'Ich hab dich rein optisch nicht verstanden!' (eBook)

Deutsche Dialoge mitgehört
eBook Download: EPUB
2014 | 1. Auflage
208 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-0991-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

'Ich hab dich rein optisch nicht verstanden!' -  Sören Sieg,  Axel Krohn
Systemvoraussetzungen
7,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
In Deutschland wird jede Menge Stuss geredet. Streitgespräche auf offener Straße, Missverständnisse an der Käsetheke, pseudointellektuelle Philosophievorträge im Café ... Mal skuril und verquer, mal einfach witzig, mitunter überraschend tiefsinnig - so lesen sich die Dialoge aus Deutschlands Alltag, die Sören Sieg und Axel Krohn mitgehört und aufgeschrieben haben.

Sören Sieg wurde 1966 in Elmshorn geboren. Der Vater von drei Kindern war viele Jahre mit seinem a-cappella-Quartett LaLeLu in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs: 140 Konzerte im Jahr, zehn Programme und CDs, zahlreiche Preise, TV- und Hörfunkauftritte. Jetzt hat er sich den Büchern verschrieben. Sören Sieg lebt in Hamburg.

Sören Sieg wurde 1966 in Elmshorn geboren. Der Vater von drei Kindern war viele Jahre mit seinem a-cappella-Quartett LaLeLu unterwegs. Jetzt hat er sich den Büchern verschrieben. Sören Sieg lebt in Hamburg. Axel Krohn, geboren 1974, veröffentlichte diverse Artikel zum Thema Sprache und Sprichwörter, ist in der Unternehmenskommunikation tätig und lebt in Hamburg.

1. Kommunikationskünstler

»Es ist sehr schwierig, jedes Mal eine neue Rede zu erfinden.«
(Heinrich Lübke)

»For You. Vor Ort.«
(Letzter Werbeslogan von Schlecker vor der Insolvenz)

Wenn ein Zigarettenhersteller einen Liberty Award für mutige Journalisten ins Leben ruft, nennt man das »Unternehmenskommunikation«. Wenn Tepco sagt, man habe in Fukushima längst alles unter Kontrolle, handelt es sich um »Krisenkommunikation«. Und Ronald Pofalla gibt reumütig zu, er habe seinen Wechsel vom Kanzleramt in den Vorstand der Deutschen Bahn nicht gut genug »kommuniziert«. Beschönigen, rumlabern, sich herausreden, verharmlosen, lügen, übertreiben, untertreiben, suggerieren und unterstellen – das ist zum Glück alles ausgestorben. Heute wird nur noch kommuniziert! Dabei gilt der Grundsatz: Das, was wir denken, wenn wir hören, was jemand öffentlich sagt, ist der Grund dafür, dass er es gesagt hat. Weswegen es verhältnismäßig wenig zur Wahrheitsfindung beiträgt, jemanden zu der Sauerei zu interviewen, in die er gerade verwickelt ist. (»Hat die Großspende des Panzerherstellers an Ihren Parteibezirk etwas damit zu tun, dass Sie den Panzerexport nach Saudi-Arabien genehmigt haben?« – »Überhaupt nicht. Der Panzerhersteller ist überzeugter Sozialdemokrat in zehnter Generation. Und Saudi-Arabien ist eine lupenreine ­Demokratie!«)

Schenken Sie sich also Talkshows, Interviews, Homestorys, Pressekonferenzen und Preisverleihungen. Alles verkappte Propaganda. Tauchen Sie lieber ein in das Universum des Alltagsgesprächs. Hier wird niemand abgeholt, wo er ist, um ihn irgendwo hinzubringen, wo er niemals sein wollte. Niemand ist geschult, und keiner verfolgt einen Zweck. Im alltäglichen Gespräch sind wir wirklich frei. Und im Ausleben dieser Freiheit zeigt sich, wozu der Mensch ursprünglich die Sprache erfunden hat: Er möchte gerne reden. Egal worüber, egal mit wem, und egal ob das jemanden interessiert. Das durchzuhalten, wenn man auf eine Person trifft, die dasselbe Bedürfnis hat, ist gar nicht so einfach. Zuhören ist nicht nur anstrengend und überflüssig, es ist vor allem kontraproduktiv. Denn solange ich zuhöre, kann ich ja selbst nichts von mir geben. 16.215 Worte sprechen Frauen im Schnitt pro Tag, 15.669 sind es bei Männern. Und das ist kein zufälliger Messwert, sondern ein Mindestausstoß. Wer darunter bleibt, fühlt sich einfach nicht wohl. Das hinzubekommen, ­ohne einen einzigen interessanten Gedanken zu haben, dem die Mitmenschen freiwillig folgen würden – das ist die wahre Kunst. Lassen Sie uns einigen Meistern dieser Kunst lauschen.

Höhere Macht

Vorweihnachtszeit; im Spielwarengeschäft. Ein junger Mann schaut sich suchend um, ein südländisch aussehender Ver­käufer spricht ihn an.

Verkäufer:

Kann ich Ihnen helfen?

Mann:

Ja, das ist lieb. Meine Tochter führt nächste Woche im Kindergarten ein Krippenspiel auf. Sie hat die Rolle des Esels, und jetzt suche ich ein Kostüm für sie. Oder zumindest Eselsohren oder so etwas.

Verkäufer:

Oh, das ist schwierig. Ich habe viele Weihnachtsmannkostüme, auch gut?

Mann:

Na ja, das passt nicht wirklich. Es geht ja um das Krippenspiel, und ihre Rolle ist nunmal der Esel.

Verkäufer:

Ich habe auch noch Prinzessin-Kleid. Sehr hübsch.

Mann:

Beim Krippenspiel wird ja die Weihnachtsgeschichte aufgeführt. Maria, Josef, das Christkind. Dazu ein paar Schafe, ein Esel, ein Ochse und drei heilige Könige, Sie wissen schon. Eine Prinzessin kommt da leider nicht vor.

Verkäufer:

Ja, das ist schade. Anderes habe ich leider nicht. Oder warten Sie, Weihnachtsmann, Prinzessin und habe ich glaub ich noch Star-Wars-Maske. Und Lichterschwert!

Fehlendes Verständnis

Ein Live-Konzert. Zwei Männer, etwa 45 Jahre alt, stehen am hinteren Ende der Halle.

Mann 1 (schreit):

Geiles Konzert, ey! Aber ganz schön laut!

Mann 2 (schreit):

Was?

Mann 1 (schreit):

Ein geiles Konzert ist das, aber ganz schön laut!

Mann 2 (schreit):

Was?

Mann 1 (schreit):

Sehr witzig. Den Gag haste schon vor zwanzig Jahren gemacht, Alter!

Mann 2 fummelt sich am Ohr rum und zieht einen ­kleinen Wattebausch heraus.

Mann 1 (schreit):

Alter, was machst du denn? Ohrenschützer, oder was?

Mann 2 (schreit):

Was?

Florale Meditation

Im Park. Ein Vater mit iPhone sitzt auf einer Bank, sein kleiner Sohn (vielleicht fünf) liegt auf der Wiese und schaut eine ­Blume an.

Vater:

Alles in Ordnung?

Sohn:

Ja.

Vater spielt an Handy rum. Junge sieht Blume an. Nach einer Weile:

Vater:

Langweilst du dich?

Sohn:

Nein.

Vater tippt auf Handy.

Vater:

Wollen wir weiter?

Sohn:

Nein.

Vater:

Vielleicht ein Eis essen gehen?

Sohn (guckt immer noch die Blume an):

Nö.

Vater:

Was machst du da eigentlich?

Sohn (seufzt):

Papa, ich schau mir die Blume an.

Vater (irritiert):

Ist wirklich alles in Ordnung?

Sohn (stöhnt):

Ja.

Pause. Schweigen. Vater tippt auf iPhone.

Vater:

Wollen wir dann mal weiter?

Lastervergleich

Mittags um eins. Zwei Männer im Regionalzug an der Mosel. Einer mit Schnurrbart, einer mit Vollbart.

Mann mit Schnurrbart:

Willst auch ’n Bier?

Mann mit Vollbart:

Nee.

Schnurrbart:

Wieso dat denn nich?

Vollbart:

Ich trink kein Bier.

Schnurrbart:

Wieso dat denn nich?

Vollbart:

Schmeckt mir nich.

Schnurrbart:

Wieso dat denn nich?

Vollbart:

Weil’s mir nich schmeckt.

Schnurrbart (irritiert):

Mmh … Also Wein?

Vollbart:

Nee, auch nich.

Schnurrbart (schockiert):

Auch kein Wein? Gar kein ­Alkohol, oder was?

Vollbart:

Nee.

Schnurrbart:

Na ja … (resigniert, aber tolerant) gibt’s ja auch.

Vollbart:

Ja.

Schnurrbart:

Aber dann haste ja gar kein Laster.

Vollbart (grinst):

Ich hab auch mein Laster. Das kann ich dir aber sagen!

Schnurrbart (beugt sich vor):

Du meinst …

Vollbart:

Aber hallo.

Schnurrbart:

Mit die Frauen?

Vollbart:

Klar.

Schnurrbart:

Umso besser. Weißt ja, wie dat bei die meisten von uns ist. Weihnachten ist öfter. Prost!

Rechenfüchse

Ein Mann mit Glatze (Anfang 60) und ein Mann mit lockigem Haar (um die 40) in einem Restaurant.

Mann mit lockigem Haar:

Kannst du mir vielleicht ’n guten Steuerberater empfehlen?

Mann mit Glatze:

Steuerberater? Wozu?

Locke:

Na, ich hab keine Lust, das zu machen. Außerdem könnt ich das gar nicht.

Glatze:

Also, ich mach das schon ewig ohne Berater. Überleg mal, der Berater spart mir vielleicht mit tollen Tricks 500 Euro. Aber er kostet auch 1000 Euro.

Locke:

Das bringt dann ja gar nichts. Da verlierst du ja Geld.

Glatze:

Sag ich ja. Ohne Berater verschenk ich wahrscheinlich 500 Euro. Mit Berater verlier ich 500 Euro. Läuft also auf dasselbe hinaus.

Locke:

Aber ist es mit Berater nicht 500 Euro teurer? Steuerschuld minus 500 Euro Ersparnis plus 1000 Euro Honorar?

Glatze:

Nee, nee, das ist schon in Ordnung. Ich verliere jedes Mal 500 Euro.

Locke:

Ach so.

Geteiltes Leid

Im Fußballstadion. Es läuft die erste Halbzeit, die Heimmannschaft liegt 0:2 zurück. Ein Fan mit Schal und Kutte springt auf und schmeißt sein Bier auf den Boden, als fast das 0:3 fällt.

Fan 1 (schreit in Richtung Fußballfeld):

Scheiße! Was spielt ihr da für eine Scheiße zusammen! Scheiße noch mal!

Ein anderer Fan lächelt ihm vom Nebenplatz aufmunternd zu.

Fan 2 (beschwichtigend):

Ist doch noch mal gutgegangen, nur nicht aufregen, ist nur schade ums Bier.

Fan 1 (immer noch in Rage):

Schade ist gar kein Ausdruck, scheiße ist das! Ein scheiß-elender Grottenkick.

Fan 2:

Hast ja recht, aber da kann doch dein Bier nichts dafür. Ich hab jetzt nasse Füße, und du hast kein Bier mehr. Ist doch scheiße, oder?

Fan 1 (ruhiger):

Sach ich doch!

Gastfreundschaft

In einem veganen Frühstückscafé. Ein Gast sitzt allein an ­einem Tisch.

Kellnerin:

Darf es denn bei Ihnen noch etwas sein?

Gast (mit britischem Akzent):

Haben Sie auch Earl...

Erscheint lt. Verlag 5.12.2014
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga Humor / Satire
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Dialoge • Humor • Sprüche
ISBN-10 3-8437-0991-2 / 3843709912
ISBN-13 978-3-8437-0991-0 / 9783843709910
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 3,0 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die lustigsten Patientengeschichten. Das Buch zum Podcast. Von …

von Ralf Podszus

eBook Download (2022)
riva (Verlag)
12,99