Wolfsschwestern (eBook)

Historischer Roman
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2017 | 1. Auflage
656 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-40148-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wolfsschwestern -  Philippa Gregory
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Herrscherinnen, Rivalinnen, Liebende Ein kurzer Blick in die Augen von Katharina von Aragón genügt, und Margaret Tudor weiß: Auf ewig wird ihr Schicksal miteinander verbunden sein - ob in Aufstieg oder Fall. Wenig später ist Katharina Königin von England. Margaret heiratet den schottischen König und sichert so den Frieden zwischen beiden Ländern. Doch das Bündnis hält nicht lang. Margarets Mann fällt in der Schlacht, Katharina verschleppt seine Leiche als Trophäe nach England - und beide Frauen werden zu Feindinnen. Ein leidenschaftlicher Reigen voller Ränkespiele entspinnt sich, und nur eines ist sicher: Nie lässt sich das Band, das die beiden Herrscherinnen verbindet, lösen.

Philippa Gregory, geboren 1954 in Kenia, studierte Geschichte in Brighton und promovierte an der University of Edinburgh über die englische Literatur des 18. Jahrhunderts. Ihre historischen Romane sind weltweit Bestseller und wurden mit Starbesetzung verfilmt, zuletzt «Das Erbe der weißen Rose» in einer aufwändigen Produktion des US-Senders Starz. Außerdem schreibt Philippa Gregory Kinder- und Jugendbücher, Kurzgeschichten, Reiseberichte und Drehbücher und arbeitet als Journalistin für Zeitung, Radio und Fernsehen. Sie lebt mit ihrer Familie in Nordengland.

Philippa Gregory, geboren 1954 in Kenia, studierte Geschichte in Brighton und promovierte an der University of Edinburgh über die englische Literatur des 18. Jahrhunderts. Ihre historischen Romane sind weltweit Bestseller und wurden mit Starbesetzung verfilmt, zuletzt «Das Erbe der weißen Rose» in einer aufwändigen Produktion des US-Senders Starz. Außerdem schreibt Philippa Gregory Kinder- und Jugendbücher, Kurzgeschichten, Reiseberichte und Drehbücher und arbeitet als Journalistin für Zeitung, Radio und Fernsehen. Sie lebt mit ihrer Familie in Nordengland. Anja Schünemann studierte Literaturwissenschaft und Anglistik in Wuppertal. Seit 2000 arbeitet sie als freiberufliche Übersetzerin der verschiedensten Genres und hat seitdem große Romanprojekte und Serien von namhaften Autorinnen und Autoren wie Philippa Gregory, David Gilman sowie Robert Fabbri aus dem Englischen ins Deutsche übertragen. Historische Romane sind eines ihrer Spezialgebiete: Von der Antike bis zum Mittelalter, in die frühe Neuzeit sowie bis ins 20. Jahrhundert verfügt sie über einen reichen Wissensschatz, der ihre Übersetzungen zu einem gelungenen Leseerlebnis macht.

Baynard’s Castle, London, England


November 1501

Ich werde Weiß und Grün tragen, als Tudorprinzessin. In meinen Augen bin ich die eine, einzige Tudorprinzessin, denn meine Schwester Mary ist erst fünf, viel zu klein, um an feierlichen Anlässen teilzunehmen – ich habe ihren Kinderfrauen eingeschärft, dass sie sie nur zu Beginn des Banketts kurz hereinbringen sollen, um sie unserer neuen Schwägerin zu zeigen. Es würde nichts bringen, sie mit an der Tafel sitzen zu lassen – von feinen Speisen wird ihr nur übel, und irgendwann würde sie vor Müdigkeit anfangen zu plärren. Ich dagegen bin schon fast zwölf, ich habe bei der Hochzeit meine Rolle zu spielen; ohne mich wäre die Feier unvollständig. Das hat meine werte Großmutter, die Königinmutter, selbst gesagt.

Dann sagte sie etwas, das ich nicht richtig hören konnte, aber ich weiß, die schottischen Lords werden mich beobachten. Sie wollen sehen, ob ich kräftig und erwachsen genug bin, um schon jetzt zu heiraten. Das bin ich ganz bestimmt. Alle sagen, ich bin ein hübsches Mädchen, robust wie ein walisisches Pony, gesund wie eine Milchmagd, blond wie mein jüngerer Bruder Harry, mit großen, blauen Augen.

«Du bist als Nächste an der Reihe», verheißt sie mir lächelnd. «Man sagt, eine Hochzeit zieht eine weitere nach sich.»

«Ich werde nicht so weit reisen müssen wie Prinzessin Katharina», sage ich. «Ich werde zu Besuch heimkommen können.»

«Das wirst du.» Das Versprechen meiner werten Großmutter macht es zur Gewissheit. «Du heiratest unseren Nachbarn, und durch dich wird er unser Freund und Verbündeter werden.»

Prinzessin Katharina ist viele, viele Meilen weit aus Spanien hergekommen. Da wir mit Frankreich entzweit sind, musste sie auf dem Seeweg reisen, es gab schreckliche Stürme, und ihr Schiff wäre fast untergegangen. Wenn ich nach Schottland gehe, um den König zu heiraten, wird es eine großartige Prozession von Westminster ins fast vierhundert Meilen entfernte Edinburgh geben. Ich werde nicht mit dem Schiff reisen und seekrank und durchnässt ankommen, und ich werde London besuchen können, wann immer ich will. Prinzessin Katharina hingegen wird ihre Heimat niemals wiedersehen. Angeblich hat sie geweint, als sie meinen Bruder zum ersten Mal traf. Ich finde das albern. Kindisch wie Mary.

«Werde ich auf der Hochzeit tanzen?», frage ich.

«Zusammen mit Harry», entscheidet meine werte Großmutter. «Nachdem die spanische Prinzessin und ihre Damen uns einen spanischen Tanz vorgeführt haben. Dann kannst du ihr zeigen, was eine englische Prinzessin vermag.» Sie lächelt bedeutsam. «Wir werden sehen, wer besser ist.»

«Ich», bete ich insgeheim. Laut sage ich: «Eine Basse danse?» Das ist ein langsamer, majestätischer, sehr erwachsener Tanz, den ich besonders gut beherrsche.

«Eine Gaillarde.»

Ich widerspreche nicht, niemand widerspricht meiner werten Großmutter. Sie führt bei Hofe das Regiment; meine werte Mutter, die Königin, stimmt immer nur zu.

«Wir müssen üben», sage ich. Ich kann Harry dafür begeistern, indem ich ihm verspreche, dass alle zuschauen werden. Er liebt es, im Mittelpunkt zu stehen, und muss stets der Beste sein, ob bei Wettrennen, beim Bogenschießen oder beim Reiten auf seinem Pony. Obwohl er erst zehn ist, sind wir gleich groß, sodass wir ein hübsches Paar abgeben, wenn er nicht gerade herumalbert. Ich will der spanischen Prinzessin zeigen, dass ich der Tochter von Kastilien und Aragón in nichts nachstehe. Meine Mutter ist eine Plantagenet, mein Vater ein Tudor. Das sind große Namen. Katharina braucht sich nicht einzubilden, wir wären dankbar, dass sie herkommt. Von mir aus bräuchten wir jedenfalls keine weitere Prinzessin am Hof.

 

Auf Wunsch meiner werten Mutter besucht Katharina uns vor der Hochzeit auf Baynard’s Castle mit ihrem eigenen Gefolge, das sie aus Spanien begleitet hat – auf unsere Kosten, wie mein Vater betont. Sie halten Einzug wie ein Heer von Eroberern mit ihren fremdartigen Kleidern, ihrer fremden Sprache, und in der Mitte schreitet in einem prächtigen Gewand das Mädchen, das sie die «Infantin» nennen. Ich glaube, das heißt «kleines Mädchen» – wie albern, schließlich ist sie fünfzehn und eine Prinzessin. Ich werfe einen Blick zu Harry, um zu sehen, ob er kichert, aber er schaut sie so gebannt an, als sähe er ein neues Pferd oder eine italienische Rüstung, etwas, das er sich sehnlich wünscht. Mir scheint, er will sich in sie verlieben wie ein Ritter in eine Dame. Henry liebt Geschichten und Balladen über unerreichbare Damen, die in Türmen eingeschlossen sind oder sich in Wäldern verirrt haben, und Katharina hat ihn offenbar beeindruckt, als er sie vor ihrem Einzug nach London traf. Vielleicht war es ihre prächtige Sänfte, vielleicht ihre Gelehrsamkeit, denn sie spricht drei Sprachen. Ich bin so wütend, dass ich ihn am liebsten kneifen würde.

Sie ist keine Schönheit. Sie ist drei Jahre älter als ich, aber gleich groß. Ihr hellbraunes Haar, das einen rötlichen Schimmer hat, verschwindet fast gänzlich unter der hohen Haube und einem dichten Schleier. Sie hat blaue Augen wie ich, aber ganz helle Wimpern und Brauen. Ihre Haut ist sehr blass, das muss man ihr lassen. Sie ist sehr zierlich, ihre schmale Taille ist so fest geschnürt, dass sie sicher kaum atmen kann, und an ihren winzigen Füßen trägt sie die albernsten Schuhe, die ich je gesehen habe, mit Goldstickerei an den Spitzen und goldenen Bändern. Meine werte Großmutter würde mir gewiss nicht erlauben, goldene Schuhbänder zu tragen, das wäre eitler Prunk. Die Spanier sind bestimmt furchtbar eitel und weltlich.

Ich achte sehr darauf, mir nicht anmerken zu lassen, was ich denke: Ich denke, sie kann sich glücklich schätzen, dass mein Vater sie als Braut für meinen älteren Bruder Arthur auserwählt hat, dass sie eine Schwägerin wie mich bekommt, eine Schwiegermutter wie meine Mutter und – vor allem – eine Schwieger-Großmutter wie Lady Margaret Beaufort, die schon dafür sorgen wird, dass Katharina sich nicht über ihre gottgewollte Stellung erhebt.

Sie knickst und küsst meine werte Mutter, dann meine werte Großmutter. So entspricht es der Rangfolge; aber sie wird schon bald lernen, sich vor allem um die Gunst meiner werten Großmutter zu bemühen. Dann nickt meine werte Mutter mir zu, ich trete vor, und die spanische Prinzessin und ich knicksen gleichzeitig voreinander, genau gleich tief. Sie tritt auf mich zu, und wir küssen uns auf beide Wangen. Ihre sind warm, und ich sehe, dass sie errötet und ihr Tränen in die Augen steigen, als vermisste sie ihre richtigen Schwestern. Ich mache ein strenges Gesicht wie mein Vater, wenn jemand ihn um Geld bittet. Ich werde über ihren Anblick jedenfalls nicht in Entzücken ausbrechen. Sie braucht sich nicht einzubilden, sie könnte an unseren englischen Hof kommen und uns dick und plump aussehen lassen.

Sie ist keineswegs brüskiert, sondern erwidert meinen Blick geradeheraus. Da sie mit drei eifersüchtigen Schwestern aufgewachsen ist, sind Rivalitäten ihr nicht fremd. Schlimmer noch, mein strenges Gesicht scheint sie fast ein wenig zu belustigen. Mir wird bewusst, dass diese junge Frau nicht wie meine Zofen ist, die mich stets umschmeicheln müssen, oder wie Mary, die tun muss, was ich sage. Diese junge Frau ist mir ebenbürtig, sie wird mich womöglich gar kritisch betrachten. Ich sage auf Französisch: «Willkommen in England», und sie erwidert in affektiertem Englisch: «Es ist mir eine Freude, meine Schwester zu begrüßen.»

Meine werte Mutter bemüht sich sehr, ihre erste Schwiegertochter freundlich zu empfangen. Sie sprechen Latein miteinander, und da ich der Unterhaltung nicht folgen kann, sitze ich neben meiner Mutter und betrachte Katharinas Schuhe mit den goldenen Bändern. Als meine Mutter Musik wünscht, stimmen Harry und ich einen ländlichen englischen Rundgesang an. Wir klingen sehr melodisch, und der Hof nimmt den Refrain auf, und so geht es hin und her, bis die Leute anfangen, albern zu werden und ihren Einsatz zu verpassen. Aber Katharina lacht nicht. Sie sieht aus, als wäre sie niemals albern und fröhlich wie Harry und ich. Natürlich, als Spanierin ist sie sehr steif und förmlich. Aber mir fällt auf, wie sie sitzt – reglos, die Hände im Schoß gefaltet, als säße sie Modell für ein Gemälde –, und ich denke: Das sieht wirklich königlich aus. Ich will lernen, auch so zu sitzen.

Meine Schwester Mary wird hereingebracht, um ihren Knicks zu machen, und Katharina macht sich lächerlich, indem sie niederkniet, damit ihre Gesichter auf gleicher Höhe sind, und flüsternd auf Mary einplappert. Natürlich versteht meine Schwester kein Wort Latein oder Spanisch, aber sie legt Katharina die Arme um den Hals, küsst sie und nennt sie «Swesta».

«Ich bin deine Schwester», korrigiere ich sie und ergreife energisch ihre kleine Hand. «Dies ist deine Schwägerin. Kannst du ‹Schwägerin› sagen?»

Natürlich kann sie es nicht aussprechen. Alle lachen über ihren unbeholfenen Versuch und finden sie drollig. Ich sage: «Werte Mutter, sollte Mary nicht bereits im Bett sein?» Da erst bemerken alle, wie spät es ist, und die ganze Gesellschaft geleitet Katharina mit Fackeln hinaus, als wäre sie eine gekrönte Königin und nicht bloß die jüngste Tochter des spanischen Königspaares, die sich glücklich schätzen kann, in die Tudor-Familie einzuheiraten.

Sie umarmt alle zum Abschied. Als ich an der Reihe bin, legt sie ihre warme Wange an meine und sagt: «Gute Nacht, meine Schwester», mit ihrem albernen Akzent, in ihrer herablassenden Art. Als sie sich von mir löst...

Erscheint lt. Verlag 22.9.2017
Reihe/Serie Das Erbe der Tudors
Übersetzer Anja Schünemann
Zusatzinfo Mit 3 s/w Karten
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte England • Frankreich • Großbritannien • Henry VIII. • Katharina von Aragon • Königin • Krone • Mary Tudor • Plantagenet • Rosenkriege • Schottland • Thron • Tudor
ISBN-10 3-644-40148-9 / 3644401489
ISBN-13 978-3-644-40148-8 / 9783644401488
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