Dreizehn Tage im September (eBook)

Das diplomatische Meisterstück von Camp David
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2016 | 1. Auflage
415 Seiten
Theiss in der Verlag Herder GmbH
978-3-8062-3422-0 (ISBN)
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In dreizehn fesselnden Kapiteln zeichnet der Pulitzer-Preisträger Lawrence Wright eine der Sternstunden der Diplomatie nach. Leicht war es nicht für die drei großen Staatslenker: Mal schrien sie sich an, mal wollten sie einfach nur noch gehen. Doch sie blieben: Menachem Begin, der orthodoxe Jude, dessen Eltern im Holocaust umgekommen waren, Anwar el Sadat, der fromme Muslim, und Jimmy Carter, der die Bibel auswendig kannte. Am 17. September 1978 unterschrieben sie den Friedensplan. Doch was hatte sie, die lebenslangen Feinde, veranlasst, sich schließlich doch zu vertrauen? Wright, der erstmals Zugang zu geheimen CIA-Quellen und Akten des US-Präsidenten erhielt, erzählt einfühlsam, wie brüchig die Verhandlungen am Anfang waren und wie das politische Geschick und die eigene Biographie der drei außergewöhnlichen Persönlichkeiten diesem Frieden Halt und Zukunft zu geben vermochten - bis heute. Ein Buch, das auf eindrucksvolle Weise zeigt: Frieden ist möglich im Heiligen Land!

Lawrence Wright, ist ein amerikanischer Bestseller-Autor, Drehbuchschreiber und Journalist. Seit 1992 arbeitet er für den 'New Yorker'. Für sein Buch 'Der Tod wird euch finden' wurde er 2007 mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet.

Lawrence Wright, ist ein amerikanischer Bestseller-Autor, Drehbuchschreiber und Journalist. Seit 1992 arbeitet er für den „New Yorker“. Für sein Buch „Der Tod wird euch finden" wurde er 2007 mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet.

»Fesselnd. Ein echter Thriller … Man kann das Buch kaum aus der Hand legen.« Chicago Tribune

»Ein einzigartiger Moment in der Geschichte wird hervorragend eingefangen … Eine minutiöse Darstellung der angespannten Verhandlungen, die diese historischen Gespräche prägten.« Kirkus Reviews

»Meisterhaft … Ausgezeichnet … Wright erinnert uns daran, welch politisch mutiger Akt Camp David war.« The New York Times Book Review

»Akribisch recherchiert … Ungeheuer spannend … Eine kenntnisreiche, faszinierende und relativ unvoreingenommene Studie über einen ganz entscheidenden Zeitraum und ein komplexes Thema.« Publishers Weekly

»Eine erhellende Untersuchung eines bedeutsamen Ereignisses. Ebenso fesselnd wie aufschlussreich.« The Boston Globe

»Brillante Ergebnisse gründlicher Forschung … Zeigt auf, welche Probleme den Nahen Osten heute noch plagen … Fachkundig erfasst Wright alle Winkelzüge der Drei-Wege-Realpolitik.« Entertainment Weekly

»In höchstem Maße ausgewogen, äußerst gut lesbar und so nüchtern, wie es das Thema verlangt.« Los Angeles Times

»...[ein] lesenswerte[s], weil hervorragend recherchierte[s] Buch [...] Wie es dem Autor mit diesem Material gelingt, die angespannte Atmosphäre von Camp David auferstehen zu lassen, ist verblüffend.« Süddeutsche Zeitung

»Fängt den Ausgangspunkt dieses wichtigen historischen Prozesses mit großer Anschaulichkeit ein.« Deutschlandfunk

Erster Tag


Der 56 Hektar große Präsidenten-Landsitz Camp David liegt innerhalb des stark bewaldeten Catoctin Mountain Parks in Maryland, knapp 100 Kilometer vom Weißen Haus entfernt. Franklin D. Roosevelt, der erste Präsident, der ihn nutzte, hatte ihn „Shangri-La“ genannt. Während des Zweiten Weltkriegs hatte er 1942 nach einem verborgenen Zufluchtsort gesucht, an dem er ausschlafen, sich seiner Briefmarkensammlung widmen und gelegentlich wichtige Regierungschefs als Hausgäste einladen konnte, von denen er sich nicht gestört fühlte. Winston Churchill war einer der ersten davon und traf im Frühjahr 1943 ein, um die Invasion der Normandie zu planen. Die beiden Männer machten sich von ihren freudlosen Pflichten frei, um durch den Park zu fahren und im nahe gelegenen Bergbach zu angeln. Als Informationen über die Existenz von Shangri-La durchsickerten, gab es Bedenken, das Refugium könnte zu ungeschützt für feindliche Bombenangriffe sein und der Präsident wurde gedrängt, seinen Zufluchtsort auf die amerikanische Marinebasis in Guantánomo auf Kuba zu verlegen. Roosevelt lehnte ab. „Auf Kuba wimmelte es vor Anarchisten, Mördern, etcetera und jeder Menge Tatsachenverdrehern“, bemerkte er1.

Dwight D. Eisenhower benannte das Refugium in Camp David um, nach seinem Enkelsohn. Im September 1959 lud er den sowjetischen Regierungschef Nikita Chruschtschow ein, in dem Versuch, die Spannungen zwischen den beiden Supermächten zu verringern. Chruschtschow schrieb später: „Ich konnte beim besten Willen nicht herausfinden, was dieses Camp David war.“2 Er befürchtete, es könnte ein Ort sein, „an dem Menschen, denen man misstraute, in Quarantäne gehalten würden“. Bei dem Treffen wurde wenig erreicht, aber die Presse begann vom „Geist von Camp David“ zu sprechen. „Ich weiß nicht, was das heißt“, gestand Eisenhower. „Es hat wohl den Anschein, als könnte man dort miteinander reden, ohne sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen.“3

Carter, ein knauseriger Populist4, war mit der Absicht ins Amt gekommen, das Anwesen zu verkaufen, um Kosten zu sparen und gleichzeitig damit die royale Anmutung der Präsidentschaft zu demokratisieren. In seinem ersten Amtsjahr hatte er bereits die Präsidentenyacht verkauft und das Spielen von „Hail to the Chief“ (der offizielle Präsidialsalut für den amerikanischen Präsidenten, Anm. d. Übers.) untersagt. Er suchte nach anderen symbolischen Einschnitten. Er verabscheute jede offene Zurschaustellung von Pomp und Privilegien; sogar als Präsidentschaftskandidat hatte er seinen Kleidersack immer selbst getragen. Camp David, eines der exklusivsten Refugien der Welt, erschien ihm als geradezu perfekte Opfergabe, und er ordnete an, es zu verkaufen.

Der Direktor des Militärbüros vom Weißen Haus fragte ihn, ob er wisse, was in Camp David sei. „Hütten“, sagte Carter5. Ja, da gebe es Hütten – an der Oberfläche –, war die Antwort. Aber tief unter der Erde befinde sich ein bewohnbarer Präsidentenbunker für den Fall einer atomaren Apokalypse. Er werde Orange One genannt. Rund um das Grundstück führten versteckte Aufzüge hinunter in die unterirdische Anlage; einer davon in einem Schrank des Präsidentenschlafzimmers der Aspen Lodge. Eisenhower hatte die Schutzräume auf der Höhe des Kalten Krieges bauen lassen. Im Jahr 1959 nahm er den britischen Premierminister Harold Macmillan mit auf eine Besichtigungstour des Bunkers. „Eine Art Kommandoposten des Präsidenten im Fall eines Atomkrieges“, notierte Macmillan in seinem Tagebuch. „In einem Teil können 50 Stabsangehörige des Präsidenten untergebracht werden, in einem anderen 150 Verteidigungskräfte. Die aus dem Fels herausgehauene Festung liegt unterhalb der unschuldig wirkenden Hütten, in denen wir untergebracht waren. Sie hat 10 Millionen Dollar gekostet“6. Zehn Kilometer von Camp David entfernt befindet sich eine noch viel größere unterirdische Bunkeranlage − 23.850 Quadratmeter –, herausgesprengt aus einem Berg namens Raven Rock, dazu gedacht, im Fall eines verheerenden Angriffs als Ersatz-Pentagon zu dienen7. Als Carter ins Amt kam, war der wahrscheinlichste Auslöser für ein solches Ereignis der Konflikt im Nahen Osten, der stets drohte, außer Kontrolle zu geraten.

Nachdem Carter Camp David besichtigt hatte, kam das Gerede über den Verkauf zum Erliegen. Der Landsitz war per Helikopter in nur 35 Minuten vom Südrasen des Weißen Hauses zu erreichen, lag aber Welten von Washington entfernt. Er schien sich außerhalb der Zeit zu befinden, war friedvoll und still, bis auf das Krächzen und Tschilpen der Vögel. Gelegentlich konnte der Stab beobachten, wie der Präsident und die First Lady Hand in Hand im Mondschein spazieren gingen8. Statt Staatsbanketts zu geben, konnten sie entspannt mit ihrer 10-jährigen Tochter Amy speisen. Beide Carters angelten gerne – Carter war ein Experte im Fliegenbinden geworden – und versuchten ihr Glück in dem kleinen Forellenbach, an dem Roosevelt und Churchill leer ausgegangen waren. Solche Erholungspausen waren selten und unbezahlbar.

In den Wochen vor dem Gipfeltreffen war der Stab damit beschäftigt gewesen, die Unterkünfte für die drei Delegationen herzurichten und Rezepte für halal und koscher zubereitete Speisen zusammenzustellen. Zusätzlich zu den Regierungschefs und deren engsten Beratern umfasste jede Delegation Bürokräfte, Ärzte, eigene Köche, Kommunikationsspezialisten und „Quatschköpfe“9, wie Carter die Mitläufer bezeichnete, mehr als 100 Menschen insgesamt, was die Kapazität dieser ländlichen Urlaubsanlage an ihre Grenzen brachte. Sie wurden beengt in einem Dutzend Hütten untergebracht, die sich über das Camp verteilten, benannt nach einheimischen Baumarten – Sadat in Dogwood und Begin in Birch, rechts und links von Carters Aspen. Die frustrierte Presse musste vor den Toren bleiben. Die Delegierten gingen davon aus, dass ihre Telefone abgehört wurden, um zu verhindern, dass Einzelheiten der Gespräche durchsickerten, während sie noch in Gang waren.

Die ruhige Umgebung sorgte für vollkommene Konzentration auf ein einziges Ziel, ohne voreingenommene Kommentare, die jeden Kompromissversuch hätten untergraben können. Für die Außenwelt war Camp David ein schwarzes Loch.

Das Gipfeltreffen fand, politisch gesehen, für alle Teilnehmer zu einem ungünstigen Zeitpunkt statt. Ägypten war immer noch erschüttert durch Sadats Abkehr vom Sozialismus. Unter Nasser hatte die Regierung viele Gebrauchsgüter subventioniert und allen qualifizierten Abgängern von technischen und kaufmännischen Berufsschulen Anstellungen garantiert – Zehntausende jedes Jahr. Diese Maßnahmen verstärkten die Inflation, erhöhten das Haushaltsdefizit und schufen einen monströsen Verwaltungsapparat mit Beamten, die praktisch nichts zu tun hatten – außer Veränderungen zu behindern. Sadat hatte die Subventionen für viele Gebrauchsgüter verringert, was im ganzen Land zu Massenprotesten über den Brotpreis geführt hatte. Mehrere Polizisten waren getötet worden10, die Sommerresidenz von Vizepräsident Hosni Mubarak in Alexandria wurde geplündert und in Brand gesteckt. Daraufhin hatte Sadat die Preiserhöhungen ausgesetzt und eine Ausgangssperre verhängt, doch im Land schwelte immer noch Unzufriedenheit und kaum unterdrückte Wut. Die CIA warnte Carter, ohne wirtschaftlichen Aufschwung oder greifbare Fortschritte in Camp David könne es erneut zu Aufständen kommen, die möglicherweise einen Militärputsch auslösten11. In Israel trieb eine steile Inflationsrate – über 35 Prozent – die Wirtschaft auf die Anarchie zu, das Wachstum war eingefroren und die Verteidigungsausgaben betrugen 40 Prozent des Bruttosozialprodukts. Pro Monat verließen 1000 Israelis das Land, und nur wenige neue jüdische Einwanderer trafen ein, um sie zu ersetzen. „Was kann ich tun?“, pflegte Begin seine Minister schwermütig zu fragen12. Er verlor die Kontrolle über sein Kabinett, und in seiner Partei herrschte Aufruhr.

Die Amerikaner waren sowieso davon überzeugt, dass Carter zu viel Zeit auf den Nahen Osten verschwendete, wo es doch drängendere Probleme zu Hause gab. Das Land litt unter einer zweistelligen Inflationsrate, gekoppelt mit hoher Arbeitslosigkeit und anämischem Wachstum – ein verwirrendes Phänomen, das als „Stagflation“ bezeichnet wurde. Was die Zufriedenheit mit der Amtsführung des Präsidenten betraf, überschnitten sich die beiden gefürchteten Linien auf der Grafik schließlich im Frühjahr 1978, wobei mehr Amerikaner unzufrieden als zufrieden mit Carters Bemühungen im Amt waren. Für ihn war es sicherlich an der Zeit, sein Image aufzupolieren, aber nicht dadurch, dass er diese Zeit mit dem fruchtlosen Bestreben verschwendete, Menschen Frieden zu bringen, die sich...

Erscheint lt. Verlag 7.10.2016
Übersetzer Susanne Aeckerle
Verlagsort Darmstadt
Sprache deutsch
Original-Titel Thirteen Days in September
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Zeitgeschichte ab 1945
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Schlagworte Camp David • Diplomatie • Frieden • Friedensverhandlung • Naher Osten
ISBN-10 3-8062-3422-1 / 3806234221
ISBN-13 978-3-8062-3422-0 / 9783806234220
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