Der Metzger (eBook)

Roman

(Autor)

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2016 | 1. Auflage
336 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-43569-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Metzger -  Thomas Raab
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Der neue Kriminalroman des Bestsellerautors Thomas Raab! So ein toter Autor bereitet offenbar viel Freude. Und ein bisserl Verleger, Lektoren, Kritiker quälen auch ... Deutsch-Lehrer sowieso. Schweinereien also ohne Ende. Diesmal landet der Möbelrestaurator Willibald Adrian Metzger in der Literaturbranche. Und Schuld daran ist Hansi Woplatek, der Sohn seiner Stammfleischerei. Der Bub will zur Schande des Vaters nämlich weder Rindviecher filetieren, noch Würste stopfen, sondern Schriftsteller werden. Kein Wunder, wenn es dann trotzdem ziemlich blutig zugeht. Ja und dann wär da eben noch das Gfrett mit der Liebe ...

Thomas Raab, geboren 1970, lebt nach abgeschlossenem Mathematik- und Sportstudium als Schriftsteller, Komponist und Musiker mit seiner Familie in Wien. Zahlreiche literarische und musikalische Nominierungen und Preise, zuletzt 'Buchliebling' 2011 und Leo-Perutz-Preis 2013. Die Kriminalromane rund um den Restaurator Willibald Adrian Metzger zählen zu den erfolgreichsten in Österreich. Zwei davon wurden im Sommer 2014 für die ARD-Degeto mit Robert Palfrader in der Hauptrolle verfilmt.

Thomas Raab, geboren 1970, lebt nach abgeschlossenem Mathematik- und Sportstudium als Schriftsteller, Komponist und Musiker mit seiner Familie in Wien. Zahlreiche literarische und musikalische Nominierungen und Preise, zuletzt "Buchliebling" 2011 und Leo-Perutz-Preis 2013. Die Kriminalromane rund um den Restaurator Willibald Adrian Metzger zählen zu den erfolgreichsten in Österreich. Zwei davon wurden im Sommer 2014 für die ARD-Degeto mit Robert Palfrader in der Hauptrolle verfilmt.

3


Der Komparativ:

Heinz Woplatek baute mit Hilfe seiner emsigen Gemahlin Marianne das Unternehmen aus, eröffnete den ersten Würstelstand, und auch beim kleinen Hansi tat sich etwas auf. Die Bauchdecke.

Das ist eben nichts für einen zarten Bubenkörper: mit einem als Indianergewehr zweckentfremdeten Schweinsschlögel auf imaginäre Cowboys schießen. Und bum, Leistenbruch, dermaßen herausragend, aus dem Mund der australischen Turnusärztin war nur noch ein ehrfürchtiges »Ayers Rock!« zu hören.

Der Superlativ:

Heinz Woplatek übernahm mehrere kleine Konkurrenzbetriebe, ließ innerhalb der Stadtgrenzen seine roten Würstelstände aus dem Boden schießen, und auch beim nicht wirklich größer werdenden Hansi schoss etwas Rotes heraus. Blut.

Das ist eben nichts für so ein zartes Bubenhanderl, erstmals des Vaters Wunsch auszuführen: »Jetzt leg endlich deine gschissenen Bücher weg und stopf ein paar Würsterln, sonst tuscht’s!«, und beim Füllen einer eigenen Kreation, vegetarisch natürlich, Kaiserschmarrn-Reste des Vortages in Kombination mit Powidl und Rum, irrtümlich dann doch ein Stückerl Fleisch mitfaschieren. Wodurch die väterliche Sorge nicht kleiner wurde und sich in Gegenwart des Kunden Willibald Adrian Metzger beispielsweise folgendermaßen zum Ausdruck brachte: »Hat eh schon zwei Linke, der Sautrottel, und jetzt fehlt ihm der rechte Daumen! Schleppen kann er nix, Fleisch frisst er keines, wenn das nicht aufhört mit seiner Leserei, wird er schasaugert auch noch. Was bitte soll ich mit dem Blindgänger einmal anfangen?«

Sprachlos war er natürlich, der Metzger.

 

Mit elf Jahren gab der kreative Woplatek-Nachwuchs Hansi dann schließlich selbst die Antwort, zu Ehren des Vaters.

Fünfundvierzig Jahre war Heinz Woplatek an diesem Tag alt geworden, die Fleischerei mit Lampions geschmückt, ein Gläschen Prosecco für die Kunden, dazu hausgemachte Husarenkrapfen.

»Dann prost, Herr Woplatek!« Der Metzger stand gerade als einzige Kundschaft in der Fleischerei, mit dabei ein frisch angestelltes, großgewachsenes, sehr fleischlich und kräftig wirkendes Lehrmädchen, vom Chef liebevoll als »Heast Madel!« benannt, da stürmte der kleine Hansi herein, den wuchtigen Schulranzen auf seinen schmalen Rücken geschnallt. Und er trug ihn aufrechter als sonst, alles Gebückte an ihm schien wie weggeblasen.

Sichtlich aufgeregt nahm er an der Seite des Restaurators vor der Frischwurstvitrine Aufstellung, blickte mit strahlenden Augen durch die Glasscheibe zu seinem Vater empor und sprach in dessen Gegenwart mit einem Schlag so viel wie zusammenhängend nie zuvor in seinem Leben: »Weißt du Papa, was ich grad gelernt hab? Dass mein Taufname ›Johann‹ auf Russisch ›Iwan‹ heißt!«

»Und? Soll ich dich jetzt als Hansi der Schreckliche anreden, oder was!«, war die Antwort, gespickt von einem Lacher, des eigenen großartigen Witzes wegen.

»Nein, Papa, aber ich hab mir gedacht, wenn ich groß bin, dreh ich den Nachnamen um und nenn mich statt Woplatek Hansi einfach Ketalpow Iwan!«

Da war es dann für Heinz Woplatek natürlich schlagartig vorbei mit dem Spaß. Hinter der Vitrine kam er hervor, baute sich vor seinem Hansi und neben dem Metzger auf, die Hände in die Hüften gestützt, den Kopf gesenkt, als stünde er vor einem Urinal, und nahm zielbewusst wie einen der blauen Toilettensteine seinen Sohn ins Visier.

»Und dann? Was willst du dann werden? Zuhälter? Ringer im Fliegengewicht? Eishockeyspieler? Maximal als Puck, so wie du ausschaust.«

»Schriftsteller, Papa. Ich will Schriftsteller werden! Das geht auch mit neun Fingern.«

»Was willst du werden? Sozialhilfeempfänger? Auf meine Kosten? Sicher nicht!«, schwoll das durch die Schläfen plätschernde Aderbächlein des schlagartig erröteten Heinz Woplatek zu einem mächtigen Strom heran. Der Metzger trat sicherheitshalber ein Stückchen nach hinten, und der sanftmütige Hansi rang um Worte des Trostes:

»Aber Papa, ich hab geglaubt, du freust dich an deinem Geburtstag, weil dann musst du dich für mich nicht mehr schämen! Verstehst du denn nicht, ich heiß ja dann gar nicht mehr Woplatek, sondern hab den für einen Schriftsteller eh viel gscheiteren Namen, einen Künstlernamen eben: Iwan Ketalpow!«

Kein guter Trost.

»Gscheiterer Name, sagst du! Und das an meinem Geburtstag.«

Beim »Ketal« war die rechte Hand des Heinz Woplatek bereits so hoch erhoben, da musste der Hansi gar nicht erst lange überlegen, was bei »pow« folgen würde. Ein Glühbirnenwechsel auf jeden Fall keiner. Ein Ausgehen des Lichtes schon eher.

»Was bitte passt dir Fetzenschädel an Woplatek nicht? Stolz kannst sein drauf. Hörst du: stolz.«

Und aus dem »pow« wurde zuerst ein von rechts kommendes Zisch, weil rechtzeitig abgeduckt, dann ein von links kommendes Patsch, weil der Vater natürlich zwei kräftige Pranken sein Eigen nannte, wodurch es schlagartig vorbei war, sowohl mit der Unversehrtheit der durch die Luft fliegenden, grauen, kindlichen Brillenfassung als auch mit der Stammkundschaft des Willibald Adrian.

Keinen Fuß hat der Metzger jemals wieder auch nur in die Nähe dieser Fleischerei gesetzt. Ein schmerzhafter Verlust, auch des kleinen Hansi wegen, denn viel schneller noch, als das Bürschchen irgendein schriftstellender Iwan werden konnte, griff sein zornerfüllter Vater zur Feder und schrieb dieses missratene Kind in die Waldschule, ein abgelegenes Vollzeit-Internat ein, Geld genug hatte er ja. Dort übergab er ihn, auf dass sich diese Zeit zwecks Mannwerdung und Abhärtung besonders nachhaltig ins Gedächtnis brenne, in die Obhut eines guten Freundes aus Bundesheerzeiten, des als Schleifer verrufenen Deutsch- und Turnlehrers Richard Vogel, und wurde schließlich zu genau dem, der er heute ist:

Der Degenerativ:

Der Auslagerung des eigenen Kindes nämlich folgten drei, wie es scheint, für älter werdende Männer fundamentale Einsichten:

  1. Die Einsicht des unaufhaltbaren Verlustes der eigenen Jugend.

  2. Die Einsicht, diesem Verlust trotzen zu müssen, folglich dringend einen Neuwagen und natürlich eine neue Haarfarbe zu benötigen, von strohblond bis pechschwarz ist alles möglich.

  3. Die Einsicht, sich selbst neu finden und zu diesem Zweck intensiv suchen gehen zu müssen: in Renate Hödlmüller, wie einst Marianne sechsundzwanzig Lenze jung, die Haut so glatt wie die Hochglanzseiten eines Thailand-Urlaubsprospekts, der Duft Pfirsich-Zitrone-Vanille. Und so herausstechend war das Odeur der Wohlgemeinten, da hatte der herbe Selchgeruch, sprich die mittlerweile von ihrer schweren Arbeit ausgemergelte, deutlich ältere Marianne Woplatek, weder ein Leiberl mehr noch ein überzeugendes Dessous auf Lager.

Dann ging alles ruckzuck:

  • Kurzes mediales Aufwallen, weil Woplatek-Scheidung ohne Rosenkrieg, und wen interessiert das dann? Marianne durfte das alte Fleischereigebäude, Kaiserstraße 17, behalten, dem Wurstkaiser Heinz aber wurde die Kaiserstraße zu wenig, er sehnte sich nach einem Schloss, sprich einer herrlichen Villa.

  • Längeres mediales Aufwallen, weil Woplatek-Hochzeit mit Buhlschaft Renate Hödlmüller, die mindestens seine Tochter hätte sein können.

  • Geburt des Woplatek-Sohnes Konrad.

  • Selbstmord der geschiedenen Marianne. Sprung vom Dach, klugerweise ein Hochhaus, also auf Anhieb tödlich. Der Zweitfrau Renate, geborene Hödlmüller, kam diese Beförderung nicht ungelegen, denn somit war sie mit einem Schlag die einzig lebende weibliche Woplatek. Ja, und für Heinz bedeutete der Verlust seiner Ex-Frau vor allem den Wegfall seiner Zahlungspflichten.

Kurz: Besser hätte es nicht laufen können.

Anders bei Hansi, wie der Metzger eines Nachmittags erfahren sollte, denn Kontakt hatte er ja keinen mehr. Nur stand ihm da plötzlich vor einer auf Rot gestellten Fußgängerampel das »Heast Madel!« gegenüber, Woplateks einstiges Lehrmädchen, mittlerweile eine wuchtige, kräftige, durchaus hübsche Frau, die den Metzger betroffen auf den neuesten Stand brachte.

Kam eben nicht von ungefähr, des Hansis Sehnsucht, der schreibenden Zunft angehören zu wollen, denn wie gesagt: Reden war seine Sache nicht. Folglich beschloss er eines Tages, den Fängen dieses Psychos, dieses pädagogischen Totengräbers Richard Vogel, zu entfliehen, aus dem Internat aus- und in die Villa seines von ihm verachteten Erzeugers einzubrechen, offiziell Zugang hatte er ja keinen mehr. Dort betrat er das zu diesem Zeitpunkt leere Kinderzimmer seines Halbbruders Konrad, streckte sich auf dem Teppich aus, tibetanische Hochlandwolle, und verlieh seiner Trauer, seiner Wut, seinem an den Vater gerichteten Schuldspruch mittels Durchtrennung beider Pulsadern Ausdruck.

Im Gegensatz zu Hansi Woplatek besaß die Putzfrau natürlich einen Schlüssel, worauf der ungebetene Gast nicht beerdigt, sondern ebenfalls befördert wurde, zuerst in die Notaufnahme, dann in die Psychiatrische.

Ein einziges Mal soll ihn sein Vater dort besuchen gekommen sein, nicht etwa, um seinem Sohn Trost zu spenden, sondern um die unvergessliche Botschaft zu hinterlassen: »Gratuliere! Bist du also im Gegensatz zu deiner Mutter sogar für einen Selbstmord zu blöd. Schaut sicher vertrauenerweckend aus: kein rechter Daumen mehr, dafür Schnittnarben auf den Unterarmen. Und unbedingt die tibetanische Hochlandwolle hast du dir zum Sterben aussuchen müssen! Der Teppich ist ruiniert. Jetzt sag mir bitte: Warum tust du so was? Warum versaust du mir alles? Macht dir das Spaß?«

Dem einstigen Lehrmädel standen die Tränen in den Augen, wie sie da auf...

Erscheint lt. Verlag 25.7.2016
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Buchbranche • Danjela Djurkovic • humorvolle Krimis • Krimi Humor • Krimi humorvoll • Kriminalroman • Kriminalromane Serien • Krimi Österreich • Krimi Österreich Humor • krimi reihen • Krimis mit Humor • Literaturbranche • Literaturkritiker • lustige Krimis • Mord • Nachbar • Österreich • Restaurator • Schriftsteller • Serienheld • Thomas Raab Metzger • Thomas Raab Metzger-Krimis • Thomas Raab Metzger Reihenfolge • Willibald Adrian Metzger • Wurstfabrikant
ISBN-10 3-426-43569-1 / 3426435691
ISBN-13 978-3-426-43569-4 / 9783426435694
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