Jemand wird sterben (eBook)

Ein Alice-Madison-Thriller
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
480 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-43774-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Jemand wird sterben -  V. M. Giambanco
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Eine Kommissarin, ein Anwalt, ein charismatischer Killer - nach '13 Tage' schreibt V.M. Giambanco mit 'Jemand wird sterben' ihre hochklassige Thrillerserie fort. Zwar ist es Detective Alice Madison in letzter Sekunde gelungen, ihrem kleinen Patensohn das Leben zu retten, doch der Preis dafür ist hoch: Jetzt steht sie auf ewig in der Schuld von John Cameron, dem Killer, dem nie etwas nachzuweisen ist, und Nathan Quinn, Camerons ebenso gerissenem wie düsteren Anwalt. Kann Alice einen Teil der Schuld begleichen, wenn sie herausfindet, was vor 30 Jahren am Hoh River geschehen ist? Drei Jungen wurden verschleppt, zwei kehrten zurück - Quinns Bruder ereilte ein unerklärliches Schicksal. Und auch heute noch scheint jemand ein mörderisches Interesse daran zu haben, dass niemand die richtigen Fragen stellt. 'Dieses souveräne Thriller-Debüt erzählt vom Zwiespalt zwischen Gesetz und Moral - knackig, vielschichtig und immer überraschend.' Für Sie zu '13 Tage'

Valentina Giambanco wurde in Italien geboren, lebt jedoch seit langem in London, wo sie in der Filmbranche arbeitet. In Seattle, dem Schauplatz ihres Romans, ist ein großer Teil ihrer Familie zu Hause. '13 Tage' ist ihr erster Thriller, dem bald weitere folgen werden - rund um Alice Madison und ihre schillernden Sidekicks.

Valentina Giambanco wurde in Italien geboren, lebt jedoch seit langem in London, wo sie in der Filmbranche arbeitet. In Seattle, dem Schauplatz ihres Romans, ist ein großer Teil ihrer Familie zu Hause. "13 Tage" ist ihr erster Thriller, dem bald weitere folgen werden – rund um Alice Madison und ihre schillernden Sidekicks.

Drei Wochen und fünf Tage vorher


1


Alice Madison setzte sich in dem bequemen Polstersessel zurecht und verschob das Holster, das sich ein wenig in ihre rechte Seite grub. Verstohlen warf sie einen Blick aus dem großen Fenster. Der Puget Sound schimmerte im fahlen Januarlicht, das Silber kräuselte sich an manchen Stellen weiß, und in der Ferne ragte der Mount Rainier aus blauen Schatten auf.

Sie merkte, dass das Schweigen länger andauerte, als es höflich war, und wandte den Kopf. Dr. Robinson betrachtete sie.

»Keine Sorge. Ich weiß schon, die Leute kommen hierher, um sich kluge psychologische Erkenntnisse abzuholen, aber die Aussicht ist der Grund, weshalb sie bleiben«, sagte er.

Sie kannte diesen Scherz bereits von ihrem ersten Besuch vor ein paar Wochen. Genau wie damals lächelte sie auch heute ein wenig und zweifelte, ob ihm wirklich nicht bewusst war, dass er sich wiederholte.

Auf dem Schild in der Eingangshalle stand: Stanley F. Robinson PhD. Das Büro im fünfzehnten Stock war elegant eingerichtet und in gedeckten Farben gehalten.

Er war Anfang fünfzig, seine graumelierten Haare waren kurz geschnitten, und er hatte große braune Augen. Ganz nützlich für einen Psychologen, der mit Polizisten arbeitete: einigermaßen unbedrohlich, nur hin und wieder ziemlich neugierig, dachte sie bei sich.

»Wie war Ihre Woche?«, fragte er sie. Auf Dr. Robinsons Schreibtisch lagen glücklicherweise weder Blocks noch Stifte. Falls er sich Notizen machte, dann nach ihren Sitzungen.

»Gut«, antwortete Madison. »Papierkram von ein paar alten Fällen, den ich noch erledigen muss. Ein häuslicher Zwischenfall, der sich als nichtig entpuppt hat. Nichts Außergewöhnliches.«

»Haben Sie an den Vorfall im Wald gedacht? Also länger als ein paar Sekunden am Tag?«

»Nein.«

»Hatten Sie irgendwelche ungewöhnliche Gedanken oder ungewöhnliche Reaktionen während Ihres normalen Tagesablaufs? Was ungewöhnlich ist, dürfen Sie für mich definieren.«

»Nein, nichts Ungewöhnliches.«

»Irgendeine Reaktion auf Chloroform oder was anderes, das auf posttraumatische Belastung hinweist?«

»Nein.«

»Möchten Sie über ein Ereignis in der letzten Woche oder etwas ganz Allgemeines sprechen?«

Madison besaß so viel Anstand, zumindest so zu tun, als würde sie über diese Frage nachdenken.

»Eigentlich nicht«, sagte sie schließlich.

Dr. Robinson ließ sich ihre Antwort kurz durch den Kopf gehen. Er lehnte sich zurück.

»Detective, wie viele Sitzungen hatten wir bisher?«

»Das ist die dritte.«

»Genau, und Folgendes habe ich bisher erfahren: Sie sind Detective bei der Mordkommission, Sie sind letzten November Ihrem Dezernat zugeordnet worden – das war also, na ja, ungefähr vor zweieinhalb Monaten. Sie haben ein Examen in Psychologie und Kriminologie von der University of Chicago – eine gute Uni, klasse Footballteam. Ihre Akte im Seattle Police Department ist makellos. Sie verhalten sich kollegial, und in Ihrem Privatleben gibt es nichts Auffälliges. Nicht einmal eine Verkehrswidrigkeit. Ist das so weit korrekt?«

»Ja.«

»Gut. Im letzten Dezember bricht die Hölle los. Sobald sich der Rauch verzogen hat, schickt das Department Sie hierher, um sicherzugehen, dass Sie arbeitsfähig sind und bereit, zu schützen und zu dienen. Sie sind sehr offen: Sie geben zu, dass Sie nach Harry Salingers Angriff auf Sie und Ihren Partner auf Chloroform reagiert haben, aber das hat vor Wochen aufgehört. Keine Panikattacken, keine posttraumatischen Belastungsstörungen. Nichts, nach allem, was im Wald passiert ist. Der Junge, die Rettung, das Blut.«

Hier pausierte er. Madison hielt seinem Blick stand.

»Wissen Sie, wie lange ich gebraucht habe, um diese Erkenntnisse zu gewinnen?« Er wartete gar nicht erst auf ihre Antwort. »Sieben Minuten. Die restliche Zeit bekam ich nur ›gut‹ und ›ziemlich normal‹ und ›nichts Ungewöhnliches‹ zu hören.«

»Was wollen Sie von mir, Dr. Robinson?«

»Ich? Nichts. Ich bin ganz zufrieden damit, wenn Sie vorbeikommen und einfach nur die Aussicht genießen. Sie können die Pause gut gebrauchen, und ich werde so oder so dafür bezahlt. Aber eins wäre da noch: Auch wenn ich Ihnen bescheinigen werde, dass Sie wirklich arbeitsfähig sind und bereit, zu schützen und zu dienen – es ist schlichtweg unvorstellbar, dass diese dreizehn Tage im Dezember völlig spurlos an Ihnen vorübergegangen sind. Ich mache Ihnen ein paar Geschenke: Sie haben gelegentlich Alpträume, vielleicht auch eine genaue Erinnerung an den Vorfall. Sehr wahrscheinlich aber ist das nur Ihre eigene Wahrnehmung der Ereignisse und dessen, was Ihnen an Ihrer eigenen Rolle dabei Sorge bereitet. Und vor allem würde ich wetten, dass Sie sorgfältig darauf achten, nie mit Ihrem Patensohn allein zu sein, seit Sie ihn aus diesem Wald geholt haben. Wie mache ich mich?«

Madison antwortete nicht.

»Es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Detective. Ein schönes Leben noch.«

 

Abenddämmerung. Alice Madison parkte ihren Honda Civic an der üblichen Stelle am Alki Beach. Ihre Laufsachen hatte sie in einer Sporttasche im Kofferraum, aber sie lehnte sich an die Motorhaube und atmete tief die saubere, salzige Luft ein. Die Seattle-Bremerton-Fähre fuhr gerade vorbei, verfolgt von Seemöwen. Bainbridge Island war ein blaugrüner Streifen im Wasser, und die Innenstadt von Seattle schimmerte in der Ferne.

Solange sie sich erinnern konnte, schon als frischgebackene Polizistin in ihrer frisch gebügelten Uniform, war Madison nach dem Dienst zum Alki Beach gefahren, um dort zu laufen. Der Sand unter ihren Füßen, der Rhythmus der Gezeiten nach einem harten Tag, eine körperliche Befreiung. Es war eine Konstante in ihrem Leben. Madison wusste sehr wohl, wie wenige es davon gab und wie wertvoll sie waren, und sie war dankbar dafür.

 

Als die dreizehn Tage vorbei gewesen waren und das Jahr gerade zu Ende, war Madison wieder an den Strand gefahren. Sie hatte ihre Joggingsachen angezogen, war losgelaufen und wurde plötzlich von einer so lebendigen, so körperlichen Erinnerung überkommen, dass sie stehenbleiben musste: Sie hatte den süßlichen Duft des Kiefernharzes noch in der Nase. Die Hände auf den Knien, bis zu den Knöcheln im Wasser, die Laufschuhe durchnässt.

Haben Sie Träume, von denen Sie mir erzählen möchten?

Ihr Arm war verheilt; der Rest würde so lange brauchen, wie er eben brauchte. Madison zog sich auf dem Rücksitz des Autos um. Die ersten Schritte machte sie noch zögerlich, aber sie ignorierte die Tatsache, dass der Waldboden unter ihren Füßen schwankte und dass es plötzlich nach Blut roch. Und sie lief weiter.

 

Danach ließ sich Madison mit dem Strom des Berufsverkehrs Richtung Süden treiben, die Fenster waren heruntergelassen, und ihr ausgebleichter brauner University-of-Chicago-Kapuzenpulli klebte ihr am Rücken. Sie wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn, fuhr und lauschte den Lokalnachrichten im Radio, ohne an Stanley F. Robinson, PhD, zu denken.

Wir suchen unser Glück, wo es nur geht. Madison hielt auf einem Parkplatz gegenüber dem Husky Deli und streckte ihre schmerzenden Gliedmaßen aus, während sie das Auto absperrte. Bevor sie hineinging, rieb sie die Sohle ihres Turnschuhs am Randstein, um eine nicht unbeträchtliche Portion Alki Beach loszuwerden, der sich in die Rillen gemogelt hatte. Sie mischte sich unter die Kundschaft und füllte einen Korb mit Lebensmitteln für zu Hause, einem Chicken Cashew Sandwich – ohne Petersilie – und einer Brokkoli-Käse-Suppe, die es wahrscheinlich nicht bis nach Hause schaffen würde.

Als sie an der Theke stand, unterschied sie sich durch nichts von allen anderen.

»Groß oder klein?«, fragte der Mann.

»Groß.«

»Brötchen dazu?«

»Nein, danke.«

Der Mann ließ den Blick den Bruchteil einer Sekunde lang auf der fünf Zentimeter langen dünnen roten Linie über ihrer linken Augenbraue ruhen; mit der Zeit würde sie verblassen, hatte der Arzt gesagt. Madison war das damals egal gewesen, und es war ihr auch heute egal. Es machte sie nur ein wenig leichter erkennbar nach den vielen Artikeln und Medienberichten Anfang Januar.

Der Mann nickte. »Ein Eis? Karamell ist ganz frisch gemacht.«

Madison lächelte. »Heute nicht.«

Sie machte sich schon im Auto bei laufendem Motor an die Suppe, und als sie in Maplewood auf ihre Zufahrt fuhr, war der Karton leer.

Three Oaks ist ein grünes Viertel am südwestlichen Rand von Seattle, auf der einen Seite das ruhige Wasser des Puget Sound, auf der anderen Wälder und freistehende Häuser in gepflegten Gärten.

Madison parkte vor dem Haus. Mit der Sporttasche über der Schulter und der Einkaufstüte auf dem Arm sperrte sie auf, schlüpfte aus den sandigen Turnschuhen und schob die Tür sachte mit einem Fuß zu.

Sie tappte in die Küche und packte die Einkäufe aus. Im Dunkeln durchquerte sie das Wohnzimmer und ließ frische Luft durch die Terrassentür herein. Der Anrufbeantworter blinkte rot. Sie ignorierte ihn und machte es sich in einem Korbsessel auf der Veranda gemütlich. Die Füße legte sie auf das Holzgeländer und wickelte das Sandwich aus.

Der Garten führte hinunter zu einem schmalen Strand, der vor den ans Wasser grenzenden Grundstücken lag; hohe Tannen auf beiden Seiten funktionierten besser als ein Zaun. Im Halbdunkel betrachtete Madison die Pflanzen und Sträucher: Bald würden sie zu einem neuen Lebenszyklus erwachen – die japanischen Ahorne, die Magnolien –, das alles hatten ihre Großeltern gepflanzt und...

Erscheint lt. Verlag 27.2.2017
Übersetzer Elke Link
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Entführung • Ermittlertrio • Polizeiarbeit • Seattle
ISBN-10 3-426-43774-0 / 3426437740
ISBN-13 978-3-426-43774-2 / 9783426437742
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