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Shutter Island (eBook)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
432 Seiten
Diogenes (Verlag)
978-3-257-60705-5 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
10,99 inkl. MwSt
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Die US-Marshals Daniels und Aule sollen im Fall einer Kindsmörderin ermitteln, die von der Gefängnisinsel Shutter Island geflohen ist. Als sie dort ankommen, erhalten sie verschlüsselte Botschaften, die sie immer tiefer in den düsteren Bau und die Machenschaften der Ärzte führen. Nichts ist so, wie es scheint. Dennis Lehanes raffiniert komponiertes Meisterwerk um Wahn und Angst in neuer Übersetzung.

Dennis Lehane, irischer Abstammung, geboren 1965 in Dorchester, Massachusetts, hat bisher 14 Romane veröffentlicht, vier davon wurden verfilmt, darunter die Weltbestseller ?Shutter Island? und ?Mystic River?. Lehane unterrichtete Kreatives Schreiben unter anderem an der Harvard University und ist erfolgreicher Produzent und Drehbuchautor, zuletzt für die Apple-TV+-Serie ?In with the Devil?. Dennis Lehane lebt in Südkalifornien.

[15] 1

Der Vater von Teddy Daniels war Fischer gewesen. Im Jahr ’31, Teddy war damals elf Jahre alt, hatte er mit seinem Boot Schiffbruch erlitten. Für den Rest seines Lebens heuerte er auf anderen Booten an, wenn es dort Arbeit gab, und wenn nicht, entlud er an den Docks Frachtgut. Er legte lange Strecken zu Fuß zurück und um zehn Uhr vormittags saß er dann zu Hause in einem Sessel und starrte seine Hände an. Manchmal wurden seine Augen groß und dunkel, und er redete leise mit sich selbst.

Als Teddy ein kleiner Junge gewesen war, hatte er ihn zu den Inseln mitgenommen. Teddy war noch zu jung, um auf einem Boot von großem Nutzen zu sein – er konnte gerade mal Seile entwirren und Haken losbinden. Ein paar Mal schnitt er sich, und seine Hände waren blutverschmiert.

Sie fuhren in der Dunkelheit hinaus, und als die Sonne aufging, war sie wie kaltes Elfenbein, das sich aus dem Horizont schob, und die Inseln tauchten aus dem schwindenden Nebel auf, zusammengedrängt, als ob man sie bei etwas ertappt hätte.

Teddy sah kleine, pastellfarbene Hütten am Strand einer Insel, ein zerfallenes Anwesen aus Kalkstein auf einer anderen. Sein Vater zeigte ihm das Gefängnis auf Deer Island und die imposante Festung auf Georges Island. Auf [16] Thompson Island waren die Bäume voller Vögel, und ihr Gekreisch klang wie ein Hagelschauer auf Glas.

 Hinter ihnen allen lag die Insel namens Shutter wie etwas, das von einer spanischen Galeone heruntergeworfen worden war. Damals, im Frühjahr ’28, war die Insel lange Zeit sich selbst überlassen gewesen. Sie war völlig überwuchert, und die Festung, die sich auf ihrem höchsten Punkt erhob, verschwand fast unter Schlingpflanzen und Moos.

»Warum heißt sie Shutter?«, fragte Teddy.

Seine Vater zuckte die Schultern. »Du mit deinen Fragen. Immer stellst du Fragen.«

»Ja, aber warum?«

»Manche Orte bekommen einfach einen Namen, und der wird dann von allen benutzt. Wahrscheinlich haben Piraten die Insel so genannt.«

»Piraten?« Das gefiel Teddy. Er konnte sie vor sich sehen – große Männer mit Augenklappen, hohen Stiefeln und schimmernden Schwertern.

Sein Vater sagte: »Hier hatten sie ihre Verstecke.« Sein Arm beschrieb einen weiten Bogen. »Auf diesen Inseln. Hier haben sie sich selbst versteckt. Und ihr Gold.«

Teddy stellte sich Kisten vor, die von Goldmünzen überquollen.

Später musste er sich mehrmals heftig übergeben. In weitem Schwall spritzte das Erbrochene über die Bootswand ins Meer.

Sein Vater war überrascht, denn sie waren bereits stundenlang unterwegs gewesen und der Ozean glitzerte flach und still in der Sonne. Er sagte: »Ist schon in Ordnung. Ist ja dein erstes Mal. Deswegen musst du dich nicht schämen.«

[17] Teddy nickte und wischte sich mit einem Lappen, den sein Vater ihm gegeben hatte, den Mund ab.

Sein Vater sagte: »Manchmal gibt es Bewegungen, die fühlst du erst, wenn sie in dir hochkriechen.«

Noch ein Nicken, denn Teddy brachte es nicht über sich, seinem Vater zu sagen, dass es keine Bewegung gewesen war, die ihm den Magen umgedreht hatte.

Es lag an all dem Wasser. Es erstreckte sich so weit um sie herum, als ob sonst nichts von der Welt geblieben wäre. Teddy hatte das Gefühl, dass es sogar den Himmel schlucken könnte. Bis zu diesem Augenblick hatte er nicht geahnt, dass sie so allein waren.

Er sah zu seinem Vater hoch, mit tränenden roten Augen, und sein Vater sagte: »Das wird wieder«, und Teddy versuchte zu lächeln.

Im Sommer ’38 fuhr sein Vater auf einem Bostoner Walfänger aus und kehrte nie wieder zurück. Im nächsten Frühjahr wurden Teile des Schiffes am Nantasket Beach von Hull angespült, der Stadt, in der Teddy aufwuchs. Ein Stück vom Kiel, eine Kochplatte, in deren Unterteil der Name des Kapitäns graviert war, Dosen mit Tomaten- und Kartoffelsuppe, einige löchrige und verformte Hummerfallen.

Der Trauergottesdienst für die vier Fischer fand in der Kirche St. Theresa statt, die direkt an der Küste jenes Ozeans stand, der so viele ihrer Gemeindemitglieder das Leben gekostet hatte, und Teddy stand da und hörte die Reden auf den Kapitän, den ersten Maat und den dritten Fischer, einen alten Seebären namens Gil Restak, der mit einer zerschmetterten Ferse und zu vielen hässlichen Bildern im Kopf aus [18] dem Ersten Weltkrieg heimgekehrt war und seitdem in den Kneipen von Hull Angst und Schrecken verbreitet hatte. Doch mit dem Tod, so einer der Barmänner, sei alles vergeben und vergessen.

Der Schiffseigner Nikos Costa räumte ein, dass er Teddys Vater kaum gekannt habe, dass dieser im letzten Moment angeheuert habe, als ein Mitglied der Mannschaft sich beim Sturz von einem Lkw das Bein gebrochen hatte. Doch der Kapitän hatte voller Anerkennung über ihn gesprochen und gesagt, jedermann in der Stadt wisse, dass er seinen Mann stehen könne. Und welches höhere Lob konnte es geben?

Als er dort in der Kirche stand, erinnerte sich Teddy an den Tag auf dem Boot seines Vaters, weil sie danach nie wieder hinausgefahren waren. Sein Vater hatte es zwar immer wieder versprochen, aber Teddy hatte verstanden, dass er das nur sagte, damit sein Sohn seinen Stolz bewahren konnte. Sie hatten nie wirklich über das gesprochen, was an jenem Tag geschehen war, aber als sie durch die Reihe der Inseln nach Hause fuhren, hatten sie einen Blick ausgetauscht. Shutter Island lag hinter ihnen, Thompson noch vor ihnen, und die Skyline der Stadt schien so deutlich und nah zu sein, als ob man eines der Hochhäuser an der Spitze fassen und hochheben könne.

»Das macht das Meer«, sagte sein Vater und strich mit der Hand über Teddys Rücken, während sie am Heck lehnten. »Manche Menschen kommen damit klar. Manche Menschen gewöhnen sich nie daran.«

Und er sah Teddy so an, dass Teddy wusste, welche Art von Mensch aus ihm wohl werden würde.

[19] Um im Jahr ’54 dort hinzukommen, nahmen sie die Fähre aus der Stadt und passierten eine Ansammlung anderer kleiner, vergessener Inseln – Thompson und Spectacle, Grape und Bumpkin, Rainford und Long – die sich im Meer förmlich festzukrallen schienen mit ihren kümmerlichen Bäumen, die zwischen harten Sandbänken und knochenweißen Felsen emporwuchsen. Mit Ausnahme regelmäßiger Zulieferungsfahrten an den Dienstagen und Samstagen verkehrte die Fähre unregelmäßig, und man hatte im Innenraum alles abgeschraubt bis auf das Blech, mit dem der Boden verkleidet war und zwei Stahlbänke, die unter den Fenstern standen. Die Bänke waren im Boden verankert, und an beiden Seiten erhoben sich dicke schwarze Pfosten. Handfesseln hingen wie Spaghetti von ihnen herab.

Heute jedoch transportierte die Fähre keine Patienten zum Irrenhaus, nur Teddy und seinen neuen Partner Chuck Aule, einige Postsäcke aus Segeltuch und ein paar Kisten mit medizinischen Vorräten.

Für Teddy begann die Überfahrt damit, dass er würgend vor der Toilette kniete, während der Schiffsmotor tuckerte und klapperte und ihm die schweren Gerüche von Benzin und spätsommerlicher See in die Nase stiegen. Es war bloß Wasser, das zögerlich aus ihm herausströmte, und dennoch zog seine Kehle sich zusammen und sein Magen drückte gegen die Speiseröhre.

Dem letzten Schwall folgte ein gewaltiger Rülpser, der ihm den Brustkorb zu zerreißen schien, und Teddy sank zurück auf den Metallboden. Er wischte sich mit einem Taschentuch über das Gesicht und dachte, dass dies ganz gewiss nicht die Art sei, wie man eine Partnerschaft beginnt.

[20] Er konnte sich genau vorstellen, wie Chuck seiner Frau zu Hause von der ersten Begegnung mit dem sagenhaften Teddy Daniels erzählte: »Der Bursche mochte mich so sehr, Schatz, dass er erst mal kotzen ging.« Falls er überhaupt eine Frau hatte – noch nicht einmal das wusste Teddy bislang.

Seit seinem Ausflug als kleiner Junge war Teddy nie mehr gern auf See gewesen. Ihm bereitete das Fehlen des Festlands, der Sichtbarkeit von Festland kein Vergnügen, von Dingen, die man mit der ausgestreckten Hand berühren konnte, ohne dass sie sich verflüchtigten. Man redete sich ein, dass alles in Ordnung sei – denn das war es, was man tun musste, wenn man ein größeres Gewässer überqueren wollte –, aber es war nicht in Ordnung. Selbst im Krieg war es weniger die Erstürmung der Küste gewesen, die er am meisten gefürchtet hatte, als vielmehr jene letzten Meter von den Booten zum Strand, auf denen man durchs Wasser pflügte und einem seltsame Wesen über die Stiefel glitten.

 Dennoch war er lieber draußen an Deck, stellte sich dem Wasser in der frischen Luft, als hier drinnen zu bleiben, wo es übelerregend warm war und alles schlingerte.

Als er sicher sein konnte, dass der Anfall vorbei war, sein Magen nicht länger blubberte, sein Kopf nicht länger schwindelte, wusch er sich Hände und Gesicht und warf einen prüfenden Blick in den kleinen Spiegel über dem Waschbecken. Das Glas war vom Meersalz zerfressen, und nur in der Mitte konnte Teddy sein Spiegelbild sehen: Es war das Gesicht eines immer noch recht jungen Mannes mit militärischem Bürstenschnitt. Aber in den Falten dieses Gesichts zeichneten sich der Krieg und die Jahre seitdem ab, [21] und seine Vorliebe für den doppelten Kitzel von Jagd und Gewalt spiegelte sich in einem Blick wider, den Dolores einmal »hundetraurig« genannt hatte.

Ich bin zu jung für so einen Gesichtsausdruck, dachte Teddy.

Er richtete seinen Gürtel, sodass Pistole...

Erscheint lt. Verlag 25.11.2015
Übersetzer Steffen Jacobs
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Alcatraz • Blockbuster • DiCaprio • DiCaprio, Leonardo • Gefängnis • Leonardo • Martin • Mystic River • Psychopharmaka • Psychothriller • Scorsese • Scorsese, Martin • Thriller • Unheimlich • Verfolgungswahn
ISBN-10 3-257-60705-9 / 3257607059
ISBN-13 978-3-257-60705-5 / 9783257607055
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