Das Echo deiner Taten (eBook)

Ein Finnland-Krimi
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
416 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-31601-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Echo deiner Taten -  Leena Lehtolainen
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Ein neuer Fall für Finnlands erfolgreichste Ermittlerin Ein eiskalter Mord in gesegneten Räumen: Mit etlichen Messerstichen traktiert wird der Juwelenhändler Jaakko Pulma tot in der Kirche von Tapiola aufgefunden. Ist es nur Zufall, dass Maria Kallio im Präsidium zur selben Zeit Pulmas schärfsten Konkurrenten vor sich sitzen hat? Hat sich dieser Henri Aalto für einen Deal auf dem Juwelenmarkt gerächt, bei dem er den Kürzeren zog? Welche Rolle spielt die junge Praktikantin des Ermordeten, die gerade wegen des Verdachts auf Edelsteindiebstahl entlassen worden ist? Möglicherweise geht es gar nicht um die schillernden Steine. Denn Pulma war auch der Mann einer aufstrebenden Politikerin - spielt der Täter ein ganz anderes Spiel? Fragen über Fragen für Maria Kallio und ihr Team, die überdies mit erheblichen Unruhen auf dem Präsidium zu kämpfen haben: Ihre bewährte Einheit soll im Zuge von Umstrukturierungen aufgelöst werden. Der 12. Fall für Maria Kallio

Leena Lehtolainen, 1964 geboren, lebt und arbeitet als Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Autorin in Degerby, westlich von Helsinki. Sie ist eine der auch international erfolgreichsten finnischen Schriftstellerinnen, ihre Ermittlerin Maria Kallio gilt nicht nur als eine Art Kultfigur der finnischen Krimiszene, sondern erfreut sich auch bei deutschen Leserinnen und Lesern seit dem Erscheinen des ersten Bandes der Reihe 1994 ungebrochener Beliebtheit.

Leena Lehtolainen, 1964 geboren, lebt und arbeitet als Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Autorin in Degerby, westlich von Helsinki. Sie ist eine der auch international erfolgreichsten finnischen Schriftstellerinnen, ihre Ermittlerin Maria Kallio gilt nicht nur als eine Art Kultfigur der finnischen Krimiszene, sondern erfreut sich auch bei deutschen Leserinnen und Lesern seit dem Erscheinen des ersten Bandes der Reihe 1994 ungebrochener Beliebtheit. Gabriele Schrey-Vasara, geboren 1953 in Rheydt, studierte Geschichte, Romanistik und Finnougristik in Göttingen und lebt seit 1979 in Helsinki. 2008 erhielt sie den Staatlichen finnischen Übersetzerpreis.

1


Die Birkenzweige hingen schlaff in der silbernen Vase. Die ersten Blätter waren bereits abgefallen: Im April gab es nur tiefgekühlte Birkenquaste vom vorigen Sommer zu kaufen. Irgendwer hatte ein Stück Fleischwurst auf den Tourenschlittschuh gespießt. Vielleicht gab es ja im Norden noch Eis, auf dem Oberkommissar Jyrki Taskinen das Geschenk zu seiner Pensionierung testen konnte. Koivu, Puupponen und ich hatten unserem ehemaligen Chef zum Abschied Schlittschuhe geschenkt. Er hätte von nun an Zeit genug, nicht nur an Marathonläufen, sondern auch an Eismarathons teilzunehmen.

Im Kabinett des Hotels Scandic in Espoo war den ganzen Abend lang keine ausgelassene Stimmung aufgekommen, obwohl der Polizeichef und die Vertreter des Personals Taskinen über den grünen Klee gelobt hatten. Ich hatte mich geweigert, eine Rede zu halten. Mit Taskinens Eintritt in den Ruhestand endete gewissermaßen eine ganze Epoche. Er hatte bereits in den 1990er Jahren, als die Espooer Polizei das neue Polizeigebäude in Kilo bezog, eine Führungsposition gehabt, er hatte die Strukturreformen, Zusammenlegungen und Kürzungen miterlebt und in all dem Trubel seine Untergebenen verteidigt wie ein Löwe. Wie oft hatte er vermittelt, wenn ich mit den höchsten Chefs aneinandergeraten war? Natürlich konnte ich selbst für mich eintreten, aber Taskinens Unterstützung war unersetzlich gewesen. Unsere Freundschaft würde nicht mit seiner Pensionierung enden, doch sie würde eine andere Färbung annehmen.

Die Hauptperson des Abends war dabei, sich zu verabschieden, der Polizeichef bestellte ein Taxi. Zwar hatte Taskinen erst das Mindestrentenalter für leitende Polizeibeamte erreicht, doch sein Weggang war für manche eine Erleichterung. Jeder natürliche Abgang schuf die Möglichkeit, die frei gewordene Stelle zu streichen oder mit einer anderen zusammenzulegen. Die Bezahlung im Staatsdienst war immer noch mager, aber nicht mehr langfristig gesichert, das Staatsbrot war in Häppchen zerschnitten worden, die man den Hungrigen jederzeit entziehen konnte.

Nach Taskinens Abschied sollte auch meine Abteilung, die dreiköpfige Einheit für Untypische Gewaltdelikte, aufgelöst werden. Ende Juni würde sie der Einheit für Gewaltverbrechen der Polizei von West-Uusimaa angegliedert werden. Welche Aufgaben auf Puupponen, Koivu und mich warteten, wusste noch niemand. Es war nicht einmal sicher, ob meine Kollegen im Polizeidienst bleiben würden. Puupponen sprach schon seit Jahren von einem Berufswechsel, und Koivu würde möglicherweise ein Sabbatjahr beantragen. Dafür hatte er gewichtige familiäre Gründe.

Koivu hatte sich seit der Geburt seiner Kinder nicht mehr an den Sauftouren der Kollegen beteiligt. An diesem Abend machte er eine Ausnahme. Puupponen zufolge hatte er in der Sauna mindestens drei Bier gezischt, und beim Abendessen hatte er bereitwillig angeboten, neben seinen eigenen Schnäpsen auch die der zwei Autofahrer am Tisch auszutrinken. Beim Hauptgang hatte er fast eine ganze Flasche Wein geleert. Als er aufstand, um sich von Taskinen zu verabschieden, wollten ihm die Beine nicht gehorchen. Zum Glück war Taskinen Herr der Lage und packte den zwanzig Kilo schwereren Koivu an den Schultern, sodass die beiden sich halb umarmten.

«Pekka, richte Anu meine herzlichsten Grüße aus. Ich wünsche euch beiden Kraft. Halte mich auf dem Laufenden», sagte Taskinen. Koivu traten Tränen in die Augen. Er gab keine Antwort, sackte auf seinen Stuhl und stierte die leeren Kognakgläser an, die vor ihm standen.

Ich ging zu Jyrki und umarmte ihn fest. Weitere Zeremonien waren überflüssig, ich hatte mich schon vor einigen Tagen unter vier Augen bei ihm bedankt. Nach kurzem Nachdenken trat ich an Koivus Tisch und beugte mich vor, sodass unsere Gesichter auf gleicher Höhe waren.

«Komm, Pekka, wir gehen. Am besten bleibst du über Nacht bei uns. Iidas Zimmer ist frei, da kannst du deinen Rausch ausschlafen.» Ich fasste Koivu an der Schulter, als wollte ich jemanden gegen seinen Willen in die Ausnüchterungszelle bringen.

«Aber was wird Anu …» Koivu brachte den Satz nicht zu Ende.

«Ich schicke ihr eine SMS, damit sie sich keine Sorgen macht. Komm jetzt. Wir haben Mineralwasser und sauren Hering im Kühlschrank, für morgen früh. Wo ist deine Garderobenmarke?»

Obwohl der Heimweg nur gut einen Kilometer lang war, mussten wir ein Taxi nehmen. Vom Nachtfrost waren die Straßen vereist, und meine Schuhe hatten acht Zentimeter hohe Pfennigabsätze. Zum Glück setzte gerade ein Taxi ein italienisches Paar vor dem Hotel ab, sodass wir sofort einen Wagen bekamen. Der Fahrer warf einen misstrauischen Blick auf Koivu, erhob aber keinen Protest. Ich bugsierte meinen Kollegen auf die Rückbank und kletterte hinterher. Als ich dem Fahrer die Adresse nannte, hellte sich sein Gesicht auf und er drehte das Radio lauter.

Doch das Leid hat mich getroffen

so kann ich jetzt nur noch hoffen

und mich mit letzter Kraft

an das Leben klammern

Erst nachdem der Refrain zum ersten Mal ertönt war, kam mir in den Sinn, dem Fahrer zu sagen, er solle den Sender wechseln oder das Radio ausmachen. Das Humppa-Lied Vom Pech verfolgt der Tanzcombo Metsätähti war überraschend zum Superhit geworden, dem man nicht entgehen konnte, denn er wurde von allen Sendern immer wieder aufgelegt. Aber Koivu musste die Worte, die allzu gut auf sein Leben passten, nicht ausgerechnet jetzt hören, im sentimentalsten Stadium der Trunkenheit.

Unser Haus war dunkel, Antti und Taneli schliefen schon, Iida war mit ihrer Freundin im Sommerhaus in Särkisalo. Als ich die Tür öffnete, flitzte der Kater Jahnukainen heraus. Zehn Minuten später miaute er um Einlass. Er hatte sich nur vergewissert, dass die Gerüche der Außenwelt unverändert waren, und wollte nun neben unserer älteren Katze Venjamin am Fußende unseres Bettes weiterschlafen. Wir hatten jahrelang vergeblich versucht, den Katzen eigene Schlafplätze schmackhaft zu machen. Aber Menschen waren ihrer Meinung nach die besten Bettwärmer.

Koivu schaffte es kaum, sich die Schuhe auszuziehen, bevor er zur Wohnzimmercouch wankte. Hatten wir eine Reservezahnbürste, würde ihm einer von Anttis Pyjamas passen? Pekka war nur ungefähr fünf Zentimeter größer als Antti, aber viel kräftiger gebaut. Doch ein Schlafanzug war im Moment wohl seine kleinste Sorge.

«Pekka, gehen wir in Iidas Zimmer. Die Treppe hoch … So.» Koivu folgte mir willenlos, als sei er froh, keine Entscheidungen treffen zu müssen.

In Iidas Zimmer roch es nach Rosenwasser. Ich zog die Tagesdecke vom Bett, und Koivu legte sich hin, sah mich mit leeren Augen an und war eingeschlafen, bevor ich das Wort Zahnbürste zu Ende gesprochen hatte. Vielleicht war es besser so. Seit der Diagnose war er kaum fähig gewesen, auch nur eine Viertelstunde lang zu vergessen, dass seine elfjährige Tochter Sennu todkrank war.

An sich bedeutete ein Neuroblastom nicht zwangsläufig ein Todesurteil. Krebs war keine annähernd so verhängnisvolle Krankheit mehr wie noch vor einigen Jahrzehnten. Wir hatten uns alle Mühe gegeben, Koivu davon zu überzeugen, doch er hatte beschlossen, mit dem Schlimmsten zu rechnen. Das lag wohl zum Teil an unserem Beruf. Die Polizisten des Gewaltdezernats wurden gerufen, wenn es nur noch wenig oder gar keine Hoffnung mehr gab. Wir sahen das Böse und die schlimmsten Seiten des menschlichen Lebens. Bisher war es Koivu gelungen, Sanftmut und Geduld zu bewahren, im Vernehmungsteam übernahm er meist die Rolle des netten Kerls. Dass er sich besoff, war nur eines der Symptome für seinen Zusammenbruch.

Ich wusch mir das Gesicht, putzte mir die Zähne und stellte ein großes Glas Wasser, Schmerzmittel und Tabletten gegen Reisekrankheit auf Iidas Nachttisch. Dann ließ ich Jahnukainen herein, folgte ihm ins Schlafzimmer und kroch zu Antti ins Bett. Venjamin machte mit beleidigter Miene Platz, Antti murmelte etwas und schlief weiter. Jahnukainen begann zu schnurren. Ich lauschte auf das gleichmäßige, beruhigende Geräusch und versuchte, im gleichen Rhythmus zu atmen. Es würde keinem helfen, wenn ich mich von Trauer und Verzweiflung überwältigen ließ. Doch als der verdammte Pech-Song in meinem Kopf zu spielen begann, wusste ich, dass es nicht leicht sein würde, einzuschlafen.

 

Koivu wirkte die ganze folgende Woche über mürrisch. Am Samstagmorgen hatte er früh um sieben in unserer Toilette im Erdgeschoss herumgepoltert, und als ich hinging und fragte, ob er etwas brauchte, hatte er mich barsch ins Bett zurückgeschickt.

«Ich mach mich auf den Heimweg. Es tut mir gut, zu Fuß zum Bahnhof zu gehen», hatte er gesagt. Seine Augen hinter der Brille hatten Kirschtomaten geglichen, und seine blonden Haare hätten einen Kamm gebrauchen können. Ich ließ ihn gehen und schaffte es, noch ein paar Stunden unruhig zu schlafen. Im Traum versuchte ich den Weg zur Klinik in Jorvi zu finden, verfuhr mich aber immer wieder.

Es war eine erfolgreiche Woche, wir konnten den Ermittlungsbericht über eine Messerstecherei am Bahnhof von Kauklahti an den Staatsanwalt weiterleiten und eine Frau, die ihre Kinder wiederholt misshandelt hatte, dazu bringen, sich in Behandlung zu begeben. Die Kinder waren in Obhut genommen worden, und die Frau klagte, sie vermisse sie. In der Besprechung am Freitag gingen wir die offenen Fälle durch, es waren nicht mehr viele. Wir alle hatten noch Urlaubsanspruch, und wenn nichts Unerwartetes geschah, würden Puupponen und Koivu ihren Urlaub in der Woche vor dem ersten Mai antreten können. Ich selbst würde spätestens Anfang Juni im Ermittlungszimmer unserer Abteilung, der Puupponen den Namen «Club der Seltsamen Wesen»...

Erscheint lt. Verlag 26.3.2016
Reihe/Serie Die Maria Kallio-Reihe
Maria Kallio ermittelt
Übersetzer Gabriele Schrey-Vasara
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Edelsteine • Espoo • finnische Literatur • Finnland • Finnland Krimi • Geldwäsche • Juwelen • Juwelenhandel • Juwelenraub • Krimi • Langlauf • Maria Kallio • Mobbing • Nordische Krimis • Politik • Skandinavien-Krimi • Skandinavische Krimis • Skiunfall • Tapiola • zwölfter Fall
ISBN-10 3-644-31601-5 / 3644316015
ISBN-13 978-3-644-31601-0 / 9783644316010
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