Einsame Herzen (eBook)

Kriminalroman
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2015 | 1. Auflage
464 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-42518-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Einsame Herzen -  Lotte Hammer,  Søren Hammer
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Unfall oder Mord? Ein einfacher Fall soll es sein, mit dem Kommissar Simonson nach einem Herzinfarkt die Wiedereingliederung beginnt. Wie der Treppensturz von Jørgen Kramer Nielsen. Dies wäre aber kein Krimi des dänischen Geschwisterpaares Hammer, wenn die Frage so simpel wäre. Wenn der Versuch, sie zu beantworten, nicht ganz andere, viel schwerwiegendere Fragen aufwerfen würde. So wird Simonson in ein Geflecht miteinander verwobener Schicksale verwickelt, durch das Lotte und Søren Hammer ihre Leser mit geübter Hand in die Vergangenheit führen, ins Jahr 1969, wo sechs Abiturienten den Klub der einsamen Herzen gründen. Außenseiter sind sie und wollen doch nur dazugehören. Als sie der Ausreißerin Lucy begegnen, scheint plötzlich alles möglich - nur um sich dann auf gefährliche Weise ins Gegenteil zu verkehren.

Lotte Hammer, geboren 1955, lebt wie ihr Bruder Søren Hammer in Frederiksvaerk und ist ausgebildete OP-Krankenschwester. Bevor sie mit dem Schreiben anfing, arbeitete sie als Krankenschwester in Griechenland, Deutschland, Grönland und sogar auf einer Bohrinsel.

Lotte Hammer, geboren 1955, lebt wie ihr Bruder Søren Hammer in Frederiksvaerk und ist ausgebildete OP-Krankenschwester. Bevor sie mit dem Schreiben anfing, arbeitete sie als Krankenschwester in Griechenland, Deutschland, Grönland und sogar auf einer Bohrinsel. Søren Hammer, geboren 1952, lebt wie seine Schwester Lotte in Frederiksvaerk. Er ist Volkshochschullehrer für Mathematik, Dänisch und Englisch. Früher unterrichtete er an einer technischen Schule.

2


Die Entdeckung des Dachbodens und des Mädchens war für Konrad Simonsen als Ermittlungsleiter des Postbotenfalls, wie auch er ihn nun nannte, von größtem Interesse. Außerdem hatte es den positiven Nebeneffekt, dass das Bild des Mädchens ein anderes Bild verdrängte, das ihn seit seiner Operation mehr quälte, als er sich eingestehen wollte.

Seine Tochter Anna Mia und die Comtesse waren anwesend gewesen, als er auf einem Bildschirm verfolgte, wie der Assistenzarzt Dr. Shears mit einem Herzkatheter seine stark verkalkten Herzkranzgefäße weitete. Diesen Film wollte er wirklich nicht noch einmal sehen: ein Fremdkörper, der, gesteuert von den Händen eines anderen, in seinem Herz herumwühlte, war der Inbegriff von Fremdbestimmung. Er hoffte, dass sein nächster Herzanfall schnell und ohne Vorwarnung kam. Schluss und aus. Lieber so, als noch einmal Dr. Shears’ Instrumente in sich zu fühlen.

Ein paar Tage später hatte derselbe Arzt erneut sein Leben in seinen wohlmanikürten Fingern gehalten, dieses Mal verbal. Er hatte sich viel Zeit genommen, wirklich jeden Stein seines Unglücks umzudrehen, eifrig unterstützt von den Stichworten, die Anna Mia und die Comtesse ihm gaben. Der Zusammenhang war ihm nicht mehr ganz präsent, wohl aber die unangenehmen Worte: Hinterwandinfarkt, verengte Herzarterien, Ballondilatation, Kreislaufprobleme, Raucherlunge, Diabetes, Medikation, Rekonvaleszenz. Er hatte auf unverständliches Fachwissen gehofft, mehr Distanz, war aber enttäuscht worden. Anna Mia schrieb all die beängstigenden Dinge mit, und die Comtesse diskutierte mit dem Arzt, nickte ernsthaft und stellte immer wieder neue relevante Fragen. Er selbst sagte nichts. Hockte im Bademantel in einem Scheiß-Rollstuhl. Wie sollte man denn in einem Bademantel rational denken? Außerdem brauchte er Zeit, um die Botschaft überhaupt zu erfassen. Wenn er denn noch Zeit hatte.

Als Abschiedsgeschenk bekam er eine Farbfotografie seiner fatal zugerichteten Pulsadern, und als wäre das noch nicht genug gewesen, erläuterte der Arzt ihm, was gesund war und wo der Tod lauerte. Das Bild: ein schlampig geknüpfter Teppich in Rottönen mit vielen kleinen, blauen Punkten. Das waren die verräterischen Kalziumkristalle, die nur darauf warteten, sich übereinanderzustapeln, um seinem Leben ein jähes Ende zu bereiten.

Seit jenem Tag suchte ihn dieser Teppich wieder und wieder heim und vermieste seine Stimmung. Besonders schlimm war es vor dem Einschlafen. In jenen Momenten musste er sich immer zusammenreißen, um nicht nach unten zur Comtesse zu gehen und mit ihr darüber zu reden. Aber er hielt den Mund, wollte auf keinen Fall wehleidig und jämmerlich wirken, und was sollte es helfen, darüber zu reden? Inzwischen hatte sich das Problem von selbst gelöst, er dachte beim Einschlafen nicht mehr an den roten Teppich, sondern an die Bilder des Mädchens aus der Spiegelgalerie des Postboten. Wer war sie, und was wollte sie von ihm? Eine klare Verbesserung.

Die Ermittlungen befanden sich im Postbotenfall allerdings in einem Dilemma.

Dass Jørgen Kramer Nielsen junge Frauen dafür bezahlt hatte, nackt in seiner Wohnung herumzulaufen, und dass er sich eine aparte Spiegelgalerie auf seinem Dachboden eingerichtet hatte, war sicher Grund genug, um den vorhersehbaren Bericht für die Polizeipräsidentin auszusetzen. Es reichte aber nicht, um Ressourcen für eine weitergehende Ermittlung zu beanspruchen. Pauline und er mussten weiter zu zweit den Fall bearbeiten. Noch immer deutete nichts darauf hin, dass der Tod des Postboten mehr als ein Unfall war. Er musste die kriminaltechnische Untersuchung und Kurt Melsings Einschätzung der Handyfotos abwarten. Seine Meinung über die Lage des Toten war entscheidend. Andererseits konnte das dauern. Der Fall hatte keine Priorität, für Konrad eine ungewohnte Situation. Er versuchte, sich zwar selbst davon zu überzeugen, dass ihm das sicher guttat, ärgerte sich andererseits aber darüber. Ein einziges Mal hatte er versucht, die Sache zu beschleunigen, als er zufällig in Arne Pedersens Büro gewesen war.

Nachdem er ein paar Minuten über Wind und Wetter geredet hatte, sagte er beiläufig: »Kannst du nicht mal Melsing anrufen und ihn dazu bringen, sich etwas mehr auf den Postboten zu konzentrieren? Ohne einen Kommentar von ihm komme ich nicht weiter.«

»Würdest du das an meiner Stelle tun?«, lautete Arne Pedersens Antwort.

Er war gegangen, beleidigt und ruhelos, und war auf dem Flur dann auch noch mit der Comtesse zusammengestoßen, bei der er sich bitter beschwert hatte, doch auch sie hatte nur entgegnet, er solle mal ein paar Tage freimachen, und hatte ihn dann einfach stehenlassen.

Der Tag verging mit der Befragung von Hans Ulrik Gormsen. Sie dauerte eine Viertelstunde und führte zu nichts, da das Handy des Beamten den Toilettentod erlitten hatte, nachdem er im Februar den toten Postboten fotografiert hatte. Die Kriminaltechnik musste sich also mit den Ausdrucken begnügen, die sie bereits hatte. Ansonsten stimmte die Aussage des Mannes mit den anderen Zeugenaussagen überein, die Konrad Simonsen gesammelt hatte. Außerdem war Hans Ulrik Gormsen ein ziemlich unerträglicher Besserwisser, weshalb Konrad Simonsen ihn mehr als gerne gehen ließ, als er nichts Neues mehr beizutragen wusste. Er hoffte inständig, ihn nie wiederzusehen.

Anschließend rief er Pauline Berg an. Er hatte sie beauftragt, allgemeine Informationen über Jørgen Kramer Nielsen zu sammeln, damit sie sich ein generelles Bild über den Mann machen konnten. Die Details hatte er ihr überlassen, damit sie beschäftigt war. Sie war mit ihren Untersuchungen noch nicht am Ende, freute sich aber über seinen Anruf. Erleichtert stellte Konrad fest, dass er mit dem Gegenteil gerechnet hatte. Er sah auf seine Armbanduhr. Noch etwas mehr als zwei Stunden, bis er abgeholt wurde.

* * *

Am Samstag unternahm er den täglichen Spaziergang, dieses Mal gemeinsam mit seiner Tochter. Anna Mias Laune war kaum zu toppen. Beide trugen Jogginganzüge und Turnschuhe, ein leichter Septemberregen fiel, und die umliegenden Einfamilienhäuser wirkten bereits wie im Winterschlaf. Ein alter Chevrolet mit vier jungen Leuten überholte sie langsam und durchbrach mit Hupen und Johlen die Stille. Anna Mia winkte fröhlich zurück, und sie beantworteten ihren Gruß, indem sie mit quietschenden Reifen Gas gaben.

»Toll, mit dir zu walken«, sagte sie. »Darauf habe ich so lange gehofft.«

Ihre Laune war ansteckend, und Konrad Simonsen lächelte. Auch er begann seine Spaziergänge zu schätzen, wenn auch vielleicht nur aus dem einzigen Grund, in diesen Momenten einmal nicht nach seinen Zigaretten zu schmachten. Selbst im Schlaf vermisste er das Rauchen, jedenfalls kam ihm das manchmal so vor.

»Für dich ist das sicher nicht der Rede wert, du bist ja jung und fit. Und vernünftig.«

»Kleinvieh macht auch Mist. Hast du eigentlich bemerkt, wie es dir zunehmend leichter fällt?«

»Nein, eigentlich nicht.«

»Anfangs hat dich das Gehen so angestrengt, dass du dabei nicht reden konntest, und inzwischen schnaubst du auch nicht mehr wie ein Schwein.«

Sie hatte recht, daran hatte er nicht gedacht.

»Schweine schnauben nicht. Das machen Pferde, oder vielleicht Kühe und Hirsche, aber keine Schweine.«

»Und Ermittlungsleiter.«

»Der, der vor dir steht, nicht.«

»Warte, bis wir mit dem Laufen anfangen, aber alles zu seiner Zeit. Erzähl doch mal, wie läuft es denn mit deiner Arbeit? Hat es dir gutgetan, wieder anzufangen? Sind die Kollegen nett zu dir? Und hat eure eisige Chefin dir einen Fall gegeben?«

Er bat sie routinemäßig, ein bisschen mehr auf ihre Wortwahl zu achten, wenn sie über die Polizeipräsidentin sprach, und berichtete dann mit wenig Enthusiasmus über den Postbotenfall.

»Ein Mord, ich muss schon sagen. Ich dachte, du wolltest es etwas ruhiger angehen. War der Fall in der Zeitung?«

»Das ist vor mehr als einem halben Jahr passiert, und ob er ermordet wurde, ist unsicher. Aber genau das soll ich, wenn möglich, herausfinden.«

»Und jetzt sammelst du Beweise, damit ihr ihn wieder ausgraben könnt?«

»So einfach geht das nicht. Außerdem ist er eingeäschert worden.«

»Klingt nach einem unlösbaren Fall. Wie gehst du bei so was vor?«

»Ich versuche, mir einen Überblick zu verschaffen.«

»Papa, wer ist Rita?«

Typisch für sie, wechselte sie übergangslos das Thema. Ihre Mutter war genauso gewesen, was ihn seinerzeit ziemlich geärgert hatte. Bei seiner Tochter hatte er sich an diese Eigenschaft inzwischen gewöhnt.

»Warum fragst du, mein Mädchen?«

»Musst du mich immer mein Mädchen nennen? Wenn du unbedingt was sagen musst, dann meinen Namen.«

Sie hatte recht, sie war kein Mädchen mehr. Sie war im dritten Jahr auf der Polizeischule und studierte parallel Jura. Wie weit sie da war, wusste er nicht genau. Wohl aber, dass sie zu den wenigen einer Versuchsordnung gehörte, deren Studium parallel zur Polizeiausbildung staatlich gefördert wurde. Ansonsten führte sie ein vernünftiges Leben. Zu vernünftig, fand er oft.

»Entschuldige bitte. Warum fragst du danach, Anna Mia?«

Sie ignorierte seine Provokation.

»Nathalie hat mir erzählt, dass du sie nach dem Aufwachen mit Rita angesprochen hast.«

Nur Anna Mia nannte die Comtesse konsequent beim Vornamen. Er versuchte, das Thema mit einem Grunzen zu beenden.

»Nathalie wird dich sicher auch noch fragen.«

»Ja, davon gehe ich aus.«

Kurz darauf begann sie aufs Neue.

»Warum willst du nie über dich selbst reden? Also wirklich über dich? Über deine Gefühle.«

»Ich verspüre den Drang, eine zu rauchen, und empfinde eine ungeheure...

Erscheint lt. Verlag 26.11.2015
Reihe/Serie Ein Fall für Konrad Simonsen
Übersetzer Maike Dörries, Günther Frauenlob
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 60er Jahre • Amoklauf • Dänemark • Krimi • Skandinavien
ISBN-10 3-426-42518-1 / 3426425181
ISBN-13 978-3-426-42518-3 / 9783426425183
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