Praxis der tiergestützten Psychotherapie (eBook)
128 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-95622-0 (ISBN)
Praxis der tiergestützten Psychotherapie 1
Nutzungsbedingungen 6
Inhalt 7
Vorwort 9
Geleitwort 11
Einleitung 15
1 Grundlagen der Mensch-Tier-Beziehung 17
1.1 Entwicklungsgeschichte 17
1.2 Biophilie-Hypothese 23
1.3 Ich-Du-Evidenz 24
1.4 Tiefenpsychologische Aspekte 25
1.5 Spiritualität und Schöpfung 26
2 Konzepte der tiergestützten Interventionen 33
2.1 Wie können sich motivationale Verhaltenssysteme artübergreifend beeinflussen? 33
2.2 Spiegelneurone 34
2.3 Tiere als Begleiter in der therapeutischen Arbeit 37
2.4 Auswahl und Haltung der Tiere 41
2.5 Berufsqualifizierungen und finanzielle Aspekte 46
3 Ort der Tiereinsätze 49
3.1 Therapieraum 49
3.2 Intermediärer Raum (Zwischenbereich) 50
3.3 Revier unserer Tiere 51
3.4 Achtsamer Umgang mit den Tieren 53
3.5 Vertrauen und Wandlungsbereitschaft 55
4 Bindungsorientierte tiergestützte Psychotherapie 57
4.1 Objektbeziehungstheorie 57
4.2 Entwicklungsaufgaben 64
4.2.1 Grundkonflikt der Nähe oder Individuations-Abhängigkeits-Konflikt: Entwicklungszeitraum des ersten halben Jahres 65
4.2.2 Grundkonflikt der Bindung (depressiver Grundkonflikt): Entwicklungszeitraum vom 2. Halbjahr bis zum 2. Lebensjahr 68
4.2.3 Grundkonflikt der Autonomie: Entwicklungszeitraum vom 2. bis zum 3. Lebensjahr 69
4.2.4 Grundkonflikt der Identität: Entwicklungszeitraum vom 3. bis zum 6. Lebensjahr 70
4.3 Bindungstheorie 71
4.3.1 Theoretischer Hintergrund 71
4.3.2 Konzept der Feinfühligkeit 74
4.3.3 Die Bindungsmodalitäten 75
4.3.4 Bindungsaspekte im Umgang mit Tieren 78
4.4 Traumazentrierte Psychotherapie 91
5 Therapeutische Beziehung 103
5.1 Humanistische Psychologie 103
5.2 Bindungstheoretische Aspekte 104
5.3 Die therapeutische Haltung in der strukturbezogenen Psychotherapie 105
5.4 Was bewirken die Tiere in der Psychotherapie? 106
Zusammenfassung und Ausblick 115
Literatur 117
Weiterführende Literatur 121
Über die Autoren 123
Register 125
2 Konzepte der tiergestützten Interventionen (S. 31-32)
2.1 Wie können sich motivationale Verhaltenssysteme artübergreifend beeinflussen?
Aus theoretischem Verständnis ist die Kombination psychodynamischer und entwicklungspsychologischer Erkenntnisse mit den Erfahrungen und Beobachtungen der Verhaltensforschung (Ethologie) die Grundlage der tiergestützten Psychotherapie und der tiergestützten Interventionen. Die gemeinsame stammesgeschichtliche Entwicklung im Tierreich, im Speziellen der Säugetiere, erlaubt uns, die tiefe kreatürliche Verbundenheit zu nutzen: Entsprechend der evolutionsgeschichtlichen Entwicklung verfügen wir Menschen und Tiere über viele gemeinsame Erlebens- und Verhaltensweisen. Neuropsychologische Erkenntnisse über die Hirnentwicklung, sowohl den neuroanatomischen Aufbau wie die Funktionsweisen des zentralen Nervensystems betreffend, bestätigen dies (vgl. Abschn. 2.2, Spiegelneuronen). So sind z. B. die wichtigen emotional-motivationalen Systeme bei allen Säugetieren in denselben Hirnregionen lokalisiert und in ihren Funktionsweisen äußerst ähnlich. Zu diesen angeborenen motivationalen Funktionsweisen gehören u. a. Fürsorge suchen und Fürsorge spenden (Bindungsverhalten), Verteidigung (Kampf- und Fluchtreaktionen), Konkurrenz (Dominanz und Unterwerfung), soziale Rangkämpfe, Sexualverhalten, Spielverhalten und Kooperationsverhalten. Aus Kenntnissen der eigenen Reaktionsweisen, ausgelöst von motivationalen Systemen und Spiegelneuronennetzen, erkennen wir die Befindlichkeiten und die möglichen Verhaltensweisen unserer tierischen Kumpane und können auf sie eingehen. Mit lerntheoretischen Elementen gelingt es, dank unserer emotionalen Verbundenheit mit den uns anvertrauten Tieren gemeinsame Aktivitäten, Fertigkeiten und Ziele zu erreichen.
2.2 Spiegelneurone
Ein weiterer Erklärungsansatz zum Verständnis der Mensch-Tier-Beziehung bezieht sich auf das Konzept der Spiegelneurone. Dazu Bauer: «Spiegelzellen zu haben, die tatsächlich spiegeln, gehört zu den wichtigsten Utensilien im Gepäck für die Reise durch das Leben. Ohne Spiegelneurone kein Kontakt, keine Spontaneität und kein emotionales Verstehen.» (Bauer, 2006, S. 57) Rizzolatti und Luppino (2001) haben in ihren Grundlagenforschungen als Erste die motorischen Spiegelneuronennetze untersucht. «Experimente zeigen sowohl beim Affen als auch beim Menschen, dass die Spiegelneurone der prämotorischen Hirnrinde sich nur dann angesprochen fühlen, wenn ein biologischer Akteur, also eine lebende handelnde Person beobachtet wird (in Einzelfällen kann der ‹biologische Akteur› auch zu einer nahestehenden anderen Spezies gehören).» (Bauer, 2006, S. 38) Dabei ist festzuhalten: Handlungsneurone können einen gemeinsamen intersubjektiven Handlungs- und Bedeutungsraum eröffnen, der sich zwischen Menschen und Tieren, die sich gegenseitig beobachten und interagieren, bildet. Auch die sensible bzw. somatosensible Hirnrinde (inferiorer parietaler Kortex) verfügt über ein Spiegelneuronennetz.
Durch diese Spiegelneurone können Körpergefühle, Empfindungen sowie Emotionen des Gegenübers wahrgenommen und nachempfunden werden. Teile einer Handlungssequenz werden zu gesamten Handlungssequenzen ergänzt. Bei der alleinigen Beobachtung einer Handlung sind die gleichen Nervenzellen aktiv, wie wenn der Vorgang selber durchgeführt wird. Spiegelneurone verfügen zudem über die Möglichkeiten der Wahrnehmung innerer Organe und des emotionalen Befindens des andern. Diese Spiegelneurone sind im limbischen System (Gyrus cinguli) beteiligt an der Wahrnehmung des Mitgefühls und der emotionalen Resonanz. Spiegelneurone sind in ihrer Funktionsweise der bewussten Reflexion entzogen, jedoch spontan und schnell im intuitiven Erfassen des Gegenübers. Kotrschal bezeichnet diesen Vorgang als Synchronie im Hinblick auf «emotionale Ansteckung», welche über die Spiegelneurone vermittelt wird (Kotrschal, 2009; zit. nach Otterstedt & Rosenberger, 2009, S. 59). Optische Aufarbeitungs- und Informationssysteme werten aufgrund von Vorerfahrungen Absichten oder Empfindungen anderer Menschen sowie uns nahestehender Tiere aus. Das emotionale Verstehen und die Resonanz (Sympathieeffekt) lassen sich in einer gegebenen Situation nicht bewusst planen oder willentlich herstellen. «Der Sympathieeffekt überträgt sich nur, wenn die Person spontan und authentisch ist, das heißt, wenn ihr Ausdruck in Einklang mit ihrer tatsächlich inneren Stimmung steht.» (Bauer, 2006, S. 49)
Erscheint lt. Verlag | 25.4.2016 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie |
Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Psychiatrie / Psychotherapie | |
Schlagworte | Animal-assisted therapy • Empathie • Erleben • Ethologie • Gesundheitsberufe • Heilpädagogik • Intervention • Mensch-Tier-Beziehung • Psychiatrie • Psychologie • Psychotherapie • Sozialarbeit • Tiere • Tiergestützte Psychotherapie |
ISBN-10 | 3-456-95622-3 / 3456956223 |
ISBN-13 | 978-3-456-95622-0 / 9783456956220 |
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