Der letzte Heuler (eBook)

Ein Ostfriesen-Krimi
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2015 | 1. Auflage
320 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-54521-2 (ISBN)
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Geheult wird nicht. Jedenfalls nicht im Norden ... Ostfriesland, Neuharlingersiel, im Sommer: An einem ausnahmsweise warmen Tag entdeckt Lehrerin Rosa am Strand einen einsamen Heuler. Als sie Hilfe für das Robbenbaby holen will, trifft sie nicht auf die Tierärztin, sondern auf deren Gatten. Der liegt in einer Blutlache. Und ist ziemlich tot. Wie sich herausstellt, wurde der pensionierte Chefarzt der Kinderklinik erschossen. Mit einer russischen Makarow. Die Kripo Wittmund glaubt daher an Auftragsmord, doch Rosa und ihre Freunde - Dorfpolizist Rudi und Postbote Henner - halten das für ziemlichen Quatsch. Auf eigene Faust und mit ihren ganz speziellen Methoden stellen die drei Ermittlungen an. Und stolpern über Dixi-Klos, kostspielige Reitstunden und Liebesverhältnisse, die so ganz rund wohl nicht gelaufen sein dürften ...

Cornelia Kuhnert lebt in Hannover und hat dort als Lehrerin gearbeitet. Sie hat bereits zahlreiche Kriminalromane veröffentlicht und Anthologien herausgegeben.Gemeinsam  mit Christiane Franke hat sie bei rororo bereits zehn Bände ihrer Ostfriesland-Krimireihe um Dorfpolizist Rudi, Postbote Henner und Lehrerin Rosa veröffentlicht.

Cornelia Kuhnert lebt in Hannover und hat dort als Lehrerin gearbeitet. Sie hat bereits zahlreiche Kriminalromane veröffentlicht und Anthologien herausgegeben. Gemeinsam  mit Christiane Franke hat sie bei rororo bereits zehn Bände ihrer Ostfriesland-Krimireihe um Dorfpolizist Rudi, Postbote Henner und Lehrerin Rosa veröffentlicht. Christiane Franke wurde an der Nordseeküste geboren und lebt immer noch gerne dort. Neben ihren gemeinsamen Projekten mit Cornelia Kuhnert schreibt sie eine weitere Krimiserie um die Wilhelmshavener Kommissarinnen Oda Wagner und Christine Cordes, die im Emons Verlag erscheint.  Gemeinsam mit Cornelia Kuhnert hat sie bei rororo bereits elf Bände ihrer Ostfriesland-Krimireihe um Dorfpolizist Rudi, Postbote Henner und Lehrerin Rosa veröffentlicht.

Samstag


Heute wird sie ihn umbringen. Der Abend ist perfekt für einen Mord. Dunkle Wolken jagen über den nächtlichen Himmel, verdecken den Mond, der nur ab und zu blitzartig zum Vorschein kommt. Das Klackern seiner Schuhe hallt durch die menschenleere Gasse. Sie drückt sich in den Torbogen und hält den Atem an. Die Schritte kommen näher. Sie umklammert das Messer. Jetzt oder nie.

Flatsch. Ein dicker weiß-grüner Klecks landet auf der Tastatur des Laptops und reißt Rosa Moll aus den Tiefen des Krimis, den sie gerade schreibt. «Pepe, du Ferkel!», schimpft sie, worauf ihr Beo fröhlich seinen Lieblingssatz krächzt: «Halt die Klappe!»

Sie wirft mit dem Stift nach ihm, zielt jedoch nicht vernünftig; der Filzschreiber fliegt gegen das weiße Plisseerollo und hinterlässt einen dicken roten Punkt.

«Halt die Klappe!», kreischt der Beo erneut.

«Nee, mein Lieber, so nicht. Ab in den Käfig.» Rosa wirft Pepe einen bösen Blick zu. Ihre Krimistimmung ist verflogen. Blöder Vogel! Resigniert schaut sie auf ihre Armbanduhr. Schon fünf. Der Tag ist wie im Flug vergangen. Dann kann sie sich ebenso gut um ihr Sportprogramm kümmern: Zurück zur Barbie-Figur. Na ja, zumindest in die Nähe davon.

 

Zehn Minuten später läuft Rosa zum Hafen, hält sich rechts und nimmt die Straße den Deich hinauf. Oben steigt sie über den Zaun für die Schafherde. Die Tiere halten das Gras kurz und trampeln alles schön fest. Das ist gut für den Deich. Rosa schaut aufs Meer. Nichts davon zu sehen. Nur die Salzwiesen. Und ein paar Austernfischer, Möwen und Küstenseeschwalben. Die Salzwiesen sind matschig und das Wasser weit weg. Erst ganz hinten am Horizont glitzert es silbrig. Das kann noch Stunden dauern, bis die Nordsee wieder hier vorn ankommt.

Drüben, auf Wangerooge, glänzen der Westturm und der neue Leuchtturm in der Sonne. Entschlossen läuft sie los, die Arme locker an der Seite schwingend. Eine Möwe zieht kreischend ihre Kreise über Rosa, ein Schaf blökt. Dunkle Köttel hängen hinten am Fell. Auch nicht gerade hygienisch. Rosa steigert das Tempo, atmet tief ein und wieder aus. Tatsächlich, sie schmeckt das Salz in der Luft. Henner, der unter ihr wohnt, sagt immer, dass ihm südlich von Aurich dieses Salz in der Luft fehlt.

Einatmen, ausatmen. Weiterlaufen. Weiter vorn auf der Deichkrone sieht sie eine Gestalt mit Hund. Keiner der beiden bewegt sich. Seltsam. Vielleicht ein Jäger. Irgendwo muss man das Ansitzen ja auch üben. Rosa läuft mit ausladenden Schritten auf ihn zu. Der Westwind bläst ihr die blonden Locken ins Gesicht. Gerade als sie sie wieder nach hinten streicht, hört sie ein eigenartiges Heulen. Sie wird schneller und kneift die Augen zusammen. Das Jammern kommt von weiter vorn. Und es klingt wie ein Baby! Ohne zu zögern, biegt sie ab und läuft den Deich hinunter.

«Keinen Schritt weiter!»

Rosa zuckt bei dem Kommandoton zusammen. In Zeitlupe dreht sie sich um. Es ist der Mann mit dem Hund. Jetzt kommt Bewegung in den Kerl. Nicht nur, dass er brüllt, er kommt direkt auf sie zugelaufen. Die graue Pelerine, farblich mit dem Wattenmeer korrespondierend, bläst sich im Wind auf.

«Bleiben Sie stehen!», schreit er zornig.

«Ich …» Weiter kommt Rosa nicht.

«Jaja. Sie wollten nur mal gucken. Und genau damit verschrecken Sie das Muttertier. Es ist immer das Gleiche. Da liegt ein Seehundbaby am Strand, und schon kommen die Gaffer angerannt. Haben Sie überhaupt eine Ahnung, dass Sie und Ihresgleichen die Seehundbabys gefährden?»

«Ich …», setzt Rosa an, doch wieder lässt er sie nicht ausreden.

«In der Mehrzahl der Fälle ist die Mutter nämlich gar nicht fort, sondern nur auf der Suche nach Nahrung», doziert der Mann. Sein Hund, ein Weimaraner, blickt gelangweilt über die Salzwiesen.

Rosa taxiert den Schlaumeier. Er trägt einen grauen Bart. Genau so einen wie der Rektor in Hannover, wo sie vor ihrer Versetzung nach Esens unterrichtet hat. Henriquatre nennt man das Ding. Also den Bart. Was für ein bescheuerter Name. Der ist was für Wichtigtuer und kleingeistige Besserwisser.

«Dann verraten Sie mir doch mal, wo die Mutter dieses süßen Kleinen sein soll. Ich sehe hier jedenfalls nichts. Nicht mal Wasser.»

Der Mann im grauen Plastiküberwurf tätschelt den Feldstecher, der vor seiner Brust baumelt. «Ich beobachte das Tier inzwischen schon seit fast zwei Stunden. Weit und breit kein Muttertier. Eine kritische Situation.» Er räuspert sich. «Gestatten, Ewald Reitemeyer, Doktor Ewald Reitemeyer, Oberstudienrat a.D. aus Kiel. Man sollte dem Seehundjäger Bescheid sagen.» Als er Rosas gerunzelte Stirn bemerkt, fügt er hinzu: «Nicht zum Abschießen. Der soll das Tier in die nächstgelegene Seehundaufzuchtstation bringen.»

«Das sind doch keine Seehundjäger. Das sind Wattenjagdaufseher.»

«Bei uns heißen die Seehundjäger.»

Der Typ ist ganz klar ein Wichtigtuer und Besserwisser.

«In Norddeich gibt’s die Seehundstation Nationalpark-Haus.» Sie greift in ihre Hosentasche und zieht ihr Telefon heraus. Resigniert guckt sie auf das abgeschabte Klapphandy. Nee, da ist die Telefonnummer der Aufzuchtstation nicht drin. Wenn doch bloß ihr Smartphone aus der Reparatur zurück wäre, dann könnte sie die Telefonnummer googeln. Aber das dauert wohl noch. Immerhin kann sie mit diesem Ding telefonieren. Die wichtigsten Nummern sind eingespeichert. Rudis gehört dazu. Und wenn einer in diesem Fall der Richtige ist, um zu helfen, dann er: Rudolf Hieronymus Bakker, der Dorfpolizist von Neuharlingersiel. Aber statt Rudis forscher Stimme ertönt nach fünfmaligem Klingeln die automatische Ansage der Mailbox.

«Keiner da», sagt sie zum Schlaumeier, «aber ich habe noch einen anderen Telefonjoker.» Sie drückt die Kurzwahl für Henner.

«Jo.» Ruck, zuck ist ihr Nachbar am Telefon. Wenigstens auf ihn ist Verlass. Wie ein Wasserfall redet Rosa auf Henner ein, obwohl sie sich bemüht, die wichtigsten Fakten auf den Punkt zu bringen. Allerdings ist das mit dem Auf-den-Punkt-Bringen noch nie ihre Stärke gewesen. «Was soll ich jetzt tun? Ich kann Rudi nicht erreichen, und der Kleine heult zum Gotterbarmen!»

«Rudi ist mit Sven in Bremen. Letztes Werder-Heimspiel der Saison. Ich würde ja gerne helfen, aber ich bin in Neustadtgödens. Ruf doch mal bei der Brakenhoff an.»

«Neustadtgödens? Was machst du da denn?» Das interessiert Rosa augenblicklich mehr als der Heuler. Der Ort ist immerhin eine gute Dreiviertelstunde mit dem Auto entfernt. Beruflich hat Henner dort garantiert nichts zu schaffen. Ist ja gar nicht sein Zustellbezirk. Ob eine Frau dahintersteckt?

«Was ich hier mache? Du hörst aber auch nie zu. Übernächste Woche findet hier der Ausrufer-Wettbewerb statt. Da muss ich mich noch um einiges kümmern, ich bin doch im Festausschuss.»

«Ach so, dieser Wettbewerb. Und was soll ich jetzt mit dem Seehundbaby machen?»

«Ruf die Brakenhoff an. Hab ich doch schon gesagt. Die ist Tierärztin und arbeitet in der Seehundstation. Die wird dir weiterhelfen.»

«Dass ich da nicht selbst draufgekommen bin. Ich kenn die. Vor zwei Wochen wollte ich mit Pepe zu ihr in die Praxis. Aber dann war sein Dünnpfiff plötzlich weg.»

Der Studienrat hat ihr die ganze Zeit regungslos zugehört. Rosa zeigt mit dem Finger zur Landseite. In einiger Entfernung stehen ein paar Häuser zwischen den Bäumen. «Sehen Sie das Haus mit dem spitzen Giebel?» Ohne eine Antwort abzuwarten, redet sie weiter: «Dort wohnt die Tierärztin. Da flitze ich jetzt hin, und Sie sichern das Gelände.»

 

Kurz darauf erreicht Rosa den roten Klinkerbau. Rechts befindet sich die Tierarztpraxis, links der Privateingang. Dazwischen wuchern Heckenrosen, ein paar Blüten haben sich schon geöffnet. Rosa zögert, dann drückt sie die Klinke herunter. Abgeschlossen. Rosa klingelt an der anderen Tür. Ein dunkler Gong ertönt. Sie wartet, aber niemand öffnet. Natürlich kann sie verstehen, dass Frau Brakenhoff am Wochenende ihre Ruhe haben will, aber hier handelt es sich um einen Notfall. Energisch klopft sie gegen die Tür. Zu ihrem Erstaunen ist sie nur angelehnt. «Hallo, ist da wer?» Keine Antwort. Sie macht einen Schritt in den Flur. «Frau Doktor Brakenhoff? Ich hab einen Heuler gefunden und brauche Hilfe.»

Immer noch rührt sich nichts. Rosa zögert. «Hallo!?», ruft sie erneut und schaut den Flur entlang. Die gegenüberliegende Tür ist nur angelehnt. Langsam geht sie darauf zu und drückt sie vorsichtig auf.

Sie lugt durch den Spalt. Und erbleicht.

«Das war echt klasse.» Rudi haut seinem Sohn Sven begeistert auf die Schulter, als sie inmitten Tausender begeisterter Fans das Bremer Weserstadion verlassen. «Eins zu eins. Mann, fällt mir ein Stein vom Herzen.»

Sven wedelt mit dem grün-weißen Werder-Schal herum und brüllt: «Olé, olé, olé, oleeeeee … Erste Liga!»

«Und ohne Relegationsspiele. Das ist doch mal was. Und in der nächsten Saison rollen wir das Feld von hinten auf.» Rudi freut sich ehrlich, auch wenn Werder besser hätte abschneiden können. Aber lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.

Rudi ist immer noch hin und weg, dass die Zitterpartie endlich ein Ende hat, während Sven beginnt, jeden einzelnen Werder-Spieler und seine Aktionen auf dem Platz zu bewerten. Vielleicht sollte sich Sven nächstes Jahr nach dem Abitur in Richtung Sportjournalismus orientieren. Rudi hat vor kurzem gesehen, dass das Jeversche Wochenblatt einen Volontär in der Sportredaktion sucht. Das wäre doch was für ihn. Da kann er umsonst zu Fußballspielen gehen, Spieler interviewen,...

Erscheint lt. Verlag 24.4.2015
Reihe/Serie Henner, Rudi und Rosa
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Dorfpolizist • Heuler • Küste • Küstenkrimi • Matjes • Nordseekrimi • Nordsee Krimi • Ostfriesenkrimi • Ostfriesland • Ostfrieslandkrimi • Postbote • Seehund
ISBN-10 3-644-54521-9 / 3644545219
ISBN-13 978-3-644-54521-2 / 9783644545212
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