Ein amerikanischer Thriller (eBook)

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2015 | 1. Auflage
768 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-1026-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein amerikanischer Thriller -  James Ellroy
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Ellroys Gesellschaftsporträt der Kennedyzeit ist ein Meilenstein der amerikanischen Kriminalliteratur - schonungslos, hart und brillant konstruiert. Fünf Jahre amerikanische Geschichte: vom Aufstieg John F. Kennedys bis zu seiner Ermordung. Hinter dem Mythos jener Jahre, die als Zeiten der Unschuld galten, wird die Lüge sichtbar, hinter der Verklärung der tatsächliche Schrecken. James Ellroy erzählt die Geschichte eines vielfachen Verrats und einer Männerfreundschaft zwischen zwei ungleichen FBI-Agenten, deren erbittertster Widersacher im Dienst des Multimillionärs Howard Hughes steht.

James Ellroy, Jahrgang 1948, begann seine Schriftstellerkarriere 1981 mit Browns Grabgesang. Mit Die Schwarze Dahlie gelang ihm der internationale Durchbruch. Unter anderem wurde Ellroy fünfmal mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet, zahlreiche Bücher wurden verfilmt, darunter L.A. Confidential.

James Ellroy, Jahrgang 1948, begann seine Schriftstellerkarriere 1979 mit Browns Grabgesang. Mit Die Schwarze Dahlie gelang ihm der internationale Durchbruch. Unter anderem wurde Ellroy fünfmal mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet, zahlreiche Bücher wurden verfilmt, darunter L.A. Confidential.

1   Pete Bondurant (Beverly Hills, 22. 11. 58)


Er setzte sich seinen Schuß stets vor laufendem Fernsehapparat.

Irgendwelche Latinos schwenkten Waffen. Der Obermacker zupfte Läuse aus dem Bart und regte sich auf. Schwarzweiß-Aufnahmen von CBS-Clowns im Kampfanzug. »Kuba, schlimm, schlimm«, sagte der Reporter, »Fidel Castros Rebellen gegen Fulgencio Batistas Armee.«

Howard Hughes fand die Vene und spritzte sich Codein. Pete schaute ihm heimlich zu – Hughes hatte die Schlafzimmertür nur angelehnt.

Das Mittel wirkte. Die Gesichtszüge Howards des Großen erschlafften.

Draußen klapperten die Servierwagen der Zimmerkellner. Hughes wischte die Nadel ab und wechselte das Programm. Die Nachrichten wurden von der »Howdy Doody Show« abgelöst – Routinebusiness im Beverly Hills Hotel.

Pete trat auf die Veranda hinaus – mit Blick auf den Pool, ein guter Beobachtungsposten für einen Aufpasser. Mieses Wetter heute: Keine Möchtegern-Starlets im Bikini zu sehen.

Er schaute auf die Uhr, ihm war kribbelig zumute.

Mittags hatte er eine Scheidungssache zu erledigen – der Mann nahm seinen Lunch in flüssiger Form zu sich und stand auf Frischfleisch. Gute Blitzlichtlampen besorgen: Wenn die Fotos verwackelt waren, sah man nur so etwas wie bumsende Spinnen. Für Hughes erledigen: Rauskriegen, wer die Vorladungen wegen der TWA-Antitrust-Klage verteilte, und die Leute bestechen, bis sie meldeten, Howard der Große habe in Richtung Mars abgehoben.

Wie Howard der Schlaue erklärt hatte: »Ich werde mich nicht gegen die zwangsweise verfügte Auflösung wehren, Pete. Ich tauche einfach ewig lange ab und treibe den Preis in die Höhe, bis ich verkaufen muß. TWA habe ich ohnehin satt, und ich verkaufe erst, wenn ich mindestens fünfhundert Millionen Dollar dafür kriege.«

Dabei zog er einen Schmollmund: der Kleine Lord als alternder Junkie.

Ava Gardner segelte am Pool vorbei. Pete winkte; Ava zeigte ihm den Finger. Sie kannten sich schon lange: Für ein Wochenende, das sie mit Hughes verbrachte, hatte er ihr eine Abtreibung verschafft. Pete, der Renaissancemensch: Zuhälter, Rauschgiftlieferant, Schläger mit Privatdetektiv-Lizenz.

Hughes und er kannten sich schon seit eeewigen Zeiten.

Juni '52. Deputy Sheriff Pete Bondurant – Leiter der Nachtschicht der Polizeiaußenstelle San Dimas. Die eine beschissene Nacht: ein Niggervergewaltiger auf freiem Fuß, die Ausnüchterungszelle gerammelt voll mit jaulenden Säufern.

Der Schnapsbruder, der ihm zusetzte. »Ich weiß, wer du bist, Macker. Du bringst unschuldige Weiber um und deinen eigenen –«

Er prügelte den Mann mit bloßen Fäusten tot.

Die Polizei vertuschte den Vorfall. Ein Augenzeuge verpfiff ihn beim FBI. Für ihren Mann in Los Angeles war der Säufer ein »Bürgerrechtsopfer«.

Zwei Agenten nahmen ihn in die Zange: Kemper Boyd und Ward J. Littell. Howard Hughes sah sein Bild in der Zeitung und witterte hochkarätiges Schlägerpotential. Hughes brachte die Sache ins reine und machte ihm ein Stellenangebot: Springer, Zuhälter, Rauschgiftbeschaffer.

Howard heiratete Jean Peters und brachte sie allein in einem Riesenhaus unter. Danach stand auch »Wachhund« auf Bondurants Aufgabenzettel. Die prächtigste Hundehütte der Welt, die Nachbarvilla, war in dem Job inbegriffen.

Howard Hughes über die Ehe: »Als Institution finde ich sie entzückend, Pete, nur das Zusammenleben macht mir zu schaffen. Sei so gut, das Jean gelegentlich auszurichten. Und sollte sie sich einsam fühlen, sag ihr, daß ich stets an sie denke, auch wenn ich mit Arbeit überhäuft bin.«

Pete zündete sich eine Zigarette an. Wolken zogen vorbei – die Poolgäste fröstelten. Die Gegensprechanlage knackte – Hughes befahl ihn zu sich.

Er trat ins Schlafzimmer. Im Fernseher lief »Captain Kangaroo«, der Ton war heruntergedreht.

Dämmriges Schwarzweiß – Howard der Große als dunkler Schatten.

»Sir?«

»›Howard‹, wenn wir unter uns sind. Das weißt du doch.«

»Ich hab' heute meinen unterwürfigen Tag.«

»Du willst sagen, dich sticht der Hafer wegen deiner Herzensdame, Miss Gail Hendee. Na, gefällt ihr das Wachhäuschen?«

»Allerdings. Sie hält ebenso wenig vom Zusammenleben wie Sie und sagt, daß zwei Personen in vierundzwanzig Zimmern besser miteinander klarkommen.«

»Ich mag selbständige Frauen.«

»Nein, das tun Sie nicht.«

Hughes schüttelte die Kissen auf. »Richtig. Aber ich mag den Begriff der selbständigen Frau und habe ihn in meinen Filmen immer zu verwerten versucht. Und bin überzeugt, daß Miss Hendee sich als Partnerin bei Erpressungen ebenso bewährt wie als Geliebte. Nun, Pete, zur TWA-Antitrust-Sache…«

Pete angelte sich einen Stuhl. »Die Gerichtsvollzieher kommen nicht zu Ihnen durch. Ich habe jeden Angestellten im Hotel bestochen und in der übernächsten Bungalowreihe einen Schauspieler einquartiert. Er sieht aus wie Sie und zieht sich an wie Sie, und ich lasse rund um die Uhr Callgirls bei ihm ein- und ausgehen, damit es nach wie vor heißt, daß Sie Frauen ficken. Ich überprüfe jede vorgesehene Neueinstellung, Männer wie Frauen, um sicherzugehen, daß uns das Justizministerium keinen Agenten unterschiebt. Sämtliche leitenden Angestellten des Hotels haben Geld an der Börse investiert, und für jeden Monat, den Sie ohne Vorladung überstehen, kriegt jeder von mir zwanzig Aktien der Hughes Tool Company. Solange Sie sich in diesem Bungalow aufhalten, kriegen Sie keine Vorladung und brauchen nicht vor Gericht zu erscheinen.«

Hughes zupfte an seinem Bademantel – kleine Zeichen zittriger Unruhe. »Du bist ein sehr grausamer Mann.«

»Nein, ich bin Ihr sehr grausamer Mann, darum gestatten Sie mir, Ihnen zu widersprechen.«

»Du bist ›mein Mann‹ und betreibst dennoch deine etwas anrüchige Nebentätigkeit als Privatdetektiv.«

»Doch nur weil Sie mich bedrängen. Weil ich auch kein Weltmeister im Zusammenleben bin.«

»Trotz des Gehalts, das ich dir aussetze?«

»Nein, gerade deswegen.«

»Wie das?«

»Sehen Sie, ich habe eine Villa in Holmby Hills, aber Sie haben die Besitzurkunde dafür. Ich fahre ein 58er Pontiac Coupé, aber Sie haben den Fahrzeugbrief. Ich habe ein –«

»Das führt zu nichts.«

»Howard, Sie wollen was von mir. Sagen Sie was, und ich mach's.«

Hughes drückte auf die Fernbedienung. »Captain Kangaroo« verschwand. »Ich habe Hush-Hush gekauft. Meine Beweggründe, warum ich ein skurriles Skandalblatt erworben habe, sind zweifacher Art. Zum einen korrespondiere ich mit J. Edgar Hoover und möchte meine freundschaftliche Beziehung zu ihm festigen. Wir beide mögen den Hollywood-Klatsch, den Hush-Hush verbreitet, das heißt, der Kauf der Zeitschrift ist für mich ein ebenso amüsanter wie politisch geschickter Schachzug. Zum anderen denke ich an die politischen Verhältnisse insgesamt. Kurz, ich will in der Lage sein, Politiker angreifen zu können, die mir zuwider sind, insbesondere einen ruchlosen Playboy wie Senator John Kennedy, der 1960 möglicherweise als Präsidentschaftskandidat gegen meinen guten Freund Dick Nixon antreten wird. Wie dir bestimmt bekannt ist, waren Kennedys Vater und ich in den zwanziger Jahren Geschäftsrivalen, und ich kann, offen gesagt, die ganze Familie nicht ausstehen.«

»Und?« sagte Pete.

»Und ich weiß, daß du für Hush-Hush als ›Story-Überprüfer‹ gearbeitet hast, das heißt, du verstehst was von der Seite des Geschäfts. Sie weist gewisse Aspekte auf, die mit Erpressung verwandt sind, daher bin ich überzeugt, daß du dafür taugst.«

Pete ließ die Fingerknöchel knacken. »›Eine Story überprüfen‹ heißt: ›Lassen Sie die Klage gegen die Zeitschrift bleiben, oder Sie kriegen's mit mir zu tun.‹ Wenn ich mich in der Hinsicht nützlich machen kann, soll's mir recht sein.«

»Gut. Das ist doch ein Anfang.«

»Zur Sache, Howard. Ich kenne die Leute, sagen Sie mir, wer geht und wer bleibt.«

Hughes zuckte zusammen – fast unmerklich. »Die Empfangsdame war eine Negerin mit schuppigen Haaren, also habe ich sie gefeuert. Der freie Mitarbeiter, der den Schmutz ausgegraben hat, hat aufgehört, und ich will, daß du mir einen neuen dafür besorgst. Sol Maltzman behalte ich. Er hat unter Pseudonym seit Jahren sämtliche Artikel verfaßt, deswegen halte ich es für angebracht, ihn weiter zu beschäftigen, obwohl er als Kommunist auf der Schwarzen Liste steht und nachweislich mindestens neunundzwanzig linken Organisationen angehört, und –«

»Und mehr Mitarbeiter brauchen Sie nicht. Sol leistet gute Arbeit, und wenn alle Stricke reißen, kann Gail für ihn einspringen – sie hat seit mehreren Jahren ab und zu für Hush-Hush geschrieben. Für die juristische Seite der Angelegenheit haben Sie Ihren Rechtsanwalt, Dick Steisel, und was Abhörwanzen angeht, dafür kann ich Ihnen Fred Turentine besorgen. Ich organisiere Ihnen einen guten Typen für die Wühlarbeit. Ich bleib' dran und hör mich um, aber das kann dauern.«

»Ich vertrau' dir. Du wirst wie immer ausgezeichnete Arbeit leisten.«

Pete knetete seine Knöchel. Die Gelenke schmerzten – ein sicheres Zeichen, daß Regen im Anzug war. »Muß das sein?« sagte Hughes.

»Diese Hände haben uns zusammengeführt. Sie sollen nur wissen, Boss, daß sie noch da sind.«

Das Wohnzimmer der Wachhundehütte maß 25 auf 20 Meter.

Die Wände des Foyers waren aus...

Erscheint lt. Verlag 27.2.2015
Reihe/Serie Die Underworld-Trilogie
Übersetzer Stephen Tree
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 20. Jahrhundert • 20. Jh. • Agent • Agentenroman • Alptraum • Alte Fälle • Amerika • Amerikanische Geschichte • Amerikanischer Autor • Banküberfall • Bestsellerautor • Cops • Die schwarze Dahlie • Ermittlungen • FBI • Forensik • Hardboiled • Hardboiled Krimis • historisch • historischer Romen • Horror • Howard Hughes • kennedy • Klassiker • Krimi • Kriminalroman • LAPD • Literarische Belletristik • Literatur • Lügen • Männerfreundschaft • Mord • Mythos • Noir • Polizei • Schrecken • spannend • Spannung • Suspense • Thriller • Underworld • USA • Verrat • Widersacher
ISBN-10 3-8437-1026-0 / 3843710260
ISBN-13 978-3-8437-1026-8 / 9783843710268
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