Prey - Deine Tage sind gezählt (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
400 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-42976-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Prey - Deine Tage sind gezählt -  James Carol
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Wenn du mir folgst, werde ich dich töten Jefferson Winter, der Profiler mit dem unheimlichen Gespür dafür, wie Serienkiller ticken, hat gerade einen Job in New York zu Ende gebracht. Vor der Abreise nach Paris zu seinem nächsten Fall geht er in einem Diner etwas essen. Es ist zwei Uhr nachts, der einzige andere Gast ist eine platinblonde Frau mit Lederjacke. Als Winters Essen serviert wird, steht sie auf - und ersticht vor seinen Augen den Koch. Dann geht sie seelenruhig davon ... Eine Provokation, die Winter nicht ignorieren kann: Paris muss warten. Das Spiel ist eröffnet.

James Carol, geboren 1969 in Schottland, hat bereits als Gitarrist, Toningenieur, Journalist und Pferdetrainer gearbeitet. Jetzt widmet er sich ganz dem Schreiben von Spannungsliteratur. Er lebt mit seiner Familie in Hertfordshire/England.

James Carol, geboren 1969 in Schottland, hat bereits als Gitarrist, Toningenieur, Journalist und Pferdetrainer gearbeitet. Jetzt widmet er sich ganz dem Schreiben von Spannungsliteratur. Er lebt mit seiner Familie in Hertfordshire/England.

1


Jefferson Winter bemerkte die blonde Frau sofort, als er das Imbisslokal betrat. Sie saß in einer Ecke hinter einer aufgeschlagenen Zeitung und hatte einen Kaffeebecher vor sich stehen. Er kam nun schon die dritte Nacht in Folge hierher und seitdem war sie der erste Gast außer ihm. Sie ließ die Zeitung sinken und sah ihn an. Ihr Blick war ohne Ausdruck. Keine Neugier, kein Lächeln, nichts Einladendes. Genauso schnell, wie die Zeitung sich gesenkt hatte, hob sie sich wieder und der Moment war vorüber.

Er schloss die Tür hinter sich und ging an die Theke – froh, der Kälte entflohen zu sein. Anfang Oktober waren die Tage in New York zwar noch recht mild, doch nachts wurde es bereits empfindlich kalt. Das Lokal war winzig, nur acht Tische und ein Typ, der die Bestellungen aufnahm und die Speisen zubereitete. Der Gastraum war lang und schmal. Die Tische standen hintereinander entlang der einen Wand, an der anderen befanden sich Theke und Grill, in der Mitte der Gang. Es roch ungesund appetitlich und der fettige Dunst, der in der Luft hing, schlug sich förmlich auf der Haut nieder. Der Geruch wurde mit jedem Schritt köstlicher. Aus einer kleinen Musikanlage auf einem Regal fast in Deckenhöhe erklang leise »Love Me Tender« – kontrapunktisch zum Röcheln eines altersschwachen Heizlüfters.

Winter beobachtete die Frau im Spiegel hinter der Theke. Da die Zeitung im Weg war, konnte er lediglich ein Paar schwarze Lederhandschuhe und den oberen Teil ihres Kopfes sehen. Die Handschuhe waren so eng, dass sich die Konturen ihrer Finger abzeichneten. Wie es schien, trug sie weder auffällige Ringe noch einen Ehering, aber genau ließ sich das nicht sagen. Durch die grelle Beleuchtung wirkte ihr platinblondes Haar beinahe weiß.

Nichts deutete darauf hin, dass sie in Begleitung war. Die drei freien Stühle waren dicht an den Tisch herangerückt, auf dem nur eine Tasse stand. Warum war sie dann hier? Vielleicht wartete sie auf jemanden, obwohl das um zwei Uhr morgens eher unwahrscheinlich war. Am Tag hätte sich diese Frage gar nicht gestellt, da wäre eine Frau, die um die Mittagszeit einen Kaffee trank, ein ganz normaler Anblick. Doch mitten in der Nacht allein in einem Lokal, das war etwas anderes. Vielleicht war sie durch die Clubs gezogen oder sie arbeitete im Schichtdienst, überlegte Winter. Es könnte natürlich auch sein, dass sie hin und wieder unter Schlaflosigkeit litt. Genau wie er.

»Wie immer?«

Er wandte den Blick vom Spiegel ab. Der Koch stand vor ihm und wischte sich die Hände an seiner fleckigen Schürze ab. Er sprach mit starkem Akzent und war kaum zu verstehen. Seinem dunklen Haar und der Hautfarbe nach zu schließen kam er aus dem südlichen Mittelmeerraum. Er war etwa Mitte fünfzig, groß und schlank und lief leicht gebeugt, als ob er sich für seine Körperlänge entschuldigen wollte.

»Wie immer«, antwortete Winter.

»Komplett?«

»Komplett.«

Eine gemurmelte Antwort beendete das Gespräch. Der Koch schenkte Kaffee ein, Winter gab zwei Portionen Zucker dazu und suchte sich dann einen Platz. Eigentlich zog es ihn nach ganz hinten, weil es dort wärmer war, aber dann siegte doch die Macht der Gewohnheit und er entschied sich für den Tisch am Fenster. Er beobachtete gerne, wie die Welt an ihm vorbeizog. Obwohl es draußen im Moment nicht viel zu sehen gab. Um diese Zeit war selbst in New York wenig los.

Winter zog seine Jacke aus, hängte sie über eine Stuhllehne und machte es sich bequem. Diese Jacke begleitete ihn schon seit Jahren. Außen Wildleder, innen Lammfell und so angenehm zu tragen wie ein paar gut eingelaufene Sneakers. Er holte sein Zippo-Feuerzeug heraus, klappte den Deckel auf und ließ es aufflammen. Einen Moment lang saß er einfach nur da und beobachtete die tanzende Flamme, dann klappte er den Deckel wieder zu. Klick, klack, klick. Das Rauchverbot war wirklich eine Zumutung.

Der Koch machte sich am Grill zu schaffen und sang wenig melodisch den Elvis-Song mit. Unbeholfen formte er die Worte, die er sich vermutlich nach dem Gehör eingeprägt hatte. Winter blendete ihn aus und wickelte sein Besteck aus der Serviette. Er legte Messer und Gabel sorgfältig vor sich auf den Tisch, dann schaute er aus dem Fenster und ließ seine Gedanken in die von Neonlichtern durchzogene Dunkelheit eintauchen.

Eine Weile saß er einfach nur da und starrte ins Leere. Er war jetzt seit acht Tagen in New York und hatte die örtliche Polizeibehörde bei der Jagd nach Ryan McCarthy unterstützt, einem Serienmörder, dessen Opfer junge Geschäftsmänner waren. Sosehr er die Stadt mochte, nach der Festnahme von McCarthy gab es für ihn keinen Grund, noch länger hierzubleiben. Seine nächste Station war Paris, wo es den nächsten Mörder zu stellen galt. So sah sein Alltag aus, seit er dem FBI den Rücken gekehrt hatte. Sobald ein Fall abgeschlossen war, kam schon der nächste. Ehrlich gesagt war es beim FBI nicht viel anders gewesen. Leider lebte er in einer Welt, der es an Monstern niemals mangeln würde.

Während er seinen Kaffee trank, ging ihm der Pariser Fall durch den Kopf. Er hatte schon eine grobe Vorstellung zum Vorgehen, aber noch keinen ausgereiften Plan. Die Akten, die er von der Polizei bekommen hatte, waren nicht sehr detailliert und warfen mehr Fragen auf, als Antworten zu geben. Das war nichts Neues. In den schriftlichen Berichten fehlten oftmals wichtige Einzelheiten, weil die Beamten, die sie verfassen mussten, heillos überarbeitet waren.

Das Geräusch eines weggeschobenen Stuhls holte ihn aus Paris zurück in das Lokal. Er sah im Fenster das Spiegelbild der blonden Frau. Sie lief den schmalen Gang zwischen den Tischen und der Theke entlang Richtung Tür. Sie bewegte sich elegant und geschmeidig.

Als Erstes fiel ihm auf, wie schmal sie war. Ihre Wangenknochen standen hervor und die Lederjacke war ihr etliche Nummern zu groß. Sie war keine blendende Schönheit, aber auch nicht unattraktiv. Ein bisschen Make-up hätte sicher einiges bewirkt. Er schätzte sie auf Mitte zwanzig und sie war in etwa so groß wie er, 1,75 Meter. Sie trug abgewetzte Levi’s und hatte den Reißverschluss der Jacke bis zum Kinn hochgezogen. Ihre Converse Chucks waren alt und ausgetreten.

Wieder fragte er sich, warum sie hier war. Ihre Kleidung bot kaum Anhaltspunkte – sie schien für die Arbeit ebenso geeignet wie für einen Kneipenbesuch. Falls Schlaflosigkeit der Grund war, hatte sie nach dem Aufstehen vermutlich die erstbesten Sachen angezogen, die sie zu fassen bekam. So hätte er es jedenfalls gemacht. Er sah sich ihr Spiegelbild genauer an und kam zu dem Schluss, dass sie nicht getrunken hatte. Sie lief sicher geradeaus und hatte ihren Körper gut unter Kontrolle. Auch stand kein Essen auf ihrem Tisch. Nach einer durchfeierten Nacht suchte man ein solches Lokal vor allem deshalb auf, um den Alkohol mit einer großen Portion Kohlehydrate zu absorbieren.

Im Grunde genommen spielte es keine Rolle, warum sie hier war. Er stand kurz vor der Abreise nach Paris und sie würde in Kürze wieder in die Nacht verschwinden. So würde es ablaufen. Das Leben bestand aus einer Vielzahl von Begegnungen, die gelegentlich bedeutsam waren, meistens jedoch nicht. Für einen kurzen Moment überschnitt sich ihr Lebenskreis mit seinem. Doch in einer Welt mit sieben Milliarden Menschen war es unwahrscheinlich, dass sich ihre Wege je wieder kreuzen würden.

Drei Schritte von der Tür entfernt, machte sie unvermittelt kehrt und blieb an seinem Tisch stehen.

»Darf ich?«

Sie blickte auf den leeren Stuhl, der ihm gegenüberstand. Winter brauchte beinahe eine geschlagene Sekunde, um zu begreifen, dass die Frage an ihn gerichtet war.

»Bitte, nur zu.«

Sie setzte sich mit einem verspielten, strahlenden Lächeln. Aus der Nähe betrachtet schien ihre Augenfarbe zu grün, um als natürlich durchzugehen. Interessant, sie kleidete sich ohne große Sorgfalt und verbarg ihre Augen hinter farbigen Kontaktlinsen. Ihr platinblondes, halblanges Haar war eindeutig gefärbt und wirkte wie mit der Küchenschere geschnitten. Sie starrte auf sein T-Shirt, das mit dem Bild eines toten Rockstars bedruckt war, auf die verschlissene Kapuzenjacke und seine weißen Haare. Dann legte sie die zusammengefaltete Zeitung auf den Tisch und darauf ihre behandschuhte Hand. Winter sah erst auf die Zeitung und dann in ihr Gesicht.

»Freut mich, Sie kennenzulernen, Jefferson.«

Damit hatte er nicht gerechnet. Er betrachtete sie genauer. Gesehen hatte er sie noch nie, da war er sich ganz sicher. »Wer sind Sie? Und vor allem: Woher kennen Sie meinen Namen?«

»Das behalte ich lieber für mich.«

»Gut, da Sie schon wissen, wer ich bin, könnten Sie mir auch Ihren Namen nennen.«

Die Frau sagte eine Weile gar nichts. Sie starrte ihn über den Tisch hinweg an, taxierte ihn, prüfte ihn. Winter wartete, bis sie etwas sagte.

»Also, ich hatte ja erwartet, dass Sie größer sind und eindrucksvoller. Aber so ist es ja meistens. Man macht sich eine Vorstellung von jemandem, und wenn man ihm dann gegenübersteht, ist es immer eine Enttäuschung.«

Winter schwieg und die Frau lachte.

»Ich habe auch ein bisschen Ahnung von Psychologie, Jefferson. Wenn man schweigt, fühlt sich der andere dazu genötigt, das Schweigen zu durchbrechen. Genau das läuft doch hier, stimmt’s? Sie treiben Psychospielchen mit mir und wollen mir auf den Zahn fühlen.«

Winter lächelte. »Was erwarten Sie denn? Da Sie wissen, wer ich bin, gehe ich davon aus, dass Ihnen auch mein Beruf bekannt ist.«

»Was haben Sie denn bisher so herausgefunden? Und tun Sie nicht so unschuldig. Ich weiß genau, dass...

Erscheint lt. Verlag 22.7.2016
Reihe/Serie Die Jefferson Winter-Reihe
Übersetzer Franka Reinhart
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte 3. Fall • dritter Fall • Jefferson Winter • Profiler • psychopathische Killer • Serienkiller • Thriller
ISBN-10 3-423-42976-3 / 3423429763
ISBN-13 978-3-423-42976-4 / 9783423429764
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