Hell-Go-Land (eBook)

Nordsee-Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
400 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-95967-603-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hell-Go-Land -  Tim Erzberg
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Ein roter Fels im sturmgepeitschten Meer. Darauf Deutschlands abgeschiedenster Polizeiposten. Hier ist ihre neue Dienststelle. Hier war ihr Zuhause. Bis der Albtraum über Anna Krüger hereinbrach. Kaum jemand weiß von ihrer Rückkehr nach Helgoland. Doch schon an ihrem ersten Arbeitstag erwartet sie eine grausame Überraschung, die Anna klarmacht, dass es keine Flucht vor der Vergangenheit gibt. Nicht für sie. Nicht an diesem Ort.
'Hell-Go-Land ist so atmosphärisch dicht, wie man es sich von einem Krimi nur wünschen kann. Der Fall ist etwas Besonderes, die Aufklärung logisch, die Konstruktion perfekt und der Stil fesselnd'
Frauke Kaberka, dpa
'Tim Erzberg beschert Polizistin Anna Krüger und uns schlaflose Nächte'
BUNTE
'Tim Erzberg [...] hat ein düsteres, beklemmendes Kammerspiel geschaffen, das sehr lange rätselhaft bleibt.'
BRIGITTE 21/2016
'Megaspannend!'
Andrea 'Kossi' Kossmann
'Hell-Go-Land vereint die archetypische Konfrontation zwischen Mensch und Natur mit einem überzeugenden Personeninventar und einem klassischen whodunit-Plot, der den Leser lange rätseln lässt. Das Ganze unter Umständen, die nicht anders als mit dem Wort klaustrophobisch zu beschreiben sind... Dieses Buch hätte ich doch recht gerne geschrieben. '
Stephan M. Rother



Tim Erzberg entschloss sich nach dem Jurastudium, Literaturagent zu werden. Er vertrat unter anderem den berühmtesten deutschen Strafverteidiger Rolf Bossi und Zvi Aharoni, den Mann, der Adolf Eichmann aus Argentinien entführte, sowie mehrere ehemalige Geheimagenten. Seine dunklen Erfahrungen verarbeitet Tim Erzberg in Geschichten, in denen es nicht einfach nur Gut und Böse gibt.

TAG 5


Dienstag, 2. Februar, 7:46 Uhr, 54° 11' nördliche Breite, 7° 53' östliche Länge, Windstärke 9, West/Südwest, Regen


Sie hatte sich gerade den Lidstrich gezogen, da klingelte ihr Handy. Es war Marten. „Guten Morgen, Anna. Bist du schon unterwegs?“

„Ich wollte in fünf Minuten aus dem Haus gehen. Was ist passiert?“

„Vielleicht nichts.“

„Vielleicht?“

„Na ja, du hast Post bekommen.“

„Geht es jetzt um den Daumen? Gibt es was Neues?“

„Es geht nicht um den Daumen“, sagte Marten zögernd.

„Wie? Worum geht es dann?“

Sie hörte ihn atmen. „Um ein neues Päckchen“, sagte er schließlich. „Es lag vorhin hier vor der Tür.“

Anna zögerte. Ihr Bild im Spiegel schien plötzlich ganz durchsichtig, ganz zerbrechlich. „Und es war wieder an mich adressiert?“

„Anna Krüger, Ringstraße 1, Helgoland.“

„Scheiße.“ Vielleicht hatte sie es gesagt. Vielleicht auch nur gedacht. Sie spürte, wie eine kalte Hand nach ihrem Herzen griff. Sollte das hier ein Albtraum werden? Konnte es sein, dass jemand ihre Rückkehr auf die Insel für sie zur Hölle machen wollte? Hatte sie einen Feind, einen kranken Stalker, einen … Ein wenig fühlten sich ihre Beine an, als wollten sie nachgeben. Doch Anna drückte den Rücken durch und holte tief Luft.

„Paul ist auch schon hier“, erklärte Marten. „Er schlägt vor, dass wir es öffnen. Wenn du einverstanden bist. Ich meine, von wegen Postgeheimnis und so.“

Sie würde den Lidstrich noch einmal neu machen müssen. In zwei dunklen Streifen flossen Tränen über ihre Wangen. „Klar“, sagte sie leise. „Macht es auf.“

„Okay“, erwiderte Marten. „Okay. Machen wir.“ Wieder zögerte er. „Übrigens“, sagte er dann. „Es ist größer als das letzte Päckchen.“

Schweißgebadet stand Anna in der Tür und starrte auf ihre Kollegen. Niemals zuvor war sie den Weg und die Stufen hinab zum Mittelland so schnell gelaufen. Die Panik hatte sie beflügelt, nein, hatte sie wie eine Peitsche über die Insel getrieben. Und nun rang sie um Atem und hielt sich am Türrahmen fest, um nicht vor lauter Erschöpfung umzukippen. „Und?“, presste sie hervor.

Paul konnte sich ein süffisantes Grinsen nicht verkneifen. „Hast du Sport gemacht?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. Dankbar wankte Anna zu einem der Stühle und ließ sich darauf niedersinken. Wenn er so reagierte, war das Entwarnung. Kein neuer makabrer Gruß, kein neues perfides Geschenk. Gott sei Dank. Sie pumpte Luft durch ihre Lungen, versuchte ein Lächeln und schüttelte den Kopf. „Und ich dachte schon …“

„Wir auch“, sagte Marten, der neben ihr stand, obwohl sie ihn vorher gar nicht bemerkt hatte. Er legte ihr die Hand auf die Schulter und klopfte mit den Fingern ihren Oberarm. „Wir auch. Aber dann war’s doch nur eine süße Aufmerksamkeit.“ Anna sah zu ihm auf und folgte seinem Blick hinüber zu ihrem Schreibtisch. Dort stand ein Marmeladenglas, hübsch mit einem stoffbezogenen Deckel drapiert und einem offenbar handgeschriebenen Etikett. Misstrauisch betrachtete sie das Präsent, stand auf und ging hin. „Hausgemachte Götterspeise“, hörte sie hinter sich Martens Stimme. „Warum schickt mir nie jemand so was.“

Es dauerte ein wenig. „Anna?“, sagte Paul und kam einen Schritt auf sie zu. Doch sie reagierte nicht. „Alles okay?“, meldete sich Marten zaghaft. Erst nach einer langen Reihe von Augenblicken, in denen die Stimmung in dem kleinen Polizeibüro merklich gekippt war, drehte sich Anna Krüger zu ihren Kollegen um, die Lippen weiß, die Augen in eine unbestimmte Ferne gerichtet. „Vielleicht schickt dir nie jemand so was, weil du es am Ende noch essen würdest.“ Sie vergrub das Gesicht in den Händen und atmete tief durch. „Wer von euch hat es geöffnet?“, fragte sie dann.

„Ich“, sagte Marten. „Aber wieso …?“

„Es ist Blut, Marten. Ein Glas voll Blut.“

Voll Befremden blickten die beiden Männer auf das Einmachglas, das hübsch und harmlos auf dem Schreibtisch stand. Konnte es wirklich sein? „Im Ernst, Anna, ich denke, du siehst Gespenster“, erklärte Paul schließlich und trat auf den Tisch zu. Doch noch ehe er nach dem Glas greifen konnte, hatte Anna seine Hand gepackt. „Du fasst es nicht an. Nicht einfach so. Seine Fingerabdrücke sind drauf“, sagte sie und nickte zu Marten hin. „Deine müssen nicht auch noch dazukommen. Ich möchte, dass das Glas im Labor untersucht wird.“

Paul seufzte. „Die Sache mit dem Daumen hat dir scheinbar ziemlich zu schaffen gemacht, und das kann ich verstehen, ehrlich. Aber jetzt siehst du Gespenster. Wieso sollte dir jemand ein Glas voll Blut schicken?“

„Wieso sollte mir jemand einen menschlichen Finger schicken?“

Schweigen. Der Regen prasselte in unregelmäßigen Böen gegen das Fenster, je nachdem, wie der Wind drehte. „Wir können es nicht ins Labor schicken“, stellte Paul nüchtern fest. „Keine Fähre.“ Er sah sie an, als versuchte er zu ergründen, was in ihrem Kopf vor sich ging. „Und schon gar kein Heli oder Flugzeug – abgesehen davon, dass wir nicht nach Düne kommen bei dem Seegang.“ Auf der Nebeninsel Düne gab es einen Flughafen für kleine Maschinen, Flughafen war beinahe zu viel gesagt. Wenn es eilig war, in medizinischen Notfällen oder zu Rettungszwecken, war das die schnellste und beste Verbindung zum Festland. Oder eben der Helikopter, dessen Landeplatz nur ein paar Schritte von der Polizeistation entfernt lag.

Anna holte ein Paar Einmalhandschuhe und einen Gefrierbeutel aus dem Nebenraum und packte das Glas behutsam ein. Dann stellte sie es in den Kühlschrank und zog die Handschuhe wieder ab. „Ich weiß nicht, was hier gespielt wird“, erklärte sie mit Blick in die verunsicherten Mienen ihrer Kollegen. „Aber es scheint um mich zu gehen, und das tut mir leid. Ich bin nicht hergekommen, um Ärger zu machen.“ Paul hob beschwichtigend die Hände, doch Anna winkte ab. „Keine Sorge, ich mache mir keine Vorwürfe, ich kann ja schließlich nichts dafür. Aber so darf das nicht weitergehen. Ich bin sicher, wenn wir den Inhalt des Glases untersuchen lassen, wird sich herausstellen, dass es menschliches Blut ist.“

„Du denkst an Mord?“ Pauls Augen waren schmal geworden. Er mochte nicht, was er hörte. Er mochte die Konsequenz nicht, die er dahinter vermutete. „Auf Helgoland. Wo jeder jeden kennt und jeder alles über jeden weiß.“ Er klang auf seltsame Weise vorwurfsvoll.

„Es muss nicht Mord sein“, stellte Anna klar. „Man kann ohne Daumen sehr gut weiterleben. Und ein halber Liter Blut ist auch verzichtbar. Aber was kommt als Nächstes? Der andere Daumen? Ein Kopf?“

„Und was sollen wir machen? Kripo spielen?“

Anna zuckte mit den Schultern. „Wo keine Kripo ist, ist die Dorfpolizei die Kripo. Solange wir keine Unterstützung vom Festland bekommen, müssen wir selbst ermitteln.“

„Wenn du mich fragst“, schaltete Marten sich ein, „dann werden wir auch keine Unterstützung vom Festland bekommen, wenn der Sturm vorbei ist und die Fähren wieder gehen. Wir können zwar unser Zeug zur Analyse hinschicken. Aber die werden sich kein Bein ausreißen wegen einem Daumen, der keinem fehlt, oder wegen ein bisschen Blut. Ich meine natürlich, solange kein Gewaltverbrechen vorliegt. Aber dafür gibt es ja keinen Anhaltspunkt. Wir wissen ja nicht mal, ob es Blut ist. Und wenn es Blut ist, dann kann es immer noch von einem Schwein sein oder von einem Huhn oder was weiß ich.“

„Wer weiß“, sagte Paul ruhig. „Man muss ja auch nicht die Kripo sein, um ein paar Dinge herauszufinden. Anna hat recht, wir können nicht einfach nichts tun.“ Seine Skepsis schien verflogen, sein Jagdinstinkt geweckt. Er griff nach dem Telefon.

Das Haus war still. Nur draußen tobte der Sturm. Er klang wie von fern, obwohl es nur Zentimeter waren, die zwischen den ungeheuren Kräften der Natur und dem geschützten Raum des Gebäudes lagen. Und wenn sich die See auftürmte, wie sie das in der Geschichte Helgolands schon öfter getan hatte, dann würde sie wieder gewaltige Felsmassen mit sich reißen – und die Menschen dazu.

Katarina Loos war kein ängstlicher Mensch. Doch das Meer war ihr unheimlich. Sie hatte einmal einen solchen Sturm auf einer Insel erlebt, drüben auf Sylt. Damals war ein Teil des Strands abgerissen und ein Vater mit seinem Kind, die sich das Toben der See angesehen hatten, fortgespült worden. Sie wusste nicht, ob man die beiden jemals wiedergefunden hatte. Nein, Unwetter, Küste, umgeben von Gischt und Wellen, das war nicht ihre Sache.

Doch jetzt, da sie sich unter die warme Bettdecke verkrochen hatte, fühlte sich der Schauder irgendwie auch wohlig an. Man konnte sich vorstellen, dass der Sturm ausgesperrt war und sie hier drinnen warm und geborgen abwarten konnte, bis er vorbei war. Katarina Loos hatte das Gästezimmer bezogen, einen kleinen Raum im Obergeschoss des Hauses, das neben Dr. Streckers Arbeitszimmer lag, gegenüber dem Schlafzimmer. Im Arbeitszimmer brannte schon länger Licht, der Doktor arbeitete früh. Eine Weile lauschte Katarina Loos auf die Geräusche, die sie von dort hörte. Doch das war nur ein gelegentliches Tippen auf der Computertastatur, das Rascheln von Papier, das Knarzen des Schreibtischstuhls, wenn der Arzt sich zurücklehnte oder vorbeugte. Schließlich stand sie auf und schlüpfte in ihre Kleider. Barfuß ging sie hinüber, vielleicht absichtlich etwas leiser als nötig, hielt inne und lauschte. Sie konnte den Arzt atmen hören. Hatte er sie auch gehört? Vorsichtig huschte sie ein paar Schritte zurück und kam noch einmal mit festerem Auftritt. Sie...

Erscheint lt. Verlag 22.8.2016
Reihe/Serie Anna Krüger
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Halunder • Helgoland • Helgolandkrimi • Hochseeinsel • Hummerbuden • Lange Anna • Nordsee • Nordseekrimi
ISBN-10 3-95967-603-4 / 3959676034
ISBN-13 978-3-95967-603-8 / 9783959676038
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