MacBest (eBook)

Ein Roman von der bizarren Scheibenwelt
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
352 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-97226-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

MacBest -  TERRY PRATCHETT
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Nachdem er den König erdolcht hat, besteigt der finstere Herzog Felmet gemeinsam mit seiner unausstehlichen Gattin den Thron. Der wahre Thronerbe, ein zweijähriger Junge, wurde indes von fahrenden Schauspielern adoptiert. Nur ein unschlagbares Team kann jetzt noch helfen: der Geist des Königs, Gevatter Tod und Oma Wetterwachs mit ihren hexenden Freundinnen. Gemeinsam ersinnen sie einen unglaublichen Plan, der selbst Shakespeares Macbeth das Fürchten und Lachen zugleich lehren würde ...

Terry Pratchett, geboren 1948 in Beaconsfield, England, erfand in den Achtzigerjahren eine ungemein flache Welt, die auf dem Rücken von vier Elefanten und einer Riesenschildkröte ruht, und hatte damit einen schier unglaublichen Erfolg: Ein Prozent aller in Großbritannien verkauften Bücher sind Scheibenweltromane. Jeder achte Deutsche besitzt ein Pratchett-Buch. Bei Piper liegen der erste Scheibenweltroman »Die Farben der Magie« sowie die frühen Bände um Rincewind, Gevatter Tod, die Hexen und die Wachen vor - Meisterwerke, die unter den Fans einhellig als nach wie vor unerreicht gelten. Terry Pratchett erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den »World Fantasy Lifetime Achievement Award« 2010. Zuletzt lebte der Autor in einem Anwesen in Broad Chalke in der Grafschaft Wiltshire, wo er am 12. März 2015 verstarb.

Schloss Lancre erzitterte. Es erbebte nicht besonders heftig, aber das war auch gar nicht nötig – immerhin schwankte es schon in einer leichten Brise. Ein kleiner Turm neigte sich langsam zur Seite und fiel in die tiefe neblige Schlucht.

Der Narr lag auf den Fliesen und fröstelte im Schlaf. Er wusste die Ehre zu schätzen – wenn es sich tatsächlich um eine Ehre handelte –, aber wenn er im zugigen Flur schlief, träumte er immer von der Narrengilde, hinter deren strengen grauen Mauern er sich durch eine siebenjährige schreckliche Ausbildung geschaudert hatte. Allerdings waren die Fliesen nicht ganz so hart wie die Betten im Gildenhaus.

Anderthalb Meter entfernt klirrte leise eine Rüstung. Die Lanze vibrierte in einer stählernen Faust, sauste wie eine Fledermaus im Sturzflug durch die Luft und prallte dicht neben dem Ohr des Narren auf den Boden.

Er richtete sich auf und stellte fest, dass er noch immer zitterte. Ebenso wie die Steinplatten unter ihm.

In Lord Felmets Zimmer strömten Kaskaden aus Staub vom uralten Himmelbett. Der Herzog erwachte aus einem Traum, in dem ein gewaltiges Ungeheuer ums Schloss gestapft war, und entsetzt dachte er, dass es vielleicht wirklich geschah.

Das Porträt eines vor Äonen gestorbenen Königs fiel von der Wand. Lord Felmet schrie.

Der Narr wankte herein und versuchte, das Gleichgewicht auf einem Boden zu wahren, der sich nun wie Meereswellen hob und senkte. Seine Lordschaft taumelte aus dem Bett und packte ihn am Wams.

»Was ist los?«, zischte er. »Ein Erdbeben?«

»Die sind hier recht selten, mein Lord«, erwiderte der Narr. Er wurde zur Seite gestoßen, als ein Sofa über den Teppich wackelte.

Lord Felmet eilte zum Fenster und blickte über den Wald. Der Mondschein tropfte auf weiße Baumwipfel, die sich in völlig unbewegter Luft von einer Seite zur anderen neigten.

Ein Putzfladen fiel herunter. Der Herzog wirbelte um die eigene Achse, und diesmal griff er so fest zu, dass die Füße des Narren den Bodenkontakt verloren.

Zu dem Luxus, auf den Lord Felmet verzichtete, gehörte auch die Unwissenheit. Er legte großen Wert darauf, ständig zu wissen, was passierte. Die angenehmen Ungewissheiten des Lebens übten keinen Reiz auf ihn aus.

»Die Hexen stecken dahinter, nicht wahr?«, knurrte er. Seine linke Wange begann wie ein Fisch auf dem Trocknen zu zucken. »Sie sind dort draußen, stimmt’s? Sie richten ihren verderblichen Bann auf das Schloss, habe ich recht?«

»Meiner Treu, Onkel …«, begann der Narr.

»Sie regieren dieses Land, oder?«

»Nein, mein Lord, sie haben nie …«

»Wer hat dich gefragt?«

Der Narr zitterte genau entgegengesetzt zum Schloss, und dadurch schien nur er völlig stillzustehen.

»Äh, du, mein Lord«, erwiderte er hilflos.

»Willst du mir etwa widersprechen?«

»Nein, mein Lord!«

»Dachte ich mir. Du bist mit ihnen verbündet, nicht wahr?«

»Mein Lord!«, entfuhr es dem Hofnarren schockiert.

»Alle stehen mit ihnen im Bunde!«, fauchte der Herzog. »Euer ganzer Haufen! Ihr alle seid Rädelsführer!«

Er warf den Narren beiseite, stieß das große Fenster auf und betrat den Balkon. Wütend betrachtete er das schlafende Königreich.

»Hört ihr mich!«, rief er. »Ich bin der König!«

Das Zittern verblüffte den Herzog, indem es abrupt aufhörte. Nach einer Weile fasste sich Lord Felmet wieder und klopfte Mörtelstaub vom Nachthemd.

»Na bitte«, brummte er.

Aber dies war noch schlimmer. Jetzt hörte der Wald zu. Die Worte Seiner Lordschaft verschwanden in einem umfassenden Vakuum aus Stille.

Etwas lauerte dort draußen. Er spürte es deutlich. Es war stark genug, das Schloss durchzuschütteln, und jetzt beobachtete es ihn und lauschte.

Der Herzog wich vorsichtig zurück und tastete nach dem Fensterriegel. Behutsam drückte er die beiden Flügel zu und schloss die Vorhänge.

»Ich bin der König«, wiederholte er leise und sah den Narren an, der daraufhin den Eindruck gewann, dass Lord Felmet etwas von ihm erwartete.

Er ist mein Herr und Lord, dachte er. Ich habe sein Salz gegessen oder wie das heißt. In der Gildenschule hat man mich immer wieder darauf hingewiesen, dass ein Narr seinem Herrn bis zum Ende treu sein muss, auch nachdem ihn alle anderen verlassen haben. Es spielt überhaupt keine Rolle, was ich davon halte. Jeder Monarch braucht einen Narren. Es kommt nur auf Ergebenheit an. Alles andere ist nebensächlich. Ich muss ihm treu bleiben – auch wenn er auf dem besten Weg ist, endgültig überzuschnappen. Ich bin sein Narr, bis einer von uns stirbt.

Voller Entsetzen nahm er zur Kenntnis, dass der Herzog weinte.

Der Narr griff in seinen Ärmel und holte ein ziemlich fleckiges, rotgelbes und mit kleinen Glocken besticktes Taschentuch hervor. Lord Felmet nahm es mit großer Dankbarkeit entgegen und putzte sich die Nase. Dann hielt er das Tuch ausgestreckt und beobachtete es mit furchterfülltem Misstrauen.

»Sehe ich hier vielleicht einen Dolch?«, murmelte er.

»Äh, nein, mein Lord. Weißt du, es ist ein Taschentuch. Man kann den Unterschied feststellen, wenn man genau hinsieht. Es hat nicht so viele scharfe Kanten.«

»Guter Narr«, sagte der Herzog gedankenverloren.

Völlig ausgeklinkt, dachte der Hofnarr. Bei ihm sitzen alle Schrauben locker. Er ist geistig so verdreht, dass man sein Bewusstsein benutzen könnte, um die Korken aus Weinflaschen zu ziehen.

»Knie neben mir nieder, Narr!«

Der Hofnarr gehorchte. Lord Felmet legte ihm eine von schmutzigen Verbänden umhüllte Hand auf die Schulter.

»Bist du mir treu ergeben?«, fragte er. »Kann ich dir vertrauen?«

»Ich habe geschworen, meinem Lord bis zum Tod zu folgen«, antwortete der Narr heiser.

Der Herzog brachte sein vom Wahn gezeichnetes Gesicht ganz nahe an den Narren heran, der in blutunterlaufene Augen blickte.

»Ich wollte es nicht«, hauchte Lord Felmet in einem verschwörerischen Tonfall. »Man hat mich gezwungen. Ich wollte es nicht …«

Die Tür schwang auf. Ihre Ladyschaft füllte den Zugang. Sie hatte fast die gleiche Form.

»Leonal!«, sagte sie scharf.

Der Narr stellte überrascht fest, was mit den Augen des Herzogs geschah. Das irrsinnige rote Feuer verschwand aus ihnen, wurde nach hinten gesaugt, und ein vertrauter blauer, durchdringender Blick kehrte zurück. Er bedeutete nicht, dass Lord Felmet wieder normal geworden war. Selbst sein kühler Verstand kam Wahnsinn gleich. Der Herzog hatte einen Verstand, der wie eine Uhr tickte, und wie bei einer Uhr machte es regelmäßig Kuckuck.

Seine Lordschaft sah ruhig auf.

»Ja, Liebste?«

»Was hat dies zu bedeuten?«, fragte Ihre Ladyschaft.

»Hexen, nehme ich an«, antwortete der Herzog.

»Ich glaube nicht, dass …«, begann der Narr. Lady Felmets Blick brachte ihn nicht nur zum Schweigen, sondern nagelte ihn fast an die Wand.

»Das ist offensichtlich«, sagte sie. »Du bist ein Idiot.«

»Ein Narr, Lady.«

»Das auch«, fügte die Herzogin hinzu und wandte sich wieder an ihren Gemahl.

»So«, verkündete sie und lächelte grimmig, »sie fordern uns noch immer heraus, wie?«

Lord Felmet zuckte mit den Schultern. »Wie soll ich gegen Magie ankämpfen?«

»Mit Worten«, sagte der Narr, ohne vorher nachzudenken. Er bedauerte es sofort. Herzog und Herzogin starrten ihn an.

»Wie bitte?«, fragte Ihre Ladyschaft.

Der Narr ließ verlegen seine Mandoline sinken.

»In … In der Gilde haben wir gelernt, dass Worte noch mächtiger sein können als Magie.«

»Clown!«, platzte es aus Lord Felmet heraus. »Worte sind nur Worte. Oder Wörter. Kurze Silben. Stöcke und Steine brechen meine Gebeine …« Er legte eine kurze Pause ein und genoss den nächsten Gedanken. »Aber Worte sind nicht imstande, mich zu verletzen.«

»Vielleicht doch, mein Lord«, wandte der Narr ein. »Wenn man die richtigen verwendet. Zum Beispiel … Lügner! Usurpator! Mörder!«

Der Herzog zuckte zurück und klammerte sich an den Armlehnen des Throns fest.

»Natürlich enthalten solche Worte keine Wahrheit«, fuhr der Narr hastig fort. »Aber sie können sich wie ein unterirdisches Feuer ausbreiten, bereit dazu, nach oben zu dringen und zu verbrennen …«

»Das stimmt, das stimmt!«, schrillte der Herzog. »Ich höre sie die ganze Zeit.« Er beugte sich vor. »Es sind die Hexen!«, zischte er.

»Dann, dann, dann müssen sie mit anderen Worten bekämpft werden«, sagte der Narr. »Mit Worten, die selbst bei Hexen wirken.«

»Welche Worte meinst du?«, fragte die Herzogin nachdenklich.

Der Narr zuckte mit den Achseln. »Vettel. Unheilsbringerin. Böses altes Weib.«

Ihre Ladyschaft hob eine buschige Braue.

»Eigentlich bist du gar nicht so närrisch«, sagte sie langsam. »Du meinst Gerüchte.«

»Nichts anderes, Lady.« Der Narr rollte mit den Augen. Warum habe ich nicht geschwiegen?, dachte er kummervoll.

»Es sind die Hexen«, flüsterte Lord Felmet. Seine Stimme galt dem Rest des Multiversums. »Wir müssen die Welt vor den Hexen warnen. Sie sind böse. Sie lassen es zurückkehren, das Blut. Sogar Schmirgelpapier hilft...

Erscheint lt. Verlag 8.6.2015
Reihe/Serie Terry Pratchetts Scheibenwelt
Übersetzer Andreas Brandhorst
Sprache deutsch
Original-Titel Wyrd Sisters
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Buch • Bücher • discworld • Fantasy Bücher • Fantasy Klassiker • Hexen • Humor • Humorvolle Fantasy • Lancre • lustig • Macbeth • Magrat Knoblauch • Nanny Ogg • Oma Wetterwachs • Pratchett • Scheibenwelt • Scheibenwelten • Scheibenwelt Fans • Scheibenwelt romane • Thron • Tod
ISBN-10 3-492-97226-8 / 3492972268
ISBN-13 978-3-492-97226-0 / 9783492972260
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