Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 6 (eBook)

Folge 6

(Autor)

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2015 | 1. Auflage
272 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-30998-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 6 -  Bastian Sick
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Das Letzte aus dem Irrgarten der deutschen Sprache Zwölf Jahre ist es her, da begann ein Fischlein namens Zwiebelfisch seine abenteuerliche Reise durch den Irrgarten der deutschen Sprache. Viel hat es dabei erlebt und zahlreiche Freunde gewonnen. Die Kolumnen des Zwiebelfischs wurden unter dem Titel »Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod« zu einem der größten Bestseller des Jahrzehnts und der Zwiebelfisch unter seinem Klarnamen Bastian Sick zu einer bekannten Größe der deutschen Unterhaltungskunst. Seit 2004 sind fünf Bände erschienen, die sich millionenfach verkauften. Nun erscheint der sechste und letzte Teil. Darin stellt der Autor noch einmal einige besonders bemerkenswerte sprachliche Phänomene vor. Total verrückte Filmtitel, rätselhafte Abkürzungen, stillose Werbung und die Abschaffung der Schreibschrift sind nur ein paar seiner Themen. Außerdem enthalten: Sicks schmissige »Ode an den Konjunktiv« und seine Antwort auf die Frage einer Schülerin »Was ist Liebe?«

Bastian Sick, geboren in Lübeck, studierte Geschichtswissenschaft und Romanistik. Während seines Studiums arbeitete er als Korrektor für den Hamburger Carlsen-Verlag. 1995 wurde er Dokumentationsjournalist beim SPIEGEL, 1999 wechselte er in die Redaktion von SPIEGEL ONLINE. Dort schrieb er ab 2003 die Sprachkolumne »Zwiebelfisch«. Aus diesen heiteren Geschichten über die deutsche Sprache wurde die Buchreihe »Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod«. Es folgten zahlreiche Fernsehauftritte und eine Lesereise, die in der »größten Deutschstunde der Welt« gipfelte, zu der 15.000 Menschen in die Köln-Arena strömten. Seitdem war Bastian Sick mehrmals mit Bühnenprogrammen auf Tournee, in denen er eine neuartige Mischung aus Lesung, Kabarett und Quizshow präsentierte. In vierzehn Jahren schrieb er vierzehn Bücher.

Bastian Sick, geboren in Lübeck, studierte Geschichtswissenschaft und Romanistik. Während seines Studiums arbeitete er als Korrektor für den Hamburger Carlsen-Verlag. 1995 wurde er Dokumentationsjournalist beim SPIEGEL, 1999 wechselte er in die Redaktion von SPIEGEL ONLINE. Dort schrieb er ab 2003 die Sprachkolumne »Zwiebelfisch«. Aus diesen heiteren Geschichten über die deutsche Sprache wurde die Buchreihe »Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod«. Es folgten zahlreiche Fernsehauftritte und eine Lesereise, die in der »größten Deutschstunde der Welt« gipfelte, zu der 15.000 Menschen in die Köln-Arena strömten. Seitdem war Bastian Sick mehrmals mit Bühnenprogrammen auf Tournee, in denen er eine neuartige Mischung aus Lesung, Kabarett und Quizshow präsentierte. In vierzehn Jahren schrieb er vierzehn Bücher.

Inhaltsverzeichnis

Die unglaubliche Geschichte der total verrückten Filmtitel


Es gab eine Zeit, in der durch freie Übersetzung die bemerkenswertesten Filmtitel entstanden – kraftvoll und poetisch die einen, aberwitzig und haarsträubend die anderen. Diese Kultur geht langsam verloren, denn kaum ein Filmverleiher macht sich heute noch die Mühe, englische Filmtitel zu übersetzen. Und wenn, dann verpasst er dem Film einen anderen englischen Titel.

Am Wochenende legte ich mal wieder »Die Flüchtigen« in meinen DVD-Spieler, eine französische Komödie aus dem Jahr 1986 mit Pierre Richard und Gérard Depardieu. Einigen dürfte dieser Film noch unter einem anderen Titel bekannt sein, denn als ich ihn vor mehr als 20 Jahren zum ersten Mal im deutschen Fernsehen sah, hieß er noch »Zwei irre Typen auf der Flucht«. Erst später hat man ihm die wörtliche Übersetzung des Originaltitels »Les fugitifs« verpasst, als das Zeitalter der »durchgeknallten und total verrückten« deutschen Filmtitel endgültig vorbei war. Und was war das für eine Zeit! Da wurden mannigfaltige Kracher gezündet, die einem noch heute die Haare zu Berge stehen lassen.

 

Einige dieser Übersetzungen sind geradezu legendär: Die amerikanische Komödie »Stripes« (1981) mit Bill Murray wurde bei uns unter dem wegweisenden Titel »Ich glaub, mich knutscht ein Elch!« bekannt. Die Komödie »Airplane!« (1980), eine Parodie auf die erfolgreichen »Airport«-Filme der 70er-Jahre, hieß auf Deutsch »Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug«. Nicht ganz so knapp wie der Originaltitel, dafür umso unglaublicher und verrückter. Unglaublich und verrückt ging es auch in der Komödie mit Bette Midler und Danny DeVito aus dem Jahr 1986 zu: Aus »Ruthless People« (wörtlich: »Skrupellose Leute«) wurde im Deutschen »Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone«. Eine andere beispielhaft übersetzte Komödie mit Bette Midler ist »Outrageous Fortune« (1987). Der Titel basiert auf einem Shakespeare-Zitat, genauer gesagt auf dem Hamlet-Monolog, und hätte daher die entsprechende deutsche Übersetzung »Wütendes Geschick« verdient. Doch hierzulande fürchtete man offenbar, das Kinopublikum mit Shakespeare zu überfordern, und entschied sich lieber für einen Titel, der weniger literarisch klang: »Nichts als Ärger mit dem Typ«.

 

Auch nach der Jahrtausendwende wurde noch manche spektakuläre Übersetzung geprägt: Auf einer Familienfeier im Jahr 2004 erzählte mir meine Tante Karla von einem Film, den sie und Onkel Friedrich während eines Fluges nach Neuseeland gesehen hatten. Onkel Friedrich habe sich köstlich amüsiert, aber leider nicht alles verstanden, weil der Film auf Englisch war. Es sei eine Komödie mit Ben Stiller gewesen. Irgendwas mit Völkerball. »Dodgeball« habe er im Original geheißen, erinnerte sich meine Tante: »Ziemlicher Klamauk, aber Friedrich musste so lachen!« Darum wollte sie ihm den Film zu Weihnachten auf Video besorgen und hatte sich bereits in zwei Fachgeschäften erkundigt, aber niemand konnte mit »Dodgeball« oder »Völkerball« etwas anfangen. »Du bist doch im Internet«, sagte meine Tante, »kannst du da nicht herausfinden, ob es diesen Film überhaupt auf Video gibt?« Das tat ich gern, und wie sich herausstellte, gab es ihn tatsächlich auf Video, allerdings unter einem völlig anderen Titel. Auf Deutsch hieß er: »Voll auf die Nüsse«. Das war meiner Tante so peinlich, dass sie es vorzog, Onkel Friedrich eine Naturdoku über das Leben der Kraniche zu schenken. »Voll auf die Nüsse« bekam er dann von mir.

 

Deutsche Filmübersetzer sahen sich immer dann vor eine besondere Herausforderung gestellt, wenn der englische Filmtitel aus einem Namen bestand, der dem deutschen Publikum höchstwahrscheinlich nichts sagte. Hier war Einfallsreichtum gefragt! Dabei bewiesen die Übersetzer mal mehr Geschick und mal weniger. Ein zweifellos gelungenes Beispiel ist der Woody-Allen-Film »Annie Hall« (1977), der in Deutschland unter dem Titel »Der Stadtneurotiker« bekannt wurde. Gelungen deshalb, weil die eigentliche Hauptfigur nicht Annie Hall (gespielt von Diane Keaton) ist, sondern der höchst neurotische Stadtmensch Alvy Singer alias Woody Allen. Ein jüngeres und nicht ganz so gelungenes Beispiel ist die Komödie »Tamara Drewe« (2010), für die man hierzulande einen Reim erfand, der Goethe vor Neid hätte erblassen lassen: »Immer Drama um Tamara«.

 

In den 80er-Jahren ging man dazu über, immer mehr englische Titel englisch zu lassen und ihnen lediglich einen »erklärenden« deutschen Zusatz anzuhängen. Das war mal passend, so wie bei dem Film »Blind Date – Verabredung mit einer Unbekannten« (1987), der die Erklärung für den Ausdruck »Blind Date« gleich mitlieferte. Meistens aber war der deutsche Zusatz nicht erhellend, sondern einfach nur grotesk. So wurde das Roadmovie »Dudes« (1987) bei uns zu »Dudes – Halt mich fest, die Wüste bebt!«. Und die Danny-DeVito-Komödie »Wise Guys« (1986) lief hierzulande unter dem Titel »Wise Guys – Zwei Superpflaumen in der Unterwelt«. »Reality Bites« (1994) von Regisseur Ben Stiller erhielt den deutschen Zusatz »Voll das Leben«. Und die Kriminalposse »Burn after reading« (2008) kam unter dem ungemein provozierenden deutschen Verleihtitel »Burn after reading – Wer verbrennt sich hier die Finger?« in die Kinos. Angesichts solcher Leistungen muss man dankbar sein, dass das oscarprämierte Epos »Brokeback Mountain« (2005) nicht mit einem deutschen Zusatz wie »Berge der verbotenen Lust« versehen wurde.

 

In den 90er-Jahren brachen im deutschen Filmverleih die letzten Dämme gegen die Übermacht des Englischen. Wurde »Star Wars« 1977 noch mutig mit »Krieg der Sterne« übersetzt, war die Fortsetzung der Trilogie 20 Jahre später auch in Deutschland unter dem Titel »Star Wars« zu sehen. Wie in der Werbung und vielen Dienstleistungen setzte man auch im Filmverleih auf die Anziehungskraft des Englischen. Wer sich auf Titel wie »Pulp Fiction« (1994) oder »Road to Perdition« (2002) keinen eigenen Reim machen konnte, gehörte offenbar nicht mehr zur Zielgruppe. Dabei wäre manchem Titel eine Übersetzung durchaus zuträglich gewesen. Der Bruce-Willis-Film »The Sixth Sense« (1999) wäre als »Der sechste Sinn« deutlich leichter auszusprechen gewesen und hätte den Verkäufern an den Kinokassen manchen Spuckeregen erspart. Auch »Catch me if you can« (2002) mit Tom Hanks und Leonardo DiCaprio hätte als »Fang mich, wenn du kannst« keine schlechte Figur gemacht. Den Franzosen war der Titel noch eine Übersetzung wert: »Arrête-moi si tu peux« heißt er dort.

 

Bizarrerweise bekommen inzwischen viele englische Filmtitel bei der Eindeutschung einen anderen englischen Titel verpasst. Etwas ins Deutsche zu übertragen bedeutet heute offenbar, ein passendes englisches Pendant zu finden. Der US-amerikanische Kriminalfilm »All good things« (2010) kam in Deutschland unter dem Titel »All beauty must die« heraus. Aus »Cradle to the Grave« (2003) (wörtlich: »Von der Wiege bis zur Bahre«) wurde »Born to die«. Der Thriller »Cellular« (2004) hieß bei uns »Final Call – Wenn er auflegt, muss sie sterben«. Das Science-Fiction-Spektakel »Edge of Tomorrow« (2014) mit Tom Cruise erhielt den Titel: »Live, die, repeat«. Und der John-Travolta-Film »Wild Hogs« (2007), wörtlich: »Wildschweine«, wurde in Deutschland zu »Born to be wild«. Sicherheitshalber gab man ihm aber noch einen deutschen Zusatz, nämlich: »Saumäßig unterwegs«.

 

Einst war das Finden eines klangvollen deutschen Titels eine Kunst, die einen englischsprachigen Film veredeln konnte. 1952 drehte James Stewart einen Western mit dem Titel »Bend of the River«. Übersetzt heißt das »Flussbiegung«. Ein ziemlich nichtssagender Titel. Daher fand man einen anderen, der deutlich mehr nach Spannung und Abenteuer klang: »Meuterei am Schlangenfluss«. Auch so mancher Alfred-Hitchcock-Film bekam durch freie Übersetzung einen Titel, der inspirierender war als die englische Vorlage. Die Freiburger Internetseite fudder.de führt ausgerechnet Hitchcocks »Der unsichtbare Dritte« (1959) unter den Top 20 der »bescheuertsten Filmtitelübersetzungen«. Dabei ist das eine der gelungensten. Der Originaltitel »North by Northwest« enthält nichts weiter als eine Richtungsangabe, die für den Filmplot völlig unerheblich ist. Der deutsche Titel hingegen charakterisiert die Rolle, in die der Hauptdarsteller Cary Grant unfreiwillig gerät, und erzeugt durch das Attribut »unsichtbar« mehr Spannung, als es »Nord-Nordwest« je vermocht hätte. Aus dem Jahr 1974 stammt »Spiel mir das Lied vom Tod« – der Westernklassiker aus Italien – mit Henry Fonda in der Hauptrolle. Schon beim Lesen des Titels hört man den unheilvollen Klang der Mundharmonika. Auf Englisch hieß der Film »Once Upon a Time in the West«, wörtlich übersetzt: »Es war einmal im Westen«. Zu harmlos für einen knallharten Italowestern. Mit »Spiel mir das Lied vom Tod« ist den Übersetzern eine deutlich intensivere Titelfindung gelungen.

 

In anderen Fällen ist die Übersetzung vielleicht etwas zu pathetisch geraten: »Don’t look now« (1973), wörtlich »Sieh jetzt nicht her« oder »Jetzt nicht gucken«, erhielt den schwermütigen Titel »Wenn die Gondeln Trauer tragen«. Der James-Dean-Klassiker »Rebel Without a Cause« (wörtlich: »Rebell ohne Grund«) wurde 1955 in Deutschland unter dem Titel »Denn sie wissen nicht, was sie tun« bekannt – ein Zitat aus der Bibel, das noch heute...

Erscheint lt. Verlag 12.11.2015
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Lexikon / Chroniken
Technik
Schlagworte Bastian Sick • Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod • Deutsch • Deutsche Sprache • Eigenheiten • Fehler • Folge 6 • Füllen Sie sich wie zu Hause • Grammatik • Happy Aua • hier ist Spaß gratiniert • Humor • humorvoll • Irrgarten • Kolumne • lustig • Phänomene • Rechtschreibung • Spiegel Online • spon • Sprache • Sprachgebrauch • Sprachkolumne • sprachliche Phänomene • Sprach-Phänomene • Stil • Teil 6 • Wie gut ist ihr Deutsch • Wir braten Sie gern • Zeichensetzung • Zweibelfisch • Zwiebelfisch-Kolumne
ISBN-10 3-462-30998-6 / 3462309986
ISBN-13 978-3-462-30998-0 / 9783462309980
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