Weißer Schlaf (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
448 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-18289-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Weißer Schlaf -  Emelie Schepp
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Ich kenne deine Vergangenheit. Und ich kann dein Leben zerstören ...
Eine eisige Winternacht am Bahnhof Norrköping in Schweden. In einem Zugabteil liegt eine junge Frau - sie ist tot, ihre Finger sind blutig, aus ihrem Mund tropft weißer Schaum. Sie war nicht alleine unterwegs, doch ihre Begleiterin ist verschwunden. Wer sind die Frauen, und warum musste eine von ihnen sterben? Staatsanwältin Jana Berzelius wird mit den Untersuchungen beauftragt. Doch der ohnehin komplizierte Fall erweist sich als persönlicher, als Jana lieb ist - denn er führt mitten in ihre grausame Vergangenheit zurück. Danilo, mit dem Jana ihr Schicksal teilt, ist einer der Mordverdächtigen - und er weiß viel über Jana. Zu viel ...

Emelie Schepp, geboren 1979, wuchs im schwedischen Motala auf. Sie arbeitete als Projektleiterin in der Werbung, bevor sie sich dem Schreiben widmete. Nach einem preisgekrönten Theaterstück und zwei Drehbüchern verfasste sie ihren ersten Roman: Der zuerst nur im Selbstverlag erschienene Thriller »Nebelkind« wurde in Schweden ein Bestsellerphänomen und erscheint mittlerweile als Übersetzung in 30 Ländern; die Jana-Berzelius-Serie hat sich weltweit über eine Million Mal verkauft. 2016, 2017 und 2018 wurde Schepp mit dem renommierten CrimeTime Specsaver's Reader's Choice Award ausgezeichnet und damit bereits dreimal zur besten Spannungsautorin Schwedens gekürt.

2

Du musst sie einfach nur schlucken!«

Pim zuckte zusammen und erwiderte den Blick des Mannes, der sich über den Tisch lehnte. Sein Gesicht war nur zehn Zentimeter von ihrem entfernt. Er trug ein schmutzig graues Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln.

Sie betrachtete die Kapsel in seiner Hand. Sie war größer als eine Kirschtomate und länglicher, als sie gedacht hatte. Der Inhalt war in mehrere Lagen Gummi eingewickelt.

Noi saß daneben und sah Pim bittend an. Sie nickte kaum merkbar, als wollte sie sie ermutigen: Du schaffst es!

Sie befanden sich in einem Zimmer über einer Apotheke. Die Treppe, die dorthin führte, glich am ehesten einer Leiter. Obwohl in einer Ecke ein Standventilator summte, war es hier drinnen warm und stickig.

Es war kein Problem gewesen, die Tablette zu schlucken, die die Magensäure neutralisieren sollte. Sie war sofort die Speiseröhre hinuntergeglitten. Aber die Kapsel sah so groß aus, und sie drückte mit Zeigefinger und Daumen auf der Hülle herum.

Der Mann packte ihren Arm. Die Kapsel berührte ihre Lippen, und sie bekam einen trockenen Mund.

»Mach den Mund auf!«, sagte er zwischen zusammengebissenen Zähnen.

Pim sperrte den Mund auf und legte die Kapsel auf die Zunge.

»So, und jetzt Mund zu und schlucken.«

Sie sah an die Zimmerdecke und spürte die Kapsel ganz hinten auf der Zunge, versuchte zu schlucken, aber es ging nicht, die Kapsel wollte nicht hinuntergleiten. Sie hustete sie wieder hoch und bekam sie mit den Fingern zu fassen.

Der Mann schlug die Faust auf den Tisch.

»Wo hast du denn dieses Stück Dreck aufgelesen?«, sagte er zu Noi, die ganz blass wurde. »Ich kann mir so was nicht leisten, kapiert? Zeit ist Geld.«

Noi nickte und sah Pim an, die standhaft wegschaute.

»Komm schon«, flüsterte Noi. »Du schaffst es.«

Ängstlich schüttelte Pim den Kopf.

»Du musst aber!«, sagte Noi.

Pims Unterlippe zitterte, und ihr liefen die Tränen über die Wangen. Sie wusste, dass sie Glück hatte und sich über diese Chance freuen sollte. Sonst hatte sie immer nur Pech, und als Noi ihr von dieser Möglichkeit erzählt hatte, Geld zu verdienen, und noch dazu so einfach und so schnell, hatte ihr Herz gleich schneller geschlagen.

»Okay, jetzt reicht es! Hau ab!« Der Mann packte Pim am Arm und zog sie vom Stuhl hoch. »Ich habe genug andere, die Geld verdienen wollen.«

»Nein! Warte! Ich will!«, schrie Pim und wehrte sich. »Bitte, ich will. Lass es mich noch einmal probieren. Ich kann das.«

Der Mann zog sie näher zu sich. Er betrachtete sie, ihre schmalen, rot geweinten Augen, ihre glühenden Wangen und die zusammengepressten Lippen.

»Dann zeig es mir!«, sagte er, packte ihren Unterkiefer, zwang sie, den Mund zu öffnen, und spritzte ihr dreimal Gleitmittel in den Mund. Dann hielt er die Kapsel hoch.

»Hier«, sagte er.

Pim nahm die Kapsel und steckte sie sich in den Mund. Sie versuchte zu schlucken, half mit dem Finger nach, damit sie weiter hinten im Hals landete, doch sie musste würgen.

Ihre Panik wuchs.

Runter mit der Kapsel und Mund zu. Doch wieder überkam sie der Würgereiz.

Ihre Hände waren schweißnass. Sie kniff die Augen zusammen, öffnete den Mund, schob die Kapsel so tief in den Hals, wie sie nur konnte.

Und schluckte.

Schluckte, schluckte, schluckte.

Langsam glitt die Kapsel hinunter in Richtung Magen.

Der Mann klatschte in die Hände und lächelte.

»Genau so«, sagte er. »Nur noch neunundvierzig Stück.«

Der erste Schlag richtete sich gegen ihren Kopf, der zweite gegen den Hals.

Jana Berzelius parierte Danilos Fäuste mit den Unterarmen.

Er war außer sich und versuchte, von allen Seiten Treffer zu landen. Aber sie hielt dagegen, hob die rechte Faust, duckte sich, hob die linke, dann probierte sie einen Tritt. Zwar traf sie nicht, doch sie wiederholte die Bewegungen, diesmal schneller. Der Tritt traf Danilos Knie. Er krümmte sich vor Schmerzen, ging aber nicht zu Boden. Sie musste ihn aus dem Gleichgewicht bringen und trat noch einmal zu. Diesmal zielte sie auf seinen Kopf. Doch er bekam ihren Fuß zu fassen und drehte ihn nach links, und sie landete hart mit dem Rücken auf der kalten Erde. Mit den Händen schützte sie den Kopf, rollte zur Seite und rappelte sich auf.

Nun stand Danilo ganz ruhig vor ihr und schien abzuwarten. Er atmete schwer.

Dann nahm er Anlauf und warf sich vorwärts. Im selben Moment beugte sie den Kopf und hielt sich die Fäuste vors Gesicht, verwendete alle Kraft darauf, den Fuß zu heben.

Der Tritt traf perfekt.

Danilo brach zusammen, doch als sie das Knie auf seinen Brustkorb setzen wollte, warf er sich brüllend herum und packte sie. Er setzte sich rittlings auf sie und schlug mit voller Kraft gegen ihre Rippen. Dann ergriff er ihre Haare und zog ihren Kopf nach vorn. Sie versuchte, der Bewegung zu folgen, um die Schmerzen in der Kopfhaut zu verringern, aber Danilos Gewicht auf ihrer Brust hinderte sie daran.

»Warum verfolgst du mich?«, zischte er ihr ins Gesicht.

Sie antwortete nicht, sondern dachte fieberhaft nach. Auf gar keinen Fall durfte sie zulassen, dass er sie besiegte. Ihr war durchaus bewusst, wozu er fähig war, aber ihre Arme waren unter seinen Beinen eingeklemmt. Sie streckte die Finger auf dem Boden aus, in der Hoffnung, irgendetwas zu fassen zu bekommen, womit sie sich verteidigen könnte, aber sie spürte nichts als Eis und Schnee.

Ein unangenehmes Gefühl überkam sie. Sie hatte nicht damit gerechnet, die Schwächere zu sein. Sie hätte ihn überraschen müssen. Immerhin hatte sie am Anfang die Oberhand gehabt.

Sie ballte die Hände zu Fäusten, spannte ihre Muskeln an und sammelte Kraft. Dann rammte sie ihm das Knie in den Rücken. Danilo krümmte sich und ließ ihre Haare los. Sie stieß ihm wieder das Knie in den Rücken, immer und immer wieder. Dann wollte sie das Bein um seinen Hals schlingen, aber vergeblich. Er blieb sitzen.

Wieder griff er nach ihren Haaren.

»Das hättest du nicht tun sollen«, fauchte er, packte ihren Hinterkopf und schlug ihn auf den Boden.

Sie verspürte einen rasenden Schmerz, und ihr wurde schwarz vor Augen.

Als er abermals ihren Kopf auf die Erde schlug, merkte sie, dass ihr die Kraft ausging.

»Halt dich von mir fern, Jana«, sagte er.

Sie hörte seine Stimme wie durch Nebel, weit entfernt.

Und spürte keinen Schmerz mehr.

Eine warme Welle spülte über sie hinweg, und sie begriff, dass sie kurz davor stand, das Bewusstsein zu verlieren.

Er hob die geballte Faust und hielt sie ihr vors Gesicht, ohne zuzuschlagen. Hielt ihr einfach nur die Faust hin, als würde er zögern. Er begegnete ihrem Blick, atmete rasch und sagte irgendetwas, doch seine Worte hallten wie in einem Tunnel.

Dann hörte sie ein entferntes Rufen.

»Hallo!«

Eine andere, fremde Stimme, die sie nicht zuordnen konnte.

Sie wollte sich bewegen, aber der Druck auf der Brust machte es unmöglich. Sie bemühte sich, bei Bewusstsein zu bleiben, und blickte Danilo direkt in die dunklen Augen. Er hatte ihr Gesicht umfasst und zischte:

»Ich warne dich. Wenn du mir noch einmal folgst, werde ich beenden, was ich hier begonnen habe.«

Er hielt ihr Gesicht einen Zentimeter von seinem entfernt.

»Noch ein einziges Mal, und du wirst es für immer bereuen. Kapiert?«

Sie hörte ihn, war aber nicht dazu in der Lage zu antworten. Plötzlich spürte sie, wie der Druck auf ihrer Brust nachließ. Die Stille um sie herum verriet, dass Danilo weg war.

Sie hustete heftig, legte sich auf die Seite und schloss die Augen.

Dann hörte sie wieder die fremde Stimme.

Anneli Lindgren stellte einen Teller mit zwei Knäckebroten auf den Tisch und setzte sich neben ihren Lebensgefährten Gunnar Öhrn. Beide arbeiteten bei der Kriminalpolizei, sie als Kriminaltechnikerin, er als Kriminalhauptkommissar.

Das Wasser dampfte in den Teetassen.

»Willst du lieber Earl Grey oder den grünen Tee haben?«, fragte sie.

»Welchen nimmst du?«

»Den grünen.«

»Dann nehme ich den auch.«

»Aber du magst ihn doch gar nicht.«

»Nein, aber du sagst doch immer, dass ich ihn trinken sollte.«

Sie lächelte ihn an und öffnete die Teepackung. Aus Adams Zimmer drang Musik. Sie hörte den Sohn mitsingen.

»Er scheint sich hier wohlzufühlen«, sagte sie.

»Du denn nicht?«

»Doch.«

Sie hörte Gunnars Besorgnis aus der Frage heraus und antwortete knapp und ohne zu zögern. Das war die einzige Art, weitere Fragen zu vermeiden. Er machte sich um alles Sorgen, dachte viel zu viel nach, analysierte und grübelte über Sachen nach, die er längst hätte loslassen sollen.

»Bist du dir sicher? Fühlst du dich jetzt wohl hier?«

»Ja.«

Anneli versenkte den Teebeutel in der Tasse und ließ ihn in dem heißen Wasser ertrinken. Sie hörte die Stimme, die Musik und den Text, den Adam auswendig gelernt hatte, und beobachtete das Wasser, das immer brauner wurde. Dabei überschlug sie, wie viele Male sie und Gunnar auseinander- und wieder zusammengezogen waren. Womöglich probierten sie es jetzt schon zum zehnten Mal. Vielleicht auch zum zwölften. Sicher war nur, dass sie seit zwanzig Jahren zusammenlebten, allerdings mit...

Erscheint lt. Verlag 18.7.2016
Reihe/Serie Jana Berzelius
Übersetzer Annika Krummacher
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Vita spår (Jana Berzelius 2)
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Anwältin • Drogenhandel • eBooks • Erik Axl Sund • Krähenmädchen • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Narbenkind • Schattenschrei • Schweden • Schwedenthriller • Skandinavien • Thriller
ISBN-10 3-641-18289-1 / 3641182891
ISBN-13 978-3-641-18289-2 / 9783641182892
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