Little Secrets - Lügen unter Freunden (eBook)
304 Seiten
Dragonfly (Verlag)
978-3-95967-617-5 (ISBN)
Es klingt wie die Erfüllung eines Traums: Vier Mädchen und zwei Jungs ziehen in ein Haus am Venice Beach. Die Vormundschaft ihrer Eltern sind sie los. Jetzt liegt die große Freiheit vor ihnen. Und so wird die WG zu ihrer neuen Familie. Aber alle sechs haben ein dunkles Geheimnis - das Starlet, die Hackerin und der Sportstar genauso wie die Musikerin, das brave Mädchen und der Außenseiter. Als eine brisante Lüge auffliegt, beginnt ein gefährliches Spiel, bei dem bald jeder nur seine eigene Haut retten will.
Wenn der Traum vom Erwachsenwerden zum Albtraum wird ...
<p>M.G. Reyes, geboren in Mexico City, wuchs im englischen Manchester auf. Sie studierte an der Oxford University und arbeitete ein paar Jahre als Wissenschaftlerin, bevor sie eine Internetfirma gründete. Heute lebt M.G. Reyes mit ihrem Mann und zwei Töchtern in Oxford und besucht so oft wie möglich Los Angeles.</p>
GRACE
Venice Beach – Sonntag, 21. Dezember
„Es gibt ja noch andere Rollen. Mein Agent ist schon dabei, sich um neue Castings zu kümmern. Genau aus diesem Grund muss ich hier wohnen, Tina. Da, wo die Action ist!“
Candace machte eine Pause und hörte Tina zu, die am anderen Ende der Leitung wortreich ihr Mitgefühl ausdrückte. Grace warf ihrer Stiefschwester vom Beifahrersitz aus einen missbilligenden Blick zu und zischte kaum hörbar: „Sag ihr, dass du gerade am Steuer sitzt!“
Als sie vor dem Haus in Venice Beach ankamen, parkte dort schon ein Chevy Malibu; daneben stand unverkennbar Paolo, ihr neuer Mitbewohner. Mit einer lässigen Handbewegung dirigierte er sie auf den freien Parkplatz neben ihm.
„Nettes Auto“, sagte er und hielt Candace die Tür auf.
„Deins auch“, antwortete Grace. Der Typ sah in echt genauso gut aus wie auf dem Foto. Und das wusste er auch.
Ein paar Minuten später rollte ein glänzendes perlgraues Cabrio auf den Parkplatz. Ein Mercedes! Darin saß John-Michael, der zweite Mann im Haus. Kaum hatte John-Michael eingeparkt, strich Paolo bewundernd mit der Hand über die Motorhaube.
„Gehört der deinem Vater?“
John-Michael nickte und strich sich eine Strähne seiner schwarz gefärbten Haare aus dem Gesicht. Er trug lilafarbene fingerlose Handschuhe und schwarz-lila Eyeliner um seine klaren blaugrauen Augen. „Jetzt nicht mehr.“
„Wie bist du da drangekommen, hast du ihn umgelegt?“
„Nein, aber er ist tot“, erwiderte John-Michael leise.
Das Lächeln wich aus Paolos Gesicht. „Verdammt, Alter, es tut mir leid. Dieses Auto …“
Bevor John-Michael hastig den Blick abwandte, erkannte Grace, dass seine Augen feucht wurden. Es schien ihm ziemlich nahezugehen, über seinen Vater zu reden. Sie nahm sich vor, bei diesem Thema behutsam vorzugehen.
„Gut, jetzt wo alle da sind, lasst uns das Haus anschauen“, sagte Candace förmlich und führte die Gruppe den kleinen Fußweg hinter den Häusern entlang Richtung Strand.
Grace wandte sich an John-Michael: „Dein Vater ist also … gestorben?“
„Ja.“
Grace schätzte, dass seine knappe Antwort weitere Fragen unterbinden sollte, also hielt sie den Mund. Doch Candace ließ sich davon nicht abschrecken.
„War er krank?“, fragte sie geradeheraus.
„So ungefähr.“
„Was war es denn? Ein Herzinfarkt? Doch nicht Krebs, oder?“
Grace stieß ihr den Ellbogen in die Seite. „Candace!“
„Schon okay“, murmelte John-Michael. „Wenn du es genau wissen willst: Er hat sich umgebracht.“
Diese Nachricht verschlug selbst Candace die Sprache. Paolo brach das Schweigen als Erster. „Und hast du dich mit ihm verstanden?“
„Nein. Der Arsch hat mich letztes Jahr rausgeworfen.“
„Weswegen?“, fragte Candace.
John-Michael ignorierte ihre Frage. „Wenigstens hat er mir seine Kohle vererbt. Hat alles sein Gutes.“
„Dann musst du dich wenigstens nicht für mündig erklären lassen“, warf Grace ein.
„Wer ist hier mündig?“, fragte er erstaunt.
„Ich“, antwortete Grace und deutete auf Candace und Paolo. „Und die beiden auch. Meine Eltern leben in Texas. Candaces Mom hat keinen Bock, zwei pubertierende Mädels zu beaufsichtigen. Und Paolos Familie ist nach Mexiko gezogen.“
„Und warum konntest du nicht einfach alleine hierbleiben?“, hakte John-Michael nach.
„Sie wollten, dass ich für mich und meine Fehler selbst verantwortlich bin.“ Paolo grinste diebisch. „Die hoffen wahrscheinlich, dass ich ab jetzt brav zu Hause sitze.“
„Und, wirst du das machen?“
„Machst du Witze, Alter?“ Paolo drehte sich um und schaute zurück zu den Autos. „Hast du deinen Alten wirklich nicht umgebracht? Bei so einem Auto, ich weiß nicht. Manche Leute würden sonst was anstellen, um an so eine Karre zu kommen.“
John-Michael warf ihm einen eisigen Blick zu. „Wirklich nicht.“
„Ich hab noch nie jemanden gekannt, der sich später umgebracht hat“, sagte Paolo.
„Ich auch nicht“, entgegnete John-Michael. „Bis jetzt.“
„Das muss ein Riesenschock gewesen sein“, warf Candace ein.
John-Michael zuckte die Schultern, aber Grace ließ sich von seiner gespielten Gleichgültigkeit nicht täuschen. Nach außen hin tat er ganz cool, aber unter der Oberfläche lag etwas Verletzliches, Verstörtes. Wie lange würde er die Fragerei mitmachen? Vielleicht brauchte er einfach mal jemanden zum Reden.
Doch Candace wechselte abrupt das Thema. „Wie auch immer, meine Mom hat gesagt, dass wir uns das Haus heute anschauen können. Einziehen dürfen wir aber erst, wenn alle die Kaution bezahlt haben.“
Paolo zog einen Umschlag aus der Hosentasche. „Hier ist mein Anteil. Und John-Michael hat die Kohle auch dabei, oder?“
„Ja, in bar. Ich habe noch kein Konto.“
„Wie kommst du dann an Geld?“, fragte Grace.
„Über den Anwalt meines Vaters. Als Testamentsvollstrecker gibt er mir Geld, wenn ich was brauche.“
„Bist du reich?“, hakte Candace nach.
„Nicht wirklich. Mein Vater hat dafür gesorgt, dass ich nicht zu viel Geld auf einmal kriege. Ich kriege pro Jahr eine gewisse Summe, aber das reicht nur für das Nötigste. Wenn das Haus meines Vaters vermietet wird, bekomme ich davon noch einen Anteil. Aber bisher hat dieser Anwalt es nicht geschafft, einen Mieter zu finden. Außerdem muss ich über jeden Cent, den ich ausgebe, Buch führen. Bis ich fünfundzwanzig bin.“
„Fünfundzwanzig! Das ist ja noch eine Ewigkeit“, rief Paolo.
„Bist du traurig?“, fragte Grace leise.
John-Michael ließ sich mit der Antwort Zeit. „Er war der Einzige, den ich noch hatte. Ich hab sonst niemanden, keine Brüder oder Schwestern.“
Sie legte ihm eine Hand auf den Arm. „Das tut mir leid für dich.“
„Ja, mir auch“, stimmte Candace ihr zu. „Auch wenn man mit seinen Eltern nicht immer klarkommt, muss es schlimm sein, einen von beiden zu verlieren.“
„Noch schlimmer, wenn man beide verliert“, antwortete er ernst.
Eine bessere Tageszeit hätten sie sich für die Besichtigung nicht aussuchen können. Die Sonne versank gerade am Horizont, und der Himmel über dem Meer leuchtete in den unglaublichsten Farbtönen, von Gold über Pink bis hin zu Blau; die dunklen Umrisse der Palmen hoben sich wie Scherenschnitte vor diesem Farbenspiel ab. Die Häuserreihe, vor der sie stehen geblieben waren, blickte direkt aufs Meer und war nur durch einen schmalen Gehweg vom Strand getrennt. Dahinter nichts als Sand bis hinunter zum Wasser, das in hundertfünfzig Metern Entfernung schäumend an den Strand spülte.
Eine Weile standen die vier einfach nur da und schauten aufs Meer. Grace musterte die staunenden Gesichter der Jungs lächelnd: So hatte sie bei ihrem ersten Besuch hier vor zwei Tagen auch ausgesehen.
„Alter!“, sagte Paolo anerkennend.
„Ich glaub’s nicht“, murmelte John-Michael.
Candace wedelte ihnen mit dem Schlüsselbund vor der Nase. „Wartet erst, bis ihr das Haus gesehen habt!“
Gemeinsam liefen sie den Uferweg entlang. Jedes Haus hatte eine ganz eigene Formensprache, einen eigenen Stil. Auf dem Giebel eines Hauses thronte eine riesige Buddha-Statue, davor ein beleuchteter Brunnen. Manche Häuser hatten riesige Fensterflächen, hinter denen sich superstylische, minimal eingerichtete Wohnzimmer öffneten. Überall sah man große Plasmafernseher und Kunst an den Wänden – und das waren mit Sicherheit keine Kopien.
Selbst die Bewohner sahen reich aus, so als hätten sie noch keinen Tag ihres Lebens arbeiten müssen.
Vor einem der Häuser blieb Candace stehen.
Es war ein eckiger, moderner Bau mit drei Stockwerken, eher schmal und lang, wie die anderen „Strandhütten“ auch. Erdgeschoss und erster Stock waren mit Stuck verziert, daneben viel Grau und Stahl. Nur die Außenwände des zweiten Stocks waren in dem warmen Gelb eines Sonnenuntergangs gestrichen.
Ein Detail stach ins Auge: die gelbe Wendeltreppe neben der Eingangstür. Sie führte vom Erdgeschoss direkt zu einem großen Balkon im zweiten Stock mit Blick auf den Strand. Den Balkon umrahmte eine niedrige, mit Stuck verzierte Mauer.
Um das Grundstück herum verlief eine graue, völlig glatt aussehende Betonmauer, in die an einer Seite ein weißes Metalltor eingelassen worden war.
„Paolo hat gesagt, es gibt drei Zimmer?“, fragte John-Michael.
„Drei, genau“, antwortete Grace. „Zwei davon haben ein eigenes Badezimmer. Beim dritten muss man das Gästebad unten mit benutzen. Candace und ich waren neulich schon mal drin, nach ihrem letzten Casting.“
„Du gehst zu Castings?“
Candace nickte. „Hab schon ein paar hinter mir.“
„Ist ja spannend!“
„Bis jetzt ist es noch nicht besonders aufregend. Ich hab die Rolle mal wieder nicht gekriegt.“
„Ist ein hartes Geschäft“, erwiderte Paolo mitfühlend.
„Ich nehme an, wir beide teilen uns ein Zimmer?“ John- Michael blickte Paolo fragend an.
„Nope“, erwiderte Paolo. „Ich hab das schon mit den Mädels besprochen. Es gibt zwei große Zimmer und ein ganz kleines. Für mich passt das perfekt. Lieber zahle ich mehr Miete und hab dafür meine Privatsphäre.“
„Du meinst, du bist dann der Einzige, der unbemerkt Übernachtungsbesuch mitbringen kann“, flachste John-Michael.
„Wir sollten eine Regel aufstellen“, warf Candace ein. „Kein Sex im Haus. Dafür ist es zu klein.“
„Warum sollten wir Sex haben?“, erwiderte Grace mit ernstem Gesichtsausdruck. „Schließlich ist ja keiner...
Erscheint lt. Verlag | 10.10.2016 |
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Reihe/Serie | Harper YA! |
Übersetzer | Alessa Krempel |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Geheimnis • Jugendbuch • Jugendbücher • keine Eltern • spannend • Volljährig • WG |
ISBN-10 | 3-95967-617-4 / 3959676174 |
ISBN-13 | 978-3-95967-617-5 / 9783959676175 |
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