Der Sturz des Mubarak-Regimes: Ägypten unter ökonomischem Druck (eBook)
52 Seiten
Bachelor + Master Publishing (Verlag)
978-3-95549-508-4 (ISBN)
Leon Keller, B.A., wurde 1985 in Bremen geboren. Das Studium der Politikwissenschaft und Geschichte schloss er im Jahre 2012 erfolgreich ab. Der theoretische Teil der vorliegenden Arbeit entstand aus der Beschäftigung mit der Autoritarismusforschung währe
Leon Keller, B.A., wurde 1985 in Bremen geboren. Das Studium der Politikwissenschaft und Geschichte schloss er im Jahre 2012 erfolgreich ab. Der theoretische Teil der vorliegenden Arbeit entstand aus der Beschäftigung mit der Autoritarismusforschung während des Studiums. Internationale Beziehungen stellten ebenfalls einen Schwerpunkt im Studium dar, deren Thematik sich der Autor nun vertiefend widmet.
Textprobe: Kapitel 3.1, Neopatrimonialismus unter Staatspräsident Husni Mubarak: Das Verhältnis von Staat und Gesellschaft in Ägypten ist seit Nasser von einem Sozialvertrag zwischen Herrschern und Bevölkerung geprägt. Das Versprechen von Wohlstand und Entwicklung im Austausch gegen Loyalität garantierte die Absenz fundamentaler politischer Forderungen nach Reformen. Politische Partizipation erfolgte in kontrollierbaren Institutionen wie Einheitsgewerkschaften und -parteien (Harders 2008: 3). Herrschaftslegitimation wurde also mit umfangreichen Subventions- und Sozialleistungen erkauft. Letztere nehmen durch ökonomische Liberalisierungsprozesse und die Stärkung des Privatsektors ab, nicht zuletzt auch durch das extreme Bevölkerungswachstum der letzten Jahrzehnte (Demmelhuber 2010: 139). Der neue 'Sozialvertrag der Informalität' hingegen, bietet aufgrund neoliberaler Wirtschaftsreformen wenige wohlfahrtsstaatliche Leistungen. Besonders den sozial schwächeren Gruppen werden nun informelle Teilhabemöglichkeiten anstatt einklagbarer Rechte geboten. Informelle klientelistische Beziehungen bestimmen das tägliche Handeln der Menschen in der Gesellschaft. So leben die armen Bewohner Kairos in riesigen informellen Stadtteilen, der Strom und das Wasser werden illegal aus den Netzen abgezweigt. Netzwerke in der Nachbarschaft, der Herkunft und der Familie sind überlebenswichtig (Harders 2008: 3). Während hier gezeigt werden kann, dass die gesamte ägyptische Gesellschaft von neopatrimonialen Strukturen durchzogen ist, spielen diese im Machtzentrum der politischen Eliten eine besondere Rolle. Letztere weisen im ägyptischen System eine heterogene Struktur auf, da sie im Gegensatz zu den abgeschotteten Zirkeln sozialer Gruppen, Cliquen und Familien wie in Syrien, Irak und den meisten Golfstaaten, den Zugang zur Kernelite offen hält. Präsident Mubarak ist an der Spitze der politischen Machtelite positioniert und besitzt dort die absolute personalisierte Macht über die einzelnen Säulen des ägyptischen Staates. Die Polarisation der Eliten besteht laut Albrecht zwischen den Ministerien, der dominanten Staatspartei NDP, der Bürokratie und dem Militär, welche alle um finanzielle Ressourcen, Posten und Einfluss wetteifern (Albrecht 2005: 380). Thomas Demmelhuber erweitert die rivalisierenden Akteure zusätzlich auf Geheimdienst, Wirtschaftseliten, Gewerkschaftsfunktionäre, Gerichtsbarkeiten und religiöse Institutionen wie die al-Azhar-Universität. Die Kernelite ist laut Demmelhuber die Präsidentenfamilie mit ihrem engsten Beraterstab. Sie spielt die verschiedenen Akteure gegeneinander aus und verhindert somit die Entstehung paralleler Machtzentren zu ihrem eigenen (Demmelhuber 2010: 140). Die Logik autoritärer Überlebensstrategien beschreibt der ägyptische Kommentator Ayman al-Amir wie folgt: 'Autocracies perpetuate themselves in power through a supporting, beneficiary elite. This is not the standard electorate that votes governments and presidents in and out of office in decent democracies. Rather, they consist of exclusive special interest groups and include security officials, business tycoons, regime propagandists and self-serving political aspirants. To guarantee loyalty, the elite have to be awarded special privileges and lucrative incentives. They often stand to lose everything, and risk legal prosecution, should the alliance of interests collapse. So they are bonded to the regime and become its main apologists' (Blaydes 2011: 8). Maye Kassem zeigt anhand einer Untersuchung für die 1990er Jahre, das Mubarak über ein personalisiertes Netzwerk ihm ergebener Bürokraten, Akademiker und Militärs das gesamte politische System dominiert (Kassem 1999: 32). Jedoch nahm vor allem durch die Privatisierungsreformen der neuen Regierung seit 2004 die Bedeutung des öffentlichen Sektors ab. Die traditionell sehr starke Position der Bürokratie im politischen Machtgefüge Ägyptens erfuhr eine Schwächung. Die Beamtenschaft, die als privilegierte follower Mubaraks galten und selbst stark an der Aufrechterhaltung des Status Quo interessiert waren, ist zahlenmäßig immer kleiner geworden (Strohmayer 2007: 279). Lisa Blaydes sieht kompetitive politische Wahlen in Ägypten als einen zunehmend wichtigen Weg des Regimes, die Verteilung von Ressourcen an rent-seeking-Eliten zu steuern. Diese Perspektive steht im Kontrast zu der Annahme, ökonomische Liberalisierung würde auch gleichzeitig die Weiterentwicklung demokratischer Entscheidungsprozesse zur Folge haben. Ökonomische Liberalisierung führt zu einem Einbruch der Ressourcen des ägyptischen Regimes und dadurch zu Einschränkungen in der Fähigkeit sich politischen Support zu erkaufen (Blaydes 2011: 47). Das neopatrimoniale Herrschaftsstrukturen im ägyptischen System existieren und damit der Neopatrimonialismus einen geeigneten Erklärungsansatz liefert, konnte hier offenkundig dargelegt werden.
Erscheint lt. Verlag | 1.2.2015 |
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Zusatzinfo | 11 Abb. |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Geschichte |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Herrscher • Instabilität • Naher Osten • neopatrimonial • Revolution |
ISBN-10 | 3-95549-508-6 / 3955495086 |
ISBN-13 | 978-3-95549-508-4 / 9783955495084 |
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