Pater Brown - Das Paradies der Diebe (eBook)

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2021 | 1. Auflage
Nexx (Verlag)
978-3-95870-498-5 (ISBN)

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Pater Brown - Das Paradies der Diebe -  Gilbert Keith Chesterton
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Der gewitzte Pater Brown hat ein gefährliches Hobby: Er löst mysteriöse Kriminalfälle durch Intuition und Einfühlungsvermögen. Dieses Buch enthält 12 seiner schönsten Fälle, wie z. B. »Das Paradies der Diebe«, »Der Mann in der Passage«, »Der Kopf Cäsars« und »John Boulnois' seltsames Verbrechen«.

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Gilbert Keith Chesterton (1874-1936) war ein englischer Schriftsteller und Journalist. Er schrieb Gedichte, Bühnenstücke, Essays, zahlreiche Erzählungen und Romane. Am bekanntesten ist aber seine Romanfigur Pater Brown (Father Brown).

Gilbert Keith Chesterton (1874-1936) war ein englischer Schriftsteller und Journalist. Er schrieb Gedichte, Bühnenstücke, Essays, zahlreiche Erzählungen und Romane. Am bekanntesten ist aber seine Romanfigur Pater Brown (Father Brown).

Die Abwesenheit des Herrn Glaß


 

Die Sprechzimmer des Herrn Doktor Orion Hood, des berühmten Kriminologen und Spezialisten für gewisse moralische Störungen, erstreckten sich längs der Seeseite in Scarborough mit einer Reihe sehr großer, bis an den Boden reichender Fenster, hinter denen die Nordsee wie eine äußere Mauer von bläulich-grünem Marmor zu sehen war. An diesem Ort hatte das Meer irgendetwas von der Monotonie eines bläulich-grünen Postamentes an sich; denn in den Zimmern selbst herrschte eine schreckliche Regelmäßigkeit, nicht unähnlich der erschreckenden Regelmäßigkeit des Meeres. Man darf nicht etwa annehmen, dass die Zimmer des Herrn Doktor Hood des Luxus ermangelten, ja nicht einmal einer gewissen Poesie. Alles dies war da und am rechten Platz; aber man hatte das Gefühl, als dürfte es niemals anderswo sein als am rechten Platz. Luxus war da: auf einem eigens dazu bestimmten Tischchen standen acht oder zehn Schachteln der feinsten Zigarren; aber sie waren nach einem bestimmten System aufgeschichtet, so dass die stärksten der Wand zunächst standen und die leichtesten zunächst dem Fenster. Ein Likörständer mit drei verschiedenen Getränken, alles ausgezeichnete Marken, stand immer auf diesem Luxustischchen; aber phantasievolle Leute haben es bestätigt, dass die Whiskey-, Schnaps- und Rumflaschen immer gleich voll waren. Auch Poesie war da: die linke Ecke des Zimmers war mit einer ebenso vollständigen Sammlung der englischen Klassiker bekleidet, wie die rechte Ecke englische und fremdsprachige Physiologen aufweisen konnte. Doch nahm man einen Band Shelley oder Chaucer aus diesen Reihen, so störte sein Fehlen an seinem Platz ebenso wie eine Zahnlücke zwischen den Vorderzähnen eines Menschen. Man konnte nicht sagen, dass die Bücher niemals gelesen worden waren; wahrscheinlich waren sie es, aber sie erweckten die Vorstellung, als wären sie an ihren Platz angekettet wie die Bibeln in den alten Kirchen. Doktor Hood behandelte seine privaten Bücherregale, als wären sie eine öffentliche Bibliothek. Und wenn diese strikte wissenschaftliche Unantastbarkeit sogar über den mit Lyrik und Balladen angefüllten Regalen lag und über den mit Tabak und Getränken besetzten Tischen, so ist es wohl selbstverständlich, dass noch weit mehr von dieser heidnischen Heiligkeit über den anderen Regalen mit der Bibliothek des Spezialisten waltete und über den anderen Tischen, welche die zerbrechlichen und geheimnisvollen Instrumente eines ärztlichen Laboratoriums trugen.

 

Doktor Orion Hood schritt der Länge nach durch die Flucht seiner Zimmer, welche im Osten – wie es in der Schulgeographie heißt – von der Nordsee und im Westen von den sachkundig zusammengestellten Reihen seiner kriminalistischen und soziologischen Bibliothek begrenzt war. Er trug eine Samtjacke wie ein Künstler, aber nicht mit der Nachlässigkeit eines Künstlers; sein Haar war stark ergraut, aber dicht und gesund; sein Gesicht war schmal, aber sanguinisch und wie in stets gespannter Erwartung. Alles um ihn und in seinem Zimmer erweckte den Eindruck einer gewissen Starrheit und Ruhelosigkeit zugleich, ähnlich diesem großen nördlichen Meer, an dem er – bloß aus hygienischen Rücksichten – sein Haus gebaut hatte.

 

Die heitere Laune des Zufalls öffnete die Tür und führte in diese langen, strengen, seebegrenzten Gemächer einen Mann herein, der vielleicht den überraschendsten Gegensatz zu ihnen und ihrem Besitzer darstellte. Nach einem zwar kurzen, aber höflichen Anklopfen öffnete sich die Tür nach innen, und in das Zimmer stolperte eine unförmige kleine Gestalt, die mit dem eigenen Hut und Schirm nicht fertig zu werden schien, als wären sie eine nicht zu bewältigende Menge Gepäcks. Der Schirm war ein schwarzes, prosaisches Bündel, längst aller Reparatur entwachsen; der Hut, ein breitkrempiger, schwarzer Hut von kirchlicher Form, aber in England nicht gebräuchlich; der Mann war die wahre Verkörperung alles Schlichten und Hilflosen.

 

Der Doktor sah den Ankömmling mit verhaltenem Erstaunen an, so etwa, wie er es gezeigt hätte, wenn irgendein riesiges, doch offensichtlich harmloses Seeungeheuer ins Zimmer gekrochen wäre. Der Ankömmling sah den Doktor mit jener strahlenden, aber atemlosen Offenheit an, wie sie dicken Scheuerweibern eignet, die es eben zustande gebracht haben, sich in einen Omnibus zu zwängen. Es liegt darin ein wirres Gemisch von sozialer Selbstgefälligkeit und körperlicher Unordnung. Der Hut fiel zu Boden, der schwere Schirm glitt mit einem dumpfen Schlag zwischen seine Knie; er griff nach dem einen und bückte sich nach dem anderen, aber zugleich sagte er mit einem unvergleichlichen Lächeln auf dem runden Gesicht folgendes:

 

»Mein Name ist Brown. Entschuldigen Sie, bitte. Ich komme in Sachen dieser Mac Nabs. Wie ich gehört habe, helfen Sie Leuten oft aus solchen Verlegenheiten. Entschuldigen Sie, bitte, wenn ich mich irre.«

 

Jetzt war es ihm mit Mühe gelungen, seines Hutes wieder habhaft zu werden, und er verbeugte sich über ihn hin mit einem seltsamen, kleinen Ruck.

 

»Ich verstehe Sie nicht recht«, erwiderte der Mann der Wissenschaft mit betonter Kühle in seinem Benehmen. »Ich fürchte, Sie haben sich in der Tür geirrt. Ich bin Doktor Hood, und ich arbeite beinahe ausschließlich auf literarischem und erzieherischem Gebiete. Allerdings bin ich manchmal in besonders schwierigen und wichtigen Fällen von der Polizeibehörde konsultiert worden, aber ...«

 

»Oh, die Sache ist ja von der größten Wichtigkeit«, fiel der kleine Mann namens Brown ein. »Ihre Mutter will die Verlobung nicht zugeben.« Und er lehnte sich, strahlend vor Vernünftigkeit, in seinem Stuhl zurück.

 

Herrn Doktor Hoods Stirn war in finstere Falten gezogen, aber die Augen darunter schimmerten in einem seltsamen Licht, das Zorn oder auch Belustigung sein mochte. »Ja, aber«, sagte er, »ich verstehe immer noch nicht.«

 

»Sehen Sie, die beiden wollten heiraten«, sagte der Mann mit dem kirchlichen Hut. »Maggie Mac Nab und der junge Todhunter wollten heiraten. Nun, was kann es Wichtigeres geben?«

 

Seine wissenschaftlichen Erfolge hatten Doktor Orion Hood um mancherlei gebracht – einige Leute sagten, um seine Gesundheit, andere wieder, um seinen Glauben; aber sie hatten ihm nicht gänzlich sein Verständnis für das Absurde geraubt. Bei dieser letzten Darlegung des findigen Priesters platzte der Doktor heraus und warf sich in einen Lehnstuhl mit all dem überlegenen Gehabe des konsultierten Arztes.

 

»Herr Brown«, sagte er ernst, »es sind ganze vierzehn und ein halb Jahre her, seitdem man mich persönlich aufforderte, eine persönliche Sache zu untersuchen: damals war es der Fall eines Giftmordversuches an dem französischen Präsidenten bei Gelegenheit eines Bankettes beim Lord Mayor. Jetzt handelt es sich, soweit ich verstehe, um die Frage, ob irgendeine Freundin von Ihnen namens Maggie die geeignete Braut für irgendeinen ihrer Freunde namens Todhunter ist. Nun, Herr Brown, ich tue es aus Liebhaberei. Ich nehme an. Ich will der Familie Mac Nab so gut raten wie der französischen Republik und dem König von England – nein, besser: um vierzehn Jahre besser. Ich habe heute Nachmittag nichts anderes vor. Erzählen Sie mir Ihre Geschichte.«

 

Der kleine Geistliche namens Brown dankte ihm mit unbestreitbarer Wärme, aber immer noch mit einer seltsamen Art von Einfalt. Es war eher so, als danke er einem Fremden im Rauchsalon für die Gefälligkeit, ihm Streichhölzer gereicht zu haben, nicht aber so, als danke er eigentlich, so wie es hier der Fall war, dem Direktor von Kew Gardens dafür, dass er mit ihm aufs Feld hinausginge, um ein vierblättriges Kleeblatt zu suchen. Der kleine Mann ließ auf seine warmen Danksagungen kaum einen Beistrich folgen, ehe er mit seinem Bericht begann:

 

»Ich habe Ihnen gesagt, dass mein Name Brown sei; nun, so ist es, und ich bin Pfarrer jener kleinen katholischen Kirche, die Sie, wie ich wohl annehmen darf, jenseits der abseitsliegenden Straßen dort drüben bemerkt haben dürften, dort, wo die Stadt im Norden aufhört. In der letzten und am weitesten abliegenden Straße, die längs des Meeres wie eine Mauer läuft, lebt ein zwar ehrbares, aber leicht erregbares Mitglied meiner Gemeinde, eine Witwe namens Mac Nab. Sie hat eine Tochter und vermietet Zimmer; und zwischen ihr und der Tochter, und zwischen ihr und den Mietern – nun, ich darf wohl sagen, dass sich für beide Parteien vieles sagen lässt. Augenblicklich hat sie nur einen Mieter, den jungen Mann namens Todhunter; aber er macht mehr zu schaffen als alle übrigen, denn er will die junge Haustochter heiraten.«

 

»Und die junge Haustochter«, fragte Doktor Hood mit ungeheurer, aber versteckter Belustigung, »was will sie?«

 

»Ja, nun, sie will ihn heiraten«, rief Pater Brown und richtete sich eifrig auf seinem Stuhl empor. »Das ist ja eben die schreckliche Komplikation!«

 

»Es ist wirklich eine verwickelte Geschichte«, sagte Doktor Hood.

 

»Dieser junge James Todhunter«, fuhr der Kirchenmann fort, »ist, soviel ich weiß, ein sehr anständiger Mann; aber schließlich weiß niemand sehr viel. Er ist ein vergnügter, braunhaariger kleiner Kerl, behänd wie ein Affe, glattrasiert wie ein Schauspieler und verbindlich wie ein geborener Fremdenführer. Er scheint hübsch viel Geld zu haben, aber niemand kennt seinen Beruf. Da Frau Mac Nab nun pessimistisch veranlagt ist, scheint sie fest davon überzeugt zu sein, dass es etwas Schreckliches sein muss und wahrscheinlich mit Dynamit zu tun hat. Das Dynamit muss jedoch von diskreter und lautloser Beschaffenheit sein,...

Erscheint lt. Verlag 15.8.2021
Reihe/Serie nexx classics – WELTLITERATUR NEU INSPIRIERT
Pater Braun
Pater Brown-Reihe
Verlagsort Villingen-Schwenningen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Chesterton • Fälle • Hobbydetektiv • Krimis • Paradies • Pater Brown
ISBN-10 3-95870-498-0 / 3958704980
ISBN-13 978-3-95870-498-5 / 9783958704985
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