Orientalische Frauenmärchen (eBook)

Zum Erzählen und Vorlesen

Hannelore Marzi (Herausgeber)

eBook Download: PDF | EPUB
2015 | 1. Auflage
192 Seiten
Königsfurt-Urania Verlag GmbH
978-3-86826-322-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Orientalische Frauenmärchen -
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Das gemeinsame Merkmal der ausgewählten Märchen: Sie stellen Frauen in den Mittelpunkt, Frauen unterschiedlichen Standes und Alters in ihren Rollen als Ehefrauen, Mütter, Töchter und Schwestern. Diese Frauen versuchen ihr Leben auf unterschiedliche Weise zu meistern. Ihre Bemühungen sind nicht immer von Erfolg gekrönt - das orientalische Märchen ist realistischer als das europäische -, aber sie setzen ihre Waffen geschickt ein: List, Klugheit und Lebenserfahrung, Mut und Geistesgegenwart.Hannelore Marzi ist eine bekannte Märchenerzählerin und hat Orientalistik studiert.

Als Lehrerin und Pädagogin begeisterte sie Sprache und die Literatur der arabischen Länder und der Türkei besonders. Darum begann Sie das Studium der Orientalischen Philologie. Durch den Volkskundler Pertev Naili Boratav lernte Hannelore Marzi türkische Märchensammlungen kennen, Stil und Inhalt faszinierten sie und sie begann die Märchen zu übersetzen und zu erzählen. Inzwischen ist, nach Sprechausbildung und Schauspielunterricht, längst daraus ein Beruf geworden. Hannelore Marzi erzählt europäische und orientalische Märchen für Erwachsene und für Kinder, in Bibliotheken, Museen, Theatern und Schulen, über den deutschsprachigen Raum hinaus. Oft stellt sie ein Zitat aus einem zeitgenössischen Roman oder ein Gedicht dem Märchenabend voran, um zu zeigen, dass die Themen der alten Märchen nichts von ihrer Aktualität verloren haben. Ihre Erzählabende im In- und Ausland sowie Fortbildungsseminare für Lehrer begeistern Jung und Alt.

Als Lehrerin und Pädagogin begeisterte sie Sprache und die Literatur der arabischen Länder und der Türkei besonders. Darum begann Sie das Studium der Orientalischen Philologie. Durch den Volkskundler Pertev Naili Boratav lernte Hannelore Marzi türkische Märchensammlungen kennen, Stil und Inhalt faszinierten sie und sie begann die Märchen zu übersetzen und zu erzählen. Inzwischen ist, nach Sprechausbildung und Schauspielunterricht, längst daraus ein Beruf geworden. Hannelore Marzi erzählt europäische und orientalische Märchen für Erwachsene und für Kinder, in Bibliotheken, Museen, Theatern und Schulen, über den deutschsprachigen Raum hinaus. Oft stellt sie ein Zitat aus einem zeitgenössischen Roman oder ein Gedicht dem Märchenabend voran, um zu zeigen, dass die Themen der alten Märchen nichts von ihrer Aktualität verloren haben. Ihre Erzählabende im In- und Ausland sowie Fortbildungsseminare für Lehrer begeistern Jung und Alt.

Die Frau, die den Wesir
zum Lachen brachte


Es wird erzählt, daß zu der Zeit des Kalifen Harun al Raschid in Bagdad ein Oberster der Polizei lebte, der sein Amt auf das Trefflichste verwaltete, so daß der Kalif über die Maßen mit ihm zufrieden war. In Wahrheit aber war dieser Oberste nur ein mittelmäßiger Mensch, der sich in allen Dingen Rat bei seiner klugen Frau Dalila zu holen pflegte, doch dies war niemandem bekannt.

Eines Tages nun starb der Oberste und ließ seine Frau in nicht gerade glänzenden Vermögensverhältnissen zurück. Deshalb ging Dalila einige Zeit nach dem Tode ihres Mannes zu dem Wesir des Kalifen und bat ihn, er möge für sie und ihre Tochter ein Ruhegehalt aussetzen. Der Wesir verweigerte dies jedoch und sprach: »Dein Mann war ein tüchtiger Beamter und hat sich wahrlich große Verdienste erworben. Aber eben weil er so tüchtig war, sind wir, wie du weißt, gezwungen gewesen, an seiner Stelle zwei neue Oberste der Polizei zu ernennen. Ein einzelner vermag eine solche Aufgabe nicht zu erfüllen, es sei denn, er wäre so klug, wie dein Mann es war. Durch das doppelte Gehalt sind unsere Kassen nun aber derart belastet, daß für Ruhegehälter kein Geld mehr bleibt.«

»So bin ich, Herr, eines Gehaltes weniger würdig als deine beiden Obersten?« fragte Dalila. »Was sie können, kann ich auch und bin wohl wert, was sie dich kosten!« Da lachte der Wesir und sprach: »Ich glaube gern, daß du allerlei von deinem Mann gelernt hast. Doch daß du, eine Frau, dadurch auch so klug geworden bist wie ein Oberster der Polizei, nein, das glaube ich nicht!«

Dalila lächelte und hütete sich, dem Wesir zu offenbaren, daß zu Lebzeiten ihres Mannes immer und allein sie es gewesen war, welche dessen kluge Entscheidungen gefällt hatte, denn sie wollte das Andenken ihres Mannes nicht schmälern. So erwiderte sie nur: »Gib mir drei Tage Zeit, Herr, damit ich dir beweisen kann, daß ich klüger bin als deine beiden Obersten und für die Sicherheit und Ordnung dieser Stadt und die Zufriedenheit ihrer Bewohner von weit höherem Wert!«

»Es sei!« antwortete der Wesir und sicherte Dalila das Ruhegehalt für den Fall zu, daß ihr der Beweis gelinge.

Am nächsten Morgen stand Dalila in aller Frühe auf, doch legte sie nicht wie gewöhnlich ihre schönen, reichen Gewänder an, sondern verkleidete sich. Sie gab sich das Aussehen und den Anschein einer jener armen Frauen, die mit einem Wasserkrug herumgehen und den Gläubigen für Gotteslohn zu trinken geben. Dann ging sie zu dem Haus eines der neuen Obersten der Polizei, der ein alter Mann war und eine junge Frau besaß. Die beiden hatten alles, was sie sich wünschten, nur keine Kinder, und darüber grämten sie sich sehr. Dalila wußte dies und hatte vor, es sich für den Schabernack, den sie den beiden spielen wollte, zunutze zu machen.

Vor dem Haus des Obersten wartete sie, bis die junge Frau aus dem Fenster blickte. Dann ging sie hin, grüßte den Türhüter und schenkte ihm einen Becher Wasser ein. Der Türhüter dankte, sprach ein »Im Namen Gottes« und trank. Als er aber ausgetrunken hatte, fand er auf dem Boden des Bechers ein Goldstück, welches Dalila beim Einschenken heimlich aus ihrem Ärmel in den Becher hatte gleiten lassen. Da der Türhüter ein ehrlicher Mann war, zeigte er Dalila das Goldstück. Sie tat überrascht und rief: »Der Herr, dessen treue Dienerin ich bin, hat meine Gebete erhört und mich wieder einmal in der Weise gesegnet, daß zugleich mit dem Wasser, welches ich einem Gläubigen einschenke, ein Goldstück in den Becher rollt! Da ich allen irdischen Gütern entsagt habe, so behalte du, was der Allbarmherzige in seiner großen Güte gespendet hat!«

Der Türhüter war hocherfreut. Er rief die anderen Diener, um ihnen das Goldstück zu zeigen, und es entstand großer Aufruhr, der die Neugierde der jungen Frau des Obersten weckte. Sie rief hinunter und wollte wissen, was geschehen war. Als sie es erfuhr, ließ sie die Alte zu sich herauf bringen –, und genau das war es, was Dalila gehofft hatte.

Die junge Frau fragte die Alte, ob es wahr sei, daß derjenige Gold im Becher finde, dem sie einschenke, worauf Dalila antwortete: »O Herrin, ich diene Gott ohne Unterlaß mit Gebeten, und bisweilen segnet er mein Tun auf diese Weise.« Sie schenkte der jungen Frau ein, und siehe, da fiel abermals ein Goldstück in den Becher! Die junge Frau verwunderte sich sehr darüber und fragte weiter: »Da dich Gott so reich mit seiner Gnade segnet, so kannst du wohl auch sonst allerlei bewirken, was andere nicht vermögen?«

Dalila, die sehr wohl wußte, worauf die junge Frau hinauswollte, erwiderte: »O Herrin, Herrin, überschätze meine schwachen Kräfte nicht! Soweit ich es vermag, helfe ich gern. Sag mir nur frei, was dich bedrückt!«

Da sprach die Frau des Obersten: »Ich bin nun schon so lange verheiratet und habe noch immer kein Kind. Kannst du mir nicht ein Mittel nennen, das mir meinen Herzenswunsch erfüllt?«

»Ich selbst kann dies nicht«, antwortete Dalila, »doch kenne ich einen Arzt, der schon vielen geholfen hat, die in der gleichen Lage waren, wie du es bist. So Gott will, wird er auch dir helfen. Komm nur gleich mit mir!«

Auf ihrem Weg durch die Stadt wußte Dalila es so einzurichten, daß sie an dem Laden eines jungen Schusters vorbeikamen, von dem allgemein bekannt war, daß er eine Frau suchte und meinte, auf eine Tochter aus den ersten Häusern Anspruch zu haben, weil er ein überaus schöner junger Mann war. Dalila bat die Frau des Obersten, sich einen Augenblick zu gedulden; sie wolle dem jungen Schuster dort drüben nur eben ein Glas Wasser einschenken. Dann ging sie zu ihm und flüsterte mit ihm: »Siehst du die junge Frau dort drüben? Ich bin von ihren Eltern beauftragt, ihr einen Mann zu suchen. Sie ist schön und reich und aus guter Familie, und da du ihr gefallen hast, will ich ihr die Liebe tun, dich ihren Eltern als Bewerber vorzustellen. Wenn du einverstanden bist, so folge uns, und wenn du uns ein Haus betreten siehst, tritt hinter uns ein und warte am Fuße der Treppe, bis ich dich rufe!«

Der junge Schuster fühlte sich durch diese Rede geschmeichelt, und da er sah, daß die Fremde von schöner Gestalt und reich gekleidet war, zögerte er nicht, den beiden Frauen zu folgen. Als sie einige Straßen weit gegangen waren, blieb Dalila bei dem Laden eines Töpfers stehen, von dem sie wußte, daß er ein reicher Mann war, der sein kümmerliches Töpfergeschäft nur aus Geiz weiter betrieb. Wieder bat sie die Frau des Obersten, sich ein wenig zu gedulden, ging und sprach zu dem Töpfer: »Wohlhabende Leute haben mich beauftragt, ihnen ein geräumiges Haus zu mieten, wie dir eines leersteht. Gib mir die Schlüssel, damit ich der Frau in meiner Begleitung das Haus zeigen kann!« Der Töpfer erkannte an den kostbaren Kleidern der Frau des Obersten, daß sie aus reichem Hause stammte, und händigte Dalila die gewünschten Schlüssel ohne Bedenken aus.

Bald darauf betraten die beiden Frauen das Haus des Töpfers. Dalila führte die Frau des Obersten in ein Zimmer im ersten Stockwerk und bedeutete ihr, dort zu warten; der berühmte Arzt werde gleich erscheinen. Dann ging sie und winkte den jungen Schuster herauf. Sie führte ihn heimlich in ein Nebenzimmer und forderte ihn auf, sich zu entkleiden, »denn«, so erklärte sie ihm, »die Eltern des Mädchens wollen dich durchs Schlüsselloch betrachten, um zu sehen, ob du ohne Fehl bist«.

Der eitle junge Schuster fing sogleich an, seine Kleider abzulegen, worauf Dalila ihn verließ –doch nicht, ohne zuvor seinen Gürtel an sich zu nehmen, in dem er einen Beutel mit Geld verborgen hatte. Sie lief auf die Straße und gab einem der dort herumlungernden Burschen ein paar Münzen, damit er zu dem Obersten laufe und ihm ausrichte, er möge schleunigst in das Haus des Töpfers kommen, denn dort hinein habe man seine Ehefrau mit einem jungen Mann gehen sehen: o Schrecken, o Schande! Dann lief sie zu dem Töpfer und sprach: »Komm schnell mit mir! Die reiche Frau will dein Haus für dreißig Dinar im Jahr mieten und den Vertrag gleich an Ort und Stelle mit dir abschließen!«

Dem Töpfer hüpfte das Herz im Leibe, als er dies vernahm, denn der Betrag von dreißig Dinar überstieg den tatsächlichen Mietwert des Hauses bei weitem. Er rief deshalb einen Eseltreiber, der in der Nähe auf Kundschaft wartete, und hieß ihn, den Laden während seiner Abwesenheit zu bewachen. Der Eseltreiber band seinen Esel neben dem Laden fest und setzte sich auf den Stuhl des Töpfers mitten unter die Töpferwaren.

Als Dalila mit dem Töpfer dessen Haus betrat, ließ sie ihn vorangehen und machte sich auf halber Treppe aus dem Staub, was der...

Erscheint lt. Verlag 23.11.2015
Verlagsort Kiel
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Märchen / Sagen
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Anthologie • Frauenmärchen • Märchen aus aller Welt • märchen flüchtlinge • märchen frauen • märchen naher osten • märchen orient • Märchensammlung • märchen süden • märchen wüste • Orientalische Märchen • türkei märchen • türkische Märchen • unbekannte Märchen • Volksmärchen
ISBN-10 3-86826-322-5 / 3868263225
ISBN-13 978-3-86826-322-0 / 9783868263220
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