Das Bernstein-Amulett (eBook)

Roman

(Autor)

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2016 | 1. Auflage
624 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-403845-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Bernstein-Amulett -  Peter Prange
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Der große, als TV-Zweiteiler verfilmte Bestseller mit Gesamtauflage von weit über 1 Mio. Exemplaren: jetzt wieder lieferbar! Ein Schicksal, wie nur in Deutschland zu finden ist. Barbaras Geschichte beginnt im Oktober 1944 und schließt im Oktober 1990. Ihre Familie wird durch den Zweiten Weltkrieg auseinandergerissen und kann erst ein halbes Jahrhundert später wieder zusammenfinden. Dazwischen liegen die Jahre des nackten Überlebenskampfes unmittelbar nach dem Krieg, des Kalten Krieges, des sich Arrangierens in verschiedenen Welten - bis zur Wiedervereinigung 1989. Für Barbara scheint es nur eine Wahl zu geben, die Wahl zwischen Vernunft und Verlangen. Die Wahl zwischen zwei Männern, zwischen Westen und Osten ...

Bestsellerautor Peter Prange ist der große Erzähler der deutschen Geschichte. Als Autor aus Leidenschaft gelingt es ihm, die eigene Begeisterung für seine Themen auf Leser und Zuhörer zu übertragen. Die Gesamtauflage seiner Werke beträgt weit über drei Millionen. ?Der Traumpalast? ist sein vierter großer Deutschland-Roman. Die Vorläufer sind Bestseller, etwa sein Roman in zwei Bänden, ?Eine Familie in Deutschland?. ?Das Bernstein-Amulett? wurde erfolgreich verfilmt, der TV-Mehrteiler zu ?Unsere wunderbaren Jahre? begeisterte in zwei Staffeln ein Millionenpublikum. Der Autor lebt mit seiner Frau in Tübingen.

Bestsellerautor Peter Prange ist der große Erzähler der deutschen Geschichte. Als Autor aus Leidenschaft gelingt es ihm, die eigene Begeisterung für seine Themen auf Leser und Zuhörer zu übertragen. Die Gesamtauflage seiner Werke beträgt weit über drei Millionen. ›Der Traumpalast‹ ist sein vierter großer Deutschland-Roman. Die Vorläufer sind Bestseller, etwa sein Roman in zwei Bänden, ›Eine Familie in Deutschland‹. ›Das Bernstein-Amulett‹ wurde erfolgreich verfilmt, der TV-Mehrteiler zu ›Unsere wunderbaren Jahre‹ begeisterte in zwei Staffeln ein Millionenpublikum. Der Autor lebt mit seiner Frau in Tübingen.

2


Die Vermählung der Gutstochter Barbara von Ganski mit dem Leutnant der Infanterie Alexander Reichenbach war das größte gesellschaftliche Ereignis seit Monaten im Landkreis Greifswald. Die von Ganskis gehörten zu den bedeutendsten Großgrundbesitzern der Gegend; das Gut der Familie, Daggelin bei Boddenhagen, umfasste achthundert Hektar Ackerland, Wiesen und Wälder. Der Gutsherr und Vater der Braut, Albin von Ganski, war Konsul von Norwegen, Ehrensenator der Universität und bis 1933 Landtagsabgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei.

Die Familie Reichenbach gehörte nicht dem Landadel an, sondern stammte aus Dresden. Alex’ Vorfahren waren meist Handwerker und Kaufleute, im 19. Jahrhundert waren einige Universitätsprofessoren hinzugekommen. Die private Handels- und Kreditbank, die Alex’ Vater Konstantin Reichenbach als Inhaber und Direktor führte, hatte vor über siebzig Jahren dessen Großvater gegründet.

Die »dicke Marie«, wie die gotische Hauptkirche im Zentrum der Hansestadt hieß, war eine Stunde vor Beginn der Trauzeremonie bereits bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Menschenmassen, die sich auf den uralten Holzbänken drängten, wären unmöglich in der Dorfkirche von Boddenhagen untergekommen, geschweige denn in der Kapelle von Schloss Daggelin. Aus allen Himmelsrichtungen waren die Gäste herbeigeströmt, Studienkollegen und Garnisonskameraden von Alex ebenso wie Jugendfreundinnen Barbaras, Pächter und Großgrundbesitzer aus der Umgebung oder Geschäftsfreunde von Alex’ Vater. Nur die Westphals aus Essen im Ruhrgebiet, Barbaras Onkel Alfred und seine Familie, hatten wegen der unsicheren Lage im Reich kurzfristig abgesagt.

Ein Raunen ging durch die Menge der Schaulustigen, die vor dem Portal der »dicken Marie« auf die Ankunft der Brautleute wartete. Vom Marktplatz rasselte im scharfen Trab die offene Hochzeitskutsche heran, gezogen von vier prächtigen Füchsen mit grünroten Schabracken, den Farben der Familie von Ganski.

»Brrrr … hoooooo …«

Respektvoll trat die Menschenmenge beiseite. Die Kutsche hielt genau vor dem Ehrenspalier, das eine Abordnung der Greifswalder Studentenschaft bildete, angeführt von einem hochgewachsenen, schwarzhaarigen Mann Mitte dreißig in brauner SA-Uniform, der energisch die Neugierigen zurückdrängte und die kleine Treppe aus dem Wagen herausklappte.

Ausgerechnet der, dachte Barbara.

Der sich da so wichtig machte, war Karl-Heinz Luschnat, in einer Person Doktor der Rechtswissenschaften, Justitiar einer Waffenfabrik und Standartenführer der SA. Er war so ziemlich der letzte Mensch, den sie an diesem Tag sehen wollte. Doch wie so oft hatte Karl-Heinz es mal wieder geschafft, dass man nicht auf ihn verzichten konnte.

Nachdem das Treppchen bereit war, klemmte er sich die Mütze unter den Arm und streckte seine freie Hand aus, um Barbara beim Aussteigen zu helfen. Doch sie ignorierte ihn einfach und wartete, dass ihr Vater voranging. Dabei ahmte sie die Art ihrer Mutter nach, die, immer wenn ihr ein Mensch unangenehm war, den Kopf in den Nacken warf und mit teilnahmsloser und gerade dadurch unnahbarer Miene in die Luft schaute. Erst als ihr Vater auf der Straße stand, raffte Barbara ihr Brautkleid hoch und erhob sich.

»Jeder Zoll eine Freifrau«, sagte Albin mit einem Lächeln, aus dem gleichzeitig Anerkennung und Stolz sprachen, während Barbara hoheitsvoll mit seiner Hilfe die Kutsche verließ. »Ich bin mal gespannt, wie dir das bürgerliche Leben schmecken wird, ohne das Adelsbrimborium.«

»Ich weiß gar nicht, wovon du sprichst«, erwiderte Barbara mit gespielter Verwunderung.

»Apropos«, sagte Albin. »Wo bleiben Alex und seine Eltern denn?«

Mit gerunzelter Stirn blickte er über den Platz. Hinter ihnen hielt gerade die zweite Kutsche mit Hilde. Karl-Heinz nutzte den Augenblick, um Barbara ein paar Worte zuzuflüstern.

»Ich warne dich … Noch kannst du umkehren. Es ist der Fehler deines Lebens!«

»Ich hab dir schon hundertmal gesagt«, zischte sie zurück, »mein Leben geht dich nichts an!«

»Wenn ich eins hasse, dann Unpünktlichkeit«, sagte Albin verärgert. Doch als er sich seiner Tochter wieder zuwandte, waren die Falten auf seiner Stirn schon wieder verschwunden. »Na ja, gehen wir auf jeden Fall schon mal hinein. Wir wollen den Pastor nicht länger warten lassen.«

 

Während Barbara am Arm ihres Vaters die Marienkirche betrat, rollte eine schwarze, schwere Limousine über den Marktplatz: der Maybach der Familie Reichenbach. Alex hatte seine Eltern in der Wohnung am Rubenowplatz abgeholt, die sie ihm und Barbara zur Hochzeit geschenkt und in der sie die Nacht verbracht hatten. Wie immer waren die Vorhänge im Fond des Wagens zugezogen, eine Angewohnheit, die noch aus der Zeit stammte, als Alex’ Mutter in den großen Ufa-Filmen mitspielte und sich deshalb in der Öffentlichkeit vor zudringlichen Blicken schützen musste.

»Findest du es nicht – wie soll ich sagen – etwas provokant, im Frack statt in der Uniform zu heiraten, mein Junge?«

Die Limousine war so geräumig, dass Alex seinen Eltern wie in einer Kutsche gegenübersaß. Konstantin, sein Vater, sah ihn mit sorgenvoller Miene an, während er ein wenig mechanisch die Hand seiner Frau Christel streichelte. Solange Alex zurückdenken konnte, hielten die beiden wie zwei Turteltauben Händchen, und wahrscheinlich würden sie das mit hundert Jahren noch tun. Alex wünschte sich, dass Barbara und er das später genauso machen würden.

»Ich finde den Frack absolut richtig«, sagte seine Mutter und zog bestens gelaunt an ihrer Zigarettenspitze. »Erstens sitzt er Alex wie angegossen, und zweitens ist ein Frack das einzige Kleidungsstück, in dem ein zivilisierter Mann heiraten kann. Wenn sich dadurch irgendein Idiot provoziert fühlt – ja du meine Güte! Dann ist ihm eben nicht zu helfen.« Sie paffte ein paar blaue Ringe in die Luft. »Deine Vorsicht, Konstantin, nur ja nichts Falsches zu tun, nimmt manchmal groteske Züge an.«

Darin gab Alex seiner Mutter recht: Sein Vater war in den letzten Jahren übervorsichtig geworden. Vielleicht hatte es ja mit Christels Unfall zu tun. Es war 1938 passiert, bei Filmaufnahmen in Davos. Sie spielte eine Skilehrerin, die im Liebeskummer einen Steilhang hinabraste. Kurz vor dem Auslauf verkantete ihr Ski, sie stürzte und brach sich die Hüfte. Das hatte nicht im Drehbuch gestanden. Seitdem saß sie im Rollstuhl, und ihre Filmkarriere war vorbei. Doch so schlimm der Unfall gewesen war: Das allein, dachte Alex, konnte nicht der Grund sein, warum Konstantin nur noch ein Schatten seiner selbst war. Aus dem großen, entschlossenen Mann, den er aus seiner Kindheit in Erinnerung hatte, war ein nervöses Wrack geworden, mit sechzig Jahren schon ein Greis, der mit fahrigen Bewegungen und unruhigen Blicken eine Zigarette nach der anderen rauchte, seine Frau ängstlich auf Schritt und Tritt begleitete und, wenn er auf Reisen war, alle paar Stunden anrief, um sich zu vergewissern, dass ihr nichts passiert war. Von dem alten Bild, das Alex von seinem Vater in sich trug, war in der Realität nur noch die weiße Nelke übrig geblieben, die Konstantin sich jeden Morgen ins Knopfloch steckte. Doch die Blume an seinem Revers war so falsch wie das Gebiss in seinem Mund.

»Keine Angst, Papa«, sagte Alex, »ich werde niemand provozieren. Ich habe den Frack nur gewählt, weil er am besten zu meinem Geschenk für Barbara passt.«

»Das schönste Geschenk, das ein Bräutigam seiner Braut in diesen Zeiten machen kann«, sagte seine Mutter und tätschelte sein Knie.

»Und sich selbst dazu«, sagte Alex. »Ich weiß gar nicht, womit ich so ein Glück verdient habe. Als mein Kommandeur mir die Mitteilung machte, habe ich mich vor meinen Kameraden fast geschämt.«

Energisch wie selten schüttelte Konstantin den Kopf. »Nein, mein Junge. Das hat nichts mit Glück zu tun, und schämen brauchst du dich ganz sicher nicht. Was du da für Barbara und dich erreicht hast, verdankst du allein deinem Fleiß und deinem Talent.«

Der Chauffeur öffnete den Wagenschlag und half Christel hinaus. Als sie in ihrem Rollstuhl saß, machte Alex Anstalten auszusteigen. Doch Konstantin legte ihm die Hand auf den Arm.

»Noch eine Sekunde, mein Junge«, sagte er, die Zigarette im Mundwinkel.

»Ja, Papa?«

»Ich will es uns beiden ersparen, dir die Dinge zu sagen, die ein Vater seinem Sohn vor der Hochzeit so sagt. Du bist alt genug, um zu wissen, was du tust. Doch eins möchte ich dir noch geben.« Er griff in die Innentasche seines Rocks und zog einen Briefumschlag daraus hervor. »Hier, nimm das bitte und steck es ein.«

Alex schaute das Kuvert verwundert an. Es trug die Initialen seines Vaters und war versiegelt.

»Was ist darin, Papa? Ein Scheck? Ihr habt uns doch schon die Wohnung …«

»Nein, kein Scheck, Alex, und auch kein Geld.« Konstantin drückte seinen Arm und schaute ihn mit seinen wässrigen, blauen Augen an. »Falls mir je etwas zustoßen sollte, mach den Umschlag auf. Ich habe alles darin aufgeschrieben, was du dann wissen und tun musst.«

»Aber Papa«, sagte Alex erschrocken. »Was soll das? Bist du etwa krank?«

»Nein, mein Junge, mach dir keine Sorgen. Es ist nur für den Fall der Fälle.«

»Bitte, Papa, sei ehrlich! Verschweigst du mir etwas?«

Konstantin schüttelte mit einem müden Lächeln den Kopf. »Nur eine von meinen überflüssigen Vorsichtsmaßnahmen. Wahrscheinlich wirst du das Kuvert nie öffnen. Aber jetzt, Alex«, sagte er dann und rückte sich die Nelke im Knopfloch zurecht, »möchte ich...

Erscheint lt. Verlag 22.9.2016
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Barbara • deutsch-deutsche Geschichte • Deutsche Geschichte • Deutschland • Familie • Herrenhaus • Jubiläum • Kalter Krieg • Kinder • Kriegsende • Liebe • Mauerfall • Nachkrieg • Ostdeutschland • Schicksal • Teilung • Traum • TV-Verfilmung • Wiedervereinigung
ISBN-10 3-10-403845-7 / 3104038457
ISBN-13 978-3-10-403845-2 / 9783104038452
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