Verlieb dich nie in einen Toten (eBook)
363 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-1234-4 (ISBN)
Die Miss Marple aus Moskau - mit Witz, Charme und originellen Tricks.
Tanja kann nicht es nicht glauben: Wolodja Kostin, Major bei der Miliz und bester Freund der Familie, soll seine Geliebte erstochen haben. Da erfährt sie von seinem Tod im Gefängnis. Zu allem Unglück taucht auch noch eine seiner Verflossenen auf, hochschwanger. Tanja zieht alle Register, um herauszufinden, wer wirklich hinter all dem steckt ...
'Ein sehr unterhaltsamer Krimi á la Miss Marple.' Bunte.
Darja Donzowa (eigentlich Agrippina Donzowa) wurde 1952 in Moskau geboren. Sie studierte Journalistik an der Moskauer Lomonossow-Universität, arbeitete zunächst als Übersetzerin und unterrichtete später Französisch und Deutsch. Seit 1998 schreibt sie Kriminalromane, mittlerweile sind es vier Krimi-Reihen. Sie hat bisher 46 Bücher veröffentlicht, von denen insgesamt 72 Millionen Exemplare verkauft wurden. Darja Donzowa wurde dreimal in Russland Schriftstellerin des Jahres. 2002 und 2003 wurde jeweils eines ihrer Bücher als 'Bestseller des Jahres' ausgezeichnet. Darja Donzowa moderiert im russischen Radio eine Talkshow und hat im Fernsehen eine Rubrik. Ihre Kriminalromane dienten als Vorlage für Hörspiele und Fernsehserien. Sie lebt mit ihrem Mann, ihren drei Kindern und ihren Hunden in Moskau.Im Aufbau Taschenbuch Verlag erschienen bisher ihre Romane 'Nichts wäscht weißer als der Tod' (2006), 'Spiele niemals mit dem Tod' (2007), 'Perfekt bis in den Tod' (2007), 'Bis dass dein Tod uns scheidet' (2008), 'Verlieb dich nie in einen Toten' (2009), 'Vögel, die am Abend singen' (2009) und 'Den Letzten beißt der Hund' (2010).
2. Kapitel
Slawa erreichte ich erst am nächsten Morgen.
»Roshkow«, brummte es mürrisch aus dem Hörer.
»Was ist passiert?«, rief ich aufgeregt. »Warum informiert mich keiner?«
»Sei mittags am Treffpunkt!«, gab der Major kurz angebunden zurück und legte sofort wieder auf.
Damit meinte er ein winziges Café im Supermarkt »Haus des Speisens«.
Punkt zwölf Uhr war ich am vereinbarten Ort, wo sich kleine runde Tischchen drängten. Am Fenster saß Slawa mit finsterem Gesicht vor einem Pappbecher dampfender Brühe, der irgendjemand den edlen Namen Kaffee verpasst hatte.
»Slawa!«, rief ich schon von weitem und stürzte auf ihn zu. »Was für ein Wahnsinn! Ist es wirklich wahr?«
Roshkow nickte. Für einen Augenblick verschlug es mir die Sprache. Dann stieß ich hervor: »Wolodja ist in Haft?«
Wieder nickte der Major.
»Was ist, bist du stumm?«
»Da fehlen einem tatsächlich die Worte.« Slawa seufzte tief auf.
»Wofür haben sie ihn denn eingesperrt?«
Roshkow drehte verlegen den Pappbecher in den Händen. »Für Mord.«
»Waaas?«
»Du hast richtig gehört. Er soll jemanden umgebracht haben.«
»Wen?«
»Eine gewisse Sofja Repnina, geboren 1980, Verkäuferin im Blumengeschäft ›Lilie‹.«
»Herr im Himmel«, stammelte ich, »weshalb sollte Wolodja so ein zwanzigjähriges Ding umbringen? Ich hab schon gehört, dass manch einem von euch während des Verhörs mal die Hand ausrutscht, aber Wolodja ist das noch nie passiert. Oder irre ich mich?«
»Sie war seine Geliebte«, erläuterte Slawa unwillig, »sein Betthäschen. Er hat mit ihr … du weißt schon.«
»Tatsächlich? Das kann nicht sein!«
»Wieso nicht?«
»Die Damen seines Herzens kennen wir alle!«, platzte ich heraus und biss mir sogleich auf die Zunge. Wolodja hatte uns schon lange keine Frau mehr vorgestellt. Die letzte war die aufgedonnerte »Schatzkammer« gewesen.
»Offenbar kanntet ihr doch nicht alle«, brummte Roshkow. »Sie hatte eine eigene Wohnung in der Argunowskaja Uliza. Wolodja ist oft bei ihr gewesen. Nachbarn haben ihn gesehen. Er hat aus der Verbindung auch kein Geheimnis gemacht, die Frau in seinem Auto herumgefahren, ihre Taschen geschleppt und sogar den Müll hinausgetragen.«
Ich schwieg. Den Müll hatte er hinausgetragen … Das klang nach ernsten Absichten.
»Sofja Repnina hatte vor Wolodja einen anderen Freund, einen gewissen Anton Seliwanow, einen Kerl um die dreißig«, fuhr Slawa fort. »Sie stand offenbar auf Männer, die etwas älter waren als sie. Die Sache ging auseinander, obwohl dieser Seliwanow ein wohlhabender, ja sogar reicher Mann ist, der im Unterschied zu Wolodja nicht jeden Rubel zweimal umdrehen muss.«
Aber wie dem auch sei, Sofja hatte Kostin offenbar den Vorzug gegeben.
Dieser Anton war am Morgen zuvor bei der Miliz erschienen und hatte dem Diensthabenden erklärt: »Ich war mit Sofja Repnina verabredet, aber sie hat auf mein Klingeln nicht aufgemacht. Ihr muss etwas zugestoßen sein!«
Der Diensthabende wollte ihn abwimmeln, aber Seliwanow, ein erfahrener Geschäftsmann, war im Handumdrehen bis zum Abteilungsleiter vorgedrungen und hatte erreicht, dass die Polizei die Wohnung seiner Ex-Geliebten öffnete.
Dort fand man dann Sofja – erstochen mit einem Küchenmesser. Während die Ermittler auf die Spurensicherung warteten, erzählte ihnen Anton, der sich immer wieder mit schmerzverzerrtem Gesicht ans Herz griff, die folgende haarsträubende Geschichte:
Sofja und er hatten sich getrennt, waren aber gute Freunde geblieben. Ab und zu gingen sie gemeinsam in ein Restaurant oder auch in einen Nachtklub. Aus Liebe war Freundschaft geworden. Sofja, die mit dem Lohn einer Verkäuferin auskommen musste, lieh sich manchmal bei Anton Geld und vergaß in der Regel, es zurückzugeben. Seliwanow bestand nicht darauf. Er verdiente gut und lebte allein. Die Summen waren für ihn Peanuts.
Vor einiger Zeit hatte Sofja Anton von ihrem neuen Kavalier erzählt, einem Mann von der Miliz. Die Tatsache, dass sich seine Ex mit einem Bullen einließ, gefiel dem Geschäftsmann gar nicht, was er ihr auch ohne Umschweife sagte: »Da hast du ja den Richtigen gefunden. Das sind doch alles Idioten. Die müssen zu dritt sein, um eine Glühbirne einzuschrauben.«
»Wie – zu dritt?«, fragte Sofja verständnislos.
»Ganz einfach.« Anton musste lachen. »Einer nimmt die Birne und klettert auf den Tisch, die anderen zwei drehen den Tisch in Uhrzeigerrichtung.«
»Blödmann!«, rief Sofja beleidigt. »So einer ist mein Wolodja nicht! Er ist Major und arbeitet bei der Kriminalpolizei an der Petrowka!«
»Dann nimmt er Schmiergeld«, stellte Seliwanow fest.
Sofja war nun ernsthaft böse. Einen Monat lang rief sie Anton nicht an. Erst am Tag zuvor hatte sie sich wieder gemeldet.
»Hallo«, flüsterte Sofja in den Hörer.
»Grüß dich!«, antwortete Anton erfreut. »Wie geht’s?«
»Schlecht«, stammelte das Mädchen, »einfach furchtbar, schlimmer kann es nicht gehen.«
»Was ist denn passiert?«, fragte Anton erschrocken.
Sofja schluchzte tief auf. Anton sprang sofort in sein Auto und fuhr zu ihr. Als ihm seine Ex-Geliebte die Tür öffnete, fiel er vor Schreck fast in Ohnmacht. An ihrem Auge prangte ein riesiger Bluterguss, und auch auf den Armen hatte sie blaue Flecken.
»Wer hat dich denn so zugerichtet?«, konnte Seliwanow nur fragen.
»Wolodja«, antwortete sie unter Tränen. »Dieses Vieh.«
Den Satz – Ich habe dich gewarnt! – verkniff sich Anton, holte aus dem nächsten Supermarkt eine Flasche Kognak, goss Sofja ein großes Glas ein und ließ sich berichten, was vorgefallen war.
Mit zitternden Händen führte das Mädchen das Glas zum Mund, nahm einen kräftigen Schluck und begann dann zu erzählen.
»Er ist furchtbar eifersüchtig. Wenn ich einen anderen nur anschaue oder ein paar Worte mit jemandem wechsele, rastet er gleich aus. Gestern waren wir bei meiner Freundin zum Geburtstag eingeladen. Ich habe einmal mit ihrem Mann getanzt. Solange wir dort waren, hat er freundlich gelächelt, aber kaum saßen wir im Auto, da hat er mich bei den Haaren gepackt und mich mit dem Gesicht aufs Armaturenbrett gestoßen. Ein Glück, dass ich mir dabei nicht die Nase gebrochen habe.«
Eine Woche zuvor hatte er sie verprügelt, weil er dazu kam, als sie mit einem ehemaligen Klassenkameraden telefonierte. Drei Tage später stieß er sie mit solcher Wucht vor die Brust, dass ihr beinahe das Herz stehengeblieben wäre.
»Der bringt mich noch mal um«, schloss Sofja unter Tränen.
»Du musst sofort mit diesem Subjekt Schluss machen und jeglichen Kontakt mit ihm einstellen!«, erklärte Seliwanow kategorisch.
»Ich hab Angst«, flüsterte Sofja, »dass er dann vollkommen durchdreht. Ich habe schon zu meiner Mutter ziehen wollen, aber Wolodja ist auch dort aufgetaucht und hat mir eine schreckliche Szene gemacht. Weißt du, was er gesagt hat?«
»Nein, woher denn?« Anton schüttelte verständnislos den Kopf.
»Vor mir kannst du dich nicht verstecken!«, stieß das Mädchen leise hervor und heulte erneut auf. »Ich habe solche Angst, solche Angst«, jammerte sie.
Seliwanow legte ihr den Arm um die Schulter und wiegte sie wie ein Kind. »Ist ja gut, ist ja gut, beruhige dich. Mir wird schon was einfallen.«
In diesem Augenblick sagte jemand hinter ihnen laut und deutlich: »Guten Tag!«
Sofja stieß Seliwanow von sich, wischte sich hastig die Augen mit dem Ärmel trocken und stammelte aufgeregt: »Oh, Wolodja, dich habe ich jetzt nicht erwartet.«
»Das sehe ich!«, sagte der Mann mit einem bösen Grinsen. Er streifte die angebrochene Flasche Kognak und den verwirrten Anton mit einem unguten Blick. »Deshalb können wir uns trotzdem bekannt machen: Kostin.«
Er streckte Seliwanow eine breite, kräftige Hand hin. Als der sie mechanisch ergriff, stellte er fest, dass der Kerl einen wahnsinnig harten Händedruck hatte. Sofja lief in der Küche hin und her, griff gleichzeitig nach Teekessel, Pfanne und Töpfen.
»Ich mach uns schnell was zu essen! Ein paar Rühreier vielleicht?«
»Nicht nötig«, warf ihr der ungebetene Gast hin. »Ich bin gerade hier vorbeigekommen und wollte mal schauen, was du so treibst. Ich geh gleich wieder. Bis heute Abend, meine Teure.«
Kaum war der Bulle draußen, sank Sofja verzweifelt auf einen Stuhl und schluchzte noch heftiger als zuvor.
»Mein Gott!«, stöhnte sie. »Jetzt bringt er mich um! Heute Abend ist es so weit! Was soll ich nur machen?«
»Hör auf zu heulen!«, herrschte Anton sie an. »Pack deine Sachen und komm mit zu mir. Da bleibst du erst mal eine Weile. Inzwischen überlegen wir, wie es weitergeht.«
»Nein, nein«, murmelte Sofja wie im Fieber. »Ich muss zur Arbeit! Sonst wirft mich mein Chef raus!«
Wieder rannte sie in der Wohnung hin und her, um sich anzuziehen.
»Wo willst du denn hin, so wie du aussiehst?«, fragte Anton. »Mit diesem Gesicht vergraulst du ja die Kunden!«
Sofja warf einen Blick in den Spiegel und heulte auf, dass es einen Stein erbarmte.
Jetzt nahm Anton die Sache in die Hand. Als Erstes rief er in dem Blumengeschäft an und erklärte dem Chef, er sei...
Erscheint lt. Verlag | 18.11.2016 |
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Reihe/Serie | Tanja ermittelt |
Tanja ermittelt | |
Übersetzer | Helmut Ettinger |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Kankan na pominkach |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Agatha Christie • Carola Dunn • Cosy Crime • Darja Donzowa • Ermittlerin • Heldin • Humor • Krimi • Kriminalroman Russland • Miss Daisy • Miss Marple • Russland • Russland Krimi • Russland Roman • Verbrechen |
ISBN-10 | 3-8412-1234-4 / 3841212344 |
ISBN-13 | 978-3-8412-1234-4 / 9783841212344 |
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