Äpfel und Dirnen (eBook)

(Autor)

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2017 | 1. Auflage
288 Seiten
Emons Verlag
978-3-96041-192-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Äpfel und Dirnen -  Julia Bruns
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Die Kleinstadt Kindelbrück erlebt die schlimmste Mordserie ihrer Geschichte - gleich drei Leichen werden in dem sonst so ruhigen Städtchen im Thüringer Becken entdeckt. Das Kuriose: Die Toten stammen allesamt aus dem Nachbarort Bilzingsleben, sind splitternackt - und ihre Mägen mit Apfelsaft gefüllt. Die Kommissare Bernsen und Kohlschuetter glauben zunächst an einen verrückten Serientäter mit Vorliebe für Fruchtsäfte. Doch die Wahrheit erweist sich als weitaus pikanter ...

Julia Bruns, in einem kleinen Dorf mitten in Thüringen geboren, studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie an der Universität Jena. Nach ihrer Promotion im Fach Politikwissenschaft arbeitete sie viele Jahre als Redenschreiberin und in der Öffentlichkeitsarbeit. Heute schreibt sie als freie Autorin. www.julia-bruns.com

Julia Bruns, in einem kleinen Dorf mitten in Thüringen geboren, studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie an der Universität Jena. Nach ihrer Promotion im Fach Politikwissenschaft arbeitete sie viele Jahre als Redenschreiberin und in der Öffentlichkeitsarbeit. Heute schreibt sie als freie Autorin. www.julia-bruns.com

Prolog

»Spring! Ich habe gesagt, spring! Wird’s bald, du feige Sau?«

»Aber das ist doch verboten.«

Sie lachte kreischend auf. »Du wolltest es so, also spring!«

»Edelgard, bitte. Das war doch nicht so gemeint.«

»Wie heiße ich?« Durch eine Drehung ihres schmalen Handgelenks versetzte sie ihm mit der Ledergerte schwungvoll einen heftigen Schlag auf das nackte Fleisch seines Rückens.

»Herrin«, murmelte er.

»Wie bitte?« Ein noch derberer Hieb folgte.

Er jaulte auf.

»Ja, das gefällt dir. So willst du es haben.« Ihre Stimme war fest und kompromisslos.

»Herrin«, wiederholte er nun lauter. Wieder zwirbelte die Gerte auf ihn herab. Das Brennen seiner Haut ließ ihn kaum noch einen klaren Gedanken fassen. Niemals hätte er sich vorstellen können, dass Peitschenhiebe derartige Qualen verursachen konnten. Und schon gar nicht hier draußen, nachdem die im Fernsehen doch erst neulich darüber berichtet hatten, dass Kälte das Schmerzempfinden der Haut dämpfen würde. Er fragte sich, wie tief die Temperaturen wohl sinken müssten, damit Sadomaso-Sex ihm Freude bereitete. Im Thüringer Becken hatte seit einigen Tagen der Winter Einzug gehalten. Minus zehn Grad hatte das kleine digitale Thermometer heute Morgen angezeigt, das in seinem Wohnzimmer auf der Fensterbank stand und dessen Sensorkabel er geschickt durch das Gummi im Rahmen des Fensterflügels hindurchgefädelt hatte, um die Dichtung nicht zu gefährden. Kein Mensch ging freiwillig bei dieser Kälte vor die Tür, erst recht nicht, wenn das ZDF einen James-Bond-Film zeigte. Und ganz besonders dann nicht, wenn man kaum etwas anhatte.

Er bibberte. Seit fast zwei Jahren traf er sich nun heimlich mit Edelgard. Als sie ihm diesen besonderen Weihnachtsservice anbot, hatte er an die Handschellen gedacht, die sie in ihrer Handtasche bei sich trug und deren Schloss er vor Kurzem hatte ölen dürfen. Das Spiel damit empfand er als durchaus reizvoll. Auch ihren neuen Spleen, demzufolge er sie als »Herrin« titulieren musste, akzeptierte er klaglos. Aus seiner Sicht genügte das jedoch vollkommen. Er war nicht pervers. Bestimmt nicht. Eigentlich stand er nur auf ihre prallen Brüste in der Lederkorsage und ihre dicken Oberschenkel in den hochhackigen Stiefeln. Solange sie ihm damit bloß den Rücken kratzte, fand er auch die Spielchen mit der Gerte nicht so schlecht. Aber die Nummer hier überstieg alles für ihn Vorstellbare. Abgesehen davon, dass es ihn nicht die Bohne geil machte.

Den nächsten Schlag mit der Gerte platzierte Edelgard an seiner Lendenwirbelsäule, dass er vor Schmerz den Rücken durchbog. »Und jetzt spring endlich! Schließlich ist das deine Weihnachtsüberraschung, Sklave.«

Sklave. Das fehlte ihm gerade noch. Wenn er ihr Sklave sein sollte, konnte ihm dieser neumodische Sexkram, von dem alle sprachen, gestohlen bleiben. Sklave nannte ihn niemand, nicht einmal seine Frau. Und die konnte ihn schon mächtig schikanieren. Heute Morgen erst hatte sie ihn in aller Herrgottsfrühe nach draußen geschickt, damit er den Gehweg fegte, dabei hatte es in der Nacht nur ein bisschen Schneegeriesel gegeben. Davon war ja nicht mal etwas liegen geblieben. Aber nein, er musste immer der Erste sein, nur damit keiner der Nachbarn etwas zu reden hatte.

»Spring!« Edelgards Stimme überschlug sich, so ungeduldig war sie.

Er starrte in das tiefdunkle Wasser des Gründelsloches. Der Vollmond spiegelte sich in der Oberfläche, nur gebrochen durch die dunklen Schatten der hohen alten Bäume, die die Quelle säumten. Wie schwarze knochige Gestalten lagen ihre Konturen auf dem Wasser. Regungslos. Nur ab und zu bewegte sich etwas dazwischen. Es war Edelgards Umriss, der sich wie ein Riese über seinen gelegt hatte. In der Nähe plätscherte monoton der Gründelsbach. So aggressiv hatte er das Geräusch überhaupt nicht in Erinnerung. Ansonsten war kein Laut zu hören. Er wagte es nicht, sich zu bewegen. Edelgard noch mehr in Rage zu bringen könnte böse enden. Sie kannte kein Erbarmen, das wusste er. Doch wie er aus der Nummer hier rauskommen sollte, ohne sein Gesicht zu verlieren, war ihm schleierhaft. Zehn Grad sollte das Wasser haben, sommers wie winters. Das hatte er schon in der Schule gelernt. Damit wäre es immerhin deutlich wärmer als die Minusgrade, bei denen er gerade nur mit seiner Unterhose bekleidet am Ufer der Quelle kniete. Dabei könnte er jetzt gemütlich zu Hause auf seiner Couch liegen. Das tat er an Weihnachten doch immer. Mit einem anständigen Bierchen und einer Packung Mon Chéri. Seit fünfundzwanzig Jahren lag die für ihn unter dem Weihnachtsbaum. Auf seine Frau konnte man sich eben verlassen. Auf ihre vehemente sexuelle Verweigerung leider auch.

Neben ihm knatschte das Leder. Edelgard hob ihren rechten Fuß und stellte ihn ihm auf seine linke Schulter. Der Pfennigabsatz ihrer schwarzen Stiefel grub sich schmerzhaft in sein Schlüsselbein. »Los jetzt!«

»Herrin, Gnade«, winselte er. Etwas Besseres fiel ihm im Moment nicht ein. Außerdem hatte er doch keine Ahnung, was man im SM-Milieu sagen musste, um nicht mitten in der Nacht in den Untiefen einer Karstquelle versenkt zu werden.

Jetzt wusste er, was sie mit der Vorbereitung auf das eigens für ihn kreierte Weihnachtsangebot gemeint hatte. Und er hatte die ganze Zeit an einen Quickie im Auto gedacht. Warum war ihm auch eine ehrliche Antwort herausgerutscht, als sie ihn nach seinem schlimmsten Alptraum gefragt hatte? Der Frieden des zweiten Advents, drei Gläser Apfelglühwein und Edelgards roter Spitzenbüstenhalter in seinem Gesicht hatten dafür gesorgt, dass bei ihm kein Misstrauen aufgekommen war. Wie ein junges Kätzchen hatte er geschnurrt und ihr alles erzählt. Nun kannte sie seine Ängste. Und nutzte sie schamlos aus. Hätte er doch nur auf Siegfried, einen seiner Skatbrüder, gehört. Niemals den Weibern vertrauen, bringt bloß Ärger, pflegte der immer zu sagen. Recht hatte er. Doch nun war es zu spät.

Fast schon steif gefroren dachte er an den schrecklichen Traum, den er Edelgard ausgemalt hatte. Es war immer das gleiche Bild: In einer bitterkalten Winternacht steht er vollkommen nackt allein am Ufer des Gründelsloches. Wie von Geisterhand verliert er das Gleichgewicht und stürzt hinein. Das Wasser umfängt seinen Körper, und die Strömung zieht ihn hinab in die Tiefe. Er schreit um sein Leben, doch es ist niemand da, der ihm helfen kann. Er ist verloren.

Wieder und wieder hatte er diesen Traum. Er wusste sogar noch genau, wann es angefangen hatte. Am 3. Juli 1972. Da waren die Taucher der Gesellschaft für Sport und Technik zur Erkundung der Quelle ins Wasser hinabgestiegen. Die Männer waren kaum auf sieben Meter Tiefe gekommen, als sie abbrechen mussten. Die Strömung war einfach zu stark gewesen. Nichtsdestotrotz wollten sie am Grund mindestens drei Labyrinthöffnungen von dreißig Zentimeter Durchmesser gesehen haben, aus denen mit großer Wucht das Wasser schoss. Fünfzehntausend Liter in der Minute. Glasklares, eiskaltes Wasser. Niemand hatte bisher herausgefunden, wo es genau herkam. Und vor allem schien es nie zu versiegen, seit vierhundert Jahren nicht. Die Vorstellung gruselte ihn bis heute.

»Jetzt reicht es mir aber. Ich friere mir hier wegen dir nicht den Arsch ab.« Edelgard setzte ihren Fuß mit voller Wucht auf den gefrorenen Boden. »So was aber auch. Erst große Klappe und dann machst du dir in die Hose. Wer wollte denn die Domina-Nummer?«

Sie klang nun wie seine Frau, wenn sie mit ihm schimpfte, weil er zu spät zum Essen kam oder im Edeka mal wieder die viel zu teuren Toilettenpapierrollen gekauft hatte. Damit war die Abtörnung komplett. Er beschloss dennoch, sich nichts anmerken zu lassen. Schließlich wollte er Edelgard nicht verärgern. Wer wusste schon, wozu dieses Weib ansonsten fähig wäre? Am Ende landete er noch unfreiwillig in dieser schrecklichen Brühe. Abgesehen davon war er sich nicht sicher, ob er auf Edelgards Dienste in Zukunft wirklich verzichten wollte. Es konnte gut sein, dass er sie irgendwann wieder in Anspruch nehmen musste. Bestimmt sogar. Vielleicht an Silvester. Bei den normalen Geschichten war sie erste Sahne. Aus Kindelbrück kamen aber auch die drallsten Weiber. Mit denen durfte man es sich nicht verscherzen, wenn man auf seine alten Tage ab und zu noch ein bisschen Freude haben wollte. Aber dann sollten sie jetzt auch im Guten auseinandergehen.

»Du blöder Hund«, schnaufte sie, während sie die Gerte ein letztes Mal über sein Hinterteil zog. Dann stakste Edelgard wütend durch den kleinen Park davon. »Ich hole mir hier noch den Tod wegen dem. Dabei ist heute die lange Sissi-Nacht. Na, vielleicht sehe ich wenigstens noch was vom dritten Teil. Immerhin hat dieser Dussel schon bezahlt. Wäre ja noch schöner, wenn mir für so was auch noch das Geld durch die Lappen geht. Ausgerechnet an Weihnachten, wo sich das Geschäft wirklich lohnt«, schimpfte sie vor sich hin.

Er blieb auf den Knien und lauschte. Ihre Stimme wurde immer leiser, je näher sie der schmalen Straße kam, die oberhalb des kleinen Parks am Gründelsloch vorbeiführte und an der sie ihr Auto geparkt hatte. Er hörte das Klappen einer Autotür. Dann brummte ein Motor.

Edelgard war davongefahren. Und mit ihr seine Klamotten. Sie hatte ihn halb nackt und mutterseelenallein am Gründelsloch zurückgelassen. Zu allem Überfluss brannte nun auch noch sein Hintern. Der Feinripp hatte zwar einiges abgehalten, aber die Folgen von Edelgards Schlägen waren deutlich spürbar. Morgen früh würde er die Schlagershow des MDR unmöglich in seinem Fernsehsessel sitzend verfolgen können. Aber was machte das schon? Jetzt musste er erst einmal nach Hause kommen. Ungesehen, was in Kindelbrück zu jeder...

Erscheint lt. Verlag 23.3.2017
Reihe/Serie Kommissar Bernsen und Kohlschuetter
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bernsen und Kohlschuetter • Mordserie • Regiokrimi Thüringen • Serientäter • Thüringen Kommissare • Thüringen Krimi
ISBN-10 3-96041-192-8 / 3960411928
ISBN-13 978-3-96041-192-5 / 9783960411925
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