Friesisches Gold (eBook)

Rieke Bernsteins zweiter Fall. Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
431 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-3057-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Friesisches Gold -  Wolf S. Dietrich
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Ostfriesisch herb - einer neuer Fall für Hauptkommissarin Rieke Bernstein

Ein Todesfall erschüttert die frühsommerliche Idylle auf Norderney: Am Strand wird die Leiche eines Apothekers gefunden. War es ein Unfall oder Mord? Letzteres kann von den Behörden nicht ausgeschlossen werden, weshalb man Rieke Bernstein vom LKA anfordert. Zusammen mit einer Journalistin stößt die Kommissarin auf eine jahrhundertealte Fehde zwischen der Familie des toten Apothekers und einer Hoteldynastie, die offenbar schon früher Tote gefordert hat. Rieke ahnt, dass allein hier, in Norderneys Vergangenheit, der Schlüssel zur Lösung des Falls zu finden ist.




Wolf S. Dietrich studierte Germanistik und Theologie und war als Lehrer tätig. Weitere berufliche Stationen bildeten die eines Wissenschaftlichen Mitarbeiters an der Universität Göttingen und die des Didaktischen Leiters einer Gesamtschule. Heute lebt und arbeitet er als freier Autor in Göttingen und an der Nordsee. Wolf S. Dietrich ist Mitglied im Syndikat, der Autorengruppe deutschsprachiger Kriminalliteratur. Weitere Informationen finden Sie auf www.nordsee-krimi.de

Wolf S. Dietrich studierte Germanistik und Theologie und war als Lehrer tätig. Weitere berufliche Stationen bildeten die eines Wissenschaftlichen Mitarbeiters an der Universität Göttingen und die des Didaktischen Leiters einer Gesamtschule. Heute lebt und arbeitet er als freier Autor in Göttingen und an der Nordsee. Wolf S. Dietrich ist Mitglied im Syndikat, der Autorengruppe deutschsprachiger Kriminalliteratur. Weitere Informationen finden Sie auf www.nordsee-krimi.de

1
1803


Es zog ihn wieder auf See. Schneller als er erwartet hatte, war seine Barschaft geschrumpft. Die Huren von Amsterdam waren teurer als die in den Häfen von Venedig und Lissabon, Montevideo oder Kapstadt. Immerhin konnte man sich leichter mit ihnen verständigen. Auch der Wirt des Gasthauses »Kapitein Kok«, der ihm eine winzige Mansarde im Hinterhaus überlassen hatte, schröpfte ihn nicht zu knapp.

Mehr noch als praktische Erwägungen trieb Johann Barghus aber die Sehnsucht nach der Weite des Meeres und der Unendlichkeit des Horizonts immer öfter in den Hafen, um nach einer geeigneten Heuer Ausschau zu halten. Damit war er nicht allein. Immerhin hatte er gegenüber vielen Seeleuten, die in Amsterdam anheuern wollten, den Vorteil, jung, groß und kräftig zu sein. Darum schlug er, solange sich noch Münzen in seinem Beutel fanden, die schlechten Angebote aus, die ihm verlotterte Maate von heruntergekommenen Seglern machten. Auch die Arbeit auf einem Sklavenschiff oder einem Kohletransporter kam für ihn nicht infrage. Inzwischen blieben ihm zwar nur noch wenige Tage, um ein Schiff zu finden, das ihm zusagte, doch einem Heuerbaas, der Schiffspersonal vermittelte, würde er sich nur anvertrauen, wenn seine eigenen Versuche scheiterten.

Das Schicksal führte ihn schließlich im richtigen Augenblick mit einem Bootsmann zusammen, der im Kapitein Kok eingekehrt war. Wie jeden Abend war die Gaststube voller Männer, während einige Straßendirnen an den blanken Holztischen entlangstreiften und versuchten, ihre Dienste an den Mann zu bringen. Es wurde verhandelt, gelacht und gerufen. Mögliche Kunden riefen obszöne Worte oder machten mit eindeutigen Gesten auf sich aufmerksam. Andere widmeten sich dem Würfelspiel, schlugen den Becher krachend auf die Tischplatte und johlten, wenn ihnen das Ergebnis zusagte. Laut und unruhig ging es zu, und der Wirt hatte alle Hände voll zu tun, seine Gäste mit gefüllten Bierkrügen zu versorgen. Die Luft war vom Rauch etlicher Pfeifen geschwängert, und es roch nach Tabaksqualm, Männerschweiß und billigem Parfüm. Dazu gesellte sich der Dunst von Gesottenem und Gebratenem aus der Küche hinter der Schankstube, wo die Wirtin hantierte und die Mägde zur Arbeit antrieb.

Johann fand einen freien Platz neben einem fremden Seemann, der ihm freundlich zunickte und sich als Landsmann zu erkennen gab. Er bot ihm Kautabak an und lud ihn zu einem Bier ein. »Es gab gute Heuer«, erklärte er, spuckte den braunen Saft von seinem Priem auf den Boden und schlug mit der flachen Hand auf seine Geldkatze. Dann streckte er die Hand aus. »Ich heiße Caspar. Mit C wie Cäsar. Bootsmann auf der Conquistador del Mar

Johann schlug ein und nannte seinen Namen. »Fahre als Carpenter’s Mate«, fügte er hinzu und grinste. »Auch mit C wie Cäsar.«

Caspar musterte ihn einen Moment lang aufmerksam. »So einen wie dich könnten wir gebrauchen. Unser Schiffszimmermann sucht einen Gehilfen. Willst du nicht auf unserer Bark anheuern?«

Er berichtete von seiner letzten Reise, die ihn von Batavia in Indonesien nach Amsterdam geführt hatte. »Hauptsächlich Gewürze und Textilien. Haben wir heute gelöscht. Morgen wird Proviant gebunkert, übermorgen laufen wir aus«, schloss er. »Nach Hamburg. Von da aus geht die Reise in die Neue Welt.«

»Neu Amsterdam, ich meine, New York?«, fragte Johann interessiert. Nordamerika hatte er noch nicht gesehen, und der Name dieser Stadt löste eine unbestimmte Sehnsucht aus.

»New York, Pennsylvania, Boston«, antwortete der Bootsmann. »Kommt drauf an. Kapitän Mulder macht ein Geheimnis um die Ladung. Weiß nicht, was die Conquistador in Hamburg aufnehmen wird. Vielleicht Auswanderer. Und es entscheidet sich erst kurz vor der Abreise, welchen Hafen wir ansteuern. Je nachdem, welches Ziel die meisten Passagiere erreichen wollen. »Mulder?«, fragte Johann. »Ein holländisches Schiff?«

Caspar neigte den Kopf. »Die Bark stammt ursprünglich aus Spanien. Deshalb der Name. Mulder fährt für die niederländische Ostindien-Kompanie.« Er sah sich um, beugte sich zu Johanns Ohr hin und senkte die Stimme. »Der Kapitän führt ein strenges Regiment. Auf einer früheren Reise soll er zwei Leute am Hanf tanzen lassen haben. Angeblich wegen Meuterei. Aber in der Mannschaft geht das Gerücht um, die beiden Männer hätten nur ihre Wache verpennt.« Er richtete sich wieder auf und grinste. »Aber Mulder zahlt gut. Und solange ich an Bord bin, hat er noch niemanden aufgeknüpft.«

Es blieb nicht bei dem einen Bier. Als Johann Barghus weit nach Mitternacht die Stiege hinauf zu seiner Kammer wankte, hatte er noch keinen Entschluss gefasst, aber Caspar versprochen, die Conquistador del Mar im Hafen aufzusuchen und sie sich anzusehen. Der Bootsmann hatte seinerseits versprochen, mit dem Ersten Offizier zu reden und diesem von seiner Begegnung mit einem großen und kräftigen deutschen Seemann zu berichten, der Erfahrungen als Helfer des Schiffszimmermanns mitbrachte und auf einem soliden Handelsschiff anheuern wollte.

Kurz bevor der Schlaf ihn übermannte, schoss Johann der Gedanke durch den Kopf, dass er Caspar noch etwas hatte fragen wollen. An dessen Beschreibung der Bark stimmte etwas nicht. Aber mit dem fortschreitenden Biergenuss war die Unstimmigkeit verblasst und schließlich ins Unterbewusstsein abgetaucht.

Am Morgen erinnerte ihn ein brummender Schädel an den vergangenen Abend in der Schankstube. Nach und nach kehrten die Bilder in seinen Kopf zurück, die von den Erzählungen des Landsmannes erzeugt worden waren. Wie hieß er noch? Caspar … irgendwas mit Au … nein, Hau … Hauschild! Caspar Hauschild. Bootsmann auf der … Conquistador del Mar. Johann erhob sich vorsichtig aus dem Bett und schlurfte zu der kleinen Kommode, auf der eine Schüssel und ein Krug mit Wasser standen. Er nahm einen kräftigen Schluck und füllte die hohle Hand, um sich damit durch das Gesicht zu fahren. Dann betrachtete er sein Gegenüber in der trüben Spiegelscherbe, die über dem Möbel angebracht war. Sollte er auf der Bark anheuern? Es wurde Zeit, wieder in See zu stechen. Schon wegen der schwindenden Barschaft. »Kapitän Mulder zahlt gut«, hatte Caspar behauptet. Aber auch die Weltmeere lockten. Nordamerika, vielleicht sogar New York. Die Neue Welt, von der er viel gehört, aber noch nichts gesehen hatte.

»Ich schau mir den Kahn erst einmal an«, beschied er seinem Spiegelbild. »Und dann entscheide ich, ob ich an Bord gehe.« Plötzlich war die Frage wieder da, die schon am Abend durch seinen Kopf gegeistert war. Was stimmte mit der Conquistador nicht?

Die Antwort bekam er einen Tag später. Das Schiff machte einen guten Eindruck, doch der Kapitän jagte ihm Angst ein. Der kleine Mann von fünfzig oder mehr Jahren hatte gelbliche Gesichtshaut und einen wirren Haarschopf. Er stand im Hintergrund, als Johann die Matrosen ansprach, die am Fallreep Wache hielten. Im Arm hielt er eine schwarze Katze, deren Fell er kraulte. Sein Blick war so kalt und abschätzend, dass es Johann schauderte.

Am nächsten Morgen sollte die Conquistador del Mar auslaufen, aber von Ladetätigkeit war nichts zu sehen – abgesehen von Fässern mit Wasser, Brot und Pökelfleisch, die der Smutje unter Aufsicht des Zahlmeisters an Bord schaffen ließ. Die Bark würde die Reise nach Hamburg also ohne Ladung antreten. Und Ballast wurde auch nicht eingeschifft. Das war es gewesen, was ihm an Caspars Bericht aufgefallen war. Ein Schiff ohne Ladung – da stimmte etwas nicht. Ohne Last lag die Bark nicht stabil, und auch auf dem kurzen Weg über die Nordsee konnte sie in einen Sturm geraten. Dann würde sie auf den Wellen tanzen wie eine hohle Nuss. Und dieser Kapitän Mulder war ihm unheimlich. Johann entschied, nach einer anderen Heuer Ausschau zu halten.

Auf dem Rückweg zu seiner Herberge spürte er Blicke in seinem Rücken. Mehrmals sah er sich um. Folgte ihm jemand? Wahrscheinlich, dachte er, bilde ich mir das ein, weil der Kapitän der Conquistador etwas Dämonisches ausstrahlt. Vor der Tür der Herberge begegneten ihm zwei Matrosen. Einer von ihnen trug einen leeren Kartoffelsack mit sich. Bevor Johann das Haus betreten konnte, sprangen die Männer auf ihn zu und stülpten ihm den Sack über den Kopf. Blitzschnell banden sie ihn zu und warfen ihn auf einen Karren, der sofort losrollte. Als Johann begann, um Hilfe zu schreien, schlug ihm einer der Männer eine Holzlatte über den Schädel. Der Schmerz explodierte in seinem Kopf, dann spürte er nichts mehr.

Johann erwachte in einer Hängematte. Offenbar befand er sich im leeren Mannschaftsdeck eines Schiffes. Er ahnte, dass es sich um die Conquistador del Mar handelte.

Vorsichtig stieg er aus der Matte, unter der ein Bündel baumelte, das er unschwer als seine Habe aus dem Gasthaus erkannte. Jemand musste sie zusammengerafft und aufs Schiff gebracht haben. Misstrauisch und neugierig zugleich schlich er zur Luke und kletterte nach draußen.

Kaum war Johann an Deck, wurde er zum Klarmachen eingeteilt. Eigentlich keine Arbeit für einen Schiffszimmermann. Doch er wusste, dass er sich nicht widersetzen durfte. Kapitän Mulder würde nicht lange fackeln und ihn der Meuterei bezichtigen. So zog er den Decksbären – eine schwere Kiste zum Reinigen der Planken – über das Deck der Bark und nahm sich vor, in Hamburg wieder abzumustern.

Die anderen Matrosen betrachteten ihn mitleidslos, aber nicht ohne Respekt. Caspar musste verbreitet haben, welche Reisen der neue Carpenter’s Mate bereits hinter sich hatte. Ob sie wussten, dass er nicht freiwillig an Bord war?

»Fahren wir ohne Ladung nach Hamburg?«, fragte Johann seinen...

Erscheint lt. Verlag 16.3.2017
Reihe/Serie Kommissarin Bernstein
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Dedektiv • Detektiv • Deutsche Krimis • Ermittler • Komissar • Kommisar • Kommissar • Krimi • Krimi Bestseller • Kriminalroman • Krimis • Mord • Mörder • Polizei • Polizist • Spannung • Spannungsroman • Tatort • Thriller • Verbrechen
ISBN-10 3-7325-3057-4 / 3732530574
ISBN-13 978-3-7325-3057-1 / 9783732530571
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