Der Prinz der Elfen (eBook)
416 Seiten
cbt (Verlag)
978-3-641-16644-1 (ISBN)
Die Geschwister Hazel und Ben leben in dem Ort Fairfold, der an das magische Elfenreich grenzt. Seit Jahrzehnten steht dort, mitten im Wald von Fairfold, ein gläserner Sarg, in dem ein Elfenprinz schläft - von Touristen begafft und von der Bevölkerung argwöhnisch beäugt, auch wenn Hazel und Ben die alten Geschichten nicht glauben. Seit Kindertagen fühlen sie sich zu dem schlafenden Jungen magisch hingezogen, ihm vertrauen sie alle ihre Geheimnisse an. Inzwischen ist Hazel 16 und küsst immer neue Jungs, um die Leere in ihrem Herzen zu füllen. Doch als eines Tages der Sarg leer ist und der Prinz erwacht, werden die Geschwister in einen Machtkampf der Elfen gezogen. Hazel muss die Rolle annehmen, in die sie sich als Kind immer geträumt hat: als Ritter gegen ein dunkles Monster kämpfen ...
Holly Black ist eine Nr.-1-New-York-Times-Bestsellerautorin von Fantasy-Büchern, darunter die Romane über Elfenheim, »Coldtown«, »Die Spiderwick Geheimnisse«, ihr Debüt für Erwachsene, »Book of Night«, sowie ein Artuslegende-Bilderbuch namens »Sir Morien«.?Sie stand auf der Shortlist für den »Eisner Award« und den »Lodestar Award« und wurde mit dem »Mythopoeic Award«, einem »Nebula« und einem »Newbery Honor« ausgezeichnet. Ihre Bücher wurden weltweit in 32 Sprachen übersetzt und verfilmt. Derzeit lebt sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Neuengland in einem Haus mit einer geheimen Bibliothek. Mehr über die Autorin online unter blackholly.com.
KAPITEL 1
Am Ende eines Waldweges, hinter einem Bach und einem ausgehöhlten Baumstamm mit Asseln und Termiten, stand auf dem Erdboden ein Sarg aus Glas. Darin schlief ein Junge mit Hörnern und Ohren, so spitz wie Messer.
Soweit Hazel Evans wusste, war er immer schon da gewesen. So hatten ihre Eltern es ihr erzählt, die es wiederum von ihren Eltern gehört hatten. Und man konnte machen, was man wollte, er wachte nicht auf, niemals.
Nicht in den langen Sommern, in denen Hazel sich mit ihrem Bruder Ben auf dem Sarg ausstreckte und durch die Glasscheibe starrte, bis sie von ihrem Atem beschlug, während sie kühne Pläne schmiedeten. Er wachte auch nicht auf, wenn die Touristen kamen und glotzten oder irgendwelche Spielverderber schworen, er wäre nicht echt. Auch nicht an den Wochenenden im Herbst, wenn die Mädchen auf seinem Sarg tanzten und ihn zu den blechernen Songs aus ihren iPod-Boxen anmachten, oder als Leonie Wallace ihr Bier über den Kopf hob, als wollte sie dem ganzen verhexten Wald zuprosten. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper, als Bens bester Freund Jack Gordon mit seinem Edding IM NOTFALL SCHEIBE EINSCHLAGEN auf die Seite des Sargs schrieb – oder als Lloyd Lindblad es mit einem Vorschlaghammer tatsächlich versuchte. Egal wie viele Partys rund um den Jungen mit den Hörnern stattgefunden hatten – Generationen von Partys, sodass die jahrzehntealten Scherben kaputter Flaschen grün und braun im Gras glänzten und die zerdrückten Blechdosen silbern, golden und rostig im Gestrüpp glitzerten – und unabhängig davon, was auf diesen Partys alles geschehen war –, nichts und niemand konnte den Jungen in seinem gläsernen Sarg wecken.
Als sie klein waren, hatten Hazel und Ben ihm Blumenkränze geflochten und Geschichten erzählt, wie sie ihn retten würden. Damals wollten sie noch jeden retten, der in Fairfold gerettet werden musste. Als sie älter wurde, ging Hazel lieber nachts mit allen anderen zum Sarg, doch es schnürte ihr immer noch die Kehle zu, wenn sie auf das seltsame, schöne Gesicht des Jungen hinuntersah.
Sie hatte ihn nicht gerettet und Fairfold hatte sie auch nicht gerettet.
»Hey, Hazel«, rief Leonie und tanzte für den Fall, dass Hazel ebenfalls auf den Sarg des Gehörnten steigen wollte, auf eine Seite. Doris Alvaro war auch schon oben, in ihrem Cheerleader-Outfit vom Spiel, das ihre Schule am Abend verloren hatte, und ihr brauner Pferdeschwanz wippte. Die Mädchen waren rot im Gesicht, weil sie so viel getrunken und die Mannschaft so ausdauernd angefeuert hatten.
Hazel winkte Leonie zu, aber sie stieg nicht auf den Sarg, obwohl sie Lust dazu hatte. Stattdessen drängte sie sich durch die Menge der Jugendlichen.
Die Fairfold Highschool war so klein, dass trotz der Cliquen (die manchmal nur aus einer Person bestanden, wie zum Beispiel Megan Rojas, die ganz allein die Gothgemeinde bildete) alle zusammen feiern mussten, wenn es irgendwie abgehen sollte. Doch nur weil alle gemeinsam Party machten, waren sie noch lange nicht miteinander befreundet. Bis vor einem Monat hatte Hazel noch zu einer Mädchenclique gehört, die mit dickem Eyeliner und großen, glänzenden Ohrringen, die so scharf waren wie ihr Lächeln, durch die Schule gelaufen war. Sie und ihre Freundinnen hatten sich mit klebrigem hellem Blut, das sie aus ihren Daumen gedrückt hatten, ewige Freundschaft geschworen. Hazel war nicht mehr dabei, seit Molly Lipscomb sie gebeten hatte, ihren Ex zu küssen und ihn dann wieder abblitzen zu lassen. Molly war sauer geworden, als Hazel es tatsächlich getan hatte.
Es stellte sich heraus, dass Hazels andere Freundinnen in Wahrheit Mollys Freundinnen waren. Obwohl sie den Plan mitgetragen hatten, taten sie so, als hätten sie nichts damit zu tun. Sie taten so, als wäre etwas passiert, wofür Hazel sich entschuldigen müsste. Hazel sollte zugeben, dass sie es getan hatte, um Molly wehzutun.
Hazel küsste Jungen aus allen möglichen Gründen – weil sie süß waren, weil sie was getrunken hatte, weil sie sich langweilte, weil sie sie ließen, weil es Spaß machte, weil sie einsam wirkten, weil sie so ihren Ängsten entkam und sie nicht wusste, wie viele Küsse sie noch hatte. Doch außer Mollys Ex hatte sie noch nie mit einem Jungen geknutscht, der mit einer anderen zusammen war. Das würde sie auch nie wieder tun, auf keinen Fall.
Zumindest hatte sie noch ihren Bruder, mit dem sie etwas unternehmen konnte, wenn er sich auch im Moment in der Stadt mit einem Typen traf, den er online aufgegabelt hatte. Und Bens Freund Jack war auch noch da, selbst wenn er sie nervös machte. Und sie hatte Leonie.
Das waren genug Freunde. Eigentlich sogar zu viele, wenn man bedachte, dass sie demnächst wahrscheinlich verschwinden und sie zurücklassen würde.
Mit dieser Vorstellung im Kopf hatte sie darauf verzichtet, sich an diesem Abend eine Mitfahrgelegenheit zu der Party zu sichern, obwohl sie den ganzen Weg am Waldrand entlang und an Bauernhöfen und alten Tabakscheunen vorbei hatte laufen müssen.
Es war eine dieser Frühherbstnächte, wenn Holzrauch in der Luft lag, vermischt mit dem süßlich reifen Geruch von aufgewirbeltem Laub, und alles möglich schien. Sie trug einen neuen grünen Pullover, ihre braunen Lieblingsstiefel und billige grüne Ohrreifen aus Emaille. Ihre roten Locken schimmerten noch immer sommerlich golden, und als sie kurz vor der Party in den Spiegel gesehen hatte, um ein bisschen roten Gloss aufzutragen, hatte sie sich richtig hübsch gefunden.
Liz war für die Playlist zuständig und hatte ihr Handy an die Anlage ihres alten Fiats gehängt. Dance Music dröhnte so laut, dass die Bäume bebten. Martin Silver baggerte Lourdes und Namiya gleichzeitig an und machte sich anscheinend Hoffnung auf ein Beste-Freundinnen-Doppelpack, aus dem ganz bestimmt nichts werden würde, niemals. Molly lachte in einem Halbkreis von Mädchen, während Stephen in einem farbbespritzten Hemd auf seinem Truck saß. Er hatte die Scheinwerfer eingeschaltet und trank Schwarzgebrannten von Franklins Vater aus einem Flachmann.
Irgendetwas machte ihn so fertig, dass es ihm egal war, ob er davon blind wurde. Jack saß etwas weiter weg neben seinem (na ja, sogenannten) Bruder Carter, dem Quarterback, auf einem Baumstamm in der Nähe des gläsernen Sargs. Als sie lachten, bekam Hazel Lust, zu ihnen zu gehen und mitzulachen, aber gleichzeitig wollte sie auf den Sarg steigen und tanzen und drittens wollte sie nach Hause.
»Hazel«, sagte jemand. Als sie sich umdrehte und Robbie Delmonico sah, gefror ihr Lächeln.
»Ich hab dich gar nicht gesehen. Du siehst gut aus.« Das schien ihm nicht zu passen.
»Danke.« Robbie musste einfach gemerkt haben, dass sie ihm aus dem Weg ging. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, aber seit sie auf einer Party mit ihm rumgemacht hatte, verfolgte er sie, als hätte sie ihm das Herz gebrochen, und das war wirklich noch schlimmer. Sie hatte nicht Schluss gemacht oder so; er hatte sie ja nicht einmal um ein Date gebeten. Er starrte sie nur unglücklich an und stellte komische, bedeutungsschwangere Fragen wie zum Beispiel: »Was machst du nach der Schule?« Und wenn sie antwortete »Nichts, einfach abhängen«, schlug er nichts anderes vor und fragte sie auch nicht, ob sie bei ihm vorbeikommen wollte.
Weil Hazel Typen wie Robbie Delmonico küsste, glaubten die anderen, sie würde jeden küssen.
Damals hatte sie richtig Lust darauf gehabt.
»Danke«, sagte sie noch mal etwas lauter und nickte ihm zu, bevor sie sich abwandte.
»Der Pullover ist neu, oder?« Er lächelte ihr traurig zu, als wollte er sagen, dass er wusste, wie nett es von ihm war, das zu bemerken, und er ebenso wusste, dass nette Jungen nicht zum Zug kamen.
Das Komische war, dass er sich eigentlich gar nicht für sie interessiert hatte, bevor sie ihn angemacht hatte. Als sie ihn geküsst hatte – okay, Hände waren auch mit im Spiel gewesen –, war es, als hätte sie sich in eine grausame Liebesgöttin verwandelt.
»Er ist neu, ja«, bestätigte sie und nickte wieder. In seiner Nähe fühlte sie sich so hartherzig, wie er sie offenbar empfand. »Wir sehen uns.«
»Jep.« Er ließ das Wort in der Luft hängen.
Und dann, im entscheidenden Moment, als sie einfach weitergehen wollte, siegte ihr schlechtes Gewissen und sie sagte das, was sie auf keinen Fall hätte sagen sollen und wofür sie sich später am liebsten die ganze Nacht getreten hätte. »Vielleicht nachher.«
Seine Augen leuchteten hoffnungsvoll auf, und sie begriff zu spät, wie er es aufgefasst hatte, nämlich als Versprechen. Doch jetzt konnte sie nichts mehr daran ändern, außer schnell zu Jack und Carter zu flüchten.
Jack, für den Hazel geschwärmt hatte, als sie jünger und dümmer gewesen war, wirkte überrascht, als sie angestolpert kam. Das war sonderbar, weil man ihn eigentlich nie überrumpeln konnte, denn er bekam alles mit. Seine Mutter hatte einmal gesagt, Jack würde den Donner hören, bevor es geblitzt hatte.
»Hazel, Hazel, mit sich im Reinen. Küsst die Jungs, bis sie weinen«, sagte Carter, weil Carter echt blöd sein konnte.
Carter und Jack sahen sich so ähnlich wie Zwillinge. Sie hatten dunkle Locken und braune Augen. Sie hatten dunkelbraune Haut, einen sinnlichen Mund und hohe Wangenknochen, von denen alle Mädchen in der Stadt träumten. Doch sie waren keine Zwillinge. Jack war ein Wechselbalg – Carters Wechselbalg, den die Elfen zurückgelassen hatten, als sie Carter gestohlen hatten.
Fairfold war ein merkwürdiger Ort, der genau in der Mitte des Carling-Forstes lag, einem verhexten Wald, in...
Erscheint lt. Verlag | 3.4.2017 |
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Übersetzer | Anne Brauner |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | The Darkest Part of the Forest |
Themenwelt | Literatur |
Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre | |
Schlagworte | ab 14 • Bestsellerautorin • eBooks • Elfen • Erste Liebe • Geschwister • Halbelfen • Jugendbuch • Jugendbücher • Märchenbuch • Young Adult |
ISBN-10 | 3-641-16644-6 / 3641166446 |
ISBN-13 | 978-3-641-16644-1 / 9783641166441 |
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