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Die Frau des Wikingers (eBook)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
474 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-688-10020-0 (ISBN)
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Der Mann vom Bernsteinmeer und die Steppenreiterin - ein faszinierender Roman aus mythischer Zeit. Schauplatz ist die Welt vor der ersten Jahrtausendwende, in der am Ufer des Schwarzen und des Mittelmeeres Orient und Okzident, Wikinger, Byzantiner und Araber aufeinander trafen. Die junge Vala ist eine Ausgestoßene. Wegen eines Frevels hat der Schamane sie für tot erklärt. Doch anstatt in die Wildnis zu gehen, stiehlt sie das schnellste Pferd des Stammes und flieht. Durch die Steppe, über die Berge, nach Süden in das märchenhafte Bagdad Harun al Raschids. Bestaunt, geliebt, betrogen und als Haremssklavin verkauft, lässt sich Vala in ihrem Freiheitsdrang doch nicht beirren. Sie zieht weiter, bis sie am Ufer des Schwarzen Meers auf die Männer vom Drachenboot trifft. Unter ihnen ist auch Eirik. Seine Liebe führt sie hoch in den Norden. Wird das Mädchen aus der fernen Steppe in dem kleinen Dorf am Fjord eine neue Heimat finden?

Hinter dem Namen Franka Villette verbirgt sich eine erfolgreiche deutsche Autorin historischer Romane. Im Rowohlt Verlag erschienen «Die Frau des Wikingers», «Das Dorf der Mütter» und «Odinstochter».

Hinter dem Namen Franka Villette verbirgt sich eine erfolgreiche deutsche Autorin historischer Romane. Im Rowohlt Verlag erschienen «Die Frau des Wikingers», «Das Dorf der Mütter» und «Odinstochter».

Teil I Aus den Weiten der Steppe


Das Urteil


Ein eisiger Wind fegte über die Steppe. Er verkündete das Nahen der kalten Jahreszeit. Der jungen Vala verkündete er ihren baldigen Tod.

«Hast du das verstanden, Vala Eigensinn?»

Vala drehte langsam den Kopf und schaute dem Schamanen ins Gesicht. Der Wind zerrte an den langen, glänzend schwarzen Strähnen ihres Haares. Sie tanzten vor ihren Augen. Gut so, dachte sie, so sah der Alte ihre Tränen nicht. Trotzig nickte sie. Sie hatte nur zu gut verstanden. Sie stießen sie aus, ihr Volk schickte sie in die Einöde, mit nichts als dem, was sie zu tragen vermochte. Ihr Name würde gleich zum letzten Mal genannt, alles, was ihr gehört hatte, in dem blassen Feuer zu ihren Füßen verbrannt werden. Sie würde vergessen sein und tot für alle, die Ruas Sippe angehörten. Tot, noch ehe sie gestorben war.

Vala schluckte. Unwillkürlich zuckte sie zusammen, als der Schamane nun an sie herantrat und ihr das Amulett abriss, das sie seit ihrer Geburt beschützt hatte. Der runde, ziselierte Goldanhänger zeigte eine Stute, die sich gegen Wölfe wehrt. Vala fühlte sich mit einem Mal dem kalten Wind ungeschützt ausgesetzt; sie wollte danach greifen, doch der Schamane warf das Schmuckstück ins Feuer. Mit rascher Geste streute er heiliges Pulver darüber und begann einen seiner Gesänge. Vala ließ ihre Hand wieder sinken. Sie begriff, dass er sie soeben aus dem Gedächtnis der Vorfahren löschte, aus der ewigen Gemeinschaft ihres Volkes. Und zugleich schützte und reinigte er die anderen von ihrem Frevel.

Die anderen. Vala blickte sich um. Rua selbst war mit der Mehrzahl der Männer schon seit Tagen auf der Jagd. Kreka stand da, die ihre Ziehmutter gewesen war, dick, mit fetten Haarflechten, die so viel lachte mit den anderen, für Vala aber selten ein freundliches Wort gehabt hatte, und die nun den Kopf abwandte. Ellac, der immer in der Nähe herumgelungert hatte, wenn sie zum Beerenpflücken in den Wald gegangen war. Nun, das wenigstens war vorbei gewesen, seit sie die Schülerin des Schamanen geworden war. Ellac hatte sie von da an nur noch mit Blicken verfolgt. Wie jämmerlich, dachte Vala. Ihr Mund kräuselte sich verächtlich. Du verdammter Feigling, fluchte sie bitter, hast du jetzt nicht mehr den Mut, mich anzustarren?

Der dürre, greise Beda, dessen Husten sie kuriert hatte, beugte sich noch weiter über seinen Stock, als ihn schon das Alter drückte, um nichts als den Boden betrachten zu müssen. Als der kleine Tisca, der es nicht besser wusste, zu ihr hinlaufen wollte, hielt Beda ihn zurück und gab ihn Kreka, die den zappelnden und sich sträubenden Kleinen auf den Arm nahm. Alle verrieten sie.

Vala hielt ein Schluchzen nur mehr mit Mühe zurück. Sehr aufrecht stand sie da, in ihr bestes Festtagsgewand gehüllt, ein fast bodenlanges, an den Seiten geschlitztes Hemd mit verschlungenen Stickereien und Fransen. Bernsteinperlen schmückten den geflochtenen Gürtel, Reiterhosen bauschten sich darunter. An ihrem Knie lehnte ein Bündel: eine Decke, eine Schale, ein Messer. Sie hatte ein Säckchen mit Kräutern dazugelegt, die sie gesammelt hatte, als sie noch die Schülerin des Schamanen gewesen war. Vor ihrem Sündenfall.

Vala erinnerte sich noch gut, wie es gewesen war, als sie, mutterlos von der Stunde ihrer Geburt an und vaterlos seit ihrem fünften Lebensjahr, ein Stiefkind des Stammes, das wegen seines störrischen Wesens allgemein Vala Eigensinn genannt wurde, zur Nachfolgerin des alten Heilers berufen worden war. Sie erinnerte sich an die Zeremonie ihrer Aufnahme in den heiligen Stand und an die Narbe zwischen ihren Schlüsselbeinen, die davon kündete. Sie erinnerte sich an die Stunden der Unterweisung, wenn ihr Meister die Wirkungen der Kräuter erklärt hatte. An die langen Sitzungen, in denen sie die Trommel für ihn geschlagen hatte, der tanzte und sang und über dem Rauch in Trance verfiel, um ihr nach dem Erwachen von den Geistern zu berichten. Klar vor Augen stand ihr der Nachmittag, an dem er, der keinen Namen hat, sie einweihte in die Beschwörung der Schutzgeister. Es war der Moment, in dem alles begann.

 

Sie saßen einander im Zelt gegenüber, heiliger weißer Rauch stieg aus dem Feuer und streifte den jungen Stamm einer Fichte, die durch das Rauchloch ragte, ein Aufstieg in die Welt der Geister. Amulette, Federbündel und Fellstücke bebten daran, in heißer Luft und fliegender Asche. Im Zelt war es dunkel und stickig. Mit seinen dürren Fingern reichte der Alte ihr ein geprägtes Goldtäfelchen. Es zeigte das Bild eines Hirsches, eines Schutzgeistes des Stammes.

«Sieh ihn dir an, Vala», befahl der Alte mit einer Stimme, die jeden Willen besiegen konnte, «sieh ihn dir an. Gekröntes Haupt, Herr der Wälder. Wir rufen dich. Ruf ihn», fügte er leiser hinzu. Sein heiseres Flüstern jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken.

«Wie?», raunte sie mit erstickter Stimme.

«Sammle dich», gebot er, warf Asche über ihr Haupt und murmelte Worte der Macht. «Sieh ihn an, bis dein inneres Auge ihn wahrnimmt. Folge ihm mit deinem befreiten Geist. Und dann, wenn er dich grüßt, sprich ihn an. Mächtig ist der Herr des Waldes.»

Vala nickte folgsam und konzentrierte sich dann ganz auf das glänzende kleine Bild in ihrer Hand, auf dem die Glut des Feuers spielte. Ihr war heiß und schwindelig, und bald schien ihr, dass ihr Geist abwärts stieg, in Spiralen, wie ein Ahornsamen vom Baum fällt. Sie bemerkte kaum, dass der Alte einen Kamm gezückt und begonnen hatte, ihn langsam immer wieder durch ihre vor das Gesicht gefallenen Haare zu ziehen, bis sie einem schwarzen, spiegelnden Vorhang glichen.

«Sieh ihn an», gebot er, lockte er.

Sie nickte, folgte der Stimme. Da, war es nicht, als bewege sich der Hirsch? Oder war das der Schatten ihres Haares? Vala atmete tief ein. Roch sie nicht die erdige Luft des Waldes? Sie hob den Kopf und stand unter ragenden grünen Kronen, durch die die Nachmittagssonne goldene Lanzen warf. Alles war still. Langsam wanderte ihr Blick über das Laub. Im Bernsteindunst einer Lichtung sah sie ihn stehen. Es war ein mächtiger Hirsch. Er schaute sie an, tief in sie hinein. Sein Herz schlug ruhig und stark; Vala konnte es hören. Es klopfte «komm». Ehrfurchtsvoll neigte sie den Kopf, um ihn zu grüßen, da stürzte sie in ihn hinein. Und plötzlich fühlte sie sein mächtiges Leben. Es war wie ein rauschendes Wasser, brandend und frisch. Er sprang los, sie spürte die Kraft seiner Glieder, sie roch mit seinen Sinnen die tausenderlei Düfte des Waldes, sah mit seinen Augen die Stämme vorbeirasen in nie gekannter Geschwindigkeit. Sie fühlte seinen mächtigen Puls. Vala konnte kaum atmen. «Wolf!», dachte sie mit jeder Faser. Es war nicht ihr Gedanke.

«Herr», suchte sie zu denken, «halt an.»

«Vala!»

Mit zitternden Gliedern und keuchend, als habe sie einen langen Lauf hinter sich, schaute sie auf. Die Augen des Alten glommen. Er nickte zufrieden und tätschelte ihr die Wange mit seinen dürren Fingern. «Du warst in seinem Geist», murmelte er lächelnd. «Es ging besser, als ich dachte, für das erste Mal. Was ist geschehen?»

Vala wurde rot. «Er ist mit mir weggelaufen.» Ihr Herz schlug noch immer bis zum Hals. Als wäre es zu groß für ihren zierlichen Körper. «Er hat wohl einen Wolf gewittert.»

Der Schamane nickte. «Die Lebenskraft der Tiergeister ist groß. Deshalb können sie uns helfen, wenn wir sie zähmen und richtig einsetzen.»

 

Vala hatte genickt und zugehört. Sie hatten den Hirschgeist noch oft gemeinsam beschworen, und auch den des Wolfes und des wilden Pferdes. Vala war mit ihnen über die Steppe gewandert, mit heißer Haut und rasenden Pulsen, hatte die Welt durch ihre Sinne erspürt und Schritt für Schritt versucht, sie zu lenken. Eines Tages starb das Tier, in dessen Körper sie sich befand. Doch sie konnte die Anwesenheit seines Geistes noch immer fühlen. Der Schamane hatte sie eilig zurückgeholt und mit strengen Worten ermahnt, niemals die Grenze zum Totenreich zu überschreiten. Auf ihre drängenden Fragen war er nicht eingegangen.

«Dahinter», knurrte er, «liegt unser aller Verderben. Kräfte», er schaute sie mit seinen gelben Augen an, «sehr stark. Zu stark für dich. Vielleicht sogar für mich.»

Doch Vala hatte, schon auf ihrem einsamen Lager im schlechtesten Winkel von Krekas Hütte, nahe dem Eingang und fern dem Feuer, an nichts anderes denken können. Da war noch etwas gewesen, hinter dem Nebel und hinter der Kälte, die in ihr hochgekrochen war, als das heiße Blut des Pferdchens auf den Steppenboden geflossen war. Eine Schwärze war dort gewesen, mit Schatten darin wie Hütten und fahl glimmenden Feuern, die niemand erwärmten. Und doch, sie war sicher gewesen, hatte sie dort Menschen gesehen. Menschen, hinter dem schwarzen Strom.

Der Entschluss wuchs so rasch in ihr und so hartnäckig, dass die Sehnsucht danach schon lange geschlummert haben musste, auch wenn sie Vala kaum bewusst geworden war. Es bedurfte kaum einer erneuten Schimpferei Krekas, eine der vielen kleinen Ungerechtigkeiten, die Vala stets mit störrischem Schweigen und heimlichen Tränen beantwortete.

Eines Tages ging sie heimlich in den Wald, errichtete aus Ästen einen Unterstand, entzündete ein Feuer und nahm einen Hasen, den sie am Morgen in einer Schlinge gefangen hatte. Sie spürte das Zittern des mageren Tieres, die zarten Knochen unter dem losen Fell, und senkte ihr Messer hinein in dem Moment, in dem ihr Geist nach dem des Hasen griff. Sie spürte, wie das Leben aus ihm rann, und ging mit ihm an jenen Ort, den sie schon einmal flüchtig gesehen hatte.

Er war schwarz und eisig, ihre Lippen so kalt und klamm, dass sie sie kaum bewegen konnte. Doch sie öffnete...

Erscheint lt. Verlag 21.10.2016
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 1. Jahrtausend • Byzantiner • Flucht • Harem • Historischer Roman • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Okzident • Orient • Schamane • Sklavin • Wikinger
ISBN-10 3-688-10020-4 / 3688100204
ISBN-13 978-3-688-10020-0 / 9783688100200
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