Talon - Drachennacht (eBook)

Roman

(Autor)

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2016 | 1. Auflage
480 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-17185-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Talon - Drachennacht -  Julie Kagawa
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Auch wenn ihr dadurch größte Gefahr droht, hat sich das Drachenmädchen Ember endgültig von der mächtigen Organisation Talon losgesagt. Nun hat sie auch noch ihren wichtigsten Verbündeten verloren: Garret, den Georgsritter, der ihr Feind sein sollte, der sie aber liebt. Obwohl Ember tief für ihn empfindet, hat sie ihn doch von sich gestoßen. Zutiefst verletzt, reist Garret nach London. Dort entdeckt er ein schreckliches Geheimnis über den Georgsorden. Ein Geheimnis, das sie alle, Ritter wie Drachen, ins Verderben reißen könnte. Und er erfährt, dass Ember dabei ist, in eine tödliche Falle zu laufen. Er muss zurück zu ihr ...

Schon in ihrer Kindheit galt Julie Kagawas große Leidenschaft dem Schreiben. Nach Stationen als Buchhändlerin und Hundetrainerin machte sie ihr Interesse zum Beruf. Mit ihren Fantasy-Serien »Plötzlich Fee« und »Plötzlich Prinz« wurde sie rasch zur internationalen Bestsellerautorin. In ihrer neuesten Erfolgsserie »Plötzlich Rebell« erzählt sie von einer magischen Liebe, die nicht sein darf. Julie Kagawa lebt mit ihrem Mann in Louisville, Kentucky.

 

Garret

Die Welt stand in Flammen.

Das Feuer war überall, knisterte in seinen Ohren, ­erfüllte die Luft mit Hitze und Rauch. Hustend drückte der Junge sich in eine Ecke, in die der Brand noch nicht vorgedrungen war. Tränen strömten über seine Wangen, brannten in seinen Augen. Er konnte nicht atmen. Alles war so heiß, der Schweiß lief über seinen kleinen Körper und durchnässte seine Kleidung. Obwohl er kaum Luft bekam, kroch er auf den Wandschrank auf der anderen Seite des Zimmers zu. Er wollte nur weg von hier, wollte sich in der tröstlichen Dunkelheit dort drin verkriechen und hoffen, dass dann alles einfach verschwand.

»Garret!«

Eine verschwommene Gestalt huschte an ihm vorbei, dann wurde er vom Boden hochgerissen. Sofort entspannte er sich und drückte sein Gesicht an ihren Hals. Ganz fest hielt sie ihn. Jetzt war er in Sicherheit. Solange sie da war, konnte ihm nichts passieren.

»Halt dich fest, mein Kleiner«, flüsterte sie und rannte los. Der Junge schloss krampfhaft die Augen. Am Rücken und an den Armen spürte er die Hitze, seine nackten Beine taten weh, aber Angst hatte er jetzt nicht mehr. Irgendwo in der Nähe rief jemand etwas, dann fielen Schüsse, aber auch das war ihm egal. Sie hatte ihn gefunden, und nun würde alles gut werden.

Als kühle Luft über seine Arme strich, riskierte er einen Blick über ihre Schulter. Sie hatten das Haus verlassen, die roten und gelben Flammen stiegen hinter ihnen in den Himmel auf. Dafür waren die Schreie und Schüsse näher gekommen, und nun rannten auch einige Menschen an ihnen vorbei, direkt auf den Lärm und das Chaos zu. Ein ohrenbetäubender Knall ließ die Erde beben, und der ­Junge zuckte erschrocken zusammen.

»Alles gut«, murmelte sie und streichelte ihm übers Haar. Er spürte ihren rasenden Herzschlag, als sie mit müden Schritten die Straße hinunterlief. »Es ist okay, Garret, uns ist nichts passiert. Jetzt müssen wir nur noch Daddy finden und …«

Lautes Brüllen hallte durch die Luft. Er blickte in den Himmel hinauf und sah etwas Großes, Schreckliches, das mit schwarzen, ledrigen Schwingen auf sie hinunterstieß. Dann senkte sich Dunkelheit über ihn.

»Meine Damen und Herren, wir nähern uns dem Flughafen Heathrow und leiten nun den Sinkflug ein. Bitte kehren Sie auf Ihre Plätze zurück und vergewissern Sie sich, dass Ihr Sicherheitsgurt geschlossen ist.«

Als die Stimme des Piloten aus dem Lautsprecher drang, öffnete ich die Augen und blinzelte mehrmals, bis ich das Flugzeuginnere wieder klar sehen konnte. Die Beleuchtung im Gang war ausgeschaltet, nur hier und da war der schwache Schein einer Leselampe zu sehen. Vor dem Fenster kroch gerade ein feiner, rosafarbener Lichthauch über den Horizont und tauchte die Wolken unter uns in ein kräftiges Rot. Die Passagiere schliefen fast alle noch, auch die alte Dame neben mir. Mit dem Dröhnen der Triebwerke in den Ohren gähnte ich ausgiebig, dann schüttelte ich verwundert den Kopf. War ich etwa eingenickt? Das passte so gar nicht zu mir, auch nicht auf einem zehnstündigen Transatlantikflug.

Vertraute und gleichzeitig verstörende Traumfetzen schwirrten durch meinen Kopf: Hitze, Qualm, Flammen und Gewehrfeuer; eine Frau, die mich in Sicherheit brachte; das Brüllen eines Drachen.

Diesen Albtraum hatte ich schon öfter gehabt, jahrelang war ich im Schlaf von Tod, Feuer und vor allem von ­Drachen heimgesucht worden. Im Laufe der Zeit hatten die Träume nachgelassen, aber hin und wieder wurde ich noch in das brennende Zimmer zurückversetzt, in dem ich als Vierjäh­riger festgesessen und aus dem mich eine Frau, an die ich keinerlei Erinnerung hatte, in Sicherheit gebracht hatte, während die Schreie sterbender Männer in unseren Ohren widerhallten.

Und durchlebte wieder den Moment, als ich zum ersten Mal eines der Monster sah, deren Vernichtung ich später mein Leben widmen sollte. Sah, wie es brüllend auf uns herabstieß. An dieser Stelle endete der Traum, beziehungsweise die Erinnerung. Niemand wusste genau, wie ich dem Flammentod entkommen war. Im Orden hatte man mir erklärt, dass ich die Erinnerung verdrängt habe, was bei Kindern mit derart traumatischen Erlebnissen nicht ungewöhnlich sei. Sie sagten auch, dass ich nach meiner Rettung drei Tage nicht gesprochen habe.

Es gibt wohl kaum etwas Traumatischeres, als zusehen zu müssen, wie die eigene Mutter von einem Drachen zerfleischt wird.

Ich lehnte mich zurück und sah aus dem Fenster. Weit, weit unter mir funkelten Lichter, wo vor wenigen Stunden noch reine Schwärze gewesen war. Mir war es nur recht, bald wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, mit angenehmer Bewegungsfreiheit, statt eingepfercht zwischen lauter Fremden zu sitzen. Zu Beginn des Fluges hatte meine Sitznachbarin ununterbrochen geredet, mir erzählt, wie sehr ich sie an ihren Enkel erinnere, mir Fotos diverser Familienmitglieder gezeigt und sich darüber beklagt, dass niemand sie mehr besuchen komme. Als ihr die Bilder ausgegangen waren, hatte sie angefangen, mich auszufragen: wie alt ich sei, wo denn meine Eltern seien, ob ich ganz allein nach Europa reise … Irgendwann hatte ich mir aus reinem Selbstschutz die Kopfhörer in die Ohren gestopft und mich schlafend gestellt. »Armer Junge«, hatte sie gemurmelt und anschließend ein Rätselheft aus ihrer Tasche gezogen, in dem sie schweigend herumgekritzelt hatte, bis sie irgendwann einschlief. Während des restlichen, viel zu langen Fluges über den Atlantik war ich sorgsam darauf bedacht, sie in ihren Schlafphasen nicht zu wecken und wilde Betriebsamkeit vorzutäuschen, wann immer sie wach war.

Wir flogen durch ein Luftloch, und die Frau neben mir reagierte mit einem leisen Murmeln auf den kleinen Hüpfer, doch ihre Augen blieben geschlossen. Ich lehnte den Kopf ans Fenster und beobachtete die Lichter, die tief unter uns vorbeizogen. Fliegen Drachen jemals so hoch?, fragte ich mich müde.

Meine Gedanken schweiften ab. Ein anderer Drache erschien vor meinem inneren Auge, leuchtend rot, nicht schwarz, strahlend und fröhlich, nicht todbringend. Schmerz flackerte in mir auf, doch ich schob ihn entschlossen beiseite, zwang mich, zu vergessen und die Emotionen auszuschalten. Sie war nicht länger ein Teil meines Lebens; dieses Mädchen mit den grünen Augen, das so gerne lächelte und Gefühle in mir geweckt hatte, zu denen ich bis dato nie fähig gewesen war … Ich würde sie nie wiedersehen. Nein, ich hasste sie nicht, war nicht einmal besonders wütend auf sie. Wie hätte ich das sein können, nachdem sie mir das Leben gerettet und mir in so vielerlei Hinsicht die Augen geöffnet hatte, auch darüber, was im Orden alles falsch lief? Mein Leben lang hatte ich ihresgleichen abgeschlachtet, und sie hatte mir ihre Freundschaft geschenkt, mich vor der Hinrichtung bewahrt und Seite an Seite mit mir gegen Talon und den Georgsorden gekämpft.

Doch sie war ein Drache, und als ich ihr endlich meine Gefühle gestanden und von ihr verlangt hatte, sich zu ihren zu bekennen, hatte sie sich dagegen gesperrt. Gemeint, sie sei nicht sicher, ob Drachen überhaupt derartig empfinden könnten, dass sie eigentlich keine menschlichen Gefühle haben dürften. Und dass sie sich zu ihrem Drachenfreund Riley hingezogen fühle, der ebenfalls ein Auge auf sie geworfen hatte. Dass sie diesen Drang nicht länger ignorieren könne.

Da hatte ich erkannt, dass die Liebe zu einem Drachen aussichtslos war. Es war so leicht gewesen, die Augen vor ihrer wahren Natur zu verschließen und nur das Mädchen in ihr zu sehen. Natürlich hatte ich nie vergessen, was sie in Wirklichkeit war, vor allem nicht, wenn sie ihre wahre Gestalt annahm und mich so wieder daran erinnerte, wie mächtig, wild und gefährlich ein Drache sein kann. Doch es war noch weitaus komplizierter. Ständig spukte in meinem Hinterkopf die Überlegung herum, dass Ember mich – selbst wenn sie dazu fähig war, meine Gefühle aufrichtig zu erwidern – um Hunderte von Jahren überleben würde. Es gab einfach keine gemeinsame Zukunft für uns. Wir ge­hörten zwei unterschiedlichen Spezies an, die einen erbarmungslosen Krieg gegeneinander führten und auch nicht davor zurückschrecken würden, uns zu vernichten. Selbst wenn ich beide lieben konnte, das Mädchen und den Drachen – was für ein Leben konnte ich ihr als ehemaliger Georgskrieger schon bieten? Ich wusste ja nicht einmal, wie meine eigene Zukunft aussah.

Meine Entschlossenheit kehrte zurück. Es war richtig gewesen zu gehen. Jetzt konnte sie mit ihresgleichen zu­sammen sein, wie es sich gehörte. Sie war bei Riley und seinen Einzelgängern. Ein gefährliches Leben, ständig auf der Flucht vor Talon und den Georgskriegern, aber Ember war clever und stur, und Riley war sowohl der Drachen­organisation als auch den Kriegern des Heiligen Georg schon sehr, sehr lange entwischt. Sie brauchten mich nicht. Ember Hill, das Drachenmädchen, in das ich mich verliebt hatte, würde gut zurechtkommen.

»Meine Damen und Herren, wir beginnen nun mit dem Landeanflug auf den Flughafen Heathrow«, meldete sich erneut der Lautsprecher. »Bitte schalten Sie sämtliche Laptops und anderen elektronischen Geräte aus und klappen Sie die Tische hoch. Wir werden in ungefähr fünfzehn Minuten in Heathrow landen.«

Meine Sitznachbarin fuhr grunzend aus dem Schlaf hoch und blinzelte verwirrt. Dann nahm sie ihr Nackenkissen ab und drehte sich lächelnd zu mir um.

»Wir haben es geschafft«, verkündete sie, woraufhin ich steif zurücklächelte. »Es wird guttun,...

Erscheint lt. Verlag 31.10.2016
Reihe/Serie Talon-Serie
Übersetzer Charlotte Lungstrass-Kapfer
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Soldier
Themenwelt Literatur
Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte ab 14 • Abenteuer • Drachen • Dreiecksbeziehung • eBooks • Erste Liebe • Fantasy • Kinderkrimi • Ritter • Romantasy • Romantik • Romeo und Julia • Young Adult
ISBN-10 3-641-17185-7 / 3641171857
ISBN-13 978-3-641-17185-8 / 9783641171858
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