Eisige Schwestern (eBook)

Spiegel-Bestseller
Psychothriller
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
448 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-42636-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Eisige Schwestern -  S. K. Tremayne
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Ein Jahr nachdem die sechsjährige Lydia durch einen tragischen Unfall ums Leben kam, sind ihre Eltern Sarah und Angus psychisch am Ende. Um neu anzufangen, ziehen sie zusammen mit Lydias Zwillingsschwester Kirstie auf eine atemberaubend schöne Privatinsel der schottischen Hebriden. Doch auch hier finden sie keine Ruhe. Kirstie behauptet steif und fest, sie sei in Wirklichkeit Lydia und die Eltern hätten den falschen Zwilling beerdigt. Bald hüllen Winternebel die Insel ein, Angus ist beruflich oft abwesend, und bei Sarah schleicht sich das unheimliche Gefühl ein, etwas stimme nicht. Zunehmend fragt sie sich, welches ihrer Mädchen lebt. Als ein heftiger Sturm aufzieht, sind Sarah und Kirstie komplett isoliert und den Geistern der Vergangenheit ausgeliefert.

S.K. Tremayne wurde in Devon geboren und lebt heute in London. Sein ursprünglicher Beruf als Reisejournalist bringt es mit sich, dass er die Schauplätze seiner Romane bestens kennt. Ihm gefällt es dort, wo normale Orte plötzlich bedrohlich werden - und wo das Unheimliche ins Leben normaler Menschen tritt. Sein erster Thriller Eisige Schwestern wurde sofort zum Bestseller. Heute werden seine Bücher in dreißig Sprachen übersetzt.

S.K. Tremayne wurde in Devon geboren und lebt heute in London. Sein ursprünglicher Beruf als Reisejournalist bringt es mit sich, dass er die Schauplätze seiner Romane bestens kennt. Ihm gefällt es dort, wo normale Orte plötzlich bedrohlich werden - und wo das Unheimliche ins Leben normaler Menschen tritt. Sein erster Thriller Eisige Schwestern wurde sofort zum Bestseller. Heute werden seine Bücher in dreißig Sprachen übersetzt.

1. Kapitel


Unsere Stühle stehen zwei Meter voneinander entfernt. Mit Blick auf den riesigen Schreibtisch, als wären wir hier zur Paartherapie; ein Gefühl, das ich nur zu gut kenne. Beherrscht wird der Raum von zwei hohen, vorhanglosen alten Schiebefenstern, einem Doppelbildnis des zusehends düsterer werdenden Himmels über London.

»Könnten wir ein bisschen Licht machen?«, fragt mein Mann, und der junge Anwalt, Andrew Walker, blickt verwirrt von seinen Papieren auf.

»Ja, natürlich«, sagt er. »Verzeihen Sie.« Damit lehnt er sich zurück, bedient einen Schalter, und zwei hoch aufragende Stehlampen tauchen den Raum in warmes Licht. Die imposanten Fenster werden zu schwarzen Flächen.

So sehe ich mein Spiegelbild: beherrscht, passiv, die Knie zusammengepresst. Wer ist diese Frau?

Nicht die, die ich einmal war. Ihre Augen sind blau wie eh und je, nur trauriger. Ihr Gesicht ist eher rund. Blass und ausgezehrt im Vergleich zu früher. Sie ist immer noch blond und einigermaßen hübsch – aber verblüht. Mitgenommen. Eine Frau von dreiunddreißig Jahren, an der nichts Mädchenhaftes mehr ist.

Und ihr Outfit?

Jeans, die letztes Jahr modern waren. Stiefel, die letztes Jahr modern waren. Ein lila Kaschmirpulli, schön, aber abgetragen: übersät von diesen kleinen Knötchen, die durch häufiges Waschen entstehen. Ich zwinkere meinem Spiegel-Ich zu. Ich hätte mich schicker anziehen sollen. Andererseits – warum? Wir haben einen Termin beim Anwalt, weiter nichts. Und sind im Begriff, unser Leben umzukrempeln.

Der Verkehr draußen braust und stockt und braust weiter wie der vertraute Atem von jemandem, der neben einem schläft und unruhig träumt. Wird mir das fehlen, der Verkehr in London, das konstante weiße Rauschen? Es ist wie eine dieser Apps, die man sich als Einschlafhilfe aufs Telefon laden kann. Eine zum Beispiel ahmt das unablässige Wogen des Bluts nach, wie es sich im Bauch anhört, und dazu von fern den mütterlichen Herzschlag.

Das haben meine Zwillinge gehört, solange sie Nasenspitze an Nasenspitze in mir waren. Ich weiß noch, wie ich sie beim zweiten Ultraschall gesehen habe. Ein doppeltes Wappenzeichen, zwei genau gleiche, einander gegenüberschwebende Gestalten. Einhorn und Einhorn.

Erblasserin. Testamentsvollstrecker. Rechtmäßig. Erbschein …

Andrew Walker spricht zu uns, als säßen wir in einem Hörsaal und er sei der von seinen Studenten vage enttäuschte Professor.

Vermächtnis. Die Verstorbene. Erbe. Hinterbliebene Kinder.

Angus, mein Mann, seufzt ungeduldig. Ich kenne diesen Laut. Das alles ödet ihn an, und ich verstehe ihn, aber der Anwalt tut mir auch leid. Er hat es nicht leicht, er muss einem aufgebrachten, streitlustigen Vater und einer trauernden Mutter eine komplizierte Hinterlassenschaft erläutern; da lauern Fallen. Vielleicht ist dieses langsame, bedächtige, präzise Sprechen seine Art, Abstand zu wahren und mit der vertrackten Materie fertigzuwerden. Vielleicht ist es auch einfach das juristische Pendant zur Mediziner-Fachsprache. Duodenalblutungen und Serosaabrisse führten zu einer letalen Peritonitis.

In scharfem Ton fährt Angus dazwischen.

»Das haben wir doch alles besprochen.«

Hat er getrunken? Er klingt wütend. Wütend ist er seit jenem Tag ständig. Und er trinkt viel seitdem. Heute allerdings wirkt er klar.

»Wir hätten das gern erledigt, bevor der Klimawandel greift, verstehen Sie?«

»Wie gesagt, Mr. Moorcroft, Peter Kenwood ist im Urlaub. Wenn Ihnen das lieber ist, warten wir, bis er wieder …«

Angus schüttelt den Kopf. »Nein. Bringen wir es hinter uns.«

»Dann muss ich sämtliche Dokumente und alle relevanten Fragen noch einmal durchgehen – um mich zu vergewissern. Außerdem findet Peter … also …«

Ich beobachte ihn. Er stockt, und dann fährt er noch vorsichtiger fort.

»Wie Sie sicher wissen, betrachtet Peter sich als alten Freund der Familie. Nicht nur als Rechtsbeistand. Er kennt die Umstände. Er hat Mrs. Carnan – Ihre Großmutter – gut gekannt. Deshalb hat er mir aufgetragen, noch einmal sehr genau nachzufragen, ob Ihnen beiden klar ist, worauf Sie sich einlassen.«

»Wir wissen, was wir tun.«

»Sie sind sich darüber im Klaren, dass die Insel so gut wie unbewohnbar ist.« Andrew Walker zuckt unbehaglich die Achseln – als sei dieser Verfall irgendwie seiner Kanzlei anzulasten und als wolle er potenziellen Klagen auf Schadenersatz vorbeugen. »Ich fürchte, das Leuchtturmwärterhaus war lange Zeit den Naturgewalten überlassen; da ist seit Jahren niemand mehr gewesen. Andererseits steht es unter Denkmalschutz, so dass Sie es nicht einfach abreißen und neu bauen können.«

»Yep. Schon klar. Bin als Kind oft dort gewesen. Hab in den Wasserlöchern zwischen den Felsen gespielt.«

»Und Sie sind wirklich über den Zustand des Hauses informiert, Mr. Moorcroft? Das ist ein gewaltiges Vorhaben. Wegen der Gezeiten sind Insel und Haus nur schwer zugänglich, die Wasserleitungen sind marode, ebenso die Heizung, die gesamte Elektrik – und vor allem: Das Erbe umfasst keine finanziellen Mittel, nichts, das …«

»Wir sind informiert bis zum Gehtnichtmehr.«

Schweigen. Walker sieht kurz mich an, dann wieder Angus. »Ist es richtig, dass Sie Ihr Londoner Haus verkaufen?«

Angus erwidert den Blick. Das Kinn vorgereckt. Trotzig.

»Was bitte hat das damit zu tun?«

Der Anwalt schüttelt den Kopf. »Peter macht sich Sorgen. Weil … äh … in Anbetracht Ihres furchtbaren Verlusts. Er möchte ganz sicher sein.«

Angus schaut zu mir herüber. Ich zucke die Achseln. Er beugt sich vor.

»Okay. Egal. Ja. Wir verkaufen das Haus in Camden.«

»Und mit dem Verkaufserlös wollen Sie dann die Renovierungsarbeiten auf Ell…« Er liest den Namen und runzelt die Stirn. »Ich kann das gar nicht aussprechen. Ell…?«

»Eilean Torran. Schottisch-Gälisch. Das heißt Donnerinsel. Insel Torran.«

»Natürlich, ja. Insel Torran. Also, Sie hoffen mit dem Verkauf Ihres derzeitigen Hauses genügend Mittel zu realisieren, um das Leuchtturmwärterhaus auf Torran renovieren zu können?«

Ich habe das Gefühl, ich sollte etwas sagen. Unbedingt sollte ich etwas sagen. Angus muss alles allein machen. Zugleich empfinde ich mein Schweigen als tröstlich; es ist ein Kokon, in den ich mich einspinne. Wie sonst auch. Das ist mein Ding. Ich bin immer ruhig gewesen, zurückhaltend, und das frisst schon seit Jahren an Angus. Was denkst du? Erzähl! Warum muss immer nur ich reden? Wenn er so was sagt, zucke ich normalerweise die Achseln und wende mich ab, denn manchmal sagt Gar-nichts-Sagen alles.

Und nun sitze ich hier und schweige wiederum. Höre meinem Mann zu.

»Wir haben auf das Haus in Camden schon zwei Hypotheken aufgenommen. Ich habe meinen Job verloren, wir haben zu kämpfen. Aber: Ja, ich hoffe, wir bekommen ein paar Pfund zusammen.«

»Haben Sie einen Käufer?«

»Er kann’s kaum erwarten, einen Scheck auszustellen.« Angus ist wütend, das ist offensichtlich, aber er reißt sich zusammen. »Hören Sie. Meine Großmutter hat in ihrem Testament meinen Bruder und mich als Erben der Insel genannt. Richtig?«

»Natürlich.«

»Mein Bruder erklärt großzügigerweise, dass er sie nicht will. Richtig? Meine Mutter lebt in einem Heim. Ja? Also gehört die Insel mir. Meiner Frau, meiner Tochter und mir. Ja?«

Tochter. Singular.

»In der Tat …«

»Dann ist das also klar. Wir wollen umziehen. Auf jeden Fall wollen wir umziehen. Ja, es ist heruntergekommen. Ja, es stürzt bald ein. Aber damit werden wir fertig. Schließlich haben wir …«, er lehnt sich zurück, »… schon viel Schlimmeres durchgestanden.«

Ich mustere meinen Mann. Auch wenn ich ihn jetzt zum ersten Mal träfe, würde ich ihn sehr attraktiv finden. Ein großer, gutaussehender Mittdreißiger mit Dreitagebart. Dunkle Augen, männlich, zupackend.

Als wir uns kennenlernten, hatte Angus auch einen Dreitagebart, und das hat mir gefallen; es betonte die Linien seiner Kieferpartie. Ich hatte noch nicht viele Männer getroffen, auf die in meinen Augen die Bezeichnung »gutaussehend« wirklich zutraf, und da saß er, in dieser riesigen Tapas-Bar im Covent Garden.

Saß da mit ein paar Freunden, alle so Mitte zwanzig, und lachte. Meine Freundinnen und ich saßen am Nachbartisch. Geringfügig jünger, aber genauso gut drauf. Der Rioja floss in Strömen.

Und dann passierte es. Einer von den Typen machte einen Spruch in unsere Richtung, es gab eine passende Erwiderung, und unsere Runden mischten sich: Wir rutschten weiter, rückten zusammen, lachten, witzelten, machten uns bekannt: Das ist Zoe, das ist Sascha, das sind Alex, Imogen, Meredith …

Und das ist Angus Moorcroft, und das ist Sarah Milverton. Er ist Schotte, sechsundzwanzig Jahre alt. Sie, halb Engländerin, halb Amerikanerin, ist dreiundzwanzig. Und nun bleibt für den Rest eures Lebens zusammen.

Der Berufsverkehr draußen wird lauter; ich schrecke aus meiner Tagträumerei auf. Andrew Walker lässt sich von Angus noch ein paar Papiere unterzeichnen. Ach, das kenne ich: Wir haben im vergangenen Jahr so viele Papiere unterzeichnet. Auf eine Katastrophe folgt endlose Bürokratie.

Über den Schreibtisch gebeugt, sitzt Angus da und kritzelt seinen Namen hin. Der Stift wirkt winzig in seiner Hand. Ich richte den Blick auf die gelb gestrichene Wand und das Bild der Old London Bridge, das dort hängt. Vor allem möchte ich noch ein wenig in der Vergangenheit schwelgen und mich damit ablenken. Ich möchte an Angus und mich denken, an unseren ersten Abend.

Ich habe das alles so deutlich in Erinnerung. Von der Musik – mexikanische Salsa...

Erscheint lt. Verlag 24.4.2015
Übersetzer Susanne Wallbaum
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Amnesie • Angus Moorcraft • Domestic Noir • Einsame Insel • Familie • Geistererscheinung • Hebriden • Identität • Insel • Kirstie Moorcraft • Lydia Moorcraft • Mystery Thriller • Psychothriller • Psychothriller bücher • Psychothriller England • Psychothriller Familie • Psychothriller Romane • Sarah Moorcraft • Schottland • Schwestern • Thriller England • Thriller Kinder • Thriller und Psychothriller • Tod • toter Zwilling • totes Kind • Trauma • Tremayne • Unfall • Unfalltod • Unheimlich • Verlust eines Kindes • Wahnvorstellung • Zwilling • Zwillingsmädchen • Zwillingsschwestern
ISBN-10 3-426-42636-6 / 3426426366
ISBN-13 978-3-426-42636-4 / 9783426426364
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