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Der verlorene Blick - Eine ermutigende Geschichte über Verlust und den Weg zurück ins Leben -  Jana Frey

Der verlorene Blick - Eine ermutigende Geschichte über Verlust und den Weg zurück ins Leben (eBook)

Ein Mädchen erblindet

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
176 Seiten
Loewe Verlag
978-3-7320-0987-9 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
8,99 inkl. MwSt
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Leonie ist 15 Jahre alt, als sich ein entsetzlicher Unfall ereignet, nach dem sie in einer Welt aus Dunkelheit erwacht: Sie ist blind. Und sie droht daran zu zerbrechen. In ihrer Verzweiflung zieht Leonie sich immer mehr zurück und lässt auch ihren Freund Frederik nicht mehr an sich heran. Doch ihre Familie kämpft um Leonie. Letztendlich gelingt es ihr, die Situation zu akzeptieren und sie nimmt ihr Leben wieder selbst in die Hand. Doch kann sie auch Frederik zurückgewinnen? Der Roman fördert Empathie und Toleranz.

Jana Frey, in Düsseldorf geboren, fing schon in ihrer Kindheit an zu schreiben. Mit 18 Jahren zog sie zu Hause aus und war danach lange in Amerika und Neuseeland, bevor sie wieder nach Deutschland zog. Aber egal auf welcher Seite der Weltkugel - das Schreiben hat sie immer begleitet. Sie studierte Literatur und wurde freischaffende Autorin. Inzwischen hat sie über 40 Bücher für Kinder und Jugendliche veröffentlicht und war für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.

Jana Frey, in Düsseldorf geboren, fing schon in ihrer Kindheit an zu schreiben. Mit 18 Jahren zog sie zu Hause aus und war danach lange in Amerika und Neuseeland, bevor sie wieder nach Deutschland zog. Aber egal auf welcher Seite der Weltkugel – das Schreiben hat sie immer begleitet. Sie studierte Literatur und wurde freischaffende Autorin. Inzwischen hat sie über 40 Bücher für Kinder und Jugendliche veröffentlicht und war für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.

1

Es war vor zwei Jahren und es war Frühling und ich tat eine Menge Sachen, die ich eigentlich nicht tun durfte.

Es fing damit an, dass mein Vater Ende Februar verkündete, er würde im März und April in Australien sein, wo er vorhabe, den März arbeitend und den April freizeitlich zu verbringen. Mein Vater heißt Ben und ist Diplompsychologe. Er betreute damals hin und wieder ein Jugendcamp am Rande von Melbourne, in dem schwer erziehbare, straffällig gewordene Jugendliche aus Deutschland weit weg von allen schlechten Einflüssen resozialisiert werden sollten. Mit Reitkursen und Tauchkursen und Segelkursen und solchen Dingen. Und eben mit psychologischen Gruppentherapien, in denen sie sich mit anderen Jugendlichen und einem Psychologen über ihre Sorgen und ihr bisheriges Leben austauschen sollen. Diese Gruppengespräche leitete damals unter anderem mein Vater. Und im April wollte er sich dann, wie er uns erklärte, endlich einmal selbst wieder eine Brise Freiheit genehmigen und ebenfalls einen Tauchkurs machen. Und vielleicht einen Segelschein. Ganz so wie seine straffälligen Jugendlichen. Nur dass er noch nie eine Straftat begangen hatte. Und er wollte auch nicht am Stadtrand von Melbourne bleiben, sondern querbeet und nach Lust und Laune durch Australien reisen.

Mein Bruder Siemen und ich nickten einträchtig zu diesen Frühlingsplänen unseres Vaters. Schließlich waren wir es von klein auf gewöhnt, dass er mehr unterwegs war als zu Hause.

Und so packte mein Vater Anfang März seine Sachen und wir alle fuhren ihn zum Flughafen.

„Bis in etwa acht Wochen dann, ihr Hottentotten“, sagte er, ehe er durch die Flughafenabsperrung ging, die zu seinem Abflug-Gate führte. Er nahm uns der Reihe nach in den Arm, ganz kurz bloß, in unserer Familie wird von jeher nicht viel geküsst oder in den Arm genommen. „Macht keinen verrückten, irreparablen Blödsinn, solange ich weg bin, verstanden?“

Wir nickten, Siemen und Grischa und ich, wobei Siemen ein bisschen genervt die Augen verdrehte.

„Aber wenn ich in die Schule komme, dann bist du doch ganz sicher wieder zurück?“, erkundigte sich Grischa zum Schluss noch misstrauisch.

„Versprochen“, sagte mein Vater, und diesmal verdrehte Siemen zwar nicht die Augen, aber er warf mir stattdessen einen kurzen, bedeutungsvollen Blick zu, der hieß, dass wir ja alle wussten, was von den Versprechen unseres Vaters zu halten war.

Ganz zum Schluss erst wandte sich mein Vater meiner Mutter zu.

„Bis bald, liebste Helen“, sagte er, lächelte und tippte mit seinem Zeigefinger ein paarmal auf die sommersprossige Nase meiner Mutter. „Pass gut auf unseren werten Nachwuchs auf …“

„So gut wie immer“, antwortete meine Mutter. Sie ist Engländerin und Tänzerin und sehr dünn und sommersprossig und hat einen sehr blassen Teint, aber schöne grüne Augen mit langen, schnurgeraden Wimpern drum herum. Sie riecht immer ein bisschen nach einer Mischung aus Pfefferminz und Lavendel, weil sie ständig kleine Pfefferminzpastillen lutscht und zum Waschen ausschließlich englische Lavendelseife benutzt, die sie sich von meinem englischen Großvater regelmäßig zuschicken lässt. Meine englische Großmutter ist schon vor ein paar Jahren gestorben.

Nachdem wir meinem Vater noch ein bisschen hinterhergewinkt und hinterhergeschaut hatten, machten wir uns auf den Rückweg zum Parkhaus, wo unser Auto stand.

„Wir könnten allerdings auch noch auf die Aussichtsterrasse gehen und Papas Flieger beim Start zuschauen“, schlug Siemen vor. „Was hältst du davon, Einstein Junior?“

Mit Einstein Junior meinte er Grischa.

Aber Grischa hielt nichts davon. Er wollte lieber nach Hause zu seiner Geige. Grischa spielt Geige wie ein Verrückter und er hatte damals schon eine Menge Auszeichnungen und Preise gewonnen. Sein erklärtes Ziel war es, einmal ein weltberühmter Geiger zu werden. Und laut der Meinung seines winzigen, runzeligen russischen Geigenlehrers, der eigentlich schon viel zu alt zum Unterrichten war, nämlich über neunzig, würde er dieses Ziel auch ohne besondere Anstrengung erreichen. Grischa ist überhaupt ein merkwürdiges Kind, darum heißt er bei uns innerfamiliär ja auch Einstein Junior.

Mit einem halben Jahr hatte er laufen gelernt und mit einem Jahr konnte er sprechen und mit zweieinhalb bediente er unseren Videorekorder besser als Siemen und ich. Mit drei konnte er fließend lesen und bekam auf seinen eigenen Wunsch hin seine erste Geige. Es war eine winzig kleine Sonderanfertigung – sie hängt heute in Grischas Zimmer an der Wand. Inzwischen spielt er auch noch Klavier und seit einem Jahr hat er einen Computer.

Grischa ist genauso dünn und sommersprossig und blass wie meine Mutter und dazu ist er sehr klein und schmächtig und hat eine hohe, durchdringende Stimme. Er hat sogar die gleichen rötlich blonden, wirren Haare wie meine Mutter. Nur seine Augen sind ganz anders als die grünen Augen meiner Mutter, die nur ich von ihr geerbt habe. Grischas Augen sind dunkelbraun wie die meines Vaters.

Siemen dagegen ist riesig, beinahe zwei Meter groß. Er hat ebenfalls braune Augen und er ist sehr hübsch. Schon vor ein paar Jahren haben eine Menge Mädchen aus meiner Klasse für ihn geschwärmt. Sobald im Frühling die Sonne scheint, wird Siemen braun und seine Haare sind nicht rötlich blond, sondern richtig blond.

Ich selbst bin weder auffallend klein wie Grischa, noch auffallend groß wie Siemen. Ich habe höchstens zwanzig Sommersprossen und werde im Sommer so gut wie gar nicht braun. Ich bin auch nicht so klug und begabt wie Grischa und nicht so selbstbewusst und witzig wie Siemen. Ich habe weder blonde noch rötlich blonde Haare, stattdessen waren meine Haare damals einfach braun und höchstens ein bisschen widerborstig und zerstrubbelt. Ich spiele auch kein Instrument, nur ein bisschen Blockflöte, weil wir das in der Grundschule eine Weile lang im Musikunterricht gelernt haben. Nicht mal richtig singen kann ich. Wenn ich es versuche, klingt es immer irgendwie schief, weil ich jedes Mal garantiert mindestens einen Halbton danebenliege. Das einzig wirklich Schöne an meinem Gesicht waren wahrscheinlich meine Augen. In der Grundschule hat meine Religionslehrerin einmal gesagt, meine Augen würden so aussehen, wie sie sich Feenaugen vorstellt. Und als ich im Sommer mit meiner besten Freundin Janne auf eine Jugendfreizeit gefahren bin, hat ein Junge, der schon ein paar Jahre älter war als ich, abends beim Lagerfeuer zu mir gesagt, er fände es prima, ausgerechnet neben dem Mädchen mit den schönsten Augen zu sitzen. Und ein anderes Mal hat eine englische Freundin meiner Mutter, die wir in London besuchten, gemeint, wie schön es sei, dass wenigstens einer von uns Mamas Augen geerbt habe. Ich kann mich noch genau daran erinnern. Ich war damals vielleicht elf und Mamas Freundin lächelte mich an und sagte diesen Satz: „Es wäre doch wirklich ein Jammer gewesen, wenn diese wahnsinnigen Augen eines Tages aussterben würden …“

Außer meinen Eltern, meinen Brüdern und mir gibt es bei uns zu Hause noch Hobbes, unseren dicken, behäbigen Kater, der schon sehr alt ist und den wir aus England mit nach Deutschland genommen haben. Das war vor ein paar Jahren, als meine Grandma gestorben war und Hobbes für meinen katzenverachtenden Grandpa eine schreckliche Last darstellte, zumal er nicht gerade das Paradebeispiel eines netten Haustieres ist. Er hat am liebsten seine Ruhe und eine warme Heizung, wo er meistens vor sich hin döst. Wenn man ihn stört, dann ärgert er sich und kratzt und faucht und beißt.

Und dann haben wir noch Grischas Au-pair-Mädchen, das jedes Jahr wechselt und sich um Einstein Juniors leibliches Wohl kümmert, wenn meine Eltern aus beruflichen Gründen unterwegs sind.

Und so war es auch in diesem Frühling. Papa war wie gesagt in Australien und meine Mutter hatte eine Einladung zu einem dreiwöchigen Tanzworkshop nach Amsterdam angenommen.

Damals war gerade Katie Crawford aus Amerika Grischas Au-pair-Mädchen.

„Ist es in Ordnung, wenn ich hinfahre?“, fragte meine Mutter Katie.

Katie Crawford nickte und ich konnte ihr förmlich ansehen, wie sie sich darauf freute, drei Wochen ungestört mit Siemen verbringen zu können.

Katie kaute immerzu große Kugeln amerikanischen Kaugummis und hörte gerne Countrymusic, und sie hatte eigentlich auch eine Menge Sommersprossen im Gesicht, genau wie meine Mutter. Aber anders als Mama konnte sie ihre Sommersprossen wohl nicht besonders gut leiden, denn sie puderte sie sich jeden Morgen im Bad sorgfältig zu. Außerdem hatte Katie Crawford ringelige schwarze Locken und oft Kopfschmerzen und sich gleich nach ihrer Ankunft in Siemen verliebt.

„Sie ist eine wahre amerikanische Katastrophe ohne das kleinste bisschen Grips in ihrem zugegebenerweise hübschen Schädel“, hatte Siemen am Anfang einmal gesagt, weil sich Katie Crawford, sobald er nach Hause kam, jedes Mal sofort wie eine dieser Kletten mit unzähligen kleinen Widerhaken an ihn hängte.

Grischa, der, wenn man ihn Geige spielen ließ und ab und zu mit minimalistischem Essen versorgte, sehr pflegeleicht war, brauchte Katies Aufmerksamkeit und Fürsorge sowieso nicht, und darum hatte Katie jede Menge freie Zeit übrig, die sie damit verbrachte, Siemen aufzulauern und für sich einzunehmen.

Siemen hatte damals eigentlich eine feste Freundin, aber es sollte ja der Frühling der verbotenen Dinge werden, und darum kam der Abend, ein paar Tage nach Mamas Abreise nach Amsterdam, an dem Katie Crawford und Siemen sich küssten. Ich hätte es kommen sehen müssen, denn Katie hatte sich an diesem Morgen zum ersten Mal nicht über ihre Sommersprossen hergemacht, um sie unter einer dicken Schicht rosa Puder zu begraben....

Erscheint lt. Verlag 12.12.2016
Verlagsort Bindlach
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Behinderung Jugendbuch blind • blindes Vertrauen blinde Menschen • Blindheit • Bücher für Jugendliche ab 12 Jahre • Freundschaft Liebe • Jugendbücher ab 12 • Jugendbücher für Mädchen und Jungen • Liebe Freunde Freundschaft • Liebe trotz Blindheit • nicht sehen können Roman Buch • plötzliche Erblindung • Schullektüre eBook • Unfall Buch Jugendliche • Unfallgeschichte Jugendbuch
ISBN-10 3-7320-0987-4 / 3732009874
ISBN-13 978-3-7320-0987-9 / 9783732009879
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