Um unsere Webseiten für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend zu verbessern, verwenden wir Cookies. Durch Bestätigen des Buttons »Akzeptieren« stimmen Sie der Verwendung zu. Über den Button »Einstellungen« können Sie auswählen, welche Cookies Sie zulassen wollen.

AkzeptierenEinstellungen

Drei auf Reisen (eBook)

eBook Download: EPUB
2014 | 1. Auflage
544 Seiten
Kein & Aber (Verlag)
978-3-0369-9281-5 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
13,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Über zwanzig Jahre glückliche Ehe, und der Sohn zieht bald aus: der ideale Zeitpunkt für einen Neuanfang, so scheint es Connie. Ganz anders sieht das ihr Ehemann Douglas. Mit allen Mitteln versucht er, auf der bereits geplanten Reise durch Europa seine Ehe zu retten und seinem Sohn näherzukommen - eine kurvenreiche Tour d' Amour durch alle Etappen einer Partnerschaft.

David Nicholls, geboren 1966, war Schauspieler, bevor er Drehbuchautor von britischen Fernseh-Erfolgsserien wie 'Cold Feet', 'I Saw You' und 'Rescue Me' wurde. Bisher erschienen bei Kein & Aber seine Romane 'Keine weiteren Fragen' (2003), 'Ewig Zweiter' (2005) und der Weltbestseller 'Zwei an einem Tag' (2009). Mit 'Drei auf Reisen' wurde er für den renommierten Man Booker Preis nominiert. David Nicholls lebt als Drehbuchautor und Autor mit seiner Familie in London.

1. Einbrecher


Letzten Sommer, kurz bevor mein Sohn aufs College ging, weckte mich meine Frau mitten in der Nacht.

Zuerst dachte ich, es gehe um Einbrecher. Seit wir aufs Land gezogen waren, schreckte sie beim kleinsten Knarren, Ächzen oder Rascheln aus dem Schlaf. Ich versuchte immer, sie zu beruhigen: Das ist nur die Heizung, das sind nur die Holzbalken, die sich ausdehnen oder zusammenziehen, das sind nur Füchse. Ja klar, antwortete sie dann, Füchse, die den Laptop mitgehen lassen, Füchse, die Autoschlüssel klauen – und wir lauschten in die Dunkelheit. Es gab zwar einen »Notfallknopf« neben unserem Bett, doch ich konnte mir nicht vorstellen, ihn jemals zu drücken, denn der Alarm könnte ja jemanden stören – einen Einbrecher zum Beispiel.

Ich bin zwar kein besonders mutiger oder imposanter Mann, aber in jener Nacht seufzte ich nur, warf einen Blick auf die Uhr – kurz nach vier –, ging die Treppe runter, stieg über unseren nutzlosen Hund und tappte von Zimmer zu Zimmer, um alle Fenster und Türen zu kontrollieren.

Wieder im Schlafzimmer, sagte ich: »Alles bestens. Wahrscheinlich nur Luft in den Wasserrohren.«

»Wovon sprichst du?«, fragte Connie, die sich unterdessen aufgesetzt hatte.

»Alles in Ordnung, keine Einbrecher weit und breit.«

»Wer redet denn von Einbrechern? Ich sagte, ich habe das Gefühl, unsere Ehe ist am Ende, Douglas. Ich glaube, ich will dich verlassen.«

Eine Weile saß ich stumm auf der Bettkante.

»Na ja, wenigstens sinds keine Einbrecher«, sagte ich schließlich, doch keiner von uns lächelte, und beide machten wir in dieser Nacht kein Auge mehr zu.

2. Douglas Timothy Petersen


Unser Sohn Albie würde also im Oktober von zu Hause ausziehen und zu bald danach auch meine Frau. Die beiden Ereignisse schienen mir so eng miteinander verknüpft, dass mir gelegentlich der Gedanke kam, dass wir, wenn Albie seine Prüfungen vergeigt hätte und sie wiederholen müsste, vielleicht noch ein gutes Jahr Ehe vor uns hätten.

Aber bevor ich mehr über diese und andere Ereignisse erzähle, die sich in diesem speziellen Sommer ereigneten, sollte ich Ihnen erst ein bisschen was über mich erzählen – ein »Porträt in Worten«. Es dürfte nicht allzu lange dauern. Ich heiße Douglas Petersen und bin 54 Jahre alt. Ist Ihnen das faszinierende dritte »e« in Petersen aufgefallen? Es ist ein Vermächtnis skandinavischer Vorfahren, irgendeines Ururgroßvaters – allerdings war ich nie in Skandinavien und kann auch keine interessanten Geschichten dazu erzählen. Skandinavier werden üblicherweise als blond, gutaussehend, offen und ungehemmt beschrieben – nichts davon trifft auf mich zu. Ich bin Engländer durch und durch. Meine Eltern, die beide gestorben sind, haben mich in Ipswich aufgezogen, mein Vater war Arzt, meine Mutter Biologielehrerin. Den Namen »Douglas« verdanke ich ihrer nostalgischen Schwärmerei für Douglas Fairbanks, den Hollywoodstar – noch etwas, das Sie auf eine falsche Fährte locken könnte. Im Laufe der Jahre wurden mehrere Versuche unternommen, mir Spitznamen wie »Doug«, »Dougie« oder sogar »Doogie« zu geben. Meine Schwester Karen, die einzige selbst ernannte »schillernde Persönlichkeit« der Familie Petersen, nennt mich »D.«, »Big D.«, »D-ster« oder »Professor D.«, was, wie sie sagt, mein Knastname wäre, aber keiner hat sich durchgesetzt, und so bin ich Douglas geblieben. Auch mein zweiter Vorname, Timothy, birgt keine Vorteile. Douglas Timothy Petersen. Von Beruf Biochemiker.

Was mein Aussehen betrifft: Am Anfang unserer Beziehung, als meine Frau und ich noch das Bedürfnis hatten, ständig über das Aussehen und den Charakter des anderen und darüber, was wir aneinander liebten, zu sprechen, hat sie mir mal gesagt, mein Gesicht sei »völlig in Ordnung«; als sie meine Enttäuschung bemerkte, fügte sie schnell hinzu, ich hätte »wirklich freundliche Augen«, was auch immer das heißen mag. Und es stimmt, mein Gesicht ist völlig in Ordnung, und meine Augen, ob »freundlich« oder nicht, sind dunkelstes Dunkelbraun, meine Nase hat eine angemessene Größe, und ich habe die Art Lächeln, wegen der Fotos im Müll landen. Was sonst? Einmal kam bei einer Dinnerparty das Gespräch auf das Thema: »Wer könnte mich im Film meines Leben spielen?« Es wurde viel gelacht und gescherzt, während alle mit diversen Filmstars und TV-Promis verglichen wurden. Bei Connie war es irgendeine obskure europäische Schauspielerin, und sie protestierte – »Die ist viel zu glamourös, zu schön« und so weiter –, war jedoch sichtlich geschmeichelt. Das Spiel ging weiter, aber als ich an der Reihe war, verstummten alle, tranken einen Schluck Wein und kratzten sich am Kinn. Die Hintergrundmusik kam uns auf einmal sehr laut vor. Anscheinend sah ich keiner berühmten oder markanten Persönlichkeit in der gesamten Menschheitsgeschichte ähnlich, was wohl heißt, dass ich entweder einzigartig oder das völlige Gegenteil davon bin. »Wer möchte noch Käse?«, fragte der Gastgeber, und wir sprachen rasch über etwas anderes, wie die relativen Vorzüge von Korsika gegenüber Sardinien.

Wie auch immer, ich bin 54 Jahre alt – habe ich das schon erwähnt? – und habe einen Sohn, Albie (auch Egg genannt), den ich sehr liebe, der mich aber manchmal mit einer so reinen, gebündelten Verachtung ansieht, dass ich vor Traurigkeit und Bedauern kaum sprechen kann.

Wir sind also eine kleine, fast kümmerliche Familie, und ich glaube, manchmal hat jeder von uns das Gefühl, sie ist zu klein, und wir alle wünschen uns, es wäre noch jemand da, der ein paar der Schläge abbekommt. Connie und ich hatten auch noch eine Tochter, aber sie starb schon bald nach der Geburt.

3. Die Parabel


Laut einer gängigen Vorstellung sehen Männer mit zunehmendem Alter immer besser aus, zumindest bis zu einem gewissen Punkt. Wenn das stimmt, bin ich auf dem absteigenden Ast. »Kauf dir Feuchtigkeitscreme!«, sagte Connie zu mir, als wir uns kennenlernten, aber dass ich das tun würde, war ebenso wahrscheinlich wie dass ich mir den Hals tätowieren lasse, weshalb ich jetzt einen Teint habe wie Jabba the Hutt. In T-Shirts sehe ich schon seit einigen Jahren peinlich aus, aber ich versuche, mich körperlich fit zu halten. Ich achte auf meine Ernährung, um nicht dasselbe Schicksal zu erleiden wie mein Vater, der zu früh an einem Herzinfarkt gestorben ist. Sein Herz ist »förmlich explodiert«, sagte der Arzt – unangemessen genüsslich, wie ich fand –, und so gehe ich sporadisch und gehemmt joggen, wobei ich nie weiß, was ich mit meinen Händen machen soll – sie hinter dem Rücken verschränken? Früher haben Connie und ich gerne zusammen Badminton gespielt, obwohl sie dazu neigte, ständig zu kichern, rumzualbern und das Spiel »ein bisschen lächerlich« zu finden. Das ist ein verbreitetes Vorurteil. Badminton hat weder das angeberische Yuppie-Gehabe von Squash noch die Romantik von Tennis, aber es ist das beliebteste Rückschlagspiel der Welt, und die besten Spieler sind Weltklasseathleten mit Killerinstinkt. »Ein Federball erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 220 Meilen pro Stunde«, erklärte ich Connie, wenn sie mal wieder vornübergebeugt am Netz stand. »Hör. Auf. Zu. Lachen!« – »Aber da sind Federn dran«, sagte sie dann, »es ist mir unangenehm, auf etwas mit Federn einzudreschen. Als wollte man einen Spatz kaltmachen.«    

Was sonst? Zum fünfzigsten Geburtstag hat Connie mir ein wunderschönes Rennrad geschenkt, auf dem ich manchmal durch grüne Gassen kurve, der Symphonie der Natur lausche und mir vorstelle, was ein Zusammenstoß mit einem Lkw meinem Körper antun würde. Zum einundfünfzigsten bekam ich Joggingsachen, zum zweiundfünfzigsten einen Ohren- und Nasenhaartrimmer, ein Objekt, das mich gleichzeitig fasziniert und abstößt, wenn es tief in meinem Schädel summt wie ein Mini-Rasenmäher. Die unterschwellige Botschaft all dieser Dinge war immer dieselbe: Steh niemals still, versuch, nicht alt zu werden, nimm nichts als selbstverständlich hin.

Trotzdem, es lässt sich nicht leugnen: Ich bin ein Mann in mittleren Jahren. Ich setze mich hin, um Socken anzuziehen, ächze beim Aufstehen und bin mir meiner Prostata, die sich wie eine Walnuss zwischen meinen Pobacken anfühlt, erschreckend bewusst geworden. Man hatte mir weisgemacht, Älterwerden sei ein langsamer, schleichender Prozess, wie die Bewegung eines Gletschers. Heute ist mir klar, dass es ruck, zuck geht, wie eine Schneelawine, die vom Dach rutscht.

Meine zweiundfünfzigjährige Frau kommt mir hingegen noch genauso attraktiv vor wie an dem Tag, als wir uns kennenlernten. Wenn ich ihr das sagen würde, wäre ihre Antwort: »Das ist doch leeres Geschwätz, Douglas. Niemand bevorzugt Falten und graues Haar.« Und ich würde antworten: »Aber nichts davon kommt überraschend. Seit unserer ersten Begegnung erwarte ich, dir beim Älterwerden zuzusehen. Warum sollte es mich stören? Ich liebe dieses Gesicht, nicht dein Gesicht mit 28, 34 oder 43.«

Vielleicht hätte sie sich darüber gefreut, doch ich konnte mich nie überwinden, es ihr zu sagen. Ich hatte immer geglaubt, noch alle Zeit der Welt zu haben, und jetzt, wo ich um vier Uhr morgens auf der Bettkante sitze und aufgehört habe, nach Geräuschen von Einbrechern zu lauschen, ist es offenbar zu spät.

»Wie lange hast du …«

»Eine ganze Weile.«

»Und wann willst du …?«

»Keine Ahnung. Nicht bevor Albie ausgezogen ist. Nach dem Sommer. Im Herbst, im neuen Jahr?«

Und schließlich: »Darf ich fragen, warum?«

4. v.C. und...

Erscheint lt. Verlag 30.9.2014
Übersetzer Simone Jakob
Sprache deutsch
Original-Titel Us
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Albert • Albie • Amsterdam • Barcelona • Beziehung • Connie • Douglas • Egg • Ehe • Erinnerung • Europa • Europareise • Familie • Florenz • Glück • Herausforderung • Herausforderungen • Herbst 2014 • Liebe • Literatur • Madrid • München • Neuanfang • Nicholls • Paris • Partnerschaft • Petersen • Reise • Roman • Trennung • Venedig
ISBN-10 3-0369-9281-2 / 3036992812
ISBN-13 978-3-0369-9281-5 / 9783036992815
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 3,2 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von Wolf Haas

eBook Download (2025)
Carl Hanser Verlag München
18,99
Roman

von Percival Everett

eBook Download (2024)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
19,99