Philip!«

»Hallo, Sandra«, sagte er verschlafen.

Sandra Gustafsson stand zwei Meter von ihm entfernt und hatte die Hand in die Hüfte gestemmt. Ihre Haare waren blond, und ihre Augen waren so grün wie ihre Arbeitskleidung. Sandra war Rettungssanitäterin und der jüngste Zuwachs in der Wache. Sie war kompetent und arbeitete hart, machte sich aber auch viele Gedanken um ihre Kollegen.

»Noch immer müde?«, fragte sie.

»Kein bisschen«, antwortete Philip. Er stand auf und wischte den Kaffee mit unnötig viel Küchenkrepp vom Tisch, ehe er sich wieder setzte.

Sie sah ihn an, während er ein Gähnen unterdrückte. Dann ging sie zum Automaten und füllte zwei Becher mit Kaffee. Er konnte sein Lächeln nicht verbergen, als sie ihm den einen reichte. Er nahm einen raschen Schluck und sah verstohlen auf die Uhr.

»Bald ist Feierabend«, sagte sie.

»Genau.«

»Und du willst nicht mit mir sprechen, bevor du gehst?«

Sie setzte sich in den Sessel ihm gegenüber. Ihr Körper war kräftig und durchtrainiert.

»Worüber?«

»Über die Patientin, die gestorben ist.«

»Warum sollte ich mit dir darüber reden wollen?«, fragte er und nahm noch einen Schluck von seinem Kaffee. Er fühlte sich noch immer schläfrig. Ich muss besser auf meine Gesundheit achten, dachte er. Wegen der Schichtarbeit schlief er zu wenig und zu unregelmäßig. Es reichte einfach nicht, sich hier und da eine Stunde auszuruhen.

»Irgendwie war das eine seltsame Situation«, sagte sie.

»Es war ein ganz normaler Herzinfarkt, was gibt es denn da zu besprechen?«

»Die Patientin hätte überleben können.«

»Aber sie ist gestorben, okay?«

Philip lauschte auf das Summen des Kaffeeautomaten. Er dachte an die Patientin und spürte, dass seine Hände zitterten.

»Ich frage mich nur, wie es dir damit geht«, sagte sie.

»Sandra.« Er stellte den Kaffeebecher auf den Tisch. »Ich weiß, dass du diese Peer-Ausbildung gemacht hast und uns Kollegen super zuhören kannst, aber dieser Psychoscheiß funktioniert nicht bei mir.«

»Du willst also nicht reden?«

»Nein, hab ich gesagt.«

»Ich habe nur gedacht …«

»Was hast du gedacht? Dass wir uns im Kreis hinsetzen und uns umarmen? Willst du, dass wir uns dabei auch noch einen Kuschel-Schlafanzug anziehen, oder was?«

»Na ja, die Abläufe sehen normalerweise vor …«

»Hör auf. Ich arbeite seit fünf Jahren als Notfallsanitäter, ich weiß ganz genau, wie die Abläufe aussehen.«

»Dann weißt du auch, dass es nicht in Ordnung ist, bei einem Einsatz einzuschlafen.«

Es wurde für einen Moment still im Raum.

»Und was ist, wenn jemand davon erfährt?«, flüsterte sie dann.

»Keiner wird davon erfahren«, sagte er. »Schließlich gibt es so was wie Schweigepflicht.«

»Wie?«

Er sah sich um und vergewisserte sich, dass niemand in Hörweite war.

»Du hast gehört, was ich gesagt habe.«

»Das können wir doch nicht machen, verdammt«, sagte sie.

Philip fing ihren Blick auf. »Warum nicht?«

»Du hast sie ja nicht mehr alle«, sagte sie. »Du bist total …«

»Ich weiß, dass das komisch klingt.«

»Komisch? Das klingt total verrückt.«

Er sah in Richtung Tür und hätte am liebsten das Zimmer verlassen, jetzt, sofort. Er wollte die Ruhe spüren, die Stille hören, und vor allem wollte er Sandra loswerden.

»Tut mir leid, Philip, das kann ich nicht. Du hast das vermurkst, nicht ich.«

»Ich vermurkse gar nichts, nur damit du es weißt. Und das war auch gar nicht der Grund, dass sie gestorben ist.«

»Glaubst du das wirklich?«

Philip starrte sie an, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und atmete tief durch.

»Na gut«, sagte er nach einer Weile. »Wir machen es so: Wenn jemand wider Erwarten herausfinden sollte, dass ich während des Einsatzes eingenickt bin, verspreche ich, mich selbst anzuzeigen.«

»Und was ist mit mir?«

»Du schiebst alles auf mich und sagst, dass du Angst hattest, was zu sagen, weil du gerade erst hier angefangen hast, und so weiter. Du kannst dabei richtig auf die Tränendrüse drücken.«

Sie sah ihn schweigend an.

»Sind wir uns einig?«, fragte er.

»Ja«, sagte sie leise. »Aber du müsstest mal was unternehmen. Noch so ein Vorfall, und ich zeige dich an.«

»Danke«, entgegnete er und legte die Hand auf ihre Schulter.

»Ich meine es ernst.«

»Ich weiß«, sagte er und stand auf.

Staatsanwältin Jana Berzelius saß vor dem Aufnahmestudio und wartete. Gleich durfte sie sich neben Richard Hansen setzen, der das Frühstücksradio des Senders P4 Östergötland moderierte. Auf ein Handzeichen des Moderators hin schlich sie sich ins Studio und setzte sich auf den vorgesehenen Platz. Über die Kopfhörer verfolgte sie mit, wie er das neue Diskussionsthema ankündigte:

»Erpressung, Raub und Überfälle mit Hammer, Messer und Schnellfeuerwaffen – die Bandenkriminalität in Norrköping nimmt stetig zu. Jana Berzelius, Sie sind seit mehreren Jahren als ermittelnde Staatsanwältin in Fällen von organisierter Kriminalität tätig. Haben Sie eine Erklärung für diese Zunahme von Gewalttaten?«

Jana räusperte sich.

»Zunächst einmal sollten wir berücksichtigen, dass wir hier von der Zahl der angezeigten Verbrechen sprechen. Dass die Statistik einen Zuwachs verzeichnet, heißt nicht unbedingt, dass die tatsäch­liche Kriminalität zunimmt, sondern …«

»Sie meinen also, die Statistik lügt?«

»Wir beobachten, dass die Bandenkriminalität in ganz Schweden zunimmt, während die Gewalt in der Gesellschaft insgesamt sinkt.«

»Und was ist der Grund für die steigende Bandenkriminalität?«

»Da gibt es viele Erklärungen.«

»Zum Beispiel?«

Sie beugte sich vor. »Im Prinzip haben Sie in Ihrer Ankündigung die wichtigsten Gründe genannt. Ich kann Ihnen nur zustimmen, dass der wachsende Bestand an Schusswaffen in Kombination mit einer sozialen und wirtschaft­lichen Segregation wichtige Faktoren darstellen.«

»Wie Sie wissen, hat unsere Redaktion die kriminellen Banden hier in Norrköping näher untersucht«, fuhr Hansen fort, während er in seine Unterlagen sah. »Unsere Repor­tagen über die Aktivitäten dieser Banden in Sachen Waffen-, Drogen- und Menschenhandel haben viel Aufsehen erregt. Jetzt ist seit den ersten Berichten ein Jahr vergangen, und es ist kaum eine Verbesserung zu beobachten. Es wird nur selten ein Urteil gesprochen, wenige Fälle kommen überhaupt vor Gericht, und viele Menschen behaupten, dass das Rechtssystem in Schweden nicht richtig funktioniert. Müssen wir uns Sorgen machen?«

»Im Rechtswesen besteht immer das Risiko von Fehlern, die dann in vereinzelten Fällen zu falschen Gerichtsurteilen führen können oder dazu, dass es gar nicht erst zu einem Prozess kommt.«

»Könnte ein befangener Staatsanwalt ein solches Risiko darstellen?«

»Natürlich – genau wie manipulierte polizei­liche Ermittlungen, irreführende Expertengutachten oder Falschaus­sagen. Dass diese Risiken manchmal in falschen Gerichts­urteilen resultieren, kann niemand leugnen, nicht einmal ich als Staatsanwältin.«

»Und was halten Sie von den immer lauter werdenden Stimmen, die eine Erhöhung des Strafmaßes für Gewalt­verbrechen fordern?«

»Wir haben keine Beweise dafür, dass strengere Strafen zu weniger Verbrechen führen würden, dagegen …«

»In den USA hat die Entscheidung für härtere Strafen dazu geführt, dass …«

»Aber wir sprechen jetzt von Schweden beziehungsweise von Norrköping«, präzisierte Jana.

Hansen blickte wieder in seine Unterlagen.

»Die Opposition hält härtere Strafen für ein wichtiges Ziel in der Rechtspolitik. Möchten Sie das kommentieren?«

»Die wichtigste Aufgabe der Rechtspolitik sollte die Prävention von Verbrechen sein.«

Hansen sah zu ihr auf. »In der sogenannten Polizeiaffäre wurden leitende Polizeichefs und Geschäftsleute wegen Korruption und Drogenschmuggel angeklagt und werden, so dürfen wir vermuten, zu langen Gefängnisstrafen verurteilt werden.«

»Das stimmt, ja.«

»Wenn ich es richtig verstehe, ist dieses Gerichtsverfahren besonders kompliziert. Mal ganz abgesehen von der besonderen Rücksichtslosigkeit der Gewalttaten, geht es offenbar um einen Beamten, der seine Machtposition missbraucht hat, und zwar in erheb­lichem...

Erscheint lt. Verlag 18.9.2017
Reihe/Serie Jana Berzelius
Übersetzer Annika Krummacher
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Prio Ett (Jana Berzelius 3)
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Björk • eBooks • Engelskalt • Erik Axl Sund • Krähenmädchen • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Schweden • Schwedenthriller • Selbstmord • Serienmörder • Skandinavien • Thriller
ISBN-10 3-641-20697-9 / 3641206979
ISBN-13 978-3-641-20697-0 / 9783641206970
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