Die Spur (eBook)

Roman
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2015 | 1. Auflage
480 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-15924-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Spur -  Richard Laymon
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Gillian O'Neill ist jung und attraktiv - und sie hat ein ausgefallenes Hobby. Nachts sucht sie nach Häusern, deren Besitzer offensichtlich für längere Zeit verreist sind, und richtet sich dort ein. Das Problem ist nur, dass Gillian dieses Mal das Haus eines Serienkillers erwischt hat - eines Serienkillers, der seine Opfer gerne in die Wildnis verschleppt. In die Finsternis. Wo er ungestört ist. Wo niemand ihre Schreie hört ...

Richard Laymon wurde 1947 in Chicago geboren und studierte in Kalifornien englische Literatur. Er arbeitete als Lehrer, Bibliothekar und Zeitschriftenredakteur, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete und zu einem der bestverkauften Spannungsautoren aller Zeiten wurde. 2001 gestorben, gilt Laymon heute in den USA und Großbritannien als Horror-Kultautor, der von Schriftstellerkollegen wie Stephen King und Dean Koontz hoch geschätzt wird.

1

Samstag, 24. Mai

Das Geräusch von splitterndem Glas riss Rhonda Bain aus dem Schlaf. Sofort lag sie stocksteif in ihrem Bett und starrte an die dunkle Zimmerdecke.

Sie versuchte sich einzureden, dass es sich nicht um einen Einbrecher handelte; bestimmt war bloß ein gerahmtes Bild oder ein Spiegel von der Wand gefallen.

Glauben konnte sie es nicht.

Jemand hatte ein Fenster eingeschlagen. Sie hatte Scherben auf einen Fußboden fallen hören, also handelte es sich um das Küchenfenster; die anderen Zimmer waren mit Teppich ausgelegt.

Rhonda stellte sich vor, wie sie aus dem Schlafzimmer stürzte, zur Haustür raste – und eine dunkle Gestalt auf sie zutaumelte und nach ihr griff, während sie an der Küche vorbeirannte.

Ich kann nicht einfach hier liegen und auf ihn warten!

Sie warf die Bettdecke von sich, setzte sich auf und wandte den Kopf ruckartig Richtung Schlafzimmerfenster. Die Vorhänge waren geöffnet und flatterten leicht in der nächtlichen Brise. Sie erschauerte und biss die Zähne zusammen, allerdings nicht wegen der lauen Nachtluft, die über ihre nackte Haut strich.

Ich muss hier raus!

Das Fenster bot keine Hilfe. Das verdammte Ding hatte Jalousien. Es würde zu viel Zeit kosten, genügend Lamellen herauszureißen, dann das Insektenschutzgitter zu entfernen und schließlich hindurchzuklettern. Wenn sie die Schlafzimmertür verbarrikadieren und mit einem Stuhl ein Loch in das Fenster schlagen würde …

Ein Geräusch ließ sie zusammenzucken – ein Schuh, der auf Glasscherben knirschte.

Er ist immer noch in der Küche.

Wenn ich versuche, die Lamellen einzuschlagen, weiß er, dass ich hier bin … und was ist, wenn er bei mir ist, bevor ich –

Er weiß nicht, dass ich hier bin!

Rhonda schwang die Beine aus dem Bett. Langsam erhob sie sich. Die Matratzenfedern quietschten ein wenig, doch schließlich stand sie. Sie drehte sich zu dem schmalen Doppelbett um. Mit zitternden Händen glättete sie ihr Kissen und zog erst das Oberbett, dann die Heizdecke und schließlich die Steppdecke hoch. Nach ein wenig Zupfen und Zerren sah das Bett aus, als ob niemand darin geschlafen hätte.

Sie kauerte sich zusammen und setzte sich auf den Teppich. Dann legte sie sich auf den Rücken und drehte sich zur Seite, wobei die herabhängende Steppdecke über ihren Körper und ihr Gesicht strich. Sie blieb in Bewegung. Der Deckenzipfel glitt über ihre linke Brust, dann über ihre Schulter. Sie rollte sich ein Stück weiter, hielt inne und betastete den Saum der Steppdecke. Er hing ungefähr zwölf oder fünfzehn Zentimeter über ihre linke Hüfte und knapp fünf Zentimeter über dem Boden.

Das sollte reichen.

Still und regungslos lag sie in ihrem Versteck unter dem Bett, die Hände gegen die Seiten ihrer Oberschenkel gepresst. Sie zitterte heftig. Sie hörte ihren wild pochenden Herzschlag. Sie hörte sich keuchen. Aber sie hörte keine Schritte.

Er ist wahrscheinlich aus der Küche raus und geht über Teppich. Nur wo?

Rhonda drehte den Kopf und spähte mit einem Auge aus ihrem Versteck. Sie beobachtete die Türschwelle.

Beruhige dich, befahl sie sich.

Oh, na klar.

Willst du, dass er dein verdammtes Herz trommeln hört?

Sie löste die Hände von ihren Beinen, legte sie auf den Teppichboden und konzentrierte sich darauf, ihre Muskeln zu entspannen. Sie füllte ihre Lungen mit einem tiefen, ruhigen Atemzug und stieß die Luft langsam wieder aus.

Ruhig, dachte sie. Du bist gar nicht hier. Du liegst an einem Strand. Du bist am See, auf einem Handtuch ausgestreckt. Du kannst hören, wie die Wellen gegen das Ufer plätschern und Kinder kreischen und lachen. Du kannst die Sonne und den leichten Wind auf deiner Haut spüren. Du trägst deinen weißen Bikini.

Du bist nackt.

Ihr Magen drehte sich.

Du bist nackt und versteckst dich unter einem Bett, und irgendjemand ist im gottverfluchten Haus.

Plötzlich fühlte sie sich gefangen. Obwohl das Bett sie nicht berührte, schien es sie niederzudrücken, zu ersticken. Sie rang um Atem. Sie wollte raus. Alles in ihr schrie danach, sich aus ihrem Versteck herauszuwinden, auf die Füße zu springen und zu versuchen, in Sicherheit zu gelangen.

Beruhige dich. Er weiß nicht, dass du hier bist.

Vielleicht weiß er es doch.

Der fahle Schein einer Taschenlampe tanzte durch die Dunkelheit jenseits der Schlafzimmertür. Rhonda erhaschte einen flüchtigen Blick darauf. Dann war er wieder verschwunden.

Sie hielt den Atem an, starrte durch den Türspalt und wartete. Der Lichtstrahl beschrieb einen schnellen Schnörkel, zuckte empor und verschwand erneut.

Er wird bald hier reinkommen, dachte Rhonda. Er wird mich finden. Gott, warum bin ich nicht abgehauen, als das Fenster zerbrach?

Warum bin ich nicht zusammen mit Mom und Dad zu Tante Betty gefahren?

Sie zwang sich, durchzuatmen.

Der Strahl der Taschenlampe fiel durch den Türspalt, kroch auf Rhonda zu und dann nach oben.

Er überprüft das Bett, dachte sie.

Siehst du, hier ist niemand. Also mach einfach weiter. Raub die Bude aus. Nimm dir, was immer du willst, du Scheißkerl, solange du nicht unters Bett schaust.

Mit dem Knacken eines Schalters ging das Licht an.

Rhondas Fingernägel gruben sich in ihre Schenkel.

Mit einem Auge erblickte sie ein Paar alter Turnschuhe in der Türöffnung. Die zerfransten Aufschläge einer Jeans bedeckten den oberen Teil ihrer Schäfte und bewegten sich leicht, während der Mann näher kam.

Die Schuhe hielten an, wendeten und gingen auf den Schrank zu. Rhonda sah, wie die Schranktür aufschwang, hörte, wie einige leere Kleiderbügel gegeneinanderschlugen. Vom ausgefransten linken Hosensaum der Jeans hing hinten ein verknotetes Bündel Fäden bis fast auf den Boden herab.

Die Schuhe drehten sich erneut. Sie kamen auf sie zu, wechselten dann die Richtung und traten aus ihrem Blickfeld, als der Mann sich dem Fußende des Bettes näherte. Sie hörte leise Schritte den Raum durchqueren.

Ein plötzliches Klappern und ein metallisches Kratzen ließen Rhonda zusammenzucken.

Er muss die Vorhänge zugezogen haben.

Aus welchem Grund? Der Hinterhof ist umzäunt. Niemand kann hereinschauen. Vielleicht weiß er das nicht. Oder er weiß es, will aber kein Risiko eingehen. Nicht bei eingeschaltetem Licht.

Das Bett erbebte und bewegte sich über Rhonda. Der Rand des Lakens zitterte. Sie drehte das Gesicht nach oben. Über ihr war nichts als Dunkelheit, aber sie stellte sich den Mann vor, wie er über ihre Matratze kroch.

Was macht er?

Er liegt genau über mir!

Das Bett ächzte, als hätte er sich ruckartig davon erhoben. Etwas Feines – der Stoffbezug unter den Federn? – strich kurz über Rhondas Nase.

Sie hörte ein Klicken.

Was war das?

Plötzlich wusste Rhonda es. Der kleine Schalter an der Rückseite des Weckers. Sie hatte ihn nach dem Zubettgehen gedrückt, um früh genug für den auf einem Kabelsender gezeigten Jurassic Park Marathon aufzustehen.

Er weiß, dass ich hier bin.

Rhonda schloss fest die Augen. Das kann nicht wahr sein, dachte sie. Bitte.

Wieder wackelte das Bett ein wenig. Rhonda drehte den Kopf und sah Finger, die sich nah ihrer Schulter um den Saum der Steppdecke wickelten. Die Decke hob sich. Das Rascheln über ihr nahm zu. Die Decke blieb gelüftet. Hände senkten sich herab und drückten sich flach auf den Teppich. Dann füllte ein umgedrehter Kopf die Leere zwischen dem Bett und dem Fußboden.

Ein ungefähr fünfundzwanzig oder dreißig Jahre alter Mann starrte sie an. Sein hellbraunes Haar war kurz geschnitten. Obwohl sein Gesicht auf dem Kopf stand, sah er gut aus. Unter anderen Umständen hätte sich Rhonda von ihm angezogen gefühlt. Doch alles, was sie verspürte, war Abscheu.

Sie wand sich seitwärts und versuchte, sich Richtung Bettmitte zu bewegen.

»Verschwinden Sie!«, keuchte sie.

Der Mann rollte sich schwungvoll vom Bett, landete sanft auf dem Rücken, drehte sich herum und fixierte sie in ihrem Versteck. Eine Hand schoss vor wie die Pranke eines Raubtiers. Die gekrümmten Finger verfehlten ihren Oberarm um wenige Zentimeter, verkrallten sich im Teppich und fuhren zurück.

Er drückte sich hoch und kroch auf allen vieren zum Ende des Betts.

Wollte er auf die andere Seite?

Rhonda hörte nichts. Sie drehte den Kopf, um die Steppdecke auf der rechten Bettseite beobachten zu können. Dort hing...

Erscheint lt. Verlag 8.9.2015
Übersetzer Sven-Eric Wehmeyer
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel No Sanctuary
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte eBooks • Horror • Kult • Serienkiller • Stalker • Thriller • Wald
ISBN-10 3-641-15924-5 / 3641159245
ISBN-13 978-3-641-15924-5 / 9783641159245
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