Viel Fleiß, kein Preis (eBook)

Warum Frauen im Berufsleben oft den Kürzeren ziehen - Mehr Arbeit, weniger Geld, kaum Anerkennung
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2017 | 1. Auflage
352 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-21172-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Viel Fleiß, kein Preis -  Martin Wehrle
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Was wäre los im Land, wenn Männer ein Fünftel weniger als Frauen verdienten? Wenn sie bei Beförderungen übergangen und beim Reden dauernd unterbrochen würden? Die Hölle wäre los! Dass Frauen so behandelt werden, ist aber ganz normal. Martin Wehrle dreht den Spieß um: Da passiert das alles einem Mann, der eines Morgens als Frau aufwacht. Ein Kunstgriff, der den Skandal verdeutlicht. Was auf den ersten Blick amüsiert, beschämt auf den zweiten - und fordert für Frauen die Gleichberechtigung.

Dieses Buch ist schon einmal unter dem Titel 'Herr Müller, Sie sind doch nicht schwanger?!' im Mosaik Verlag erschienen.

Martin Wehrle ist Deutschlands bekanntester Karriere- und Lebenscoach. Seine Bücher sind in zwölf Sprachen erschienen und haben rund um den Globus begeisterte Leserinnen und Leser gefunden. Mit »Ich arbeite in einem Irrenhaus« und dem Folgeband »Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus« landete er gefeierte Bestseller, zuletzt erschienen die Spiegel-Bestseller »Den Netten beißen die Hunde« und »Wenn jeder dich mag, nimmt keiner dich ernst«. An seiner Hamburger Karriereberater-Akademie bildet er Karrierecoaches aus.

Böses Erwachen: »Wie kommt Petra in mein Bett?«

Als Herr Müller eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einer Frau verwandelt. Sein Prachtkörper, im Fitnessstudio mit viel Schweiß erkauft, hatte erheblich an Muskelmasse verloren. Sein Kinn, seit Tagen unrasiert, war glatt wie die verchromte Kühlerhaube eines BMW. Und sein blonder Kurzhaarschnitt, den der Fön schon beim ersten Anhauchen trocknete (das brachte ihm jeden Morgen fünf Minuten zusätzlichen Schlaf!), war zu einer wallenden Mähne mutiert.

Ängstlich glitt seine Hand unter die Decke, aber das, was er an seinem Körper zu finden hoffte, fand er nicht mehr. Stattdessen hatte ihn sein Schicksal – oder wer immer sich hinter diesem üblen Scherz verbarg – mit Merkmalen ausgestattet, die er immer schon geschätzt hatte, wenn auch nur an weiblichen Körpern. Vorsichtig hob er die Decke und blinzelte an sich hinab. Was er da sah – den Körper einer jungen Frau, gar nicht schlecht gebaut –, hätte er unter normalen Umständen begrüßt, erst recht in seinem Bett.

Heute nicht! Seine Gedanken rasten wie Flipperkugeln durch den Kopf. Was, zum Teufel, war über Nacht mit ihm passiert? Fand sein Schicksal es etwa komisch, ihm ein Frauenleben als Höchststrafe aufzubrummen, statt ihn mit einem blauen Auge, etwa einem qualvollen Foltertod, davonkommen zu lassen?

Er schloss die Augen, um vor der Wirklichkeit zu fliehen, doch die Flipperkugeln in seinem Kopf dröhnten umso lauter: Würde er – wenn er blieb, was er jetzt war – überhaupt weiter als Marketing-Leiter arbeiten können? Oder lief er Gefahr, in einem Frauenberuf entsorgt zu werden, um zahnlosen Alten den Brei zu füttern, ungezogene Kinder wie eine Schafherde über Spielplätze zu treiben oder nörgelnden Patienten ihre Rezepte gegen Fußpilz auszuhändigen, natürlich vom Herrn Doktor unterschrieben? Würde sein stattliches Gehalt, eine Hausnummer, hinter der sein dickes Ego residiert hatte, nun den Sinkflug antreten? Und würden ihm demnächst, wenn er zum Kopierer lief, die Kerle mit Stielaugen auf den Hintern glotzen?

Stopp! Dieser Gedanke zeigte, dass er bereits in die Falle gegangen war. Wie kam er darauf, selbst zum Kopierer laufen zu müssen? Eigentlich hatte er sich die Kopien doch immer von Frau Neuner, seiner Sekretärin, machen lassen! Aber würde er künftig noch Chef sein und ein Sekretariat dirigieren? Er war 35 Jahre alt, hatte BWL studiert und seinen Job als Marketing Director vor einem halben Jahr gekündigt, um mit seinem besten Freund Jan durch die Wüste von Dakar zu brettern, eine Männertour auf Motorrädern, deren Motoren lauter als Löwen gebrüllt und Staub bis zum Himmel gewirbelt hatten. Genau sein Geschmack!

Und nun, frisch von der Reise zurück, wollte er seinen Durchmarsch als Bewerber starten. Der Fahrstuhl sollte sich nach oben bewegen, gerne ins Stockwerk der Bereichsleiter. Der Zeitpunkt, da ihn das Frausein übermannte, hätte ungünstiger nicht sein können.

Die Flipperkugeln in seinem Kopf rollten rückwärts, in die Vergangenheit: Er sah sich an einem Tisch thronen, eine Bewerbungsmappe vor sich, auf die er kritisch linste; sah, wie er Einstellungsgespräche mit jungen Frauen führte, die seinem Chefblick so hilflos ausgeliefert waren wie ein Reh auf der Straße dem Autoscheinwerfer.

Eine seiner Lieblingsfragen von damals: »Ist es für Sie denkbar, langfristig auf Teilzeit umzustellen?« Gemeint war natürlich: »Planen Sie Kinder?« (Was man ja so direkt, der blöden Gesetze wegen, nicht fragen durfte!) Und wehe, eines dieser dummen Muttertiere in spe hatte freudestrahlend bejaht. Dann hatte sie erstens bewiesen, dass ihr Intelligenz-Quotient weit unter dem Gefrierpunkt lag, denn sie hatte seine Frage nicht durchschaut; und zweitens, dass sie keine Arbeitsergebnisse produzieren wollte, nur Kinder. Fast immer hatte er junge Männer vorgezogen. Seine Abteilung wollte er sich nicht vom Bauch einer Schwangeren sprengen lassen.

Und nun? Nun flehte er sein Schicksal an, den Scherz in die umgekehrte Richtung zu treiben und ihn zurück in einen Mann zu verwandeln! Denn er wusste, dass es auf dem Weg zu einer Spitzenposition eine Reihe überwindbarer Hindernisse gab – man durfte inkompetent, dumm oder eine emotionale Blindschleiche sein –, aber auch ein unüberwindbares Hindernis: nämlich, dass man nicht Peter hieß (wie er bis zum heutigen Tage), sondern Petra (wie er, so beschloss Herr Müller, vorerst ab heute). Männliche Chefs, so behaupteten Wissenschaftler, zögen Bewerber nach ihrem Ebenbild vor, also lupenreine Männer.[1]

Natürlich hatte er solche Studien für Blödsinn erklärt, für geschickte Lobbyarbeit von Frauen, die zwischen Windeln wechseln und Bügeln nichts Besseres zu tun hatten, als Männer in die Pfanne zu hauen. Und allein das Wort »Frauenquote« hatte ihm Geräusche entlockt, die denen seines Motorrads in der Wüste glichen.

Das Problem, in dem er jetzt steckte, war eindeutig ein Frauenkörper. Woher sollten die anderen Männer wissen, dass er einer von ihnen war? Bestand nicht die Gefahr, dass man ihn über einen Kamm mit allen Frauen dieser Erde scherte?

Das Stichwort »Kamm« brachte ihn auf eine Idee. Er stand auf und watschelte – die neuen Füße waren viel zu klein! – vor den Spiegel im Badezimmer. Eine Frau schaute ihn an, die hübsch gewesen wäre, hätte nicht der Schock ihr Gesicht zu einer Grimasse verzerrt; eine Frau, die er nie zuvor gesehen hatte, 20 Zentimeter kleiner als sein einstiges Gardemaß von 1,88 Meter.

Geblieben aus seinem alten Leben waren ihm nur die Haarfarbe (sehr blond), die Augenfarbe (sehr blau) und, so hoffte er, sein Gehirn (sehr klug!).

Herr Müller torkelte zurück ins Bett und murmelte »Gute Nacht!« In der Hoffnung, als Mann wieder aufzuwachen, sank er erneut in tiefe Träume; sie waren unruhiger als zuvor.

Ein Überfall am Morgen

Ein süßes Glockenspiel, fern und leise, umschlich seine Ohren. Das Geräusch schwoll an und senkte sich in seinen Kopf. Ein Hubschrauber beim Landeanflug, sein Bett vibrierte, der Schlaf fiel von ihm ab.

Die Türglocke! Wer konnte das sein, so früh? Die Bewegung, mit der Herr Müller hochschoss, war ein Sit-up aus dem Bilderbuch. Der Morgen lag golden im Zimmer, kitzelte Herrn Müllers Gesicht und verhing seinen Blick. Der Morgen? Das war sein blondes Haar! Mit einer Armbewegung, als wollte er sich ohrfeigen, fegte er sich die ungewohnte Mähne aus dem Gesicht.

Verdammt, das Schicksal hatte seine Reklamation abgelehnt und den Frauenkörper nicht zurückgenommen! Er war nicht mehr Peter, er war …

Weiter kam er in Gedanken nicht, denn nun rüttelte ein Überfallkommando an seiner Haustür. Eine Stimme, romantisch wie ein Wasserrohr-Bruch, ergoss sich durch die Tür: »Peter, du Penner! Es ist 11 Uhr! Liegst du etwa noch im Bett? Wir sind verabredet zum Joggen. Mach auf!«

Das war Jan, sein bester Freund! Instinktiv zog er seine Bettdecke nach oben, denn aus Hunderten Gesprächen wusste er, worauf sich die Wertschätzung seines Freundes bei Frauen konzentrierte. Nein, so würde er ihm nicht vor die Augen treten können, nie im Leben. Er stand auf, wankte – verdammt, die kleinen Füße! – zur Tür und sagte: »Ich kann heute nicht!«

Das hätte er besser unterlassen! Seine Stimme klang wie der Lockruf einer Meerjungfrau, hell und verführerisch. »Oh«, sagte Jan überrascht, »ich wusste nicht, dass Peter Besuch hat. Das sieht ihm wieder ähnlich, diesem alten Aufreißer!«

Herr Müller erstarrte. Hoffentlich würde sein Freund sich abwimmeln lassen.

»Schick ihn mir mal eben an die Tür«, sagte Jan, »ich muss ihn sprechen.«

»Das geht nicht, er ist … er ist gerade unter der Dusche.«

»Kein Problem, ich warte. Aber lass mich rein, Himmel Donnerwetter, es ist kühl und windig.«

Herr Müller verharrte. Jan begann, wieder an die Tür zu klopfen, kurz und rhythmisch und immer schneller. Herr Müller hielt die Luft an, bis er begriff: Es kam von innen, dieses Klopfen; das war sein Herz! Es schien wild entschlossen, ihm die weibliche Brust zu sprengen oder, falls das nicht gelänge, den Fluchtweg durch die Ohren zu nehmen.

»Er kann jetzt wirklich nicht!«, stieß Herr Müller hervor, und seine Stimme klang so dünn, dass er Mickey Mouse hätte synchronisieren können. »Er ist, wie soll ich sagen, in schlechtem Zustand.«

»Er hat gesoffen. Na und? Glaubst du, wir trinken zusammen nur rosa Kinderbrause?«

»Wenn du jetzt nicht gehst, dann gehe ich. Das wird Peter nicht gefallen!«

»Soll das eine Erpressung werden?«

Herr Müller durchwühlte seinen Kopf nach Worten, aber fand keine.

»Schon gut, schon gut«, sagte Jan. »Dann richte ihm einen Gruß aus: Er soll sich bei mir melden.«

Herr Müller hörte, wie sich Jans Schritte von der Tür entfernten. Dann kamen sie zurück: »Übrigens, ich bin Jan! Er soll sich bei Jan melden. Kennen wir uns eigentlich? Oder sollten wir uns kennenlernen?« Als Jan keine Antwort bekam (und auch – wider Erwarten – keine Handynummer unter der Tür hindurchgeschoben wurde, obwohl er den schönsten...

Erscheint lt. Verlag 17.7.2017
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Wirtschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Beruf • Der Klügere denkt nach • eBooks • Emanzipation • Equal Pay • Erfolg • Frauenquote • Gehalt • Gender • Job • Karriere • Sei einzig nicht artig • Ungleichheit • Weibliche Führungskräfte
ISBN-10 3-641-21172-7 / 3641211727
ISBN-13 978-3-641-21172-1 / 9783641211721
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