Die Sandwitwe (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
384 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-19528-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Sandwitwe -  Derek Meister
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NORDSEE gleich MORDSEE
Kommissar Knut Jansen und Profilerin Helen Henning stehen vor einem Rätsel: In Valandsiel werden mehrere mit Sand gefüllte Leichen gefunden, die der Mörder zu grotesken Figuren drapiert hat. Seine Taten scheinen keinem Muster zu folgen, werden dabei aber immer brutaler und perfekter. Als er sich anonym bei der Polizei meldet, nimmt ein nervenzerreißendes Katz- und Maus-Spiel seinen Anfang, denn er hat eine junge Frau in seiner Gewalt - und die soll nun sein letztes Opfer werden, die Krönung seines perfiden Plans. Werden Knut und Helen die Wahrheit enthüllen, die seit fünfundzwanzig Jahren im Sand vergraben liegt?

Derek Meister wurde 1973 in Hannover geboren. Er studierte Film- und Fernsehdramaturgie an der Filmhochschule Potsdam-Babelsberg und schreibt erfolgreich Serien und Spielfilme fürs Fernsehen - und spannende Romane, mit denen er sich eine große Fangemeinde erobert hat. Derek Meister lebt mit seiner Familie in der Nähe des Steinhuder Meers.

3

Das Erste, was Knut auffiel, waren die grellen Lichter. Die schrillen Schatten ließen den Asphaltweg, der sich direkt hinter den Dünen zwischen den Ferienhäusern der Anlage entlangzog, merkwürdig zucken, so als sei der Weg lebendig in der dunkelnden Nacht. Blaue und gelbe Halbschatten tanzten über die weiß getünchten Bretter der Ferienhäuser und die Gesichter der Feriengäste, die zum Gaffen gekommen waren. Diehls Blaulicht und die gelben Absperrlampen bildeten mit den Warnleuchten der zwei Rettungswagen und dem Einsatzfahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr Valandsiels einen bunten Reigen.

Eine schlanke blonde Frau, die Knut auf Anfang dreißig schätzte, wurde zum Krankenwagen gerollt. Ihre Wangen wirkten trotz ihres Make-ups eingefallen, die Haut blass. Die Sanitäter hatten sie auf eine Liege geschnallt, aber sie schien keine Schmerzen zu haben. Sie trug keine Schuhe, und unter der Decke, die die Sanis ihr übergeworfen hatten, lugte Spitzenunterwäsche hervor. Vielleicht stand sie unter Drogen, denn sie antwortete den Männern nicht. Obwohl alle auf sie einsprachen, starrte sie stumpfsinnig durch sie hindurch. Als Knut an ihr vorbeiging, konnte er ihr in die Augen blicken und erschrak.

Wenn die Augen das Tor zur Seele sind, dann war hinter diesen Augen bloß Ödnis.

Beunruhigt sah er der Frau nach und wandte sich erst ab, als die Türen des Krankenwagens hinter ihr zugezogen wurden.

Diehl, der diesen Abend Streife fuhr, hatte direkt am Häuschen neben einem Cabrio und einem in die Jahre gekommenen Kombi geparkt, es aber anscheinend nicht für nötig befunden, das Blaulicht auszuschalten. Der dickliche Beamte mit dem schütteren Haar saß auf dem Fahrersitz, die Beine aus dem Streifenwagen gestreckt, und wurde von einem Sanitäter versorgt. Der hatte Diehls Hawaiihemd, das er anstatt seiner Uniform trug, hochgeschoben und checkte seinen Herzschlag.

»Alles klar bei dir? Diehl?«

Statt einer Antwort zeigte der Beamte mit einer fahrigen Geste zum Haus.

Während Veith ein paar Worte mit Diehl und dem Sanitäter wechselte, ging Knut hinüber.

Er spürte, wie er eine Gänsehaut bekam. Das Prickeln schlich seine Arme und den Rücken hinauf. Zu seiner Verwunderung war es nicht unangenehm, sondern fühlte sich irgendwie erfrischend an.

Es geht wieder los, dachte er, während er sich durch die erste Reihe junger Feuerwehrmänner schob. Sie versperrten die Treppe zur Veranda, rauchten und unterhielten sich über Belanglosigkeiten. Ihre Mienen verhießen jedoch nichts Gutes.

»Gibt’s hier was umsonst? Darf ich mal?« Knut zog seine speckige Basecap zurecht und bahnte sich einen Weg zum Eingang des Ferienhauses.

Es war hell erleuchtet. Hinter den zugezogenen Jalousien konnte er mindestens sechs Schatten ausmachen. Einen Augenblick lang musste er an eine Stehparty denken, nur dass die Männer in dem kleinen Holzhäuschen keine Biere in der Hand hielten.

Knut trat ein. Jäh spürte er die Hitze, die sich in der Bretterhütte gesammelt hatte. Es war kaum Platz, bloß ein Zimmer zum Wohnen, Schlafen und Essen. Schon nach zwei Atemzügen klebte ihm das Holzfällerhemd am Rücken.

»Hast du dich verfahren, Knut?«, knurrte sein Vater.

»Sehr witzig! Was machst du hier? Hör endlich auf, den Polizeifunk abzuhören, Thor.«

»Komm schon, ich kann dir helfen.« Auf Thor Jansens wettergegerbtem Gesicht zeichnete sich ein verschmitztes Lächeln ab. »Du warst ja mit Veith unterwegs. Ich war schneller hier.«

»Wir waren bei Magnussen im Krankenhaus und haben ein bisschen Frust auf dem Schrottplatz …« Knut brach ab. Wieso rechtfertigte er sich vor seinem Vater? Er spürte schlechte Laune in sich hochsteigen wie brackige Flut im Hafenbecken. »Wie oft soll ich dir noch sagen, du kannst nicht einfach bei unseren Einsätzen auftauchen? Verlass bitte den Tatort«, ermahnte er seinen Vater und nickte zur Tür.

Thor zupfte das Haarband zurecht, das seinen Pferdeschwanz hielt, rührte sich aber nicht von der Stelle. »Schau dir das erst mal an«, brummte er mit seiner sonoren Stimme und gab den Blick auf das Bett frei. Zumindest wollte er das, doch Knut sah bloß die Rücken der Feuerwehrleute und Sanitäter.

»Michael, Karl, Carsten … Geht mal bitte zur Seite«, forderte Knut alle auf. Ihre Stiefel ließen den Holzboden knarzen, als die Männer abzogen. Bloß sein Vater blieb stur, trat noch vor Knut ans Bett vor.

»Robert Jäger. Von den Docks«, erklärte er. »Verheiratet, eine Tochter. Tja, und ein amouröses Abenteuer.«

Unter der schwarzen Satinbettwäsche zeichnete sich ein stämmiger Körper ab.

Knut zog sich Handschuhe über. Draußen bellten zwei Hunde, und er meinte, die Brandung rauschen zu hören. Dann wurde ihm bewusst, dass es der Dünensand war, der gegen die Hütte wehte und dabei wie fernes Meeresrauschen klang.

»Die Frau ist nicht vernehmungsfähig. Hockte hier und starrte vor sich hin. Melanie Roth. Ich hab ihr Portemonnaie zu den Asservaten gelegt. Die fahren sie nach Husum in die Klinik. Sie wohnt in Goldelund.«

»Hab die Frau gesehen. Danke für die Amtsunterstützung, Herr Exrevierleiter«, ätzte Knut.

»Bitte sehr. Einmal Bulle, immer Bulle.«

Knut bedachte seinen fünfundsechzigjährigen Vater mit einem strafenden Blick. Zu Neujahr hatte Thor die Leitung von Valandsiels winzigem Polizeirevier seinem Sohn vermacht. Er hatte noch immer nicht genau durchschaut, wie es Thor gelungen war, ihn in den Chefstuhl zu hieven. Wahrscheinlich hatte der alte Knochen ein wenig Druck beim Bürgermeister ausgeübt, bei der Polizeidirektion gut Wetter gemacht … und schließlich war Knut mit 28 Jahren neuer Revierleiter geworden.

Er seufzte. »Das seh ich wirklich anders, Papa. Würdest du jetzt bitte … bitte …«, er suchte nach Worten, »surfen gehen oder zu deiner Freundin fahrn!«

Thor ließ die Aufforderung unkommentiert. »Die haben sich hier zum Vögeln getroffen, schönes Nümmerchen nach Feierabend. Das ging schon Monate, immer hier in dieser Hütte, die sie von Claas gemietet haben.«

»Und du hast natürlich den Belegungsplan für die Ferienhäuser bei Claas geholt und ihn befragt.«

»Nur kurz gesprochen. Glaubst du, der bleibt als Vermieter vor der Glotze sitzen, wenn die Feuerwehr und alle Sanis aus Valandsiel auf seinen Hof reiten?«

Knut spürte, wie er langsam wütend wurde. »Wer hat ihn zugedeckt?«

»Einer der Sanitäter, nehme ich an. Glaub ich. Kein schöner Anblick, Knut.«

»Scheiße noch mal! Wie viel habt ihr hier verändert?«

Nachdem er einmal Luft geholt hatte, schlug Knut die Decke beiseite.

Und bereute es sofort.

Zwar hatte Jäger die Augen geschlossen, doch sein Mund war grotesk verrenkt und zu einem stummen Schrei aufgerissen. Blut war ihm aus dem Mundwinkel gelaufen, hatte sein Kinn verschmiert und seine nackte Brust besudelt. Es glitzerte merkwürdig.

»Scheiße«, keuchte Knut und spürte die Hand seines Vaters auf seiner Schulter.

»Ich hätt auch fast gekotzt. Deck ihn wieder zu. Das macht das LKA.«

Knut nickte und deckte die Leiche zu. Dann zückte er sein Funkgerät. »Birthe?«

»Ja, Schatz.«

Knut hatte nicht gedacht, dass er so bald schon wieder das Landeskriminalamt zu Hilfe holen müsste. Er hätte bis zum Ende seiner Dienstzeit locker drauf verzichten können, Johann Maas noch einmal in seinem Revier begrüßen zu müssen. Aber was blieb ihm angesichts dieser Schweinerei übrig?

»Sag Maas Bescheid«, befahl er Birthe. »Der soll sich um die Kripo kümmern. Mir egal, wen der schickt.«

»Du klingst aber geladen, Schatz.«

»Lass es, okay? Ruf einfach Maas an.«

»Hab ich schon gemacht.«

»Ach?« Knut war überrascht.

»Dein Vater hat vorhin gesagt, dass es sich wohl um Mord …«

»Mein Vater?« Er erdolchte Thor mit einem Blick, doch der zuckte nur die Schultern. Knut wandte sich wieder an Birthe. »Gut … und noch was.«

»Ja?«

»Helen. Ich will Helen hier haben.«

»Helen …« Ihre Ablehnung war nicht zu überhören. »Komm schon. Warum willst du …?«

»Ruf sie an«, unterbrach er sie barsch. »Sofort. Tut mir leid, aber ich brauch sie hier.«

Einen Moment war es still. »Is’ gut«, hörte er Birthe sagen, und weil sie die Sprechtaste nicht schnell genug losließ, rauschte ihm ein »Kann ich mir denken« entgegen.

Wenn es tatsächlich einen weiteren Mord in Valandsiel gab und er Maas ertragen musste, wollte er auf jeden Fall wieder Helen an seiner Seite wissen.

Knut griff noch einmal nach der Decke, und obwohl sein Vater ihn warnte, schlug er sie ein zweites Mal beiseite. Diesmal hielt er dem Anblick länger stand. »Was ist das da in seinem Mund?«

Irgendetwas schimmerte auf der Zunge des Toten, füllte seinen Mund aus. Knut rückte ein wenig vor und beugte sich tief über Jägers Leiche.

»Lass das die Jungs von der Soko machen«, sagte Thor, aber Knut hörte nicht hin. Er spürte das Adrenalin durch seinen Körper schießen. Es spülte all die belanglosen Einsätze der letzten Wochen hinweg. Auch wenn er es sich niemals eingestehen würde, aber das Gefühl tat gut. Er hatte das Kribbeln vermisst, und außerdem war er einfach zu neugierig.

»Gleich …« Er zupfte den Kugelschreiber von seinem Notizbüchlein. Sein Magen verkrampfte sich, und aus dem wohligen Kribbeln wurde ein Ziehen. Er musste sich anstrengen, sich nicht zu übergeben, als er mit dem Kugelschreiber ganz vorsichtig in Jägers Mund fuhr.

Am Kuli blieb kein Blut haften, sondern etwas...

Erscheint lt. Verlag 16.5.2016
Reihe/Serie Henning & Jansen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte eBooks • Eric Berg • Heimatkrimi • Klaus-Peter Wolf • Krimi • Kriminalroman • Kriminalromane • Krimi Nordsee • Krimis • Nordsee • Nordseekrimi • Nordseethriller • Sand • Serienkiller • Sylt • Thriller • Versteckspiel
ISBN-10 3-641-19528-4 / 3641195284
ISBN-13 978-3-641-19528-1 / 9783641195281
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