Märchen von der Anderswelt (eBook)

Zum Erzählen und Vorlesen

Frederik Hetmann (Herausgeber)

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2016 | 1. Auflage
192 Seiten
Königsfurt-Urania Verlag GmbH
978-3-86826-339-8 (ISBN)

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Märchen von der Anderswelt -
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Es gibt in der Folklore Irlands eine erstaunliche Vielzahl von Mythen, Märchen und Sagen, die alle auf ein Reich verweisen, das man vergeblich auf einer Landkarte sucht, es heißt 'Anderswelt'. In den jeweiligen Texten hat es verschiedene Bezeichnungen, z. B. 'Land der Ewigen Jugend', 'Land hinter den Wellen', 'Insel der Seligen' oder 'Land der Frauen'. Bewohnt wird die Anderswelt von den Feen: dem Lepracaun, der Banshee, den Brownies, Hobgoblins, dem Nicht Nocht Naethin, dem Nuckelavee und wie die verschiedenen Geschöpfe noch alle heißen. Es gibt Bäume in dieser anderen Welt, die Zauberbäume sind und an deren Namen geheimes Wissen geknüpft ist. Tiere trifft man dort, die es nirgendwo anders gibt, wie den Cu Sith, ein fürchterliches Geschöpf, der gern als Wachhund gehalten wird, Wasserpferde, Elfenkälber, schneeweiße Hunde mit roten Ohren, Lachse, mit deren Genuss man die Weisheit der Anderswelt in sich aufnimmt. Es ist keine Welt des Müßiggangs und der Tagträume. Sterbliche, die einen Feenhügel betraten und nach Jahr und Tag den Weg zurück in unsere Welt fanden, wussten zu berichten, dass sich die Feen mit ganz ähnlichen Beschäftigungen abgeben wie die Menschen. Feen gelten als geschickte Bootsbauer, manche wissen um verborgene Schätze und sie sind ein mächtiges Volk. Zwischen den Sterblichen und den Feen, zwischen der realen und der Anderswelt bestanden und bestehen enge Beziehungen. Frederik Hetmann (Hans-Christian Kirsch), geb. 1934 in Breslau, gest. 2006 in Limburg / Lahn, ist Verfasser zahlreicher preisgekrönter Romane, Biografien und Jugendbücher. Ende der 1960-er Jahre begann Hetmann auf Reisen durch Westirland und Schottland Geschichten zu sammeln. Seitdem galt seine Leidenschaft der lebendigen Erzählkunst und dem Sammeln und Übersetzen dieser Märchen und Sagen. Er gilt als profunder Kenner keltischer Überlieferungen.

Frederik Hetmann wurde 1934 in Breslau geboren, flüchtete als Kind in den Westen. Er veröffentlichte Romane und Sachbücher für Kinder und Jugendliche. Dabei zehrte er von seinen zahlreichen eigenen Reisen. Er wurde vielfach ausgezeichnet, darunter mit dem Deutschen Jugendbuchpreis, dem Wetzlarer Phantastik-Preis und einem Villa-Massimo-Stipendium. 2006 starb Frederik Hetmann in Limburg.

Frederik Hetmann wurde 1934 in Breslau geboren, flüchtete als Kind in den Westen. Er veröffentlichte Romane und Sachbücher für Kinder und Jugendliche. Dabei zehrte er von seinen zahlreichen eigenen Reisen. Er wurde vielfach ausgezeichnet, darunter mit dem Deutschen Jugendbuchpreis, dem Wetzlarer Phantastik-Preis und einem Villa-Massimo-Stipendium. 2006 starb Frederik Hetmann in Limburg.

Einladung


zu einer Reise in die Anderswelt


Es gibt in der Folklore Irlands* eine erstaunliche Vielzahl von Mythen, Märchen und Sagen, die alle auf ein Reich verweisen, das man vergeblich auf einer Landkarte sucht.

Es heißt englisch »Otherworld«, übersetzt: »Anderswelt«*. In den verschiedenen Texten taucht es unter der Bezeichnung »Land der Ewigen Jugend«, »Land hinter den Wellen«, »Insel der Seligen«, »Land der Frauen«, »Welt der Hoffnung«, »Reich des Versprechens« auf.

Bewohnt wird die Anderswelt von den Feen: dem Lepracaun, dem Pooka, dem Cluricaune, der Banshee, den Merrows, Brownies, Hobgoblins, dem Nicht Nocht Naethin, der Nenam, dem Nuckelavee und wie die verschiedenen Geschöpfe unter dem »kleinen Volk« noch alle heißen. Es gibt Bäume in dieser anderen Welt, die Zauberbäume sind und an deren Namen geheimes Wissen geknüpft ist: Eiche und Esche, Apfelbaum und Haselnußstrauch, Stechpalme und Weide, Erle und Buche. Tiere trifft man dort, die es nirgendwo anders gibt: den Cu Sith, ein fürchterliches Geschöpf, der gern als Wachhund gehalten wird, Wasserpferde, Elfenkälber; den Afanc, der einem riesigen Biber gleicht, den Boobrie, einen übergroßen Wasservogel, schneeweiße Hunde mit roten Ohren, Forellen mit silbernen Schuppen, Lachse, mit deren Genuß man die Weisheit der Anderswelt in sich aufnimmt.

Es ist keine Welt des Müßiggangs und der Tagträume. Sterbliche, die einen Feenhügel betraten und nach Jahr und Tag den Weg zurück in unsere Welt fanden, wußten zu berichten, daß sich die Feen mit ganz ähnlichen Beschäftigungen abgeben wie die Menschen. Die Frauen spinnen und weben, backen und kochen, die Männer schlafen, tanzen, reißen Witze, fiedeln und spielen den Dudelsack. Feen gelten als geschickte Bootsbauer, manche wissen um verborgene Schätze, von anderen ist nicht mehr und nicht weniger zu erwarten, als daß sie die Küche putzen und den Herd scheuern.

Zwischen den Sterblichen und den Feen, zwischen der realen und der Anderswelt bestanden und bestehen enge Beziehungen.

Nicht nur der des Büffelns und Lernens überdrüssige Mönchsschüler Elidor gelangte hinüber in die Anderswelt und, mit einem goldenen Ball, auch wieder zurück.

Da ist Thomas Rymour von Erceldoune, der an einem Maitag sich im Wald im Gras ausstreckte und in die Wipfel der Bäume und auf die drüber hinziehenden Wolken blickte.

Einer schönen Frau begegnet er. Sie reitet auf einer milchweißen Stute. Am Zaumzeug hängen kleine Glöckchen. Erst hält er die Dame für die Himmelskönigin. Aber sie weist ihn zurecht. Dieser Name komme ihr nicht zu. Die Königin des »fair elfland«, des Feenlandes, sei sie. Bewundernd starrt Thomas sie an. Sie läßt sich von ihm küssen. Sie verführt ihn dazu, mit ihr zu schlafen. Er wird in grünes Tuch gekleidet. Er bekommt ein Paar Schuhe aus grünem Samt. Er steigt hinter ihr aufs Pferd. Fort geht’s in die Anderswelt. »And till seven years were past and gone« (und bis auf Erden nicht sieben Jahre vergangen), heißt es in einer Ballade aus dem 14. Jahrhundert, »true Thomas on earth was never seen« (ward der wahre Thomas auf Erden nicht mehr gesehen).

Ein irischer Spielmann, ein Dudelsackpfeifer, folgt den Feen in einen ihrer Hügel und spielt ihnen auf. Als Dank befreien sie ihn von seinem scheußlichen Buckel. Aber ein anderer Buckliger, der ebenfalls sein Glück in der Anderswelt und bei den Feen versuchen will, kommt mit gleich zwei Höckern auf dem Rücken wieder zurück.

Der Wanderarbeiter Rhys, der sich mit seinem Freund Llewellyn auf dem Heimweg befindet und am Rand eines Feenringes vorbeikommt, hört Musik und Tanzschritte. Es zuckt und juckt ihn unter den Fußsohlen. Er ist sich der Gefahr durchaus bewußt. Er kann nicht widerstehen. Er muß hin, mittanzen. Für seinen Freund und Kameraden löst er sich in Dunst auf. Llewellyn gerät in der Welt der Menschen in den Verdacht, Rhys ermordet zu haben. Nach einem Jahr und einem Tag schleicht er sich in den Feenring. Mit allerlei Bannzauber und Gewalt holt er den Freund zurück … und der vermeint, nicht länger als fünf Minuten bei den Feen getanzt zu haben.

Doch für die meisten Sterblichen, sie mögen kurz oder lang im Feenreich gewesen sein, enden solche Aufenthalte in der Anderswelt tödlich. Wenn sie zurückkommen, legt sich das Gewicht all der Zeit, die im Diesseits verstrichen ist, auf ihre Schultern, und sie zerfallen zu Staub oder Asche.

Feen sind klein, winzig. Deswegen heißen sie in manchen Gegenden auch »das kleine Volk«.

Feen sind riesig, übermächtig, größer als Menschen. So gehen die Meinungen auseinander. Feen sind gefallene Engel. Feen sind Tote. Feen sind Hausgeister.

Feen sind Quellgeister. All diese Erklärungen kann man hören. Aber sind damit die Feen und ihr Land, die Anderswelt, wirklich erklärt?

Feen jagen, reiten, festen, halten Hof, treiben Sport. Glanz ist um sie, aber auch Schrecken und Chaos. Unter den Feen gibt es Individualisten, wie unter den Menschen, weibliche und männliche Feenwesen, die stets allein auftauchen. Einzelgänger. Feen fürchten sich vor Eisen, sind andererseits aber manchmal auch recht geschickte Schmiede. Feen umgibt die Aura des Todes, der Modergeruch eines Totenreiches. Aber Feen sind es auch, die Fischer vor der Westküste Irlands vor Sturmfluten warnen und so diesen Männern das Leben retten.

Die Aussagen zum Wesen und zur Eigenart der Feen sind voller Widersprüche.

Gegen Feen kann man sich schützen. Mit Eberesche und Weißdorn. Aber warum gerade damit?

Feen kann man sehen. O gewiß doch. Aber wann und wo, das sind Fragen, zu denen es viele Antworten und noch mehr Geschichten gibt.

Als relativ sicheres Mittel gilt der Besitz eines vierblättrigen Kleeblattes. Oder man muß sich Feenbalsam auf die Auglider träufeln. Wer sich mit Feen befaßt, steht am Ende immer wieder vor einem neuen Geheimnis.

Immer stehen die Feen gerade im Begriff, sich zu entziehen. Schon zu Chaucers Zeiten klagt die gute Frau aus Bath darüber, die Feen hätten sich bereits zu König Arthurs Tagen entschlossen, der Welt für immer den Rücken zu kehren.

Im 17. Jahrhundert dichtet ein englischer Bischof:

But since of late Elizabeth

And later James came in,

They never danced on any heath

As when the time have been.

Aber im 20. Jahrhundert, noch vor zehn Jahren, kommen aus einer bestimmten Gegend des Nordwestens der Irischen Republik, nämlich aus Donegal, Nachrichten, die einen an das Verschwinden, das nun schon fast so lange währt wie unsere Zeitrechnung, doch nicht recht glauben lassen will.

Und einmal so gefragt: Was ist verloren, wenn die Feen endgültig verschwunden sind?

Seit dem 18. und 19. Jahrhundert bevölkern die Feen vor allem die Literatur.

Bei William Blake, bei Scott und freilich bei Robert Burns wimmelt es nur so von Feen! Ist dies alles noch Echo auf die berühmteste Feengeschichte der englischen Literatur, auf William Shakespeares »Ein Sommernachtstraum«?

Folkloristen sammelten Feengeschichten und Feengestalten wie die Species von Schmetterlingen. Manche kamen dazu wie Jeremiah Curtin aus der Neuen Welt nach Irland, das wohl immer schon der Feenort par excellence war, Mittelpunkt aller Reiche der Anderswelt.

Mit Rudyard Kipling nähern wir uns schon der Moderne. Dieser Autor, dem europäischen Realismus verbunden, aber doch auch von indischer Mystik beeindruckt, der Verfasser des »Kim« und der von Brecht teilweise adaptierten »Balladen aus dem Biwak«, schrieb eine Feengeschichte »Puck von Buchsberg«.

»›Außerdem, was du ›sie‹ nennst, ist lauter ausgedachtes Zeug, von dem das Volk in den Hügeln nichts weiß … kleine artige Summfliegen mit Schmetterlingsflügeln, Unterröcken aus Tüll, blitzende Sterne im Haar und einen Zauberstab, der große Ähnlichkeit mit jenem Rohrstock hat, mit dem ein Schulmeister die unartigen Jungen versohlt und die Guten belohnt. Das kenne ich!‹

›Wir meinen nicht diese Sorte‹, sagte Dan, ›die hassen wir auch.‹

›Genau‹, sagte Puck, ›wen wundert es, daß das kleine Volk aus dem Hügel nicht mit diesen kitschigen Nachahmungen verwechselt werden will! Ich habe Sir Huon und einen Trupp seiner Leute gesehen, wie sie von Tintagel Castle nach Hy. Brasil aufbrachen, den Südwestwind zwischen den Zähnen. Schaum flog über das ganze Schloß, und die Pferde vom Hügel scheuten.

Herauskamen sie bei einer Flaute, kreischend wie Seemöwen und mußten zurück, fünf Meilen...

Erscheint lt. Verlag 21.11.2016
Verlagsort Kiel
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Märchen / Sagen
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Anderswelt • Anthologie • Fabel • Legende • Märchen • märchen fabelwelt • märchen fabelwesen • märchen irland • Mündliche Überlieferung • Mythologie • Volksmärchen
ISBN-10 3-86826-339-X / 386826339X
ISBN-13 978-3-86826-339-8 / 9783868263398
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