Sorgenkätzchen (eBook)

Eine Tierärztin erzählt von ihren außergewöhnlichsten Patienten
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
224 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-12619-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sorgenkätzchen -  Ulrike Werner
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Was tun, wenn der geliebte Kater immer mittwochs inkontinent wird oder das Kätzchen nach dem Kartoffelschälen plötzlich zum kampflustigen Tiger mutiert? Dr. Ulrike Werner rückt an und bereitet dem Katzenjammer ein Ende! Die Berliner Tierärztin enthüllt mit viel Fingerspitzengefühl, was Katzen ihren Besitzern nicht sagen können. Dabei ist nicht nur ihr Wissen als Tierverhaltenstherapeutin, sondern auch viel Menschenkenntnis gefragt. Denn manchmal müssen Mensch und Tier sich nur verstehen lernen, damit aus dem Sorgenkätzchen wieder eine glückliche Schmusekatze wird.

Dr. med. vet. Ulrike Werner lebt und arbeitet seit vielen Jahren als Tierärztin im Großraum Berlin. 2005 gründete sie die 'Mobile Tierverhaltenstherapeutische Praxis Berlin' und ist seitdem eine wichtige Anlaufstelle für viele Haustierärzte und Tierbesitzer. Dr. Ulrike Werner ist außerdem Autorin der Kolumne 'Für ALLE Felle', die bis 2015 im 'Tagesspiegel' erschien.



1. Zwei Rothaarige in Berlin-Lichtenrade

Viele niedergelassene Tierärzte in Berlin und im Berliner Umland sehen in meiner mobilen Praxis für Verhaltenstherapie eine willkommene Ergänzung zu ihrem eigenen Leistungsspektrum. Ich habe mir seit Gründung meiner mobilen Praxis einen Ruf als Spezialistin für schwierige Fälle erarbeitet. Der Schwerpunkt meiner Tätigkeit liegt auf Verhaltensproblemen bei Katzen und Hunden. Wenn ich die Tiere in ihrem häuslichen Umfeld erlebe, bekomme ich einen ganz anderen Einblick in die Problematik, als dies in einer stationären Tierarztpraxis möglich ist.

Der behandelnde Haustierarzt stellt in der Regel eine Überweisung an mich aus und gibt auch, falls erforderlich, seine Befunde an mich weiter. Ich behandle das Tier dann, sofern ich das für sinnvoll erachte, mit verhaltenstherapeutisch-medizinischen Methoden. Die Kollegen bekommen nach der Anamnese einen Befundbericht von mir. Ebenso erhalten sie im Rahmen einer Rücküberweisung nach Ende der Therapie einen Abschlussbericht. So sind sie im Bilde über das, was ich mit meinem speziellen Ansatz bei ihren Patienten erreicht habe.

Mittlerweile sind es mehr als 200 Kollegen und Kolleginnen, die mit mir zusammenarbeiten, wenn bei Hunden oder Katzen trotz ausführlicher Untersuchungen keine eindeutigen organischen Befunde festzustellen sind, das Problem aber, weswegen Herrchen oder Frauchen in die Praxis gekommen ist, weiterhin besteht.

Nicht selten gerate ich in die Rolle der Detektivin, die durch kluges Kombinieren und logisches Schlussfolgern herausbekommt, was des Pudels Kern, oder sollte ich besser sagen der Katze Knötchen, ist?

Auf diese Weise geriet ich auch an den Fall von Balou und seinem Herrchen Christian Langer. Eine erfahrene Kollegin, mit der ich schon lange kooperiere und darüber hinaus auch befreundet bin, erzählte mir von den beiden. Wir haben uns während unserer Studienzeit kennengelernt; mittlerweile praktiziert sie in einer Kleintierklinik südlich von Berlin. Wir freuen uns immer, wenn wir unseren Patienten mit vereinten Kräften helfen können, insbesondere in solchen Fällen, die zunächst wenig aussichtsreich schienen. An diesem Morgen hatten wir telefonisch ein paar Fälle abgeschlossen und waren beide entsprechend gut gelaunt.

»Ich hab da noch einen neuen Patienten«, meinte die Kollegin auf einmal, »Balou, ein acht Jahre alter kastrierter Kater, der mir seit Wochen Rätsel aufgibt. Und nicht nur mir! Er ist ein wunderschönes Kerlchen, kräftig und rot gestromt. Der Besitzer hat mich konsultiert, weil sein Kater zeitweise stark humpelt. Er zieht dann sein Hinterbein schlaff hinter sich her, ich habe es mit eigenen Augen gesehen.«

»Ach ja …?«, signalisierte ich mein Interesse.

»Du kannst dir ja vorstellen, dass wir das Tier hier in der Klinik bereits gründlich durchgecheckt haben. Ich habe eine ausführliche Lahmheitsdiagnostik gemacht, dazu eine Blutuntersuchung – es kann ja auch eine Infektionskrankheit dahinterstecken –, wir haben das Tier geröntgt, einen Ultraschall der Gelenke gemacht, dazu die neurologischen Untersuchungen. Das hat der kleine Kerl alles schon hinter sich. Schließlich habe ich ein paar Kollegen aus der Klinik hinzugezogen, aber niemand von uns kann sich die Symptome erklären, wir tappen irgendwie alle im Dunkeln.«

Gemeinsam schwiegen wir einen Augenblick, ich hatte spontan auch nichts Erhellendes beizutragen.

»Es muss für diese hochgradige Lahmheit, auch wenn sie nur zeitweise auftritt, doch eine organische Ursache geben«, insistierte die Kollegin. Dieser knifflige Fall würde ihr keine Ruhe lassen, dafür kannte ich sie gut genug. Etwas zögerlich kam dann doch die Frage an mich: »Sag mal, ein Verhaltensproblem kann das doch nicht sein, oder?!«

Das konnte ich mir, nach allem, was ich wusste, auch nicht so recht vorstellen, andererseits hatte ich bei meinen Besuchen schon die tollsten Überraschungen erlebt. Spannend fand ich das Ganze in jedem Fall. Ich muss auch zugeben, dass mein beruflicher Ehrgeiz gerade durch die kollegiale Skepsis angestachelt war. Ich hatte Lust, mehr über Balou und seinen Halter zu erfahren, und schlug ihr vor, meine Visitenkarte weiterzugeben. Und tatsächlich meldete sich der Katzenhalter nur wenige Tage später. Christian Langer fragte, ob er erst mal ganz allgemein von sich und seinem Kater erzählen solle.

»Ja, bitte, machen Sie das doch, und ich mache mir dabei ein paar Notizen«, ermunterte ich ihn, zog meinen Notizblock und den Stift näher zu mir heran und war aufnahmebereit für alles, was da kommen würde.

Was ich in der nächsten Viertelstunde zu hören bekam, klang zunächst völlig normal. Herr Langer hatte sich den Kater angeschafft, als er von zu Hause ausgezogen war. Der junge Mann erzählte mir, dass er 27 sei, ein technisches Studium in Potsdam absolviert habe und mittlerweile als Ingenieur arbeite. Voller Stolz berichtete er: »Ich habe eine schöne Erdgeschosswohnung mit Garten für mich und Balou gefunden. Sobald ich zu Hause bin, darf mein Kater auch raus. Was schön ist: Ich brauche keine Angst zu haben, dass er mir wegläuft oder anderswie Unsinn anstellt. Er bleibt immer innerhalb des Gartenzauns.«

Was er unter »Unsinn« verstand, wenn sich seine Katze in ihrem natürlichen Lebensraum bewegte, der ja auch außerhalb des kleinen Gartens weiterging, hätte ich schon gern gewusst. Aber fürs Erste verkniff ich mir diese Frage und notierte nur die Fakten.

Balou hatte die Möglichkeit zu kontrolliertem Freigang, wenn sein Herrchen zu Hause war. Das war gut – wobei der Kater erstaunlicherweise nie den Garten verließ. Ich notierte ein Fragezeichen. Dem musste ich noch nachgehen.

Christian Langer geriet hörbar ins Schwärmen: »Ach, wissen Sie, Balou passt wirklich gut zu mir! Er ist sehr häuslich, genau wie ich, und friedlich ist er auch! Revierkämpfe mit Nachbarskatzen und all so etwas«, nun bekam seine sympathische Stimme etwas leicht Herablassendes, »habe ich bei ihm noch nie erlebt!« Hier musste ich den begeisterten Katervater etwas bremsen, ich wollte lieber noch mehr über die häusliche Umgebung erfahren.

»Dass er sich in Ihrem Garten frei bewegen kann, ist ja prima, aber nun konzentrieren wir uns mal darauf, wie Sie Ihren Kater in der Wohnung untergebracht haben und was Sie ihm da so alles bieten.«

»Ja, also, er hat eigentlich alles bei mir, zwei Katzenklos, einen Kratzbaum mit mehreren Etagen und einer Höhle und noch andere Verstecke in der Wohnung. Ich habe auch ganz viele Spielsachen und Beschäftigungsmöglichkeiten für ihn«, fasste mein Gesprächspartner zusammen.

Ich bekam nun in aller Ausführlichkeit geschildert, welche sehr empfehlenswerten Katzenfuttersorten Balou abwechselnd bekam sowie welche Leckerli er bevorzugte. Meine Gedanken schweiften ab. Wo sollte ich ansetzen? Diesem Kater schien es wirklich an nichts zu fehlen. Mein erstes Fazit: ein etwas überbehüteter Kater. Aber wie viele Katzenbesitzer verwöhnen ihren Liebling, ohne dass dieser gleich zu humpeln beginnt.

Herr Langer gestand mir, dass ihn sein Gewissen plagte. »Balou ist ja so viel alleine, wenn ich zur Arbeit muss. Ich spiele aber mit ihm, sobald ich nach Hause komme. Nur sein Humpeln macht mir immer wieder Sorgen.« Der junge Mann tat mir leid, ich konnte heraushören, wie ratlos und verzweifelt er war.

»Wann hat das Lahmen denn genau angefangen?«

Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: »Vor fünf Jahren war das, kurz vor Weihnachten. Da zog Balou auf einmal sein rechtes Hinterbein nach. Nach ein paar Tagen war das dann aber komischerweise wieder weg. Ich habe zunächst seine Pfote untersucht, ob er sich da einen Dorn oder so etwas in der Art reingetreten hatte, aber da war nichts.«

»Und wie ging es dann weiter?«

»Seitdem tritt das mit dem Humpeln immer wieder auf. Meist zieht er nur ein Hinterbein nach. Das kann mal das rechte, auch mal das linke sein, manchmal sind es aber auch beide. Sie können es mir glauben, Frau Doktor Werner, ich habe mir schon das Hirn zermartert, aber mir fällt nichts dazu ein. Alles Grübeln führt zu nichts. Und die ganzen teuren Untersuchungen bisher haben ja auch nichts Konkretes ergeben!« Er schwieg einen Moment.

»Ich führe übrigens genau Buch darüber, wie lange das Humpeln bei Balou anhält und welches der beiden Hinterbeine betroffen ist. Ich dachte, vielleicht komm ich so drauf, aber …«

Er ließ den Satz im Raum hängen.

Aha, hier ist ja ein ganz penibler Katzenvater am Werk, dachte ich, konnte zu diesem Zeitpunkt aber noch keine weiteren Schlüsse daraus ziehen.

Christian Langer hatte inzwischen seine Zweifel, ob die Tiermedizin ihnen noch helfen konnte. Vier Tierärzte hätte er schon aufgesucht, alle ohne Erfolg. Er wollte aber unbedingt, dass ich mir Balou ansähe; vielleicht würde ja der verhaltenstherapeutische Ansatz etwas ergeben. So drängte er darauf, dass ich den beiden möglichst bald einen Besuch abstatten sollte. Ich erklärte mich einverstanden.

Er meinte es wirklich ernst. Den Anamnesefragebogen, den ich ihm nach unserem Gespräch per Mail zuschickte, bekam ich noch am selben Tag zurück. Der Fragenkatalog war sorgfältig durchgearbeitet worden, die Antworten waren ausführlich. Doch auch in diesem Material ließ sich nichts finden, was ein zeitweise auftretendes Humpeln erklären konnte. Einen Hinweis auf ein psychisches Problem gab es nicht.

Ich rief an, um abzusagen, aber Balous Herrchen wollte das nicht gelten lassen. Ich wies ihn auf weitere Ausgaben hin – schließlich sei dann erneut ein Arzthonorar fällig und vermutlich wieder ohne Resultat –, aber...

Erscheint lt. Verlag 13.3.2017
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik
Technik
Schlagworte Berufsmemoir • buch katzen • eBooks • fallgeschichten katzen • fallgeschichten tiere • Haustiere • Katze • Katzen • Katzenerziehung • katzen haltung • Katzenkrankheiten • Katzenliebhaber • katzen pflege • Katzensprache • Katzenverhalten • körpersprache katzen • Ratgeber • Ratgeber Katzen • Tierärzte • Tierärztin • Tierpsychologie • Tierverhalten • verhalten von katzen
ISBN-10 3-641-12619-3 / 3641126193
ISBN-13 978-3-641-12619-3 / 9783641126193
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