Todesblau (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
352 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-42587-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Todesblau -  Felix Leibrock
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Sascha Woltmann lässt sich aus Sorge um seine betagten Eltern aus dem hektischen Berlin ins eher beschauliche Weimar versetzen. Sein Problem: Hier darf er erst mal nur als Streifenpolizist arbeiten. Doch als er zu einem Tatort gerufen wird und die Leiche einer älteren Frau findet, kann er es nicht lassen und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Ein riskantes Unterfangen, wäre da nicht seine alte Freundin, die Polizeihauptkommissarin Mandy Hoppe, die ihm immer wieder mit Rat und Tat zur Seite steht.

Felix Leibrock ist Polizeiseelsorger bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei, leitet das Evangelische Bildungswerk München und ist Mitglied der Evangelischen Redaktion bei Antenne Bayern. Früher war er u.a. Buchhändler, Stadtkulturdirektor von Weimar und Pfarrer in Thüringen. Er lebt in München und Weimar.

Felix Leibrock ist Polizeiseelsorger bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei, leitet das Evangelische Bildungswerk München und ist Mitglied der Evangelischen Redaktion bei Antenne Bayern. Früher war er u.a. Buchhändler, Stadtkulturdirektor von Weimar und Pfarrer in Thüringen. Er lebt in München und Weimar.

3


Am darauffolgenden Tag war der Himmel über Weimar schwarz von Saatkrähen. In großen, dynamischen Kurven nahmen sie im Pulk Kurs auf die kahler werdenden Baumwipfel in den Parks, um sich von ihrem langen Flug auszuruhen. Sie kamen jedes Jahr im Herbst aus dem Baltikum. Deutschland war für sie, was Mallorca für Rentnerehepaare aus der Bundesrepublik ist. Ein vergleichsweise mildes Winterquartier.

»Aufwachen, he, hallo, aufwachen!«

Sascha Woltmann tätschelte dem Betrunkenen, der auf den Stufen vor dem Nationaltheater lag, die vom rauhen Leben im Freien tief gefurchten Wangen.

»Was ist los?«, lallte der Angesprochene den Polizisten benommen an und zog sich noch tiefer in den löchrigen Schlafsack zurück. Jetzt, da die Nächte länger und kälter wurden, fuhr die Streifenpolizei häufiger die einschlägig bekannten Plätze ab, um die Obdachlosen dort einzusammeln und in eine Unterkunft zu bringen.

Woltmanns Handy schrillte. Er fing sich einen genervten Blick seiner Kollegin Daniela Klein ein. Schon mehrmals hatte sie sich über seinen Klingelton von Pink Floyd beschwert. Sie fand die Botschaft »We don’t need no education« albern. Nun beugte sie sich über den Schlafsack und redete auf den verfilzten Haarschopf ein, der als Einziges noch aus dem Wärmekragen hervorragte. Woltmann telefonierte währenddessen mit der Einsatzzentrale.

»Wir müssen los, Dani«, beschied er ihr gleich darauf.

»Wir können den Mann doch nicht einfach so liegen lassen!«, protestierte die Kollegin, aber Woltmann eilte schon in Richtung Streifenwagen.

»Zwei Kollegen sind bereits auf dem Weg hierher«, beruhigte Woltmann sie. Sie fuhren in Richtung Weimar-West. In der Plattenbausiedlung hatte eine alte Frau ihren Pfarrer um einen Hausbesuch gebeten, ihm aber nicht geöffnet, als er kam. Die Nachbarn wussten keine Erklärung dafür. Noch am Vortag hatten sie ihre Mitbewohnerin von ihrem wöchentlichen Einkauf zurückkehren sehen. Ansonsten verließ sie kaum das Haus. Immer wieder hatten sie bei ihr geklingelt und angerufen, jedoch ohne Erfolg. Schließlich verständigten sie die Polizei.

Bei solchen Einsätzen war Sascha Woltmann hellhörig wie ein Luchs auf der Jagd. Jeder Notruf, der eventuell kriminalistische Ermittlungen nach sich ziehen könnte, faszinierte ihn. Er parkte den Streifenwagen in der Feuerwehrzufahrt, nachdem alle anderen Stellplätze auf der Straße bereits belegt waren. Die Plattenbauten sind damals nicht für so viele Autobesitzer ausgelegt worden, dachte er. Drei ältere Damen erwarteten sie schon vor dem Hauseingang in der Moskauer Straße. Kaum dass sie dort angekommen waren, sprachen diese aufgeregt auf Woltmann ein und bestätigten ihm, was er bereits von der Einsatzzentrale erfahren hatte.

»Da muss was passiert sein, Herr Kriminalkommissar!«

Woltmanns Mund verzog sich bei dieser Anrede für einen Augenblick zu einem schiefen Lächeln. Zugleich staunte er, wie genau die Gepflogenheiten der alten Dame, einer Frau Käthe Klemm, wie er nun erfuhr, den Nachbarinnen bekannt waren, obwohl diese angeblich so kontaktscheu war. Daniela Klein war leicht gekränkt, weil die drei Frauen sie völlig ignorierten. Sie schaltete sich dazwischen, fragte, ob Käthe Klemm nicht einfach nur verreist sein könnte.

»Aber dann hätte sie doch nicht den Herrn Pfarrer zu sich bestellt«, entgegnete die Wortführerin der drei Damen. »Der hat uns gefragt, ob wir wüssten, wo sie sei. Und glauben Sie mir, die ist nie verreist. Die hatte niemanden, den sie besuchen konnte. Die war ganz allein.« Ihre Stimme klang etwas pikiert. Als ob sie nicht schon alles ganz genau durchdacht hätte. Einfach so die Polizei zu rufen! Das würden sie und die anderen Nachbarinnen nicht tun, wenn es dafür keinen triftigen Grund gab. Niemals!

Woltmann trat etwas zur Seite und rief den für Weimar-West zuständigen Pfarrer an. Der hatte Käthe Klemm zuvor schon einmal besucht und bestätigte die Einschätzung der Nachbarinnen. Die seelsorgerische Schweigepflicht verbot ihm jedoch, Auskunft darüber zu geben, warum ihn Frau Klemm um einen weiteren Besuch gebeten hatte.

»Gesundheitlich hatte sie Probleme, so viel kann ich Ihnen sagen.«

Die beiden Streifenpolizisten verständigten sich kurz mit dem Leiter der Weimarer Polizeiinspektion und riefen dann den Hausmeister herbei, der die Tür von Käthe Klemms Wohnung öffnete.

Wie eine Gekreuzigte lag sie auf dem Boden des Wohnzimmers, die Arme weit vom Körper gestreckt. Die Kittelschürze, die sie über ihr feines kastanienbraunes Kostüm gestreift hatte, war im Brustbereich blutdurchtränkt. Auf dem Wohnzimmertisch standen zwei unbenutzte Gedecke eines Kaffeeservice. In der Küche ragte ein Blech aus dem offen stehenden Backofen. Darauf ein halbfertiger Rüblikuchen, der auf seine Glasur wartete, die in einem Topf auf dem Herd stand.

Keine Frage, die alte Dame hatte Besuch erwartet. Hatte sie den Kuchen für den Pfarrer gebacken? Oder für jemand anderen? War sie doch nicht ohne jeden sozialen Kontakt, wie die Nachbarinnen meinten? Gestorben war sie jedenfalls, das war Woltmann und Klein auf den ersten Blick klar, keines natürlichen Todes.

Woltmann ging zurück zum Einsatzwagen und rief die Kripo an. Er erwischte Mandy Hoppe und freute sich über die vertraute Stimme. Gleich heute Morgen zu Dienstbeginn hatte er den Stellenplan der Weimarer Polizei im Intranet aufgerufen und gesehen, dass sie Kriminalhauptkommissarin war, also ziemlich weit oben in der Weimarer Kripohierarchie angesiedelt. Doch ganz anders als gestern im »Resi«, legte sie nun einen ausgesprochen sachlichen Ton an den Tag.

»Sichern Sie den Tatort. Wir kommen gleich.«

Hatte sie seine Stimme vielleicht nicht erkannt? Oder warum sonst siezte sie ihn jetzt? Woltmann war irritiert und fand keine Erklärung für ihr Verhalten.

 

 

»Bleib du bitte hier und bewach den Tatort bis zum Eintreffen der Spurensicherung, Dani.«

Woltmann zog sein Smartphone heraus und fotografierte dutzendfach die Leiche, Wohn- und Schlafzimmer, das Bad. Vor der Wohnungstür bat er die neugierig ausharrenden drei Nachbarinnen mit energischer Stimme, in ihre Wohnungen zu gehen und dort zu warten. Die Uniform verschaffte ihm zwar Autorität, aber auch das persönliche Auftreten war wichtig. Er klingelte an einigen anderen Wohnungstüren und befragte die Hausbewohner zu Käthe Klemm, zu fremden Leuten im Treppenhaus, zu außergewöhnlichen Ereignissen in den letzten Tagen.

Nach zwanzig Minuten traf Volker Remde, der Erste Kriminalhauptkommissar und Leiter der Weimarer Kripo, zusammen mit Mandy Hoppe am Tatort ein. Kurz danach folgten ihnen ein Bus der Spurensicherung und weitere Spezialkräfte des Landeskriminalamts Erfurt. Remde schaute in die beiden Zimmer der kleinen Wohnung, beugte sich über die Leiche, ging nochmals ins Schlafzimmer. Dann unterhielt er sich mit den Leuten der Spurensicherung, die die Räume in ihren weißen Tyvek-Anzügen emsig auf Fingerabdrücke und DNA-Spuren absuchten. Hoppe hatte zwischenzeitlich mit der Staatsanwaltschaft telefoniert, ein Rechtsmediziner namens Dr. Pfeiffer traf wenig später aus Jena ein. Die Totenflecken ließen sich teilweise noch gut mit dem Finger wegdrücken, der Mediziner schätzte den Todeszeitpunkt auf den späten Nachmittag des Vortags. Todesursache war ein einziger tiefer Stich in die Brust, genau im Herzbereich. Die Tatwaffe fehlte. Nach Einschätzung des Pathologen musste es jedoch ein langes und relativ breites Messer gewesen sein.

»Ich schätze mal, das war ein Kuchenmesser. Im Backofen steht ein unvollendeter Kuchen!«, rief Remde mit lauter Stimme. »Er ist fertig, nur die Glasur fehlt noch. Mit Kuchen kenne ich mich aus. Bei mir zu Hause backe ich selbst.«

»Stimmt«, sagte Mandy schnell, um einen Exkurs Remdes über seine Backerfahrungen abzuwenden, »nach dem Übergießen der Glasur hätte Frau Klemm den Kuchen anschneiden können.«

Mandy arbeitete seit zwei Jahren an Remdes Seite. Sie kannte seine Vorliebe für ausschweifende Erzählungen, in denen immer nur eine Person mit ihren Fähigkeiten im Mittelpunkt stand: er selbst. Seiner Ernennung zum Kripochef waren heftige interne Kontroversen im Polizeiapparat vorausgegangen. Remdes Kontrahenten spielten seinerzeit immer wieder auf seine Vergangenheit an, ohne dann aber mit ihren Vorwürfen konkret zu werden. Denn seine Drohungen, mit Verleumdungsklagen darauf zu reagieren, waren ernst gemeint. Er hatte seine alten Seilschaften, deren er sich bedienen konnte. Seine Zeugen würden aussagen, was er wünschte. Nachdem er schließlich an die Spitze der Weimarer Kripo gerückt war, bevorzugte er die, die zu ihm gestanden hatten, und strafte die gnadenlos ab, die gegen ihn gewesen waren.

Mandy war eine Ausnahme. Sie hatte sich aus den internen Machtkämpfen herausgehalten und allen Versuchen der Vereinnahmung durch eine der beiden Parteien widersetzt. So konnte Remde ihr Verhalten als Bekenntnis für sich werten, auch wenn genauso gut das Gegenteil möglich war. Da er sie aber zudem als eine gute Kriminalbeamtin mit großen fachlichen Fähigkeiten schätzen gelernt hatte, wählte er die erste Variante: Mandy war im Machtkampf um die Position des Kripochefs auf seiner Seite gewesen. Sie wurde seine engste Mitarbeiterin, Schluss, aus, basta!

Jetzt wandte er sich direkt an Woltmann, fragte ihn nach den ersten Gesprächsergebnissen im Haus.

»Zwei Rumäninnen sind den Bewohnern besonders aufgefallen. Sie haben, wie es aussieht, an allen Haustüren im Block geklingelt und um Spenden gebettelt. Für einen Rettungshubschrauber in ihrer Heimat!«

Remde schüttelte den Kopf und presste ein ungläubiges Pfeifgeräusch zwischen den Zähnen hervor.

»Die Rumäninnen waren...

Erscheint lt. Verlag 27.3.2015
Reihe/Serie Ein Fall für Sascha Woltmann und Mandy Hoppe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Berlin • Eichenroda • Erfurt • Erna Götze • Käthe Klemm • Krimi • Kriminalroman • Kripo • LKA • Mandy Hoppe • Mike Scholz • Sascha Woltmann • Spannung • Streifenpolizist • Todesblau • Weimar • Werner Stiegler
ISBN-10 3-426-42587-4 / 3426425874
ISBN-13 978-3-426-42587-9 / 9783426425879
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