Roter Schmetterling (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

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2015 | 1. Auflage
416 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-42410-0 (ISBN)

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Roter Schmetterling -  Sam Eastland
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Sommer 1941: Hitlers Truppen marschieren scheinbar unaufhaltsam voran, über Russland wird ein deutsches Aufklärungsflugzeug abgeschossen. Darin findet sich ein Gemälde, das auf den ersten Blick einen großen Nachtfalter darstellt. Doch Inspektor Pekkala erkennt in dem Gemälde einen getarnten Grundriss der Zarenresidenz im ehemaligen St. Petersburg. Daraufhin argwöhnt Stalin, dass es die Deutschen auf das legendäre Bernsteinzimmer abgesehen haben, und schickt Pekkala in die belagerte Stadt.

Sam Eastland ist das Pseudonym des amerikanischen Schriftstellers Paul Watkins, geboren 1964, der sich auch mit literarischen Werken einen Namen gemacht hat. Seinen ersten Roman veröffentlichte er im Alter von sechzehn Jahren. Mit seiner Familie lebt er in Hightstown, New Jersey.

Sam Eastland ist das Pseudonym des amerikanischen Schriftstellers Paul Watkins, geboren 1964, der sich auch mit literarischen Werken einen Namen gemacht hat. Seinen ersten Roman veröffentlichte er im Alter von sechzehn Jahren. Mit seiner Familie lebt er in Hightstown, New Jersey.

Russland


August 1941

Dreihundert Meter über der russischen Front kreiste zwischen den dichten Wolken ein deutsches Aufklärungsflugzeug und suchte nach einem Landeplatz. Bei der Maschine handelte es sich um eine Fieseler Fi 156, die wegen der breiten Tragflächen und ihres spindeligen Fahrwerks »Storch« genannt wurde. Der Pilot Hanno Kosch war Hauptmann der Luftwaffe. Hinter ihm saß der Leutnant der Waffen-SS Karl Hagen und klammerte sich nervös an seine Aktentasche.

Eine Stunde zuvor war der Storch auf einer vorgeschobenen Operationsbasis der Heeresgruppe Nord außerhalb der Stadt Luga gestartet, sein Ziel war eine Graspiste in der Nähe des nordöstlich gelegenen Dorfes Wyriza.

Kosch neigte die Maschine und hielt nach Landschaftsmerkmalen Ausschau, die mit der Karte auf seinen Knien übereinstimmten. »Ich seh sie nicht«, sagte er und drehte sich zu seinem Passagier um.

»Vielleicht sollten wir umkehren«, erwiderte Hagen. Er hatte sich nach vorn gebeugt und musste brüllen, um sich im Motorenlärm verständlich zu machen.

»Dafür ist es zu spät«, kam es vom Piloten. »Ich hab Sie vor einer halben Stunde gefragt, da haben Sie abgelehnt. Jetzt reicht der Treibstoff nicht mehr, wenn wir nach Luga zurückwollen. Wenn wir die Piste in Wyriza nicht finden, müssen wir irgendwo notlanden und uns zu Fuß durchschlagen.«

Der Storch wurde von Turbulenzen erfasst und hin und her geworfen. Hagen fasste die Aktentasche noch fester.

»Was haben Sie eigentlich da drin?«, fragte Kosch mit Blick nach hinten.

»Etwas, was ich abgeben muss.«

»Ja, aber was?«

»Wenn Sie es unbedingt wissen wollen. Ein Gemälde.«

»Ein Gemälde? Was Wertvolles? So was wie einen Rembrandt?«

»Was Wertvolles, ja. Aber einen Rembrandt, nein.«

»Kann ich es mal sehen?«

»Das kann ich nicht erlauben.«

»Na, kommen Sie schon! Damit ich wenigstens weiß, wofür ich hier mein Leben aufs Spiel setze.«

Hagen überlegte. »Gut, kann ja nicht schaden, wenn Sie einen Blick drauf werfen.« Er drückte auf die Messingschließe, zog eine kleine holzgerahmte Leinwand aus der Aktentasche und hielt sie nach vorn, damit Kosch sie sehen konnte.

»Verdammt«, sagte Kosch. »Was ist das? Ein Schmetterling?«

»Eigentlich ein Nachtfalter.«

»Sieht gar nicht nach was Besonderem aus.« Kosch zuckte mit den Schultern. »Aber mit der Kunst hab ich es ja nicht so.«

»Ich kann damit genauso wenig anfangen«, sagte Hagen, schob das Gemälde wieder in die Tasche und ließ die Schließe zuschnappen. »Ich will das Ding bloß loswerden, und dann hoffe ich, dass ich nie mehr in einen Flieger muss. Ich hasse das Fliegen. Ich hab mich doch nicht verpflichtet, weil ich mich unter die Vögel mischen wollte.«

»Sie werden auch nicht mehr lange in der Luft bleiben«, sagte ihm Kosch. »Und ich auch nicht, unser Treibstoff reicht nämlich nur noch für fünf Minuten.«

»Wie haben wir den Landeplatz bloß verpassen können?«, fragte Hagen.

»Bei der dichten Bewölkung wären wir sogar an der Reichshauptstadt vorbeigeflogen!«, antwortete Kosch. »Es hat keinen Sinn, Leutnant. Ich werde nach einer geeigneten Stelle Ausschau halten.« Mit diesen Worten leitete er den Sinkflug ein. Regentropfen platschten gegen das Plexiglas der Kabine. Unter ihnen glitten im trüben Sommerabendlicht die Strohdächer eines russischen Dorfes vorbei. Hinter den weißgetünchten Häusern erstreckten sich weite Felder mit Weizen, Gerste und Roggen, durch die sich rötlich braune, unbefestigte Wege zogen. Von den Menschen keine Spur. So war es auch bei den anderen Dörfern gewesen, über die sie in der vergangenen Stunde geflogen waren. Die gesamte Bevölkerung schien sich in Luft aufgelöst zu haben.

»Was ist das?«, rief Hagen plötzlich. »Dort unten! Schauen Sie!«

Kosch folgte Hagens ausgestrecktem Arm und entdeckte eine weite Rasenfläche mit Flanierwegen. Am Ende des Parks erhob sich ein stattliches blau-weißes Gebäude mit Hunderten von Fenstern, deren Goldrahmen zwischen dem satten Grün schimmerten. Seitlich davon befand sich ein weiteres großes, allerdings weniger prächtiges Gebäude. Über das gesamte Gelände waren kleinere Bauten verstreut, dazu mehrere große Teiche. Koschs Begeisterung für die architektonische Schönheit hielt aber nicht lange an, denn sofort wurde ihm klar, wie weit sie von ihrem geplanten Kurs abgekommen waren.

»Herrlich«, entfuhr es Hagen widerstrebend. »Ich wusste gar nicht, dass es in Russland so was überhaupt noch gibt. Sieht ja fast wie ein Palast aus.«

»Das ist ein Palast!«, erwiderte Kosch. »Das ist das alte Zarendorf, Zarskoje Selo. Die Sowjets haben es in Puschkin umbenannt. Das war die Sommerresidenz des Zaren Nikolaus II. Das da ist der Katharinenpalast, und dort drüben der Alexanderpalast, der Lamski-Teich und das Chinesische Theater. Das weiß ich alles, weil ich mal Architektur studiert habe.«

»So, dann wissen wir jetzt also, wo wir sind«, sagte Hagen, »und dann können Sie mir sicherlich auch sagen, wie weit wir von unserem Zielort entfernt sind.«

Kosch sah auf seine Karte. »Laut Karte befinden wir uns fast dreißig Kilometer hinter den russischen Linien.«

»Dreißig Kilometer!«, brüllte Hagen los. »Hauptmann, ist Ihnen klar, dieses Bild …«

Kosch ließ ihn gar nicht ausreden. »Auf Kurs Nord-Nordwest können wir unsere Linien vielleicht noch erreichen, bevor uns der Sprit ausgeht.« Kosch drehte scharf bei, richtete das kleine Aufklärungsflugzeug nach Westen aus und brachte es auf einen Kurs, der direkt über das gewaltige Dach des Katharinenpalasts hinwegführte.

»Sieht verlassen aus«, sagte Hagen und drückte die Stirn gegen das Plexiglas der Seitenscheibe. »Wo sind denn alle hin?«

Plötzlich bockte die Maschine, als wäre sie gegen eine unsichtbare Wand geflogen. Der Schlag wurde von einem Geräusch begleitet, das Hagen an die Kieselsteine erinnerte, die er als kleiner Junge gegen die verrostete Wellblechhütte im Garten seines Großvaters geworfen hatte. »Was war das?«, schrie er. »Was ist los?«

Gleißende Leuchtspurgeschosse rauschten an den Tragflächen vorbei, Kugeln fraßen sich in den Rumpf. Im gleichen Augenblick stob weißer Kühlmitteldampf aus der Motorabdeckung.

Das Feuer verstummte, sobald sie das Palastgelände hinter sich gelassen hatten.

»Wir müssen außerhalb ihrer Reichweite sein«, sagte Hagen.

»Zu spät«, erwiderte Kosch. »Die haben uns schon erwischt.«

»Was soll das heißen? Wir fliegen doch noch.«

»Wir müssen runter«, sagte Kosch, »bevor der Motor Feuer fängt. Halten Sie nach einem Feld oder einer Straße Ausschau, möglichst ohne Telegrafenleitungen.«

»Wir sind hinter den feindlichen Linien!«

»Auf dem Boden haben wir eine Chance. Hier oben haben wir keine mehr.«

Sekunden vergingen. Der Motor begann zu stottern, die Temperaturanzeige stieß in den roten Bereich vor.

»Wie wär’s damit?«, fragte Hagen und zeigte an der Steuerbord-Tragfläche vorbei. »Ist das eine Landebahn?«

Kosch starrte durch die mittlerweile verschmierte Scheibe. »Könnte gehen! Dort können wir es probieren.«

»Gott sei Dank!«, murmelte Hagen.

Kosch lachte. »Ich dachte, ihr von der SS glaubt nicht an Gott.«

»Ich glaube an alles, was mich wieder sicher auf die Erde bringt.«

Der Storch kreiste einmal über dem Flugplatz. Am Ende der Bahn stand ein Hangar, dessen matt olivgrünes Dach mit schwarzem Tarnmuster bemalt war.

Kosch richtete die Maschine für den Landeanflug aus, fuhr die Landeklappen nach unten, drosselte damit die Geschwindigkeit, nahm Gas weg und setzte zur Landung an.

Die Maschine hüpfte einmal auf ihren Stelzenbeinen, bevor sie endgültig aufsetzte. Silbrige Wassertropfen sprühten auf, als die Räder durch das Gras rollten.

Der Pilot würgte den Motor ab, und die Fieseler hielt am Ende der kurzen Landebahn. Der Propeller kam zum Halt, und Kosch drückte auf die Metallscheibe an seiner Brust, durch die die vier Sitzgurte miteinander verbunden waren, drehte sie nach links und löste die Gurte.

Hagen kämpfte noch mit seinen Gurten, von denen sich einer im Lederhalfter seiner P 38 verheddert hatte, der Handfeuerwaffe für SS-Offiziere.

Kosch fasste nach hinten und kam ihm zu Hilfe.

Dann klappte er die Kabine auf, kletterte hinaus und sprang auf den Boden. Hagen folgte.

Die beiden Männer sahen sich um. Die Hangartore waren verschlossen, frische Reifenspuren zeigten aber an, dass vor kurzem jemand da gewesen sein musste. Noch immer nieselte es leicht.

»Wenn wir uns beeilen«, sagte Kosch, »sollten wir in ein paar Stunden die eigenen Linien erreichen. Die Russen müssen gesehen haben, dass wir runtergegangen sind. Wenn wir Glück haben, sind sie aber so sehr mit ihrem Rückzug beschäftigt, dass sie sich gar nicht um uns kümmern.«

Ein metallisches Knarren ließ sie zusammenfahren. Beide drehten sich um. Die Hangartore glitten langsam auf. Ein Gesicht tauchte aus der Dunkelheit auf, dann trat der ganze Mann heraus. Er war ein Offizier der Roten Armee. Das Olivgrün seiner Gymnastiorka, der rote Stern an der Mütze und die Tokarew-Halbautomatik, die er in der rechten Hand hielt, ließen keinen anderen Schluss zu. Um die Brust hatte er einen breiten braunen Ledergurt geschlungen, an dem das Halfter für seine Pistole befestigt war.

Zwei weitere Männer kamen aus der Dunkelheit. Sie trugen Helme und waren mit Mosin-Nagant-Gewehren bewaffnet, auf denen Bajonette aufgepflanzt waren.

Hagen ließ seine Aktentasche fallen und zog seine P...

Erscheint lt. Verlag 22.5.2015
Reihe/Serie Die Inspektor-Pekkala-Serie
Übersetzer Karl-Heinz Ebnet
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Alexanderpark • Alexander Schulepow • Bernsteinzimmer • Emka • Fabian Goljakowski • Gustav Engel • Hagen • Historische Kriminalromane • Historische Krimis • historische romane 20. jahrhundert • historische Romane 2. Weltkrieg • historische Romane für Männer • historische Romane Russland • Kirow • Kowalewski • Krimi • Krimi historisch • Kriminalroman • Kriminalromane Serien • krimi reihen • Krimi Russland • Krimis für Männer • Leningrad • Moskau • NKWD • Pekkala • Pekkala Serie • Polina Tschurikowa • Sam Eastland Pekkala • Sam Eastland Pekkala deutsch • Spannung • Viktor Bachturin • Webley Pekkala • Zarskoje • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-426-42410-X / 342642410X
ISBN-13 978-3-426-42410-0 / 9783426424100
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