Wahllos (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
576 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-18676-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wahllos -  Jeffery Deaver
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Seine größte Waffe ist deine Angst!
Ein Konzert in einem beliebten Nachtclub endet für die Besucher in einem Albtraum, als ein Feueralarm ausgelöst wird. Der Notausgang ist blockiert - es kommt zu einer Massenpanik, bei der zahlreiche Menschen sterben. Kathryn Dance ermittelt und stößt auf Beweise, die infrage stellen, dass es sich bei den Geschehnissen um ein tragisches Unglück handelte. Ein psychopathischer Täter hat offenbar die Angst der Konzertbesucher ausgenutzt, um seine perversen Bedürfnisse zu befriedigen. Dance muss alles daransetzen, ihn unschädlich zu machen, denn sie ist sicher, dass er wieder zuschlagen wird ...

Jeffery Deaver gilt als einer der weltweit besten Autoren intelligenter psychologischer Thriller. Seit seinem ersten großen Erfolg als Schriftsteller hat Jeffery Deaver sich aus seinem Beruf als Rechtsanwalt zurückgezogen und lebt nun abwechselnd in Virginia und Kalifornien. Seine Bücher, die in 25 Sprachen übersetzt werden und in 150 Ländern erscheinen, haben ihm zahlreiche renommierte Auszeichnungen eingebracht. Nach der weltweit erfolgreichen Kinoverfilmung begeisterte auch die TV-Serie um das faszinierende Ermittler- und Liebespaar Lincoln Rhyme und Amelia Sachs die Zuschauer. Neben Lincoln Rhyme hat Deaver mit Colter Shaw einen weiteren außergewöhnlichen Serienhelden geschaffen.

1

Das Roadhouse war gemütlich, freundlich, preiswert. Rundherum gut.

Und vor allem ungefährlich.

Denn das spielte immer eine Rolle, wenn man seine halbwüchsige Tochter zu einem Abend mit Livemusik mitnahm.

Jedenfalls für Michelle Cooper. Ungefährlich im Hinblick auf die Band und ihre Musik, die Gäste, das Bedienpersonal.

Auch was den eigentlichen Klub anging, den – gut beleuchteten – Parkplatz, die Notausgänge und die Sprinkleranlage.

Darauf achtete Michelle stets ganz besonders. Wiederum wegen der Teenager-Tochter.

Das Solitude Creek zog ein gemischtes Publikum an, Alt und Jung, Männer und Frauen, Weiße, Latinos, Asiaten und einige Afroamerikaner, ein Querschnitt der Bevölkerung rund um die Monterey Bay. Es war nun kurz nach neunzehn Uhr dreißig, und Michelle ließ den Blick über die etwa zweihundert Besucher schweifen, die sich aus der näheren und ferneren Umgebung eingefunden hatten, allesamt in gehobener Stimmung und voller Vorfreude auf die aufstrebende Band. Falls sie Sorgen mitgebracht hatten, schoben diese sich bei der Aussicht auf Bier, skurrile Cocktails, Chicken Wings und Musik zusehends in den Hintergrund.

Die Gruppe war aus Los Angeles eingeflogen, eine ehemalige Garagen-, dann Begleitband und nun Roadhouse-Hauptact, dank Twitter und YouTube und Vidster. Heutzutage wurden Musiker durch Mundpropaganda und Talent bekannt, und die sechs Jungs von Lizard Annie arbeiteten mit ihren Smartphones genauso hart wie auf der Bühne. Noch waren sie zwar nicht O. A. R. oder Linkin Park, aber mit etwas Glück vielleicht bald.

Michelles und Trishs Unterstützung war ihnen zumindest sicher. Anscheinend konnte die niedliche Boygroup sogar auf jede Menge Mütter und Töchter zählen, wenn man sich hier so umsah: hauptsächlich Eltern und ihre Heranwachsenden – die Texte waren auch weitgehend jugendfrei. Heute Abend lag das Alter der Anwesenden so zwischen sechzehn und vierzig, schätzte Michelle. Na gut, womöglich Mitte vierzig.

Sie bemerkte das Samsung in der Hand ihrer Tochter. »Sims später weiter. Nicht jetzt.«

»Mom.«

»Wer ist es denn?«

»Cho.«

Ein nettes Mädchen aus Trishs Musikunterricht.

»Zwei Minuten.«

Der Klub füllte sich. Das Solitude Creek war ein vierzig Jahre altes eingeschossiges Gebäude mit einer kleinen rechteckigen Tanzfläche aus verschrammter Eiche, umgeben von hohen Tischen und Barhockern. Die knapp einen Meter hohe Bühne befand sich am nördlichen Ende, der Tresen auf der gegenüberliegenden Seite. Im Osten lag die Küche, die eine umfangreiche Karte vorweisen konnte. Dadurch entfiel die Altersgrenze: Lokale mit Alkoholausschank durften nur dann von Minderjährigen frequentiert werden, wenn es dort ein vollwertiges Speisenangebot gab. Die westliche Wand hatte drei Notausgänge.

An der dunklen Holzvertäfelung hingen Plakate und Bühnenfotos, manche mit echten oder falschen Autogrammen, die viele jener Künstler zeigten, die am legendären Monterey Pop Festival vom Juni 1967 teilgenommen hatten: Jefferson Airplane, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Ravi Shankar, Al Kooper, Country Joe und Dutzende andere. In einem schmutzigen Plexiglaskasten lag das Bruchstück einer elektrischen Gitarre, die damals nach dem Auftritt von The Who angeblich von Pete Townshend höchstpersönlich zertrümmert worden war.

Die Tische im Solitude Creek ließen sich nicht reservieren – wer zuerst kam, mahlte zuerst – und waren inzwischen alle besetzt. Die Show sollte in zwanzig Minuten beginnen. Unterdessen lieferten die Bedienungen die letzten Bestellungen aus und reckten dabei mit gespreizten Fingern ihre Tabletts empor, auf denen Teller mit mächtigen Burgern und Hähnchenflügeln standen, daneben Getränke. Von hinter der Bühne ertönte das Miauen von Gitarrensaiten, die gestimmt wurden, einige schnelle Akkorde eines Saxofons und das wuchtige A eines Basses. Die Anspannung stieg. Gleich würde die Musik sie packen und mit sich reißen.

Das Stimmengewirr war laut, die Worte unverständlich. Wer keinen Tisch hatte, suchte sich einen möglichst guten Stehplatz. Da das Bühnenpodest nicht hoch und der Boden flach war, hatte man längst nicht von überall einen freien Blick auf die Künstler. Es gab etwas Gedränge, aber kaum Streit.

So war man das im Solitude Creek gewohnt. Stets zivilisiert.

Ungefährlich …

Mit einem musste Michelle Cooper sich allerdings abfinden: der Klaustrophobie. Die Decke des Klubs war niedrig und trug zu dem Gefühl der Enge bei. Der halbdunkle Raum war zudem nicht besonders groß, und die Belüftung ließ zu wünschen übrig. Die Mischung aus Körperausdünstungen, Rasierwasser und Parfum, die sogar die Grill- und Friteusengerüche überdeckte, steigerte die Beklemmung noch. Man kam sich vor wie in einer Sardinenbüchse. Nein, das hatte Michelle Cooper noch nie als angenehm empfunden.

Sie strich sich geistesabwesend über ihr mattes blondes Haar, schaute noch einmal zu den – relativ nahen –Notausgängen und war beruhigt.

Noch ein Schluck Wein.

Ihr fiel auf, dass Trish einen Jungen an einem der anderen Tische musterte. Langes Haar, markantes Gesicht, schmale Hüften. Unverschämt gut aussehend. Er trank ein Bier, daher legte die Mutter sogleich ein – wenngleich stummes – Veto gegen Trishs eventuelle Absichten ein. Nicht wegen des Alkohols, sondern wegen des Alters: Das Getränk bedeutete, dass er mindestens einundzwanzig war und somit völlig ungeeignet für ihre siebzehnjährige Tochter.

Wenigstens kann ich es versuchen, dachte sie sarkastisch.

Ein Blick auf ihre diamantene Rolex. Noch fünf Minuten.

»Der Song, der für den Grammy nominiert war«, sagte Michelle. »War das ›Escape‹?«

»Ja.«

»Sieh mich an, Kind.«

Das Mädchen verzog das Gesicht. »Mom.« Sie wandte den Blick von dem Jungen mit dem Bier ab.

Michelle hoffte, dass Lizard Annie heute »Escape« spielen würden. Das Lied war nicht nur eingängig, sondern mit schönen Erinnerungen verbunden. Sie hatte es neulich nach der ersten Verabredung mit einem Anwalt aus Salinas gehört. In den sechs Jahren seit ihrer schlimmen Scheidung waren ihr zahlreiche peinliche Abendessen und Kinobesuche widerfahren, aber die Stunden mit Ross zählten nicht dazu. Sie hatten beide viel gelacht und sich im Spaß über die besten Veep- und Homeland-Episoden gestritten. Und niemand hatte sich unter Druck gesetzt gefühlt – in keinerlei Hinsicht. Was bei einer ersten Verabredung überaus selten vorkam.

Mutter und Tochter aßen noch etwas von dem Artischocken-Dip, und Michelle nippte an ihrem Wein. Wenn sie noch fahren musste, gönnte sie sich höchstens zwei Gläser, bevor sie sich ans Steuer setzte, mehr nicht.

Trish rückte ihr rosafarbenes geblümtes Stirnband zurecht und trank einen Schluck Cola light. Sie trug eine schwarze Jeans, nicht zu eng – juhu! –, und einen weißen Pullover. Michelle hatte Bluejeans an, enger als die ihrer Tochter – was aber eher einen Mangel an sportlicher Betätigung verriet – sowie eine rote Seidenbluse.

»Mom. Fahren wir am Wochenende nach San Francisco? Bitte. Ich brauche unbedingt diese Jacke.«

»Wir fahren nach Carmel.« Michelle gab einen beachtlichen Teil ihrer Maklerprovisionen in den noblen Geschäften der malerischen und fast schon klischeehaft romantischen Kleinstadt aus.

»Herrje, Mom, ich bin doch keine dreißig.« Uralt, hieß das. Trish wies lediglich auf den weitgehend zutreffenden Umstand hin, dass es hier auf der Halbinsel kaum Einkaufsmöglichkeiten für coole Teenagerklamotten gab. Die Gegend galt nicht umsonst – und mit nur wenig Übertreibung – als Refugium der Frischverheirateten und fast schon Toten.

»Okay. Wir reden noch darüber.«

Trish umarmte sie, und Michelle erstrahlte.

Sie und ihre Tochter hatten ihre Schwierigkeiten gehabt. Eine vermeintlich gute Ehe war an Untreue gescheitert. Alles ging zu Bruch. Frederick (niemals Fred) zog aus, als das Mädchen elf war – was für ein tragisches Erlebnis in diesem Alter, eine derartige Trennung mitzumachen. Doch Michelle hatte hart daran gearbeitet, ihrer Tochter ein gutes Leben zu ermöglichen und ihr zurückzugeben, was ihr durch den Betrug und die folgende Scheidung entrissen worden war.

Und mittlerweile lief es rund. Mittlerweile schien das Mädchen glücklich zu sein. Michelle sah ihre Tochter aus großen Augen an, und Trish bemerkte es.

»Mom, ist was?«

»Nein, schon gut.«

Das Licht ging aus.

Die Lautsprecherdurchsagen – man möge sein Mobiltelefon ausschalten, die Notausgänge seien da drüben und so weiter – übernahm immer der Eigentümer des Klubs persönlich, der ehrenwerte Sam Cohen, eine Ikone hier an der Monterey Bay. Jeder kannte Sam. Jeder mochte Sam.

»Und nun, Ladies und Gentlemen«, fuhr seine Stimme fort, »heißt das Solitude Creek, das beste Roadhouse der Westküste …«

Applaus.

»… die Band herzlich willkommen. Direkt aus der Stadt der Engel … Lizard Annie!«

Tosender Beifall. Johlen.

Die Jungs betraten die Bühne. Stöpselten ihre Gitarren ein. Der Drummer nahm Platz. Ebenso der Keyboarder.

Der Leadsänger warf sich seine lange Mähne aus der Stirn und streckte dem Publikum eine Handfläche entgegen. Die typische Geste zu Beginn eines jeden Auftritts der Gruppe. »Seid ihr bereit, ausgiebig zu feiern?«

Jaulen und Pfeifen.

»Nun, wir schon.«

Die Gitarrenriffs setzten ein. Ja! Der Song war »Escape«....

Erscheint lt. Verlag 24.10.2016
Reihe/Serie Kathryn-Dance-Thriller
Übersetzer Thomas Haufschild
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Solitude Creek (Kathryn Dance 04)
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte eBooks • Feuer • Kalifornien • Kathryn Dance • Konzert • Massenpanik • Monterey • Nachtclub • Psychopath • San Francisco • Serientäter • Thriller
ISBN-10 3-641-18676-5 / 3641186765
ISBN-13 978-3-641-18676-0 / 9783641186760
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